Samstag, 31. Dezember 2011

Das war das Jahr 2011 - Über den Tellerrand (3)

Nach zwei schneereichen Wintern an der Nordseeküste standen gleich zu Beginn des heute zu Ende gehenden Jahres prompt die Fragen der Zweifler im Raum:

"Und das nennt sich jetzt Klimaerwärmung?"

Die Antwort der Klimaforscher und ihrer Messdaten fiel ernüchternd aus: Bisher gibt es keinen Anlass zur Entwarnung. Das Gegenteil ist der Fall. Das Jahr 2010 war bezüglich der globalen mittleren bodennahen Lufttemperatur es das bisher wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen und das zweitwärmste bezüglich der Temperaturen in der mittleren Troposphäre.
 

Das Verschwinden der großen Wälder

Das rapide Fortschreiten der Waldverluste in den tropischen Regenwaldgebieten der Welt ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bezüglich der drohenden Klimakatastrophe. Der Schutz des Regenwaldes und der angestammten Heimat der indigenen Ureinwohner der Wälder betrifft deshalb jeden von uns.

Die Gefährdung des Bestands des Regenwalds im Amazonasgebiet hat erneut zugenommen. Der Agrarlobby ist ist es gelungen, wichtige Punkte des sogenannten Código Florestal aufzuweichen. In Brasilien setzte sie alles daran, dass die Regierung ein Gesetz zur Umgehung von Auflagen zur Wiederaufforstung illegal abgeholzter Flächen verabschiedet: Wer gerodet hat, soll straffrei bleiben. Wer darauf spekuliert, im Zweifelsfalle straffrei auszugehen, der rodet - ein Teufelskreis.

Weltweit schlossen sich im September eine halbe Million Menschen den Forderungen der  mehr als 1000 indigenen Demonstranten an, die sich zu Fuß auf den 600 Kilometer langen Weg in die Hauptstadt La Paz gemacht hatten, um gegen den Bau einer von Brasilien finanzierten Schnellstraße durch das Herz des Amazonas zu demonstrieren. Herr Morales (Bolivien, Präsident) setzte sich daraufhin für den Erhalt der Heimat der Demonstranten und den Schutz des Regenwaldes ein. Das Straßenbauprojekt wurde gestoppt.

Eine andere erfreuliche Initiative bahnte sich in Ecuador an. Im Regenwald des Landes liegt der artenreiche "Yasuni-Nationalpark" - und darunter liegt ein Ölfeld. Doch anstatt - wie es "normalerweise" geschehen wäre - den Wald einfach zugunsten kurzfristiger Gewinne abzuholzen, entschieden Ecuador und die UNO, den Park zur Bohrverbotszone zu erklären - sofern andere Länder sich an Ecuadors wirtschaftlicher Entwicklung beteiligen. Unter anderem hatte auch Deutschland seine Unterstützung zugesagt. Der Bundestag hatte beschlossen, das Projekt zu unterstützen. Die für derartige Projekte benötigten finanziellen Mittel lagen bereit. Alles andere als erfreulich war es, dass das Ministerium Herrn Niebels (FDP, Entwicklungsminister) die Freigabe der Gelder blockiete ...


Klimagipfel Durban (Südafrika)

Der "2. Petersberger Klimadialog", bei dem im Juli Vertreter von rund 35 Staaten in Berlin zusammenkamen, sollte den UN-Klimagipfel 2011 vorbereiten, der Ende des Jahres in Durban (Südafrika) stattfand . Die Aussicht auf eine dringend notwendige internationale, verbindliche Vereinbarung für einen international koordinierten und nachhaltigen Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe rückte erneut in weite Ferne. Zu mehr als der Erklärung, freiwillige Beiträge zum Klimaschutz könnten die größte Gefahr für die Zukunft der Menschheit möglicherweise bannen, reichte es wieder einmal nicht.

Der Lobby der Energieversorger, die weiterhin auf mit fossilen Brennstoffen befeuerte Großkraftwerke setzen, steht weiterhin nichts dabei im Weg. Sie können ihre gefährlichen Pläne, das bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas freigesetzte Kohlendioxid (CO2) unter der Erde "end"-zulagern bisher relativ ungestört weiter verfolgen. Niemand kann jedoch dafür garantieren, dass das klimaschädigende Gas auch tatsächlich für die Ewigkeit dort unten bleiben wird.

Doch das ist nicht die einzige Gefahr. Die Ausbeutung kleiner Erdgaseinlagerungen in winzigen Holräumen von Gesteinen und in den Spalten zwischen Schiefer-Schichten, sogenannter unkonventionelle Erdgasvorkommen, die sich aber nicht mehr so ohne weiteres erschließen lassen, wird daher immer lukrativer. Beim dabei zur Anwendung kommenden "Fracking"-Verfahren werden pro Bohrung hunderttausende Liter Wasser, das mit Sand, sowie trinkwasser- und gesundheitsgefährdenden Chemikalien vermischt ist, unter sehr hohem Druck in eine Gesteinsformation gepresst, in deren Zwischen- und Hohlräumen Erdgas eingelagert ist. Dabei entstehen winzige Risse im Gestein, durch die hindurch das Gas aus den Einschlüssen entweichen und über die Sonde gefördert werden kann.

Allein aufgrund der klimaschädlichen Gase, die von der Menschheit innerhalb der beiden letzten Jahrhunderte bisher schon in die Athmosphäre geblasen wurden, ist das Nordpolarmeer während des Sommers im Vergleich zu 1972 nur noch zur Hälfte der Fläche mit Eis bedeckt. Die skrupellosen Akteure in den Chefetagen der großen Ölkonzerne, die nach wie vor auf fette Beute aus sind, schielen schon nach dem größten Stück des Kuchens: Im Boden unter der Arktis werden über ein Fünftel der noch unerschlossenen Öl- und Gasvorräte vermutet. Wenn das Eis schmilzt, dann ließen sich auch diese Lagerstätten fossiler Brennstoffe noch ausbeuten ...

Während der Verhandlungen Anfang Dezember in Durban drängte sich mir das Bild eines Autofahrers auf, der sehenden Auges mit Höchstgeschwindigkeit auf den Rand einer Klippe zurast, hinter der der tödliche Abgrund lauert. Wenn es trotz des massiven Drucks seitens der Öl-Lobby hörigen Klimakillern, wie den USA oder Kanada in den letzten Stunden des Klimagipfels wenigstens noch zu einer Einigung über eine mögliche Fortführung des Kyoto-Protokoll und die Fortsetzung der Klimaverhandlungen kam, dann war das nicht der große Durchbruch, als den die Bundesregierung uns das Ergebnis der Verhandlungen verkaufen will, sondern allenfalls ein blasser Hoffnungsschimmer ... - der Autofahrer könnte ja vielleicht doch gerade rechtzeitig noch auf die Bremse treten.


Unser täglich Brot ...

Sollte diese Hoffnung Wahrheit werden, dann bleibt, neben dem Kampf um das schnelle Ende des Atomzeitalters, das Problem der ungerechten Verteilung und der schleichenden Vergiftung der weltweit verfügbaren Lebens-Mittel.


Mit schärferen Kontrollen sowie verschärften Meldepflichten und härteren Strafen wollen Bund und Länder nach dem Dioxin-Skandal den Schutz für die Verbraucher und Landwirte vor kriminellen Dioxin-Panschern verbessern. Das ist nicht zuletzt auch dem Druck der Öffentlichkeit zu verdanken. Es gilt aber, ständig wachsam zu bleiben. Die Lobbys der Nahrungsmittelindustrie und international miteinander verflochtener Konzerne versuchen immer wieder, geltendes Recht zu umgehen und auszuhebeln. Das perfide Spiel mit den Grenzwerten ist dabei eines ihrer wirksamsten Mittel.

Die intensive Landwirtschaft, die auf den Einsatz von immer mehr Chemie, Gentechnik und industrielle Strukturen setzt, führte bereits zur Vergiftung der Böden und des Trinkwassers, sowie zur drastischen Verarmung der Vielfalt der Sorten unserer Nahrungspflanzen. Forderungen nach einer Abkehr von den Agrarfabriken und nationalen Verboten gegen den Einsatz von Gentechnik, hin zu einer bäuerlich-ökologischen Landwirtschaft, wurden daher immer lauter.


Während hierzulande die Überproduktion und anschließende Vernichtung großer Mengen von Nahrungsmitteln weiterhin subventioniert wurde, starben in anderen Gegenden unseres Planeten wieder hunderttausende von Menschen "nur deshalb", weil sie nicht genug zu Essen haben.

Zu den Menschen, die sterben mussten, weil ihre Nahrung auf den Feldern verdorrte, kamen immer mehr Menschen hinzu, die deshalb vom Hungertod bedroht sind, weil sie sich ihr tägliches Brot nicht mehr leisten können. Nach dem Platzen der dotcom- und der Immobilenblase haben die Spekulanten und Zocker auf dem Parkett der internationalen Börsen die weltweiten Getreidevorräte als neues Spielzeug ausgemacht, und treiben die Preise immer weiter in die Höhe. Uns Kindern hat man schon sehr früh beigebracht, dass Essen kein Spielzeug ist. Scheinbar hat diese Weise Erkenntnis aber für einige Erwachsene keine Gültigkeit.

Unter dem Motto "Let's talk about food" beschäftigten sich im Oktober im Rahmen des diesjährigen "Blog Action Day" auch zahlreiche andere Blogger mit diesem Themenfeld.


Krieg und Frieden

Nach der Veröffentlichung von Geheimdokumenten von den Friedensverhandlungen zwischen den Palästinensern und Israel durch den arabischen Sender "Al Dschasira" und die britische Zeitung "The Guardian" wies Israels gut gepflegtes Image als das "ewige Opfer" plötzlich einen häßlichen Kratzer auf. Wenn all das zutriffen sollte, was im Januar auf der Internetseite der ARD-Tagesschau zu lesen war, dann wäre die palästinensische Führung in der Vergangenheit bereit gewesen, auf nahezu alles zu verzichten, wofür die Palästinenser seit der Gründung des Staates Israel und ihrer Vertreibung aus ihren ehemaligen Siedlungsgebieten gekämpft und gelitten haben - nur um des lieben Friedens willen. Israel hingegen wäre den Palästinensern kein Stück entgegen gekommen - aus lauter Raffgier.

Die Luftschläge der NATO-Flugzeuge, die den Bürgern Lybiens dabei halfen, ihren Diktator Gaddafi aus dem Amt zu jagen, mögen ja im Nachhinein denen Recht geben, die sich schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt für ein militärisches Eingreifen in den Konflikt stark gemacht haben. Es hätte aber auch ein anderes Ende nehmen können und ich halte es auch weiterhin für einen Fehler, ganz gewöhnlichen Verbrechern, die zufällig auf einem Ölfeld sitzen, mit einer ganzen Armee auf den Pelz zu rücken. Das Regime des Herrn Saddat in Syrien geht ebenso brutal mit militärischen Mitteln gegen friedliche Demonstranten vor - ohne dass es mit einem NATO-Angriff rechnen müsste.

Kriege werden eben nicht aus moralischen Motiven geführt. Dabei geht es immer wieder nur um die Verteidigung von Machtpositionen, um die Aussicht auf fette Beute in Form von Bodenschätzen oder um handfeste wirtschaftliche Interessen der Waffenproduzenten. So versuchten zum Beispiel die USA so im November still und heimlich ein Gesetz zur Aushöhlung des weltweiten Verbots von Streumunition auf den Weg zu bringen.

Wenn es um das Geschäft mit dem Tod geht, ist Deutschland allerdings auch nicht gerade zimperlich. Dass die Bundesregierung dabei dem Verkauf von Panzern an einen arabischen Staat zustimmt, der später möglicherweise damit auf seine Bevölkerung schießt ist ihr dabei egal.

Auch in Afghanisten geht es nicht um Moral. Aus "Aufbauhelfern in Uniform" sind längst ganz gewohnliche Soldaten in einem offiziell inoffiziellen Krieg geworden. Später hieß es, die deutsche Armee verteidige Deutschland am Hindukusch. Bisher ist unser Land jedoch noch niemals von Afghanistan angegriffen worden. Inzwischen stand für einige Menschen sogar schon die Frage im Raum, ob Deutschland sich möglicherweise in einen Angriffskrieg verwickeln lassen hat.


Das war das Jahr 2011


Donnerstag, 29. Dezember 2011

Das war das Jahr 2011 - Über den Tellerrand (2)

Die Demokratiebewegung in den Staaten Nordafrikas und im arabischen Raum setzte sich auch Anfang dieses Jahres weiter fort. Im Februar zwangen die Proteste der Menschen in Ägypten Herrn Mubarak (Ägypten, ehemaliger Präsident) zum Rücktritt

Übergangsweise sollte ein Militärrat das Land regieren. Inzwischen ist das ehemalige Vertrauen der Ägypter in die Militärs jedoch deutlich geschwunden und auch nach den ersten freien Wahlen kommt das Land nicht zur Ruhe. Die Menschen gehen wieder auf die Straße, um ihren - entgegen vorhergehender Zusagen - unerfüllt gebliebenen Forderungen erneut Nachdruck zu verleihen ...

Die Bürger Lybiens konnten sich von ihren Diktator Gaddafi erst mithilfe der von ihnen erbetenen militärischen Unterstüzung durch die NATO befreien. Ganz so eindeutig wie im benachbarten Tunesien oder in Ägypten war die Ablehnung der Herrschaft des Gaddafi-Clans in Lybien jedoch nicht. Einige der Stammesgemeinschaften hatten sich mit ihm arrangiert gehabt und ihn bis zuletzt unterstützt. Die Mehrheit der Lybier dürfte aber wohl froh sein, dass die Zeit der Herrschaft des durch einen Putsch an die Macht gekommenen Diktators endlich vorüber ist.

In Jemen und in Syrien setzte sich das Drama mit einer weiterhin zunehmende Anzahl tausender toter Demonstranten fort - ohne dass irgendein Militärbündnis daran denken würde, auch die Völker in diesen Ländern "militärisch zu unterstützen" ... - wohl dem, der - wie die Bürger Lybiens - auf reichhaltigen Ölquellen sitzt.

Eigentlich nicht erst seit dem Eingreifen der NATO in Lybien zieht die Demokratiebewegung in Nordafrika und den arabischen Ländern internationale Kreise. Solange den Diktatoren und Unterdrückern die Unterstützung mächtiger Verbündeter sicher ist, kann der Rest der internationalen Gemeinschaft nichts ausrichten. Sanktionen sind nämlich nur dann wirksam, wenn alle an einem Strang ziehen.

Angesichts der Umbrüche wurden aber selbst die Machthaber Chinas nervös und versuchten noch gezielter als ohnehin schon, jede kritische Äußerung an Missständen im Land bereits im Keim zu ersticken. Dabei braucht sich China um mangelnde internationale Unterstützung nun wirklich keine Sorgen zu machen. Solange dort noch fette Profite winken, wird die "freie Welt" auch weiterhin tatenlos zusehen, wie die Diktatoren in Peking und deren korrupte Handlanger die Menschen überall im Land manipulieren und unterdrücken. Massive Menschenrechtsverletzungen im "Reich der Mitte", die sich die demokratischen Staaten der "Freien Welt" zuoberst auf ihre Fahnen geschrieben haben, werden dabei auch schon gerne mal wohlwollend übersehen.

Aber auch an Deutschland gingen die Ereignisse nicht spurlos vorüber. Aufgrund ihrer Weigerung, sich an dem NATO-Einsatz in Lybien zu beteiligen, geriet die Bundesregierung außenpolitisch unter Druck.


Finanz- und Wirtschaftskrisen

Auch ihr Umgang mit der Euro- und Wirtschaftskrise brachte sie in Bedrängnis. Die Opposition warf ihr ebenso Untätigkeit und falsches Handeln vor, wie die Regierungen anderer Staaten, unter denen - neben Griechenland vor allem auch die USA - viele weitere mit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu kämpfen hatten.

Die vermeintliche Lösung der Probleme spielt sich in den immer gleichen, stets vorhersehbaren  Mustern ab. Die "systemrelevanten" Verursacher und Profiteure der Dauerkrise werden aus den Steuerkassen ihrer Opfer immer wieder - und zwar jedesmal "aber nun wirklich zum allerletzten Mal" - mit frischem Kapital versorgt. Geändert hat sich daran auch in diesem Jahr nichts - im Gegenteil: "The Show must go on" und "Business as usual" blieben auch weiter das bestimmende Motto der angeblichen Finanzexperten und "Krisenmanager".

In den USA machte sich der Unmut der Menschen in Form der "Occupy Wallstreet"-Bewegung Luft, die auch auf Deutschland und andere Länder der Welt überschwappte. Das brachte immerhin zum ersten Mal auch hierzulande einige Vertreter aus Politik und Wirtschaft in Erklärungsnot. Bedrohlich für den Euro und die wirtschaftliche Stabilität in der Europäischen Union war, neben der wiederholt abgewendeten Zahlungsunfähikeit Griechenlands, vor allem aber wohl die weiterhin angespannte Situation in EU-Staaten wie Spanien, Portugal oder Italien.

Vor diesem Hintergrund gab es seit August ebenfalls heftige Kritik an einem Steuerabkommen der Bundesrepublik mit der Schweiz. Dieses untergräbt die politischen Bemühungen der EU und ist de facto eine Amnestie für Steuerhinterzieher.

Manchmal ist es sicher richtig, eigene Wege einzuschlagen. In den meisten Fällen, vor allem aber auch in diesem Falle, wäre aus meiner Sicht allerdings ein gemeinschaftliches und nachhaltiges Vorgehen notwendig, um zu einer wirklichen Lösung des Problems zu kommen. Steuerhinterziehung und die daraus resultierende Schädigung des Allgemeinwohls sind nämlich nicht nur ein deutsches Phänomen.

Quasi nebenbei bin ich auf eine interessante Überlegung eines konservativen - und daher wohl eher unverdächtigen - Publizisten und offiziellen Biographen Frau Thatchers (Großbritanien, ehemalige Premierministerin) Herrn Moore gestoßen. Angesichts der Unruhen in England und des wachsenden Ungleichgewichts in der Welt, sowie immer skandalöserer Auswüchse der Globalisierung wirtschaftlicher Interessen internationaler Konzerne stellte er im September in einem Artikel des "Daily Telegraph" die Frage, ob "die Linke" am Ende vielleicht doch Recht habe.


Super-Wahljahr

In Deutschland stand während des zu Ende gehenden Jahres, neben der Eurokrise oder den Auseinandersetzungen um die Atompolitik der Bundesregierung, eine große Anzahl von Kommunal- und Landtagswahlen im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen. Früher einmal waren die Grünen in der Situation, in der sich heute die Linken befinden: Sie waren von den "etablierten Volksparteien" CDU, CSU, FDP und SPD nicht ernst genommen und ausgegrenzt worden.

Heute gehören die Grünen selbst zu den "Etablierten" und waren die großen Gewinner des "Super-Wahljahrs 2011". Die SPD erlebte so etwas wie eine Wiederbelebung. In Hamburg errang sie sogar die absolute Mehrheit. Ob das nun in einer neuen Politik begründet ist, oder aber in der Schwäche von CDU und CSU, sei dahingestellt. Die CDU geriet jedenfalls von Wahl zu Wahl weiter in Erklärungsnot, während die FDP gleichzeitig mehr und mehr in der Bedeutungslosigkeit versank. Analysen des "Super-Wahljahrs" finden sich zum Beispiel auf den Internetseiten des "Spiegel", des "FOCUS" und der "Tagesschau" der ARD.


Der Plagiator

Tief gefallen ist im Laufe des Jahres auch Herr zu Guttenberg (CSU). Nachdem im Februar bekannt wurde, dass es sich bei seiner Doktorarbeit im Wesentlichen um ein Plagiat handelt, versuchte er sich Anfangs noch herauszureden und gab immer nur das zu, was gerade ohnehin schon bekannt geworden war. Angesichts des zunehmenden öffentlichen und politischen Drucks sah er sich genötigt, immer mehr Fehler einzuräumen, bestritt jedoch weiterhin, vorsätzlich getäuscht zu haben.

Irgendwann zu dieser Zeit erhielt der ehemals "Beliebteste Politiker der Nation" den wenig schmeichelhaften Beinamen "Der Plagiator". Am Ende stand die Aberkennung seines Doktorgrades durch die Universität Bayreuth und sein Rücktritt von sämtlichen bundespolitischen Ämtern. Sein Nachfolger im Amt des Verteidigungsministers wurde Herr de Maizière (CDU), der bis dahin Innenminister gewesen war.


Die Freiheit des Glaubens

Somit musste auch das Amt des Innenministers neu besetzt werden. Nachfolger von Herrn de Maizière wurde Herr Friedrich (CSU). Bereits zu Beginn in seiner neuen Rolle machter er sich unbeliebt, indem er mit seiner Äußerung, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, einen großen Teil unserer Mitbürger verbal ausgrenzte und gegen sich aufbrachte.

Wenn er persönlich vielleicht auch dieser Meinung sein sollte, so hätte Herr Friedrich als führendes Mitglied einer "christlichen" Partei besser seinen Mund gehalten. Angesichts der gewalttätigen Vergangenheit der Katholischen Kirche im Mittelalter und ihrer unseeligen "Kreuzzüge" gegen Menschen anderen Glaubens, sowie radikaler "Christen" vom Schlage eines Herrn Bush (USA, ehemaliger Präsident) ist es moralisch zumindest fragwürdig, Anhänger anderer Glaubensgemeinschaften in Deutschland ausgrenzen zu wollen. Wer so etwas versuchen sollte, der begibt sich außerdem auch rechtlich auf sehr dünnes Eis.

Im Artikel 4 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist jedenfalls nachzulesen, dass die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses unverletzlich sind und die ungestörte Religionsausübung gewährleistet wird. Somit gehört eigentlich ja wohl jede Religion, die hierzulande ihre Anhänger findet, zu Deutschland. Damit wird sich letztlich auch ein Herr Friedrich abfinden müssen.


Absolute Macht und Verschleierung politischer Einflussnahme

Im März machte auch der "Medienbaron" Herr Murdoch von sich reden, als er versuchte, durch die Übernahme wichtiger britischer Zeitungen und Fernsehsender das Monopol über die britische Medienvielfalt zu erlangen. Daran, dass ihm das nicht gelang, hatte zu einem großen Teil eine international angelegte Petion des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ beigetragen.

Im Mai trug eine weitere Petition des Netzwerks dazu bei, dass ein Gesetzentwurf, der Bundestagsabgeordneten wieder ermöglicht hätte, ihre Nebeneinkünfte zu verschleiern, ein vorzeitiges Ende fand.

Das Taktieren von Politikern zu ihrem eigenen Vorteil ist offenbar ein ständig neues Problem. Wenn aber dann auch noch die einzig verbleibende öffentliche Kontrollinstanz (die Vielfalt unabhängiger, kritischer Medien und ihrer Journalisten) von einem einzelnen Monopolisten zusammengerafft und zur Manipulation der öffentlichen Meinung missbraucht wird, dann ist es um die Zukunft der freiheitlichen Demokratien dieser Welt schlecht bestellt.


Sinnlose Gewalt

Im Juli erschütterte ein Attentat auf der kleinen norwegischen Ferieninsel Utøya nicht nur die Menschen in Norwegen. Den norwegischen Ermittlungen zufolge sind die Motive des Attentäters offenbar in seiner nationalistischen und islamfeindlichen Gesinnung begründet. Die Gemeinschaft der Bürger Norwegens zeigte angesichts des bestialischen Vorgehend des Mörders eine unglaubliche Stärke und Bürger aus Ländern der ganzen Welt bezeugten in der Kondolenzliste auf der Internetseite Norwegens ihre Solidarität. Auch wenn diese sinnlose Gewaltorgie vielleicht die Tat eines Einzelnen war, so zeigt sie doch, dass nationalistisch oder religiös begründete Gewaltbereitschaft längst kein nationales Problem einzelner Staaten mehr ist. Diesbezüglich werden künftig internationale Ansätze gefragt sein.


Palästina - ein imaginärer Staat

Während der UNO-Vollversammlung im September wurde unter anderem auch über die Aufnahme eines "Staates Palästina" bei den Vereinten Nationen abgestimmt. Wie zuvor bekannt geworden war, gab es Anzeichen dafür, dass etwa 130 bis 140 der 193 UN-Mitglieder der Anerkennung eines unabhängigen Palästinenserstaates positiv gegenüberstanden. Der letztlich erfolglose Antrag war bereits im Vorfeld von den USA, Deutschland, Italien, Tschechien und den Niederlanden zurückgewiesen worden.

Das eigentliche Problem ist meines Erachtens jedoch, dass alle Welt von der Notwendigkeit redet, neben Israel einen eigenständigen Staat "Palästina" zu schaffen, aber niemand ernsthaft etwas für dessen Verwirklichung unternimmt. Solange "Palästina" nichts anderes ist, als ein imaginäres Gebilde, das noch nicht einmal wirklich auf dem sprichwörtlichen Papier besteht, steht es um die Chancen auf eine Mitgliedschaft Palästinas in der UNO und einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten denkbar schlecht.


Rente mit 69?

In diesem Jahr wechselten in Deutschland die letzten Menschen mit 65 Jahren aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand. Mit Beginn des nächsten Jahres wird das Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Dieser Prozess, der im Jahre 2031 abgeschlossen sein wird, hatte noch nicht einmal begonnen, als im September Überlegungen der Bundesregierung bekannt wurden, das Renteneintrittsalter auf 69 Jahre anzuheben, um damit die Staatsfinanzen zu sichern. Es folgten die üblichen Dementi. Nach Aussage eines Ministeriumssprechers handele es sich lediglich um "rein theoretisch denkbare Möglichkeiten", nicht aber um konkrete Vorschläge. Herr Seibert (Regierungssprecher) verkündete, die Anhebung des das Renteneintrittsalters auf 69 werde von der Regierung weder gefordert, verfolgt, noch in Betracht gezogen. War da wieder einmal aus Versehen etwas durchgesickert, was eigentlich niemand wissen sollte?


Machtmissbrauch im Internet

Im Oktober geriet wieder einmal die mit dezentem Hinweis auf die "Gefährdung durch den internationalen Terrorismus" - unter strengen Auflagen seitens des Bundesverfassungsgerichts - durchgesetzte Online-Durchsuchung mithilfe des sogenannten "Bundestrojaners" in die Schlagzeilen. Der "Computer Caos Club" (CCC) hatte einen ihm zugespielten "Bundestrojaner" analysiert und herausgefunden, dass die Software, die eigentlich ausschließlich für das Abhören von Internettelefonie verwendet werden darf, nicht nur in der Lage ist, höchst intime Daten auszuleiten, sondern darüberhinaus eine Fernsteuerungsfunktion zum Nachladen und Ausführen beliebiger weiterer Schadsoftware bietet.

Aufgrund grober Programmierfehler entstünden außerdem eklatante Sicherheitslücken in den infiltrierten Rechnern, die auch von Dritten ausgenutzt werden könnten. Von Anfang sei die Erweiterbarkeit auf Möglichkeiten zum Durchsuchen, Schreiben, Lesen sowie Manipulieren von Dateien bis hin zu einem digitalen "Großen Lausch- und Spähangriff" beabsichtigt gewesen, indem ferngesteuert auf das Mikrophon, die Kamera und die Tastatur des Computers zugegriffen werde.


Späte Einsicht zeigte die Bundesregierung aber im Zusammenhang mit der in der vorangegangenen Legislaturperiode eingeführten Sperrung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten. Kritiker hatten eine darüberhinausgehende, schleichend um sich greifende Zensur des Internets befürchtet und darauf hingewiesen, dass Netzsperren leicht zu umgehen und deshalb unwirksam seien. Im Dezember brachte die Bundesregierung ein Gesetz auf den Weg, mit dem das schon ausgesetzte Sperrgesetz aufgehoben werden soll. Anstatt sie einfach nur zu blockieren, sollen Kinderpornografie-Seiten künftig gelöscht werden.


Weitaus drastischere Auswirkungen, als die Versuche deutscher Politiker, das Internet für ihre Zwecke zu manipulieren, könnte ein Gesetz zur Folge haben, über das im Kongress der USA beraten wurde. Mit einer "schwarzen Liste", die auf YouTube, WikiLeaks bis hin zu internationalen demokratische Netzwerken wie zum Beispiel auch AVAAZ abzielen könnte, wäre es dem US-Kongress möglich, Internetanbieter zur Sperrung ihrer Seiten zu zwingen. Dafür würde bereits der bloße Verdacht bezüglich einer Verletzung eines Urheberrechts oder Markenzeichens ausreichen.

Da der Großteil der Datenbank- und Hardwarebetreiber in den USA angesiedelt ist, liefe eine solche schwarze Liste auf eine Bedrohung des freien Internets hinaus. Als AVAAZ daraufhin eine internationale Petition gegen das skandalöse Gesetzesvorhaben initiierte, wurde diese innerhalb weniger Tage von mehr als einer Million Menschen unterzeichnet. Wie AVAAZ berichtete, wurden die Chancen auf einen Erfolg des internationalen Protests von Insidern anfangs als minimal engeschätzt. Nach einem Treffen mit hohen Beamten des Weißen Hauses und der Übergabe der Petition, sei AVAAZ inzwischen zu verstehen gegeben, dass Herr Obama (USA, Präsident) voraussichtlich gegen das Gesetz in seiner gegenwärtigen Form votieren wird.


Japan missbraucht Erdbeben-Hilfe für den Walfang

Ein weiterer besonders skandalöser Fall von Missbrauch wurde aus Japan im Zusammenhang mit dessen alljährlicher Jagd auf Wale und  dafür verwendeter finanzieller Mittel bekannt. Trotz internationaler Proteste tötet die japanische Walfangflotte unter dem Deckmantel der "Wissenschaftlichen Forschung" Jahr für Jahr hunderte von Großwalen.

Die Umweltschutzorganisation "Sea Shepherd" die seit Jahren mit rabiaten Mitteln für den Schutz der Wale gegen die japanischen Walfänger vorgeht, hatte die Walfangflotte im der letzten Jagd Saison zur Aufgabe gezwungen. Zuvor war eines ihrer Schiffe von einem japanischen Walfangboot versenkt worden.

Jetzt will die Regierung Japans mit Erdbebenhilfsgeldern einen privaten Geleitschutz für ihre Walfangflotte finanzieren, damit diese erneut - und dieses Mal ungestört - hunderte von Walen abschießen kann. Im Klartext: Bürgern Japans, die durch das Erdbeben, den Tsunami und den atomaren Super-GAU alles verloren haben, soll die eigens für sie vorgesehene Unterstützung verwehrt werden ... - zugunsten einer blutigen "Wissenschaft", deren "Forschungsergebnisse" dann wieder auf den Tellern weiterhin zahlungskräftiger, von den Katastrophen weitgehends verschont gebliebener, japanischer Feinschmecker landen werden.


Das war das Jahr 2011


Mittwoch, 28. Dezember 2011

Das war das Jahr 2011 - Über den Tellerrand (1)

Atomkraft? Nein Danke!Schon vor Beginn ihres Amtsantritts im September 2009 hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung ja angekündigt, sie werde dafür sorgen, dass die Betriebszeiten der Atomkraftwerke verlängert werden. Auch im jetzt zu Ende gehenden Jahr bescherte mir mein Blick über den Tellerrand deshalb wieder strahlende Aussichten.

Nachdem zu Beginn des Jahres endgültig fest stand, welches zusätzliches Gefahrenpotential die Aufkündigung des "Atomkonsens" aus dem Jahre 2000 in Verbindung mit der "Laufzeitverlängerung" für die Zukunft bergen würde, stand für mich endgültig fest, dass ich auf unabsehbare Zeit weiterhin gegen den atompolitischen Irrsinn der Schwarz-Gelb-Gestreiften auf die Straße gehen würde. Von den dramatischen Ereignissen die meinen Entschluss später noch bekräftigen würden, ahnte ich zu dieser Zeit noch nichts ...


Mit dem Atomkraftwerk "Unterweser" (AKW-Esenshamm) lag auch Bremerhaven seit mehr als 30 Jahren im direkten Gefahrenbereich einer solchen unberechenbaren Atomzeitbombe. Im nächsten Jahr (2012) wäre das Atomkraftwerk entsprechend der Vereinbarung im Atomkonsens planmäßig stillgelegt worden. Nach dem Willen des Atomkraftwerksbetreibers EON und seiner politischen Handlanger in der wespenfarbenen Bundesregierung hätte die tickende Zeitbombe entsprechend der "Laufzeitverlängerung" mindestens bis 2020 noch weitere acht Jahre lang Atommüll produzieren sollen, ohne dass es einen Nachweis für den notwendigen, zigmillionen Jahre währenden sicheren Verbleib gegeben hätte. Mithilfe einer durchsichtigen Vernebelungstatik sollte die Bevölkerung im direkten Gefahrenbereich des Atomkraftwerks in trügerischer Sicherheit gewiegt werden.

In der Summe sollten die Betriebsgenehmigungen für die damals noch 17 deutschen Atomkraftwerke um 177 Jahre verlängert werden - durchschnittlich also um mehr als 10 Jahre pro Atomkraftwerk. Allein was das Thema "Atommüll" angeht war schon der "Atomkonsens" nicht mehr als ein fauler Kompromiss gewesen. In Anbetracht des abzusehenden Endes des Atomzeitalters in Deutschland war es der damaligen rot-grünen Bundesregierung aber gelungen, den Widerstand gegen die Nutzung der Atomenergie erst einmal ruhigzustellen ...


Im Februar lagerte die Bundesregierung "ihren Atommüll" aus Karlsruhe (Forschungsreaktor) gegen den erheblichen Widerstand der Atomkraftgegner und entgegen vorheriger Zusagen im Atommülllager "Nord" in der Lubminer Heide an der mecklenburg-vorpommerschen Ostseeküste ein. Die wespenfarbene Bundesregierung nennt diese Atommülllager ja immer noch verharmlosend "Zwischenlager". Die Genehmigung zum "Zwischen"-Lagern für das "Atommülllager Nord" ist inzwischen vorausschauend schon einmal bis 2080 verlängert worden. Ich bin nicht davon überzeugt, dass es die letzte "Lagerzeitverlängerung" für eines der vielen Atommüll-"Zwischen"-Lager sein wird. Aber auch mit vielen kleinen "Zwischen"-Lagerzeitverlängerungen wird aus einem Atommülllager noch lange kein "End"-Lager - ... auch dann nicht, wenn der hochradioaktive Atommüll "Made in Germany" nach dem Ende des Atomzeitalters in Deutschland dort noch bis zum St. Nimmerleinstag vor sich hin strahlen sollte.

Ebenfalls im Februar gaben die SPD und Bündnis '90 / Die Grünen bekannt, sie würden gemeinsam eine Klageschrift gegen das Atomgesetz der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. Auch die Atomkraftgegner bereiteten weitere Demonstrationen gegen die "Laufzeitverlängerung" vor. Schon im März sollte mit einer Menschenkette von der auf wackeligem Boden stehenden  Atomkraftanlage "Neckarwestheim" entlang des Neckars bis in die Landeshauptstadt Stuttgart des Landes Baden-Würtemberg ein weiteres Zeichen gegen die Atompolitik von CDU, CSU und FDP gesetzt werden.


Auch ich machte mich wieder einmal auf den Weg. In der Nacht vom 11. auf den 12. März ging es mit dem Sonderzug von Bremen nach Stuttgart. Bereits im Laufe des Tages vor meinem Aufbruch hatte ich von dem schweren Erdbeben, das sich am Morgen des 11. März vor der japanischen Küste ereignet hatte, und dem dadurch ausgelösten Tsunami gehört. Am Nachmittag erhielt ich über den Verteiler von "AntiAtom Oldenburg" eine E-Mail mit folgenden Inhalt (Zitat): "... Nach der Sicherheitsabschaltung wegen des Erdbebens ist im japanischen Atomkomplex Fukushima die Kühlung des Reaktorkerns seit mehreren Stunden ausgefallen. Letzten, unbestätigten Meldungen zufolge werden zur Stunde vom Militär mobile Stromaggregate herbeigeschafft, um Strom für die Kühlwasserpumpen zu liefern. Sofern es nicht gelingt, den Reaktor binnen kurzer Zeit wieder ausreichend zu kühlen, ist der Eintritt der Kernschmelze, unausweichlich. ...".

Da die vielen Menschen, die im Besitz eines Mobilfunktelefons waren, während des Tages am Neckar und in Stuttgart ständig die aktuellen Nachrichten weitergaben, wurde uns allen schnell bewusst, was da im fernen Japan auf die Menschen zukommen würde. Ebenso wie ich fühlten sich auch andere Atomkraftgegner irgendwie wie im falschen Film: Eigentlich hatten wir mit der Demonstration entlang des Neckars nur vor den Gefahren waren wollten, die von den Atomkraftwerken - auch von deutschen(!) - ausgehen. Damit, dass sich in Fukushima genau in diesen Stunden zum zweiten Mal ein Super-GAU anbahnen würde, hatte ja auch von uns niemand gerechnet.

Die Erschütterungen, die von der Atomkatastrophe in Japan ausgingen, brachten innerhalb kürzester Zeit auch die Pläne der vier Atomkonzerne EnBW, EON, Vattenfall und RWE ins Wanken. Die Physikerin Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) hätte es eigentlich besser wissen müssen. Jetzt versuchte "ihrem Wahlvolk" mit hilflos klingenden Formulierungen weiszumachen, dass ja niemand ernsthaft mit einer solchen Katastrophe hätte rechnen können - schon gar nicht im technisch hochentwickelten Japan. Spätestens seit dem Super-GAU vom April 1986 in Tschernobyl rechnen wir Atomkraftgegner eigentlich täglich mit derartigen Katastrophen - es ist nur so, dass man diese unvorstellbare latente Bedrohung im Alltag aus dem Bewusstsein verdrängt ...

... Am 26. November war "Fukushima" dann plötzlich ganz nah: Während der Kundgebung in Dannenberg gegen den Castor-Transport aus der Atommüllaufbereitungsanlage bei La Hague (Frankreich) in das Atommülllager bei Gorleben berichteten zwei japanische Frauen aus der Region um die zerstörte Atomkraftanlage "Fukushima-I" von ihren Erlebnissen während des Erdbebens und der Atomkatastrophe. Sie erzählten von ihrem Leben vor dem Super-GAU .. schilderten ihre Hoffnungen und Wünsche - und sie sprachen von "der Zeit danach" und davon wie ihr bisheriges Leben von einem Moment auf den Nächsten endete.

Die Bilder der Zerstörungen aus den Fernsehnachrichten, die schockierenden Zahlen in den zahlreichen Texten, die ich inzwischen gelesen habe, all dass ist nichts gegen die Gefühle, die von den Schilderungen der beiden - vielleicht 200 Meter von mir entfernt auf der Bühne stehenden - Frauen ausgelöst wurden, deren Leben nie mehr so sein wird wie es vor der Atomkatastrophe in ihrer Nachbarschaft einmal gewesen war.


Was die schwarz-gelbe Bundesregierung uns seit den Ereignissen im März und der Abschaltung von acht der siebzehn deutschen Atomreaktoren als "Atomausstieg" verkaufen will, ist bei genauerer Betrachtung nichts weiter als eine weitere Mogelpackung. In Anbetracht dessen, dass die verbliebenen neun deutschen Atomkraftwerke gegenüber dem Atomkonsens aus dem Jahre 2000 um insgesamt 30 Jahre länger in Betrieb bleiben sollen, handelt es sich bei diesem schwarz-gelb-gestreiften "Atomausstieg" in Wahrheit weiterhin um eine "Laufzeitverlängerung".

Gleichzeitig versucht die Bundesregierung mit ihrem Festhalten an "Gorleben" als Atommülllager für hochradioaktive Abfälle weiterhin den Anschein zu erwecken, sie könne einen "Entsorgungnachweis" vorlegen. Weitere während des Jahres bekanntgewordene Fakten belegen, dass der Salzstock bei Gorleben alles andere als geeignet ist. Auch durch weitere "Erkundungen" wird der "Schwarzbau Gorleben" nicht sicherer! Herr Stay (.ausgestrahlt, Sprecher) machte während der Kundgebung in Dannenberg deutlich, was von der sogenannten "ergebnisoffenen Suche" nach Alternativen zu diesem imaginären Entsorgungsnachweis zu halten ist: Im Haushalt 2012 des Herrn Röttgen (CDU, Bundesumweltminister) seien 37 Millionen Euro für den Ausbau des Atommülllagers im Salzstock bei Gorleben vorgesehen. - Dem stünde die geradezu lächerlich geringe Summe von 3 Millionen Euro für die Suche nach alternativen Standorten zur langfristigen Lagerung des deutschen Atommülls gegenüber!


Trotz ihrer atompolitischen Notmanöver ist es der Bundesregierung jedoch nicht gelungen, den Widerstand der Atomkraftgegner zu brechen.

(Fortsetzung folgt im nächsten Jahr ... - mit Sicherheit ...)

  • Mehr zum Thema Atomkraft, wie zum Beispiel die Verschiebung deutschen Atommülls ins russische Majak oder die Finanzierung neuer Atomkraftwerke im Ausland etc., habe ich in meiner Chronologie der Ereignisse des Jahres 2011 zusammengestellt. Am Ende der Seite "juwi's gesammelte Atomkraft-Werke" findet ihr außerdem eine Sammlung von Links zu Anti-Atom-Organisationen, Dokumenten mit Hintergrundinformationen über die gemeinsamen Interessen von Atomkonzernen und Politikern, zur "Sicherheit" der bisher existierenden Atommülllager, zu zahlreichen Vertuschungsversuchen inkompetenter Politiker, zu den radioaktiven Kontaminierungen und deren Auswirkungen auf das Leben der Menschen im Umfeld der Uranabbaugebiete und vielem mehr.


Das war das Jahr 2011


Dienstag, 27. Dezember 2011

Das war das Jahr 2011 - juwi's welt

Was sich während des zu Ende gehenden Jahres in Bremerhaven zum Positiven, und was zu Negativen hin entwickelt hat, wird wohl jeder für sich selbst anders beantworten. Ich habe auch im letzten Jahr wieder mit Freunden und Bekannten, meinen Familienangehörigen sowie vielen fremden Leuten über dieses und jenes sprechen können und mir irgendwann eine eigene Meinung dazu gebildet. Hier ist mein persönlicher Jahresrückblick ...


Januar

Im Januar wurde das Hauptgebäude des ehemaligen Betonwerks "Grube" am Nordende des Neuen Hafens abgerissen. Während der Sail 2010 hatte es noch als Pressezentrum gedient. Auf dem Gelände ist als letztes Zeugnis der Hafenindustrie am Neuen Hafen nur noch der gelbe Kiesverladekran übrig gebleiben.Ich hoffe weiterhin, dass er als hafengeschichtliches Denkmal erhalten bleiben wird.


Februar

Immobilienspekulanten

Auch im Leher Gründerzeitviertel "Goethestraße" kamen die Abrissbagger zum Einsatz. Das Haus in der Stormstraße 44, dessen Ober- und Dachgeschoss im Dezember 2007 bei einem Brand beschädigt wurden, verwahrloste in den darauffolgenden Jahren zusehends. Am Ende war es nicht mehr zu retten.

Überhaupt machten auch im Laufe dieses Jahres wiederholt Immobilienspekulanten, deren Opfer oder finanzschwache Hauseigentümer, die schlecht gewirtschaftet hatten und denen die Zukunft ihres Eigentums inzwischen völlig gleichgültig ist, von sich reden. Für die Mieter kann das Verhalten derartiger Eigentümer auch schon mal zum Albtraum werden. So sah sich im Oktober zum Beispiel der Bremerhavener Wasser- und Energieversorger gezwungen, in einigen Gebäuden einer Immobilienfirma das Wasser abzustellen, weil diese die von den Mietern dafür regelmäßig überwiesenen Gelder nicht weitergeleitet hatte.

Nach dem "Brandhaus" ist inzwischen auch das Haus in der Stomstraße 49 verschwunden. Ich habe mit Leuten gesprochen, die der Ansicht sind, die "Schrottimmobilen" müssten rigoros abgerissen werden. Wenn es sich aus baustatischen Gründen nicht mehr vermeiden lässt, dann sehe ich das ebenso. Solange ein Gebäude aber in der Substanz noch ungeschädigt ist, sollte in einem Viertel mit durchgehnden Gründerzeitfassaden die Reparatur und die weitere Nutzung Priorität haben.

Es gibt aber auch Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Machenschaften einiger Zeitgenossen, die ganze Stadtviertel in Verruf bringen können, sowie dem weiteren Verfall wertvoller, historischer Bausubstanz etwas entgegenzusetzen.

Mithilfe eines Ortsgesetzes versucht die Stadt verwahrloste Gebäude zu erwerben, um auf diese Weise die Kette der Spekulation, deren letztes Glied in der Regel finanziell ruiniert auf einer wertlosen Schrottimmobilie sitzen bleibt, zu unterbrechen. Leider kommt sie dabei aber in der Regel erst dann zum Zug, wenn schon alles zu spät ist.

Einen anderen Ansatz versucht eine Arbeitsgruppe der "Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe" (ESG-Lehe) umzusetzen. Diese bemüht sich seit einiger Zeit - bisher leider vergeblich - darum, leerstehende Gebäude durch alternative Nutzungen vor Verwahrlosung und Verfall zu bewahren. Dafür möchte sie das Konzept "Wächterhaus", das in ostdeutschen Städten bereits seit einiger Zeit erfolgreich umgesetzt wird, auch in Bremerhaven einzuführen. Um diese Idee in der Öffentlichkeit bekannter zu machen, präsentierte die ESG-Lehe im November in einem leerstehenden Ladenlokal die Wanderausstellung "Wächterhäuser" des Leipziger Vereins "Haushalten".

Eine andere Ausstellung in kleinerem Rahmen wurde im November in der Freizeitstätte "Lehe-Treff" gezeigt. Die Schüler eines Kunst-Leistungskurses der Geschwister-Scholl-Schule hatten Entwürfe für die Gestaltung der Fassade des Hauses Uhlandstraße 19 angefertigt und die Besucher der Ausstellung hatten die Möglichkeit, darüber abzustimmen, welche der vorgestellten Arbeiten verwirklicht werden soll. Das verwahrloste  Gebäude konnte inzwischen von der Stadt erworben werden. Bis sie entschieden hat, wie es künftig genutzt werden soll, möchte die Stadt zumindest schon einmal die Fassade aufwerten.


Freimarkt oder Baumarkt?

Mit einer ihrer letzten Amtshandlungen beantwortete die damalige Große Koalition aus SPD und CDU diese Frage zugunsten der holländischen Ten Brinke Gruppe und ihres Projekts: Die Ansiedlung eines Baumarkts mit Gartencenter. Vorangegangen waren 86 von der Verwaltung vom Tisch gefegte Einwände, Proteste Bremerhavener Bürger gegen einen weiteren Höhepunkt des Wildwuchses von Märkten in der Stadt und eine Demonstration vor dem Sitzungssaal der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung.

Dass der neue Baumarkt auf dem bisherigen Bremerhavener Fest- und Veranstaltungsgelände "Wilhelm-Kaisen-Platz" zu Verlusten von Arbeitsplätzen in den beiden bereits in der unmittelbaren Nachbarschaft existierenden Baumärkten führen wird, ist wohl so gut wie sicher. Auch auf die Existenz von Geschäften in der benachbarten Hafenstraße könnte sich der Markt mit seinem über das übliche Angebot eines reinen Baumarkts hinausgehende Angebot negativ auswirken.

Seitens der Politik hieß es dazu, Verdrängungswettbewerb sei nicht unerwünscht(!). Wenn vor diesem Hintergrund mit der "Schaffung neuer Arbeitsplätze" im neuen Baumarkt argumentiert wird, dann ist das in meinen Augen blanker Zynismus. Es ist schon erschreckend, wie hier sehenden Auges kaltblütig Existenzen von Betrieben und der dort arbeitenden Menschen und ihrer Familien in Kauf genommen werden.

Der Bremerhavener Frühjahrs- und der Freimarkt fanden erstmals auf dem neben der Baumarkt-Baustelle verbliebenen Fläche statt. Die auf der Melchior-Schwoon-Straße abgestellten Fahrzeuge der Schausteller veranlassten Fußgänger vom Gehweg auf die Fahrbahn zu wechseln und führten zu Behinderungen des Verkehrs auf der Hauptzufahrtsstraße zur Hafenstraße mit ihren Geschäften und den angrenzenden Wohngebieten. Ob sich die traditionellen Frühjahrs- und Freimärkte unter den neuen Gegebenheiten weiterhin durchführen lassen werden, bleibt abzuwarten.

Auch davor, dass mit der Bebauung des Wilhelm-Kaisen-Platzes wertvoller Parkraum für die Besucher der benachbarten Stadthalle und der neuen Eisarena verloren gehen würden, war im Vorfeld des Verkaufs des Platzes an Ten Brinke gewarnt worden. Einen kleinen Vorgeschmack auf derartige Aussichten gab es im November, als es aufgrund zweier Großveranstaltungen in der Stadthalle und der Eisarena zum Gerangel um die wenigen freien Parkplätze kam.

Zum Weiterlesen:


März

Auf den freigewordenen Flächen  im Tourismusgebiet "Havenwelten"sind inzwischen viele neue Gebäude errichtet worden. Unter anderem wird dort an repräsentativer Stelle auch ein Neubau für die Arbeitnehmerkammer und ihre "Wirtschafts- und Sozialakademie" (WISOAK) entstehen. Nach deren Auszug aus dem Post- und Sparkassengebäude in der Hafenstraße befürchteten viele Leher, dass dort ein weiterer Dauerleerstand entstehen könnte. Der letzte verbliebende Nutzer des Gebäudes war die Städtische Sparkasse Bremerhaven, die das Gebäude zur Zeit aufwändig saniert. In den leerstehenden Räumlichkeiten soll ein Dienstleistungs- und Ärztezentrum entstehen.

Die Provinzposse um die Umbenennung der ebenfalls sanierten und durch einen Neubau vergrößerten ehemaligen Lessingschule fand für die Schüler, deren Eltern und die Lehrer doch noch ein glückliches Ende. Der Schulausschuss beschloss im März, dass die Schule künftig den Namen "Schule am Ernst-Reuter-Platz" tragen soll.


Eisarena

Anfang März wurde die neue Eissporthalle "Eisarena" eröffnet. Bereits zwei Tage zuvor war die "Eisarena" in den höchsten Tönen gelobt worden.

Herr Grantz (SPD, Oberbürgermeister) hatte von einer bauzeitgerechten Fertigstellung gesprochen - was in Bremerhaven ein als besonders lobenswert zu erwähnendes Ereignis ist. Darüber, dass die Halle eigentlich schon vor Jahren hätte realisiert werden sollen, und welche Ereignisse zu den Verzögerungen führten, hatte er jedoch nichts gesagt.

Frau Rogge-Mönchmeyer (Stadthalle, Geschäftsführerin) freute sich über eine finanzielle Punktlandung. Darüber, dass Bremerhaven sich die Halle aber eigentlich gar nicht leisten kann und dass es deswegen im Vorfeld handfesten Zoff zwischen Bremerhaven und dem Finanzressort der Bremer Landesregierung gegeben hatte, und davon dass die fertige Eisarena nur noch eine abgespeckte Version à la "Halle mit Tonnendach" des ursprünglichen Entwurfs à la "Repräsentative Architektur" ist, mochte sie wohl nicht so gerne reden.

Herr Bödeker (CDU, Fraktionvorsitzender) bezeichnete die neue Eissportstätte als gute Stube. Auch die Sportler seien mit der neuen Eisarena zufrieden. Als Steuerzahler, der sein Geld lieber an sinnvollerer, der Allgemeinheit zugutekommender Stelle investiert gesehen hätte, freut es mich natürlich, dass die Sportler wenigstens zufrieden sind. Allerdings ist das ja wohl auch das mindeste, was man nach diesem mehr als 15 Millionen Euro schweren Aufwand, der dort betrieben wurde, erwarten konnte.

Die Tage des "Eisstadions" waren mit der Eröffnung der neuen "Eisarena" gezählt. Nach 30 Jahren bestritten die "Fishtown Pinguins" im März dort ihr letztes Eishockeyspiel. Inzwischen ist das alte "Eisstadion" weitestgehend verschwunden.


Umfassende Stadtplanung

Im September kam eine neue Initiative aus der IHK, der BIS, der Architektenkammer und der Politik zu der Erkenntnis, dass Bremerhaven eine umfassende Stadtplanung braucht. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen die genannten Organisationen künftig an einem Strang ziehen. Ebenso wie auch ich, werden viele andere meiner Mitbürger gespannt sein, wann die ersten Ideen und Konzepte dazu präsentiert werden.


April

Während in der Nachbarschaft der Pauluskirche (Sparkassengebäude, Schule am Ernst-Reuter-Platz) positive Zeichen gesetzt wurden, musste die Kirchengemeinde mit dem Umzug ihrer Turmführerin nach Süddeutschland einen Verlust hinnehmen. Mit den beiden verbliebenen Turmführern ließen sich die Turmführungen, die bis dahin an jedem Samstag angeboten worden waren, nicht mehr im gewohnten Umfang aufrechterhalten. Die Führungen werden bis auf weiteres nur noch samstags alle vierzehn Tage stattfinden können. Die Bemühungen, einen oder mehrere ehrenamtliche Turmführer zur Verstärkung des Turmführerteams zu finden, sind bisher leider erfolglos geblieben.


Folgen des Klimawandels in Bremerhaven

Dass der Meeresspiegel infolge des Klimawandels und der daraus resultierenden Zunahme der mittleren globalen Temperatur ansteigt, das ist so direkt in Bremerhaven bisher zwar noch nicht spürbar, aber die deswegen notwendige Erhöhung der Seedeiche im Bereich der Stadt führt dazu, dass den Menschen hier bewusst wird, wie hautnah Bremerhaven davon betroffen sein wird. Die Erhöhung der Deiche kann unsere Stadt jedoch erlediglich gegen die höher auflaufenden Sturmfluten schützen. Wenn das Wasser über mherere Tage am Deich stehen würde, dann würde er aufweichen und brechen.

Im April begannen die Vorbereitungen für die Erhöhung des Deichabschnitts zwischen dem "Zoo am Meer" und der Geestemündung. Mit den letzten Gewerbegebäuden am Alten Hafen verschwand dort auch die Keimzelle des Bremerhavener Auswandererhauses. Im Juni war die vor Erosion schützende Grasnarbe abgetragen worden und es wurde mit dem Auffahren neuen Kleibodens begonnen.

Mit Beginn der dunklen Jahreszeit und der Sturmflutsaison wurden die Deichbauarbeiten bis zum Mai des nächsten Jahres eingestellt.


Kaiserschleuse

Während am Deich auch im nächsten Jahr noch gebaut werden wird, kamen die Bauarbeiten an der Kaiserschleuse im April zum Abschluss. Nach vier Jahren Bauzeit wurde die neue "Kaiserschleuse" mit einem großen Rahmenprogrann eingeweiht. Der Versuch, im Rahmen der Feierlichkeiten einen neuen Weltrekord aufzustellen, war erfolgreich.

Und noch etwas - im Nachhinein bemerkenswertes - fand im April statt: Der Sommer des Jahres 2011. Die eigentlichen Sommermonate werden den meisten Bremerhavenern hingegen wohl als "total verregneter Sommer" in Erinnerung bleiben.


Mai

Neo-Nazis missbrauchen den Tag der Arbeit

Die Feiern zum "Tag der Arbeit" am 1. Mai standen im Schatten eines Aufmarsches von Neonazis in Bremen, die den Feiertag der Arbeiter - 66 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs - erneut für ihre Zwecke missbrauchen wollten.

Zwei Monate zuvor hatte es in der Aula der "Theo" einen Vortrag mit anschließender Diskussion über die in der Öffentlichkeit weitgehend als zersplittert und führerlos wahrgenommene Neo Nazi Szene gegeben. Ein Blick in die Vergangenheit der Entwicklung seit dem zweiten Weltkrieg räumte jedoch schnell mit diesem Vorurteil auf. Mit Verweisen auf den Wortlaut des NPD-Parteiprogramms, und in Verbindung mit dem Wissen um die Geschichte der Neo Nazis in Deutschland ließen sich auch die oft pauschal als "vernünftige Ansichten" bezeichneten Schlagwörter der Rechtsradikalen als geschickte Täuschungsmanöver entlarven.

Nach Polizeiangaben waren 200 Neonazis durch die Bremer Neustadt gezogen. 4000 bis 6000 Menschen hatten gegen den Aufmarsch demonstriert. Ein detailierter Bericht über die Ereignisse in Bremen findet sich in der TAZ.

Wie wichtig die Aufklärung über die rechtsradikale Szene deren Strukturen und die Absichten der NPD sind, wurde deutlich, seit die Hintergründe über die Nazi-Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) aufgeklärt werden. Eine Chronik dazu findet sich auf der Internetseite der Tagesschau der ARD.


Wahl der Bremischen Bürgerschaft
und der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung


Am 22. Mai wurde im Land Bremen gewählt. Auf Landesebene wurde die Fortsetzung der Rot-Grünen Koalition klar bestätigt. Die Grünen gewannen 6 Prozent hinzu während die CDU einen Verlust von 5,2 Prozent hinnehmen musste und damit nur noch dritte Kraft in der Bremer Landesregierung ist.

Auch die CDU in Bremerhaven wurde für ihr "Geschwätz von gestern" sowie für ihre Arroganz und ihre Ignoranz gegenüber den Sorgen und Wünschen "ihres Wahlvolks" abgestraft. Nach den Grünen ist die CDU in Bremerhaven ebenfalls nur noch die dritte Kraft. Die Bürger erteilten einer Neuauflage der Großen Koalition aus SPD und CDU eine klare Absage. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt jedoch angesichts der erneut gesunkenen Wahlbeteiligung:

Nur 46,8 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimmen ab.Von realen Mehrheiten kann da eigentlich keine Rede mehr sein. Wenn man dann Abends in den Fernsehnachrichen sieht, wie zigtausende Menschen in Nordafrika und in den arabischen Ländern für demokratische Reformen auf die Straße gehen und dafür zu tausenden mit ihrem Leben bezahlen, dann kann ich diejenigen, denen es völlig egal ist, was "die da oben" hierzulande in den regionalen-, den Landes- und Bundesparlamenten so treiben, gar nicht mehr verstehen. Dafür, dass wir heute in einer freiheitlichen Demokratie leben können, und nicht in einem feudalen Kaiserreich oder unter einer Militärdiktatur, mussten auch viele unserer Vorfahren ihr Leben lassen.

Da die SPD allerdings auch mit der CDU eine dünne Mehrheit gehabt hätte und es das erklärte Ziel der Grünen war, in Bremerhaven einen Politikwechsel herbeizuführen, haben die Grünen sich in den Koalitionsverhandlungen mit ihrer Zustimmung zum Bau des Hafentunnels auf einen Kompromis eingelassen (einlassen müssen?), der ihnen bei der nächsten Wahl teuer zu stehen kommen könnte. Die Alternative wäre allerdings die Fortsetzung der Großen Koalition aus SPD und CDU gewesen. Dann wäre der Tunnel ohnehin gebaut worden - mit sämtlichen anderen bekannten Risiken und Nebenwirkungen während der aktuellen Legislaturperiode, die aus den vergangenen beiden Legislaturperioden hinlänglich bekannt sind.


Harry Bohnsack Preis

Ebenfalls im Mai wurde der Journalist Detlef Kolze mit dem "Harry Bohnsack Preis" der Bremerhavener "Grünen" geehrt. Über den Umgang der Bremerhavener Lokalzeitung mit Herrn Kolze aufgrund seiner kritischen Berichterstattung war bundesweit berichtet worden. Herr Kolze hat sich deswegen aber nicht mundtot machen lassen. Unter anderem berichtet er in gewohnt kritischer Weise in seinen Blogs.


"Alexander von Humboldt"

In Bremen wurde der Rumpf der "Alexander von Humboldt II" zu Wasser gelassen und anschließend zur Ausrüstung nach Bremerhaven geschleppt. Im September kam es dann zu einem "Treffen der Generationen", als das neue Schiff und sein weltweit bekannter Vorgänger, das Schiff mit den grünen Segeln gemeinsam auf der Weser vor Bremerhaven kreuzten. Im Oktober verließ die "Alexander von Humbold II" Bremerhaven zum Überwintern in Richtung Kanarische Inseln. Die gute alte "Alexander von Humboldt" wird ihren bisherigen Heimathafen im Januar 2012 endgültig verlassen, um in Zukunft auf Tagestörns mit Gästen in der Inselwelt der Bahamas unterwegs zu sein. Der Kaufvertrag soll noch in dieser Woche unterzeichnet werden.


"Al-Zahraa"

Ein weiteres Schiff, das im Laufe der Jahre zu einer Art Wahrzeichen und Mahnmal gegen den Krieg geworden war, verließ Bremerhaven im Juli für immer. Die "Al-Zahraa" war ein irakisches Ro-Ro-Schiff, das das Pech gehabt hatte zu Beginn des ersten Golfkriegs mit ausgebauter Maschine auf einer Bremerhavener Werft festzusitzen. Aufgrund internationaler Vereinbarungen wurde es "an die Kette gelegt". Bis 2005 lag die "Al-Zahraa" (zu deutsch "Die Rose") im Kaiserhafen und während der letzten Jahre im Fischereihafen an der "Halle-X". Über Bremerhaven hinaus wurde das Schiff durch den Dokumentarfilm "Die Vergessenen der Al-Zahraa" bekannt. Der Film schildert das Leben der beiden irakischen Wachleute, die jeweils nach einem halben Jahr durch andere Kollegen abgelöst wurden. Jetzt gibt es nichts mehr zu bewachen. Die "Al-Zahraa" wurde zum Abwracken nach Klaipeda (Litauen) geschleppt: Die Rose ist verblüht ...


Juni

Der Süden Lehes stand im Juni ganz im Zeichen der "Leher Sommer-Kulturwochen 2011". Drei Wochen lang gab es eine Vielzahl wechselnder kultureller Veranstaltungen mit Musik, thematischen Führungen durch das Quartier, Inprovisationstheater, einem Kurzfilmfestival und vielem mehr. Im "Container" wurde ein Programm mit Dokumentarfilmen über die Menschen und ihr Leben in Lehe gezeigt und in der Kulturwohnung gab es Lesungen, Kleinkunst, oder Raum für Begegnungen zwischen Bewohnern des Quariers.

Höhepunkte waren für viele Menschen aber wohl die Straßenfeste der portugisisch- und der spanischstämmigen Mitbürger, sowie der Tag der Kulturen auf dem "Pausenhof-Lehe". Leider litten die meisten der Veranstaltungen unter dem Dauerregen des Sommers 2011. Einige fielen deswegen auch ganz ins Wasser.


Juli

Seit Jahren wird auf dem Zollinlandplatz am Rande des Leher Gründerzeitviertels "Goethestraße" schon kein Fußball mehr gespielt. Früher, als auf dem überregional bekannten Platz noch nationale Berühmtheiten spielten, nannten die Bremerhavener Fußballfans den Platz liebevoll "Zolli". Heute fristet er ein eher trostloses Dasein. Die Bürgerinitiative "Zolli für alle Generationen" möchte das Gelände als Mehrgenerationenplatz für die Menschen in der Umgebung nutzbar machen. Unter dem Motto "Zollivision" ging sie im Juli mit ihren Ideen an die Öffentlichkeit.

Ebenfalls im Juli wurde bekannt, dass die Bundesagentur für Arbeit die Bremerhavener Arbeitsagentur schließen will. In der Stadt, die eine der höchsten Arbeitslosenquoten unter den westdeutschen Städten aufweist, wurde das als schlechter Scherz empfunden. Proteste von Bürgern und Politikern änderten daran jedoch nichts.


Phillips-Field

Im Gegensatz zum Verkauf des Wilhelm-Kaisen-Platzes nahm der Widerstand der Bremerhavener Bürger, der Einzelhändler und der Industrie und Handelskammer (IHK) gegen die Ansiedlung eines "Kaufland"-Vollsortimenters auf dem benachbarten Phillips-Field ein glückliches Ende. Wie die SPD und die Grünen in ihrer Koalitionsvereinbarung vereinbart hatten, wurde der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, dass es keine Bebauung des "Phillips-Field" mit Verbrauchermärkten, Discountern oder anderen Einrichtungen gibt, aufrecht erhalten. Im September folgte dann der endgültige Beschluss zur Änderung des Bebauungsplans "Phillips-Field": Damit wurde besiegelt, dass das Phillips-Field nicht bebaut wird. Es wird also weiterhin als Sportplatz für Betriebssportgruppen etc. zur Verfügung stehen.


Bremerhavener Festwoche

Ein großes, überregionales Ereignis war Ende Juli /Anfang August auch in diesem Jahr wieder die Bremerhavener Festwoche. Wie so oft war es auch dieses Mal wieder ein kleines Schiff, dass den Großen die Show stahl: Die "Grimmershörn", ein bemanntes Modellschiff. Unter den großen Schiffen war die "HMS Bounty" der Star. Es ist der Nachbau des Schiffes auf dem sich die "Meuterei auf der Bounty" ereignete. Die heutige "Bounty" war eigens für die Verfilmung dieser Ereignisse gebaut worden. Ein weiterer Höhepunkt war das Treffen von drei Hansekoggen-Nachbauten und der mittelalterliche Markt im Bereich der Kaje dahinter.


August

Die Pläne der Bremer Landesregierung,  die Dauer der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre zu verlängern stießen bei vielen Menschen auf Unverständnis. Sie empfinden diesen Schritt als Beschränkung ihrer demokratischen Rechte. Mit ihrer satten Zwei-Drittel-Mehrheit hat es die rot-grüne Regierung des Landes Bremen allerdings nicht nötig, sich deswegen mit Andersdenkenden auseinanderzusetzen.


Oktober

Im Oktober wehrte sich Frau Rogge-Mönchmeyer (Stadthalle Bremerhaven, Geschäftsführerin) gegen die Absicht des neuen Bremerhavener Oberbürgermeisters, Herrn Grantz (SPD) ihren Arbeitsvertrag nicht zu verlängern.


November

Im November verwirklichte die ESG-Lehe im Leher Gründerzeitviertel "Goethestraße" ihr Projekt "Altstadtrundweg". Der Weg ist jetzt während der Dunkelheit mit orangefarbenen Lichtspots markiert und an markanten Stellen wurden Tafeln mit Texten und Bildern zur Gesschichte, Gegenwart und Zukunft des Quartiers aufgestellt.


Das war das Jahr 2011


Montag, 26. Dezember 2011

Lichtblicke in der dunklen Jahreszeit


Das Kind in der Krippe wird von Jahr zu Jahr mehr vom inzwischen bereits im Spätsommer einsetzenden Weihnachtskommerz verdrängt. Aber auch um die kürzesten Tage der dunklen Jahreszeit herum gibt es hoffnungsvolle Lichtblicke.

Wenn 70 Neonazis am Tage vor der Heiligen Nacht einen Aufmarsch in Blielefeld planen, und ihnen dabei der Wind von 6500 demokratischen Demonstranten ins Gesicht bläst, dann wird deutlich, dass es hierzulande genug Menschen gibt, die der Schwarz-Weiß-Malerei der Braunen nicht auf den Leim gehen. Den Menschen, die Heiligabend gegen die Neu-Nazis auf die Straße gingen, war es offenbar wichtiger, ein Zeichen gegen die Rechtsradikalen zu setzen, als ihren üblichen, oberflächlichen Weihnachtsbeschäftigungen nachzugehen.

Eher stiller ist es um diejenigen unter uns, die ihren "Heiligabend unter dem Weihnachtsbaum im Kreise der Familie" opfern, um denjenigen etwas Gutes zu tun, die ganz am äußersten Rande unserer Gesellschaft angekommen sind.

Mehr als 25 ehrenamtliche Helfer organisierten zum Beispiel in der Hamburger Obdachlosen-Tagesstätte "Mahlzeit" ein Weihnachtsfest für Obdachlose und andere Bedürftige. Wie die "Hamburger Morgenpost" am 24.12.2011 berichtete, gab es dabei unter anderem im Rahmen einer Tombola Socken, Pullover, Schlafsäcke und andere nützliche Sachen für das Leben auf der Straße zu gewinnen.

Auch die Münchener Abendzeitung berichtete über eine ähnliche Tradition im Münchener Hofbräuhaus. Dort richtete der Katholische Männerfürsorgeverein in diesem Jahr bereits zum sechzigsten Mal eine Weihnachtsfeier für rund 1000 Obdachlose aus.


(Quellen: Münchener Abendzeitung vom 25.12.2011, Hamburger Morgenpost vom 24.12.2011, Die Zeit vom 24.12.2011)

Neuer Heimathafen in der Karibik

September 2011: Die Bark "Alexander von Humboldt" auf der Weser vor Bremerhaven
Nachdem die neue "Alexander von Humboldt II" der "Deutschen Stiftung Sail Training" (DSST) im September dieses Jahre in Dienst gestellt worden war, wurde nach einem Käufer für ihre Vorgängerin, der weltweit bekannte gewordenen Bark "Alexander von Humboldt", gesucht.

Am 23.12.2011 meldete die Nordsee-Zeitung, das "Schiff mit den grünen Segeln" habe eine Zukunft. Zwischen Weihnachten und Neujahr solle der Kaufvertrag mit dem neuen Eigner, einem Bremerhavener Unternehmer, unterschrieben werden. Der Zeitung zufolge wird die "gute alte Alex" von ihrem neuen Heimathafen Freeport (Grand Bahama, Karibik) - weiterhin unter ihren bisherigen Namen und mit grünen Segeln - Tagestörns mit Touristen durch die Inselwelt der Karibik unternehmen.

Nachdem sie Anfang Januar 2012 mit einem neuen Unterwasseranstrich versehen und von einer Crew der DSST aufgeriggt worden sein wird, soll die "Alexander von Humboldt" am 10. Januar 2012 aus Bremerhaven auslaufen um über Teneriffa und Barbados zu ihrem neuen Heimathafen auf den Bahamas zu segeln.


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 23.02.2011)

Sonntag, 25. Dezember 2011

Ein Nadelbaum

Unser Blautännchen
Als der Regen am letzten Wochenende einmal eine kurze Pause einlegte, war es soweit. Wir machten uns auf den Weg in Richtung Hafenstraße, um unter den vielen Fichten und Nordmann-Tannen auf dem Verkaufsplatz neben der Pauluskirche denjenigen Baum auszusuchen, der während der Weihnachtszeit unser Wohnzimmer schmücken sollte.

Traditionell steht unser Weihnachtsbaum auf einem kleinen, runden Tisch und ist zwischen 1,30 und 1,50 Meter hoch. Das schränkt die Auswahl schon einmal erheblich ein. Nachdem wir alle unseren Hauptkriterien entsprechenden Bäumchen begutachtet hatten, kamen eigentlich nur noch zwei von ihnen in die engere Auswahl.

Alle anderen waren unten zu breit, oben zu kahl oder ihre Silhouette entsprach nicht im geringsten der eines typischen, idealen "Tannenbaums". Am Ende fiel unsere Wahl nicht auf die Nordmanntanne sondern auf die einzige Blautanne auf dem Platz, einem Weihnachtsbaum, wie aus dem Bilderbuch.

Am letzten Sonntag bekam das Bäumchen seinen neuen Platz in seinem Ständer auf dem kleinen, runden Tisch zugewiesen. Der Wasserbehälter des Weihnachtsbaumständers wurde bis zur Maximal-Anzeige mit frischen Wasser gefüllt. Schließlich sollte unser Weihnachtsbaum möglichst lange frisch bleiben.

Gestern zeigte der Wasserstandsanzeiger des Weihnachtsbaumständers immer noch den gleichen Level an, wie am Wochenende zuvor. Dafür lag eine größere Anzahl kleiner bläulicher Nadeln auf dem Tischtuch unter den Zweigen.

Nachdem unsere Kinder mit dem Schmücken des Bäumchens fertig waren, hatte sich die Anzahl der Nadeln auf dem Tischtuch exponentiell vervielfacht. Auch auf dem Teppich rings um den Tisch herum war eine ansehnliche Anzahl von ihnen zusammengekommen.

Nachdem ich das nadelige Streugut unter unserem Weihnachtsbäumchen mit dem Staubsauger entfernt hatte, kamen wir gemeinsam zu dem Schluss, dass wir in diesem Jahr wohl einen waschechten "Nadel"-Baum erwischt haben.

Wenn wir es in den kommenden Tagen gewissenhaft vermeiden, die blaugrün benadelten Zweige unseres Weihnachtsbäumchens zu berühren, in seiner näheren Umgebung sorgsam darauf achten, dass wir beim Ausatmen den Kopf abwenden und unnötige Erschütterungen des Fußbodens unterlassen, wenn wir vorsichtig und jeden Luftzug vermeidend an ihm vorüberschweben, dann werden wir während der Zeit bis zum Dreikönigstag sicher noch viel Freude daran haben.

Samstag, 24. Dezember 2011

Die Heilige Nacht

Bürgermeister-Smidt-Gedächtniskirche in Bremerhaven

So war der Herr Jesus geboren
im Stall bei der kalten Nacht.
Die Armen, die haben gefroren,
den Reichen war's warm gemacht.

Sein Vater ist Schreiner gewesen,
die Mutter war eine Magd,
Sie haben kein Geld beseßen,
sie haben sich wohl geplagt.

Kein Wirt hat ins Haus sie genommen;
sie waren von Herzen froh,
daß sie noch in Stall sind gekommen.
Sie legten das Kind auf Stroh.

Die Engel, die haben gesungen,
daß wohl ein Wunder geschehn.
Da kamen die Hirten gesprungen
und haben es angesehn.

Die Hirten, die will es erbarmen,
wie elend das Kindlein sei.
Es ist eine G'schicht für die Armen,
kein Reicher war nicht dabei.

Ludwig Thoma (1867-1921)


Zu Lebzeiten Ludwig Toma's lebten die Leute noch in ihrer kleinen Welt. Heute - mit Fernsehen und Internet - ist die Welt, der wir täglich begegnen, um vieles größer als die Welt, die damals im Leben der Menschen eine Rolle spielte. Wer in der heutigen Zeit von Armut und Reichtum in unserer Gesellschaft spricht, der meint etwas völlig anderes, als derjenige, der auf die ungerechte Verteilung des Wohlstands in der Welt hinweist.

Während wir, die wie in den reichen Industriestaaten leben, den Reichtum der Welt achtlos verschwenden, bleibt den Menschen in anderen Ländern nicht einmal das Nötigste zum Leben. Im Vergleich mit ihren erbärmlichen Hütten wird der Stall in Bethlehem wohl noch eine Nobelherberge gewesen sein. Ein großer Teil der Menschheit leidet Hunger - auch heute Abend, dem Abend vor der Heiligen Nacht.

Ein kleiner Mensch, der das Glück hat, seinen Weg durch das Leben in einem reichen Land der sogenannten Ersten Welt beginnen zu dürfen, wird schon allein aufgrund des Ortes seiner Geburt reich beschenkt. Viele der kleinen Menschen in den Ländern der sogenannten Dritten Welt haben keine Chance, jemals erwachsen zu werden. Sie sterben vorher - weil sie nicht genug zu Essen haben.

Wenn es wirklich Frieden werden soll auf Erden, dann werden wir alle etwas von dem zurückgeben müssen, was uns im Leben geschenkt wurde. Ein guter Anfang wäre schon gemacht, wenn wir uns nach dem Kaufrausch der vergangenen Tage und Wochen wieder daran erinnern würden, dass wir in der Heiligen Nacht die Geburt des Kindes im Stall von Bethlehem feiern ... - und nicht die üppigen Geschenke unter dem Weihnachtsbaum.


Ich wünsche euch allen, die ihr in diesen Tagen hier vorbeischaut, ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

Freitag, 23. Dezember 2011

Das Weihnachtsschiff hat schon wieder abgelegt

Das Weihnachtschiff legt ab und fährt zurück in sein wahres Element
Ist denn Morgen wirklich schon Weihnachten? Kaum war das Schiff auf dem Weihnachtsmarkt angekommen, legte es heute auch schon wieder ab, um ohne den Weihnachtsmann an Bord in seine natürliche Umgebung zurückzukehren. Die Adventszeit ist in diesem Jahr irgendwie einfach so an mir vorübergeflogen.

Für die Kinder hoffe ich mal, dass der Weihnachtsmann seinen Weg auch ohne Schiff fortsetzen konnte. Ich kann mich nämlich noch gut daran erinnern, dass die Zeit zwischen dem ersten Advent und dem Heiligen Abend für Kinder ewig zu dauern scheint. Es käme ja einer Katastrophe gleich, wenn sie jetzt auch noch vergeblich warten müssten.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

In jedem Winter

"Nasse Weihnachten"

In jedem Winter
steckt ein zitternder Frühling,
und hinter dem Schleier jeder Nacht
verbirgt sich ein lächelnder Morgen.

Khalil Gibran (1883-1931)


Heute ist der kürzeste Tag des Jahres. Morgen beginnt ein neuer Jahreszyklus. Auch wenn man es am Beginn des Winters nicht sofort merken wird:

Ab Morgen geht es wieder aufwärts, dem Frühling entgegen ...

Sonntag, 18. Dezember 2011

Bald, schon sehr bald ...

Weihnachtsmarkt 2011 in der Pauluskirche mit Turmführung und Gospelchurch ...

"Bald kommt der Weihnachtsmann ..." Das war für uns Kinder das wichtigste während der gesamten Adventszeit. Das Warten nahm kein Ende. Was wohl unterm Weihnachtsbaum liegen wird? ...

Heute ist das anders. Arbeit, Weihnachtsrummel ... - die Zeit vor Weihnachten fliegt nur so an uns vorbei. Da ist es schon etwas Besonderes, wenn man einmal an einem Tag etwas Ruhe findet, mit fremden, netten Menschen plaudern kann und dabei auf andere Gedanken kommt. Der erste Adventssonntag des Jahres 2011 war ein solcher Tag.

In der Pauluskirche im Bremerhavener Stadtteil Lehe hatte die Kirchengemeinde einen Weihnachtsmarkt organisiert. Man konnte im Rahmen einer Turmführung auf den Turm steigen, im Kirchencafé wurden Kaffee und selbstgebackene Kuchen angeboten und zum Abschluss des Wochenendes gab es eine "Gospelchurch"; einen Adventsgottesdienst mit Gospelmusik.

Die Schneefotos stammen allerdings aus der "Konserve". Ich habe sie im letzten Winter aufgenommen. In diesem Jahr kommt das ganze Zeugs bisher in rauhen Mengen und flüssig vom Himmel. Nach zwei schneereichen Wintern sieht es derzeit so aus, als würde es wohl wieder einen ganz normalen Bremerhavener Winter geben - so wie wir es gewohnt sind.

Der Gospel "Soon, and very soon", den ich in meinem Adventsvideo als Hintergrundmusik verwendet habe, passt - wie ich finde - so richtig gut in die Adventszeit: "Bald, schon sehr bald, werden wir aufbrechen, um den König zu sehen." heißt es darin. Wenn Jesus erst geboren ist, dann werden Schmerz und Tod besiegt sein.

Na ja, in der Realität unseres weltlichen Alltags ist diese Vorhersage bisher leider nur ein schöner Traum geblieben - aber man soll die Hoffnung ja nicht aufgeben :) Und die Kinder - zumindest die braven - können auch heute noch ziemlich sicher sein, dass der Weihnachtsmann etwas für sie unter den Weihnachtsbaum legen wird. Wenn es bloß nicht immer so lange dauern würde, bis zum Weihnachtsfest ...

Bis dahin wünsche ich euch noch einen schönen vierten Adventsnachmittag und eine Woche mit ganz wenig Weihnachtsstress.

Samstag, 17. Dezember 2011

Japan missbraucht Tsumami-Hilfsgelder für Walfang

Berichten mehrerer Medien zufolge ist die Japanische Walfangflotte ausgelaufen um 900 Wale zu töten. Die Flotte wird in dieser Saison von einer privaten Sicherheitseskorte begleitet, die mit 30 Millionen Dollar aus der Tsunami-Katastrophenhilfe bezahlt wird!

Als ich davon hörte, mochte ich es kaum glauben. Da wird notleidenden Menschen die dringend benötigte Hilfe vorenthalten um mit den dafür vorgesehenen Mitteln die japanische Walfangflotte vor Umweltschützern zu schützen.

Wie das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ in einer E-Mail an seinen Verteiler schreibt, steht der japanische Premierminister aufgrund mangelnder Hilfsmaßnahmen für die Opfer des Tsunamis bereits unter enormem Druck. Mit einer weltweiten Petion hofft AVAAZ, die japanische Regierung dazu zu bewegen, die Hilfsgelder aus dem Tsunami-Hilfsfonds für die Rettung von Menschen einzusetzen, anstatt sie zum Töten von Walen zu missbrauchen.

Die Petition kann auf der Internetseite von AVAAZ online unterzeichnet werden. Sie hat folgenden Wortlaut:
An Japans Premierminister Yoshihiko Noda:
Wir stehen den Bürgern Japans beim Wiederaufbau nach der Katastrophe bei und verurteilen die Nutzung von Hilfsgeldern für die japanische Walfangindustrie. Wir fordern, dass die japanische Regierung mit sofortiger Wirkung alle Walfangsubventionen beendet und stattdessen der umgehenden Evakuierung und Hilfe für Familien, die weiterhin unter den Folgen der Atom-katastrophe und des Tsunamis leiden, den Vorrang gibt.


(Quellen: TAZ vom 08.12.2011, NZZ vom 08.12.2011, Spiegel vom 07.12.2011, Brief von Greenpeace Japan und 15 weiteren NGOs an die japanische Regierung)