Montag, 28. Februar 2011

Dafür haben wir Gutachten

Von Politikern der Großen Koalition hatte man bisher immer gehört, wie sie, ohne das weiter auszuführen, den Kritikern entgegneten, OBI sei gut für die Hafenstraße. Herr Eversberg (Grüne, Fraktionsvorsitzender) malte die Zukunft des Leher Geschäfts- und Einkaufszentrums während der Stadtteilkonferenz Lehe am 23.02.2011 allerdings in ganz anderen Farben.

Im Zusammenhang mit der Projektplanung habe auch ein Verträglichkeitsgutachten für die Hafenstraße angefertigt werden müssen. Das sei so vorgeschrieben. Darin heiße es, Einbußen unter 10 Prozent seien von den dort ansässigen Einzelhändlern zu akzeptieren(!). Im Gutachten sei dann von zu erwartenden Umsatzeinbußen in Höhe von 8 Prozent die Rede.


Mit anderen Worten:
Mit der Entscheidung der Großen Koalition, den "OBI-Baumarkt mit Gartencenter" auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz anzusiedeln, haben SPD und CDU nicht nur das Ende der beiden Baumärkte "Max Bahr" und "Bauhaus (samt Gartencenter)" billigend in Kauf genommen, sondern gleichzeitig die Schädigung der Einzelhändler(!) in der Hafenstraße beschlossen. Anstelle einer Steigerung der Umsätze wird es zu Einbußen kommen - Einbußen, die nach Einschätzung von Herrn Uhde (Werbegemeinschaft Lehe) vielen der kleinen Geschäften das Genick brechen werden. Anstatt der Hafenstraße wieder auf die Beine zu helfen, versetzt die Große Koalition ihr also bewusst den Todesstoß. Bewusst deshalb, weil die Politiker, die das entschieden haben, das Gutachten, von dem Herr Eversberg gesprochen hat, schließlich kennen müssen.

Herr Eversberg vertrat gegenüber der Stadtteilkonferenz Lehe der Meinung, in einer gesunden Umgebung, wäre ein solcher Baumarkt zwar schmerzhaft für die Geschäfte in der Umgebung, aber bei überdurchschnittlichen Umsätzen ließen sich auch Umsatzeinbußen bis zu 10 Prozent verkraften. In der Hafenstraße, wo viele der kleinen Geschäfte - zum Teil Familienbetriebe - ohnehin fast am Boden liegen, sei das zu viel. Denen würde nichts anderes übrig bleiben als ihre Geschäfte zu schließen.

Aus dem Kreis der teilnehmenden Bürger hieß es dann auch noch, OBI werde nicht nur Bau- und Garten-Artikel, sowie Pflanzen verkaufen, sondern es sei zum Beispiel auch ein 200 Quadratmeter großer Backshop vorgesehen. Der wäre dann eine direkte Konkurenz zu den Bäckern in der Hafenstraße.

Und dann stellt sich ein Herr Breuer (SPD, Fraktionsvorsitzender) hin und meint, er sehe das noch nicht so, dass deswegen nun alles in der Hafenstraße den Laden dicht machen müsse. Das hänge auch vom Angebot ab ...

Sollte zukünftig jemand bei OBI einkaufen, dann wird er wohl kaum anschließend auf das Angebot der in der Hafenstraße ansässigen Bäcker zurückgreifen, wenn er sich auch im OBI-Backshop mit Brot, Brötchen oder Kuchen versorgen kann. Da frage ich mich dann doch ernsthaft, auf welche Weise die Bäcker wohl von dem Druck profitieren sollen, den OBI mit seinem Backshop auf sie ausüben werden wird.

Herr Dieckhöner (CDU, Schatzmeister) brachte dann noch die "freie Marktwirtschaft" ins Spiel, die vieles  steuere, worauf die Politik keinen Einfluss habe. Da könne er auch nicht sagen, ob "Max Bahr" weiter machen kann oder nicht, oder ob das gute oder negative Einflüsse haben wird ... - und jetzt kommt's! -

"... Dafür haben wir Gutachten."


Aha! Und wie wir inzwischen Dank Herrn Eversberg wissen, steht in dem Verträglichkeitsgutachten für die Hafenstraße ganz klar drin, dass OBI negative Einflüsse auf die Hafenstraße haben wird! Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, braucht also auch ein Herr Dieckhöner kein Hellseher zu sein. Dafür muss er lediglich das Gutachten gelesen haben, auf das er sich gegenüber der Stadtteilkonferenz berufen hat.

Und:
Auf die Entscheidung, das eigentlich der Öffentlichkeit vorbehaltene Fest- und Veranstaltungsgelände "Wilhelm-Kaisen-Platz" für ein paar Euro mehr in der Stadtkasse an den geplanten OBI-Baumarkt zu verschachern (oder auch nicht), darauf hatte jeder einzelne der an der Entscheidung der Großen Koalition beteiligten Politiker sehr wohl jeden nur denkbaren Einfluss! Das gilt unter anderem auch für die Herren Dieckhöner und Breuer.


Herr Eversberg teilte der Stadtteilkonferenz außerdem auch noch mit, der Bauplatz auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz sei zwar verkauft, aber der Verkauf beinhalte die Klausel: "Sofern die Stadtverordnetenversammlung zustimmt". Es sei also auch weiterhin möglich, aus dem Projekt "Bebauung des Wilhelm-Kaisen-Platzes" auszusteigen. Die Stadtverordnetenversammlung wird über die Bebauung des Platzes abschließend in ihrer Sitzung am 17. März 2011 abstimmen.
  • Angesichts der im Mai 2011 bevorstehenden Wahl sollten sich die Politiker der SPD und der CDU in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung sehr genau überlegen, ob sie tatsächlich grünes Licht für die Vernichtung von Arbeitsplätzen und Existenzen in der Hafenstraße sowie die für den Verlust der Arbeitsplätze der Beschäftigten von "Max Bahr" und "Bauhaus" geben werden, oder ob sie den Geschäften in Lehe die Chance geben, sich im Laufe der nächsten Jahre wirtschaftlich zu erholen. Sie werden damit nämlich unter Umständen auch über ihre eigene politische Zukunft in dieser Stadt entscheiden.

Keine weiteren Märkte in Lehe!

Sonntag, 27. Februar 2011

Atomausstieg in die Hand nehmen

Atomkraft? Nein Danke!Die SPD und Bündnis '90 / Die Grünen wollen in der nächsten Woche ihre gemeinsame Klageschrift gegen das Atomgesetz der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen.

Zusätzlich zur in der Öffentlichkeit bekannten Verlängerung der Betriebsgenehmigungen der Atomkraftwerke, wurden die Sicherheitsauflagen verändert und ein neuer Paragraf hinzugefügt, der für die Errichtung eines Endlagers Enteignungen zulässt. Die Klage der Bundestagsfraktionen wendet sich gegen die Änderungen des Atomgesetzes, die nach Auffassung der Kläger sowohl formell als auch materiell verfassungswidrig sind.

Auch die Landesregierungen der fünf SPD-geführten Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Brandenburg und Bremen werden in der nächsten Woche eine Verfassungsklage einreichen. Aufgrund der von der wespenfarbenen Bundesregierung beschlossenen Verlängerungen der Betriebsgenehmigungen für die deutschen Atomkraftwerke sind zum Beispiel Bewertungen der Ermüdungsanalysen der Atomkraftwerke durchzuführen, Vorrichtungen zur Abwehr von Terroranschlägen zu prüfen und vieles mehr. Der dafür notwendige Aufwand, der einer Neugenehmigung recht nahe kommt, sowie Zusatzkosten für notwendige Nachrüstungen, wird die Haushalte der Bundesländer pro Atomkraftwerk mit 600 Millionen bis zwei Milliarden Euro belasten. Die Änderungen des Atomgesetzes hätten deshalb nach Auffassung der Landesregierungen nicht ohne die Zustimmung des Bundesrats erfolgen dürfen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat wegen der Verlängerungen der Betriebsgenehmigungen bereits gemeinsam mit Anwohnern der sieben ältesten Atomkraftwerke eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, da der verlängerte Betrieb der Uralt-Atommeiler das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Anwohner gefährdet.


Menschenkette

Aber davon abgesehen hält auch auf der Straße der Protest gegen die schwarz-gelbe Atompolitik unvermindert an. Am Samstag, dem 12. März, wird es unter dem Motto "Atomausstieg in die Hand nehmen" zwei Wochen vor der Landtagswahl eine 45 Kilometer lange Menschenkette zwischen dem Atomkraftwerk Neckarwestheim und der Landeshauptstadt Stuttgart geben. Zehntausende Atomkraftgegner aus dem gesamten Bundesgebiet werden Herrn Mappus daran erinnern, dass es in Baden-Württemberg neben dem Bahnhof in Stuttgart, noch einen weiteren - weitaus gefährlicheren - Brandherd gibt.

Atomausstieg in die Hand nehmen!



(Quellen: ARD Tagesschau vom 26.02.2011, Süddeutsche Zeitung vom 26.02.2011 und vom 04.02.2011, contratom vom 26.02.2011, .ausgestrahlt, Atomausstieg in die Hand nehmen)

Freitag, 25. Februar 2011

Tiere im Winter

Da lacht der Schafbock "Strahlemann":
Hat einen warmen Schafspelz an.
Schlechter ham's im Winter Ottern
die bei Frost erbärmlich schlottern.

© Jürgen Winkler

Konferenz-Splitter: "Was wollte er uns damit sagen?"

Am 23. Februar 2011 gab es während der Stadtteilkonferenz Lehe eine lebhafte Disskussion über die geplante Bebauung des Wilhelm-Kaisen-Platzes. Dabei kam auch das Thema Glaubwürdigkeit und Vertrauensbildung zur Sprache.

Ein Herr aus dem Publikum meldete sich zu Wort, und führte aus, so ein Wahlprogramm sei für manchen Bürger doch ein Leitfaden für vier Jahre. Er stellte Herrn Dieckhöner (CDU, Schatzmeister) die Frage: "Welche Wichtigkeit hat bei Ihnen die Aussage 2007 gehabt: 'Keine Bebauung des Wilhelm-Kaisen-Platzes.' Warum sind Sie von dieser Aussage abgewichen?"

Herr Dieckhöner erläuterte, als das Wahlprogramm verfasst wurde, habe man dahinter gestanden, und es so auch umsetzen wollen. Zu irgendeinem Zeitpunkt hätten lange, interne Beratungen in der Fraktion dazu geführt, dass sich die CDU für die Bebauung des Wilhelm-Kaisen-Platzes entschieden habe und dieses Projekt so auch weiterverfolgen wolle. Jetzt, am Ende der Legislaturperiode, könne er einfach nur sagen, dass die CDU in diesem Punkt ihre Meinung, die sie auch öffentlich vertritt, geändert hat. Es sei halt so, dass ein Wahlprogramm ein Rahmen ist, den die CDU in dem Fall verlassen habe.

Rückfrage des Fragestellers: "Also ein Papier ohne Wert?"

Herr Dieckhöner wies das zurück, und führte weiter aus, es gebe einen ganz bekannten Mann, der habe einmal gesagt: "Was kann ich dafür, dass ich schlauer geworden bin." Aus dem Publikum war prompt die Zwischenbemerkung: "Konrad Adenauer." zu hören.

Herr Dieckhöner erwiederte schlagfertig: "So: Sehen Sie wohl, sie sind ja ganz belesen ...". Ebenso schlagfertig folgten zwei weitere Zwischenbemerkungen aus dem Publikum: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern." - "Ebenfalls Adenauer."


Aha? Und was wollte er uns jetzt damit sagen?

Aber Spaß beiseite: Leider hat Herr Dieckhöner es mit seinem ganzen Gerede geschickt versäumt, auch mit einer nur einzigen Silbe anzudeuten, was denn nun der Grund für den drastischen Kurswechsel der CDU war. Auch wenn er vorher ausgeführt hatte, die CDU habe in diesem Punkt ihre Meinung geändert, die sie auch öffentlich vertrete. Die Frage hatte ja gelautet: "Warum sind Sie von dieser Aussage abgewichen?", nicht aber: "Finden Sie es in Ordnung, ihre Wähler zu täuschen, indem Sie die im ihrem Wahlprogramm aufgelisteten Wahlversprechen brechen?".

Das einzige, was Die CDU bisher öffentlich vertritt ist, dass sie zu ihrer 180 Grad Wendung steht. Darüber, welchen Grund es für ihre radikale Meinungsänderung gibt, kursieren in der Bremerhavener Öffentlichkeit inzwischen schon die abenteuerlichsten Vermutungen. Auf eine schlüssige Begründung seitens der CDU warten die Bürger dieser Stadt bis heute jedoch vergebens.

Die Schaffung zusätzlicher sozial- und versicherungspflichtiger Arbeitsplätze kann wohl kaum der Grund sein. Dass die beiden seit vielen Jahre existierenden Baumärkte "Max Bahr" und "Bauhaus" mit seinem Gartencenter dem Druck des geplanten, flächenmäßig ungleich größeren, OBI-Baumarkts mit Gartencenter auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz nicht lange standhalten werden ist wohl abzusehen. Entsprechende Informationen des Sprecherteams der Stadtteilkonferenz Lehe waren wenig geeignet, meine derartigen Befürchtungen zu zerstreuen.


Am 22. Mai entscheiden die Bremerhavener über die neue Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung. Das ist ein guter Tag, um der CDU und der SPD die Quittung dafür zu präsentieren, dass sie das öffentliche und zentrale Fest- und Veranstaltungsgelände aller Bremerhavener Bürger den kommerziellen Interessen eines einzelnen, privaten Investors geopfert haben.

Keine weiteren Märkte in Lehe!


Mittwoch, 23. Februar 2011

Verdrängung bedroht Familien


Wilhelm-Kaisen-Platz, Baumärkte und Umgebung auf einer größeren Karte anzeigen

In ihrem Bericht mit dem Titel "Verwaltung sagt 86 Mal nein" vom 22.02.2011 über den ignoranten Umgang von Politik und Verwaltung mit den Bedenken und Einwänden der Bürger Bremerhavens schrieb die Nordsee-Zeitung, die IHK halte die Ansiedlung eines Bau- und Gartencenters auf dem Kaisen-Platz für überflüssig und fürchte, der neue Markt werde lediglich zur Verdrängung von Mitbewerbern führen.

Das erste Opfer dieses Kuhhandels zwischen der CDU und der SPD wird wohl der seit vielen Jahren auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Stresemannstraße ansässige Baumarkt "Max Bahr" werden. Die Distanz zwischen den Grundstücken der beiden Baumärkte wird nur ungefähr 200 Meter betragen! Auch der 1000 Meter entfernt auf der Geestemünder Seite der Geeste gelegene "Bauhaus"- Baumarkt mit Gartencenter könnte durch den neuen OBI-Baumarkt mit Gartencenter auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz in Mitleidenschaft gezogen werden. In beiden Baumärkten werden aufgrund der Entscheidung der Großen Koalition bewusst existierende Arbeitsplätze gefährdet. Von jedem einzelnen dieser Arbeitsplätze hängt die wirtschaftliche Existenz ganzer Familien ab.

Dem Artikel der Nordsee-Zeitung ist zu entnehmen, dass der Verwaltung dazu nichts Besseres einfällt, als dass Wettbewerb "systemtypisch für das Wirtschaftssystem der Bundesrepublik" sei. Verdrängung sei deswegen nicht von vornherein unerwünscht*). Unzulässig werde Verdrängung erst dann, wenn intakte Versorgungsstrukturen beeinträchtigt werden.


Verdrängung kontra Wettbewerb

Hallo? Hat da jemand etwas vielleicht nicht richtig mitbekommen? Wettbewerb ist ja wohl etwas völlig anderes als Verdrängung. Wer Verdrängung nicht aktiv eindämmt und statt dessen auch noch fördert, der unterdrückt damit den gesunden Wettbewerb, wie er nicht nur "für das Wirtschaftssystem der Bundesrepublik", sondern vor allem auch für eine gesunde Einzelhandelsstruktur in Bremerhaven wünschenswert wäre.

Das gilt erst recht dann, wenn die Verdrängung aufgrund politischer Einflussnahme bewusst provoziert wird. Da mir die nötigen Informationen über die möglichen Gründe dafür fehlen kann ich das zwar nicht ganz nachvollziehen, aber irgendwie drängt sich mir doch der Verdacht auf, die SPD und die CDU hätten eine Möglichkeit gesucht und gefunden, sich des Baumarkts "Max Bahr" zu entledigen. Dafür spräche jedenfalls, dass "Max Bahr" im Jahre 2006 seinerseits den Wunsch geäußert hatte, in ein neu zu errichtendes größeres Gebäude auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz umzuziehen. Der Wunsch war damals von der Großen Koalition abgelehnt worden.

Die SPD forderte in ihrem Papier "Für ein lebenswertes Lehe" bereits am 24.08.2004: "... Für den Wilhelm-Kaisen-Platz ist eine Gestaltung zu entwickeln, die nicht nur die Funktionsfähigkeit des Areals stärkt, sondern auch die besondere Eingangssituation zum Stadtteil Lehe berücksichtigt. Auch nach der Umgestaltung des Platzes bleiben die traditionsreichen Freimärkte, die untrennbar mit dem Stadtteil Lehe verbunden sind, an diesem Standort erhalten. ...". Eineinhalb Jahre später, am 27.02.2006, bekräftigte die CDU in einer Pressemitteilung: "... Die CDU-Stadtverordnetenfraktion hat mehrfach erklärt, dass sie einer Bebauung des Wilhelm-Kaisen-Platzes nicht zustimmen wird. Der Platz wird auch weiterhin als zentraler Veranstaltungsort in Bremerhaven benötigt. Für das von der Politik zugesicherte Eisstadion und die Stadthalle müssen Stellplätze für bis zu 8000 Besucher vorgehalten werden. ...". Heute wissen wir, dass die Ankündigungen und Versprechungen der beiden "großen Volksparteien" nichts als Schall und Rauch sind.


OBI kontra "Intakte Versorgungsstrukturen"

Zwei seit vielen Jahren auf beiden Seiten der Geeste nebeneinander existierende Baumärkte sind ja wohl schon mehr als eine "intakte Versorgungsstruktur". Da es noch weitere Baumärkte im Norden (Spaden) und Süden Bremerhavens (Bohmsiel) gibt, könnte man im Falle der Stadtteile Lehe (Max Bahr, nördlich der Geeste) und Geestemünde (Bauhaus, südlich der Geeste) schon fast von einer Überversorgung sprechen. Dass diese "intakte Versorgungsstruktur" durch die Neuansiedlung des gegenüber "Max Bahr" flächenmäßig bedeutend größeren OBI-Baumarkts beeinträchtigt werden wird, ist ja wohl vorprogrammiert ... - und zwar samt der der bisher "intakten Versorgungsstruktur" der Familien der dort beschäftigten Mitarbeiter.

Das zukünftige "OBI-Gartencenter" ist aufgrund des bereits auf der Geestemünder Seite der Geeste vorhandenen Bauhaus-Gartencenters so überflüssig wie ein Kropf. Außerdem besteht die Gefahr, dass es die Stände der Gärtnereibetriebe vom Leher Wochenmarkt auf dem benachbarten Ernst-Reuter-Platz verdrängen wird. Auch die Existenz des Blumenladens auf der dem Ernst-Reuter-Platz gegenüberliegenden Straßenseite der Hafenstraße ist dadurch möglicherweise gefährdet.


Einzelhändler, ihre Mitarbeiter und Kunden: Alles Wähler!

Wäre ich in einem der beiden existierenden Baumärkte beschäftigt, und außerdem auch noch gewohnheitsmäßiger CDU- oder SPD-Wähler, dann hätten sich meine diesbezüglichen Gewohnheiten mit der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung am 22. Mai 2011 ein für allemal erledigt.

Ich mache zwar - sozusagen gewohnheitsmäßig - bei jeder Wahl von meinem Wahlrecht Gebrauch, gehöre aber nicht zu den Gewohnheitswählern. Wenn ich einer Partei einmal meine Stimme gegeben habe, dann muss sie sich mein Vertrauen mit ihrer Politik während der jeweiligen Legislaturperiode schon verdienen, wenn sie auch bei späteren Wahlen Wert auf meine Stimme legt. Der Baumarkt in dem ich immer gut beraten werde, mein Gärtner auf dem Wochenmarkt, bei dem ich meine Pflanzen für das Familiengrab und für meinen Garten kaufe, eine lebendige Geschäfts- und Einkaufswelt in der Hafenstraße in der Nähe meiner Wohnung, ...: All das ist für mich ein Stück Lebensqualität. Wer meine Lebensqualität grundlos beschneidet und die Hafenstraße weiter schwächt, anstatt alles dafür zu tun, sie wirtschaftlich aufzuwerten, der hat meine Stimme nicht verdient.

Ich hoffe, dass die von der Politik frustrierten gewohnheitsmäßigen Nichtwähler bei der Wahl am 22. Mai die Chancen erkennen und nutzen, die das neue Bremerhavener Wahlrecht bietet. Anstelle eines einzelnen Kreuzchens auf dem Wahlzettel für die Kandidatenliste einer einzigen Partei, haben wir zukünftig die Möglichkeit fünf Stimmen auf mehrere Parteien oder/und Personen zu verteilen.

Wer bei seiner Wahlentscheidung vielleicht zwischen zwei Parteien schwankt, der kann ab sofort beide berücksichtigen, und außerdem seine Wahlentscheidung anhand der Anzahl der jeweils angekreuzten Kandidaten der beiden Parteien unterschiedlich gewichten. Den Kombinationsmöglichkeiten sind bei der Verteilung der fünf Stimmen keine Grenzen gesetzt.

Auch der Spruch: "Ich geh' nicht zur Wahl, weil meine Partei ja eh keine Chance hat, über die Fünf Prozent Hürde zu kommen." hat in Bremerhaven ab sofort als Ausrede ausgedient. Mit dem neuen Wahlgesetz für die Bremerhavener Kommunalwahlen wurde die "Fünf Prozent Hürde" abgeschafft. Nach der nächsten Wahl wird sich das gesamte Stimmungsspektrum der Bremerhavener Bürger - inklusive der bisher anonymen "Sonstigen"! - auch in der Stadtverordnetenversammlung wiederfinden. Die Stimmen der bisherigen Nichtwähler, die sich entgegen ihrer bisherigen Gewohnheit am 22. Mai dazu entschließen können, ihre Stimmen auf die "sonstigen" Parteien zu verteilen, weil sie den "etablierten Parteien" nicht vertrauen, werden auf jeden Fall die Stimmenanteile der "Großen Volks-Ignoranten" SPD und CDU schmälern, und die ihre gewählten Politiker werden in der nächsten Stadtverordnetenversammlung auf jeden Fall zu Wort kommen.


*) "Verdrängung nicht unerwünscht?! - Unglaublich: Das ist ja wohl der Gifpel der Arroganz gegenüber den Existenzängsten der in den existierenden Baumärkten Beschäftigten !!!

Nebenbei bemerkt:
In einer nicht repräsentativen Online Umfrage stellte die Nordsee-Zeitung gestern die Frage: "Was halten Sie von den Plänen, einen Baumarkt auf dem Kaisenplatz zu bauen?" 90 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage beantworteten die Frage mit "Schlecht". Nur sieben Prozent halten das für eine gute Idee, und drei Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, die Zukunft des Wilhelm-Kaisen-Platzes sei ihnen egal ...

Keine weiteren Märkte in Lehe!


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 22.02.2011)

Dienstag, 22. Februar 2011

Einwände der Bürger abgehakt

Sehr viele Bremerhavener Bürger und Interessenverbände haben ihre Bedenken gegen den von der Großen Koalition geplanten OBI-Baumarkt, den die holländische Ten Brinke Gruppe auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz bauen will, schriftlich eingebracht.

Von Bürgern und Interessenverbänden sind dazu zwar Bedenken und Anregungen geäußert worden, aber die Verwaltung hält es wohl nicht für nötig, sich wirklich damit auseinanderzusetzen: Die auf 139 Seiten dokumentierten Einwände sollen nicht berücksichtigt werden. Schon klar: Der größte Teil des Bremerhavener Fest- und Veranstaltungsgeländes Wilhelm-Kaisen-Platz, den die Große Koalition als Bauplatz für den Baumarkt mit Gartencenter vorgesehen hat, wurde ja bereits an die Ten Brinke Gruppe verkauft.

Die Nordsee-Zeitung schrieb in ihrer heutigen Augabe, 86 mal habe es lediglich geheißen, nicht berücksichtigt, zurückgewiesen etc. ... - und das ganze nennt sich dann auch noch "Bürgerbeteiligungsverfahren". Wenn man sich schon die Mühe macht, seine Einwände darzulegen, dann kann man ja wohl als "beteiligter" Bürger zumindest erwarten, dass man auch eine schlüssige Begründung anstelle eines simplen " nicht berücksichtigt" zur Antwort erhält. Da fragt man sich doch ernsthaft, wozu man sich überhaupt die Mühe macht, sich mit zig Seiten von Plänen, Gutachten etc. auseinanderzusetzen, und dann auch noch die Zeit investiert, um seine Bedenken und Einwände dagegen zu Papier zu bringen.

Wie kann es nur angehen, dass sich in der Bevölkerung immer mehr die Ansicht durchsetzt, dass "die da oben" ja doch machen, was sie wollen?


Ich werde jetzt nicht im Einzelnen auf die in der Nordsee-Zeitung genannten Einwände und Bedenken der Verbände und meiner Mitbürger eingehen. Im Grunde genommen kann man die wohl zum großen Teil so oder ähnlich in "juwi's welt" nachlesen. dem Bericht der Nordsee-Zeitung konnte ich nämlich entnehmen, dass ich mit meinen Ansichten dazu keinesfalls alleine dastehe.

Am 22. Mai wird in Bremerhaven eine neue Stadtverordneten Versammlung gewählt. Ich hoffe, die SPD und die CDU, die seit Jahren als Große Koalition regieren, werden dann die Quittung für ihre Arroganz und ihre Ignoranz gegenüber den Bürgern dieser Stadt erhalten!


Keine weiteren Märkte in Lehe!


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 22.01.2010)

Angriffs- oder Verteidigungskrieg?

FriedenstaubeDie Frage, die in einem Kommentar zu meinem Artikel "Der offiziell inoffizielle Krieg" aufgeworfen wurde, ob es sich bei der deutschen Beteiligung am Krieg in Afghanistan um einen Angriffs- oder um einen Verteidigungskrieg handelt, hatte sich mir so eigentlich noch nie gestellt. Klar war für mich nur, dass es sich nie - wie uns ständig eingeredet wird  - um einen Verteidigungskrieg gehandelt hat - eher schon um so eine Art Unfall im Zeitlupentempo, in den die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Naivität der politisch dafür Verantwortlichen nach und nach immer mehr verstrickt wurde ...

Ich will den ersten Politikern, die darüber entschieden haben, deutsche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, einmal den - meines Erachtens allerdings recht naiven - Wunschgedanken zugute halten, die deutsche Armee könne in Afghanistan "Wiederaufbau-, hunanitäre- und Entwicklungshilfe" leisten. Spätestens nach vier oder fünf Jahren hätte allerdings auch dem letzten unter ihnen klar werden müssen, dass Militär und Entwicklungshilfe nicht zusammenpassen, und die ohnehin gefährliche Arbeit der wirklichen (zivilen) Entwicklungshelfer durch die Anwesenheit ausländischer Soldaten zusätzlich gefährdet wird. Das sagt - unter anderem - auch Herr Neudeck (Gründer des "Komitee Cap Anamur / Deutsche Notärzte e.V." und Mitbegründer der "Grünhelme").


Angriffskrieg? ...

Auch wenn das deutsche Abenteuer am Hindukusch vielleicht nicht als Angriffskrieg angefangen hat, so hat sich die Situation in Afghanistan mit den ersten Gefechten, in die deutsche Soldaten verwickelt wurden, und mit den ersten Bürgern Afghanistans, die von deutschen Soldaten verletzt oder umgebracht wurden, drastisch geändert. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten die deutschen Soldaten Afghanistan verlassen müssen. Das Märchen vom "Aufbauhelfer in Uniform" war damit zu Ende erzählt.

Anschließend hieß es dann allerdings recht bald: "Unsere deutschen Soldaten dürfen schließlich nicht umsonst gestorben sein." Meine Meinung: Jeder Soldat, der seitdem in Afghanistan noch ums Leben kam ist umsonst gestorben, denn jeder einzelne von ihnen gab mit seinem Tod ensprechend der vorgenannten Logik des Krieges nur einen weiteren Vorwand für die endlose Fortsetzung des "Tötens" und "getötet werden" in Afghanistan. Die Pfarrerstochter und Vorsitzende einer angeblich christlichen Partei, Frau Merkel, scheint damit aber ja leider kein Problem zu haben. Ansonsten hätte sie nämlich seit November 2005 reichlich Gelegenheit gehabt, die Reißleine zu ziehen.

Obwohl bei den Allierten "Siegermächten" nach dem Zweiten Weltkrieg ursprünglich die Ansicht überwog, das Deutsche Reich müsse demontiert und klein gehalten werden, damit es nicht auch noch einen Dritten Weltkrieg vom Zaun brechen kann, wurde die westliche Hälfte davon - der Nachfolgestaat "Bundesrepublik Deutschland" (BRD) - bereits 10 Jahre nach Kriegsende wiederbewaffnet (Mai 1955). Ein knappes Jahr später (Januar 1956) erfolgte dann mit der Gründung der "Nationalen Volksarmee (NVA)" die Wiederbewaffnung der "Deutschen Demokratischen Republik" (DDR) auf dem Gebiet der verbliebenen östlichen Hälfte des ehemaligen Deutschen Reichs.

Der mit der Wiederbefaffnung der BRD verbundene Auftrag: Die "Bundeswehr" sollte - eingebunden in die NATO - das Gebiet des westlichen deutschen Frontstaats gegen einen Angriff der "Roten Armee" aus dem Osten verteidigen. Die AG-Friedensforschung schrieb 2005 zu über die Landesverteidigung hinausgehende, weltweite Einsätze der Bundeswehr:
"... das Grundgesetz widerspricht einem weltweiten Einsatz der Bundeswehr, schließlich definiert Art. 115 a den 'Verteidigungsfall' eindeutig als Folge eines Angriffs auf das Bundesgebiet. Darüber hinaus nimmt Art. 26 GG das absolute Verbot von Angriffskriegen aus der UN-Charta auf. Auch mit dem NATO-Vertrag von 1949 ist ein klassisches Verteidigungsbündnis begründet worden, das die Bündnispflichten nach Art. 5 ausdrücklich in den Rechtsrahmen von Art. 51 der UN-Charta (Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung) stellt und territorial begrenzt: Der Angriff, mit dem der Verteidigungsfall ausgelöst wird, muss auf das Gebiet eines Mitgliedsstaates in Europa oder Nordamerika erfolgen; Inseln, Schiffe und Flugzeuge im nordatlantischen Raum 'nördlich des Wendekreises des Krebses' eingeschlossen (Art. 6)."

"Tatsache bleibt doch, die Bundeswehr wurde dorthin geschickt, um die Freiheit des deutschen Volkes am Hindukush zu verteidigen, ganz offiziell ..."
(Zitat aus dem Kommentar zum "offiziell inoffiziellen Krieg")

Nach meinem Verständnis ist die Behauptung, die "Bundeswehr verteidige am Hindukusch die Freiheit des deutschen Volkes" keine Tatsache, sondern ein fadenscheiniger Vorwand. Afghanistan ist kein Mitgliedsstaat der NATO - schon gar nicht in Europa oder Nordamerika - und keine afghanische Armee hat jemals das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder das eines anderen NATO Mitgliedstaates angegriffen. Deshalb hat die Deutsche Armee in Afghanistan nie etwas zu suchen gehabt.

Selbst die Stationierung deutscher Marineschiffe in den Gewässern vor Somalia im Rahmen der NATO, die dort deutsche Handelsschiffe vor den Angriffen somalischer Piraten schützen sollen, halte ich für fragwürdig, weil diese Gegend nun wirklich nicht gerade im nordatlantischen Raum und deutlich südlich des nördlichen des Wendekreises des Krebses liegt, und weil es sich bei den Piraten um Kriminelle, nicht aber um die Armee eines feindlichen Staates handelt, die mit dem Angriff "auf das Gebiet eines Mitgliedsstaates (Anm.: der NATO) in Europa oder Nordamerika" den Verteidigungsfall ausgelöst hat.


... oder Verteidigungskrieg?

Alle diese militärischen Gratwanderungen sind - näher betrachtet - die Folge des Terroranschlags auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001, in dessen Folge der Herr Bush (damals Präsident der USA) meinte, er müsse mit der ganzen Macht der technisch hochgerüsteten Armee seines Landes wild um sich schlagen, um Herrn bin Laden (Terrornetzerk "al-Qaida", Anführer) gefangenzunehmen oder am besten gleich umzubringen. Der "Staatsfeind Nr. 1" der USA, Osama bin Laden, ist immer noch auf freiem Fuß, seine Anhänger haben sich inzwischen zu einer Art Hydra - mit der Fähigkeit, weltweit immer mehr neue Köpfe hervorzubringen - entwickelt, und abgesehen davon, dass sich die Terrorregime in den von den USA nach dem "11. September" angegriffenen Staaten inzwischen offenbar wieder erholen (Beispiel Afghanistan), oder durch diverse andere terroristische Organisationen, die gelegentlich auch gegensätzliche Ziele verfolgen, abgelöst wurden (Beispiel Irak), hat die ganze tolle Militärmaschinerie, auf die sich die USA immer so viel einbilden, gegen den weltweiten Terror absolut nichts ausrichten können. Und auch nach einer möglichen Festnahme Herrn bin Ladens oder einiger seiner Anhänger wird sich an der potentiellen Bedrohung durch internationale Terrornetzwerke nichts ändern.

So wie Herakles die Hydra nur im direkten Kampf unschädlich konnte, indem er ihre immer wieder abgeschlagenen und vielfach nachgewachsenen Köpfe mitsamt dem Sumpf, in dem die Hydra hauste, verbrannte und ihren abgeschlagenen unsterblichen Kopf unter einem Felsen begrub, so lässt sich nach meiner Überzeugung auch der Sumpf des international organisierten Terrors nur austrocknen, indem die Ursachen des Übels beseitigt werden. Vielleicht bestünde dann sogar irgendwann die Hoffnung, dass auch der "unsterbliche Kopf der Hydra" unter den Felsen in den Köpfen der letzten unverbesserlichen gewalttätigen Fanatiker irgendwann sein Leben aushauchen wird.

  • Verteidigungskrieg? Angriffskrieg? Ich denke, darüber werden irgendwann einmal die Geschichtsschreiber ihr Urteil fällen ...


(Quellen: Frankfurter Rundschau vom 25.01.2010, Wikipedia - Rupert Neudeck, Komitee Cap Anamur / Deutsche Notärzte e.V., Grünhelme, Wiederbewaffnung, Angela Merkel, Wendekreis des Krebses, Terroranschlag in New York am 11. September 2001, Hydra, AG-Friedensforschung - Artikel von Norman Paech vom 30. September 2005)

Montag, 21. Februar 2011

Der offiziell inoffizielle Krieg

FriedenstaubeIn einem Kommentar zu meinem gestrigen Artikel "Die Parallelität der Ereignisse" über den "nicht gerade professionellen" Umgang des Herrn zu Guttenberg (CSU, Bundesverteidigungsminister) mit der öffenlichen Kritik an der Art und Weise, wie er zu seinem Doktortitel gekommen ist, den ich mit Parallelen zum Krisenmanagement seines Vorgängers nach dem Luftangriff auf zwei Tanklaster in Afghanistan eingeleitet hatte, wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass der Einsatz des deutschen Militärs in Afghanistan auch heute noch offiziell kein Krieg ist. Leider hat der anonyme Kommentator (oder war es eine Kommentatorin?) keinen Namen (oder zumindest einen Nicknamen) angegeben ...

Obwohl offiziell inzwischen immerhin als "bewaffneter Konflikt" bezeichnet, wird der Krieg in Afghanistan seit dem Frühjahr 2010 inoffiziell - wenn wohl auch widerstrebend - auch in öffentlichen Reden von Politikern der Regierungskoalition als "Krieg" bezeichnet. Nachdem am 2. April 2010 bei Gefechten gegen afghanische Widerstandskämpfer drei deutsche Soldaten ums Leben gekommen und acht weitere verwundet worden waren, war endlich sogar Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) der Meinung, man könne den Konflikt "umgangssprachlich als Krieg einstufen".

Ihr Sprecher hatte bezüglich ihrer "revolutionären Wortwahl" anschließend allerdings vorsorglich darauf hingewiesen, dass es nicht geplant sei, den Auftrag der Bundeswehr zu erweitern und ausdrücklich die Bekämpfung militanter Taliban mit in das Bundestagsmandat aufzunehmen. In meinen Augen ist das jedoch nichts weiter als volksverdummendes Herumgeeiere der politisch für den Kriegseinsatz verantwortlichen Politiker. Dass der offiziell verharmlosend als "bewaffneter Konflikt" bezeichnete inoffizielle Krieg in der Wahrnehmung der Mehrheit Bürger dieses Landes schon seit vielen Jahren ein Krieg ist, können sie nicht mehr verhindern.

Mit ihren Angriffen auf die deutschen Soldaten haben die afghanischen Widerstandskämpfer den Politikern die Entscheidung darüber, ob sie "den Auftrag der Bundeswehr erweitern" wollen oder lieber doch nicht, ohnehin schon längst abgenommen. Würden die deutschen Soldaten sich nämlich nicht zur Wehr setzen, also darauf verzichten, die "militanten Taliban" zu bekämpfen, dann würden sie das mit Sicherheit mit ihrem eigenen Leben bezahlen. Ob sie es nun wollen oder nicht: Die deutschen Soldaten in Afghanistan befinden sich de facto im Krieg. Wenn sie in Gefechte verwickelt und dabei zum Krüppel geschossen oder getötet werden, dann macht es für sie wohl kaum einen Unterschied, ob es sich nach Ansicht der im mehr oder weniger friedlichen Berliner Bundestag sitzenden Politiker um einen offiziellen oder um doch vielleicht eher um einen inoffiziellen Krieg handelt.

Krieg ist Krieg und Tod ist Tod!

Meine Meinung:
Wenn die dafür verantwortlichen Politiker sich scheuen, "den Auftrag der Bundeswehr zu erweitern", dann sollen sie das deutsche Militär gefälligst umgehend aus Afghanistan zurückholen. In Afghanistan hat es ohnehin nie etwas verloren gehabt. Mit dieser Meinung stehe ich nicht allein. Das Ergebnis der aktuellen Umfrage des ZDF-Politbarometers zeigt, dass 59 Prozent der Befragten die deutsche Beteiligung am Krieg in Afghanistan ablehnen. Nur 37 Prozent der Befragten halten die Stationierung des deutschen Militärs in Afghanistan für richtig (ZDF-Politbarometer, Seite 14/14).


(Quellen: ARD-Tagesschau vom 07.04.2010), ZDF-Politbarometer vom 28.01.2011)

Ein denkwürdiger Sieg der SPD in Hamburg

Nach der gestrigen Wahl zur Hamburger Bürgerschaft entfallen aktuell*) 62 Sitze in der Bürgerschaft auf die SPD. Würde sich daran nichts mehr ändern, dann wäre das ein Sitz mehr, als für die absolute Mehrheit nötig wäre (61 von 121 Sitzen in der Bürgerschaft).

Wie sehr die Hamburger die CDU und ihren Bürgermeister Ahlhaus satt hatten, lässt sich an den schweren Verlusten der CDU in Hamburg ablesen. Während die CDU von ihrem bisherigen Stimmenanteil von 42,5 Prozent gut die Hälfte verlor, und derzeit*) bei 21,0 Prozent liegt, konnten die Grünen nach dem aktuellen Stand*) um 1,6 Prozent auf 11,2 Prozent der ausgezählten Stimmen verbessern. Das zeigt, dass es nicht die Grünen waren, die von den Hamburger Wählern für ihre Arbeit in der Schwarz-Grünen Koalition abgestraft wurden. Kompromisse, die wohl oft viel Überzeugungsarbeit bei ihren jeweiligen Wählern gekostet haben werden, mussten schließlich beide Koalitionspartner eingehen. Außerdem werden die Linke (6,4 Prozent*)) und die FDP (6,6 Prozent*)) im Hamburger Landesparlament vertreten sein.

Fest steht allerdings heute schon, dass der zukünftige Bürgermeister in Hamburg Olaf Scholz heißt. Der aus Heidelberg zugezogene Herr Ahlhaus hatte bei den Hamburgern wohl nie wirklich eine Chance gehabt. Die fanden es ja schon "oberpeinlich", dass die Köhlbrandbrücke auf der Internetseite des Herrn Ahlhaus vier anstatt der realen zwei Pylonen hatte.

Ich persönlich hätte den Hamburgern allerdings eine etwas weniger starke SPD in einer Regierungskoalition gewünscht. Wenn eine einzige Partei das Sagen hat, ohne dass die anderen Parteien wirklich ihre Vorstellungen in die Entscheidungsprozesse einbringen können, dann ist das während der folgenden Legislaturperiode mit Sicherheit nicht gut für das demokratische Selbstverständnis der verschiedenen Teile einer demokratischen Gesellschaft.

Auch wenn offensichtlich wohl die regionalen Anliegen der Hamburger Bürger den Ausschlag für ihre Wahlentscheidungen gegeben haben, so ist das Ergebnis der Bürgerschaftswahl doch auch nicht ganz unbedeutend für die bundespolitischen Entscheidungsprozesse. Die drei Hamburger Stimmen der bisher CDU-dominierten Landesregierung kommen nämlich in Zukunft der Opposition im Landesparlament zugute.

Allerdings müssen die Verhältnisse im Bundesrat nicht unbedingt ein Dauerzustand bleiben. Im Laufe dieses Jahre werden auch in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Baden-Würtemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen (alle 27. März 2011), Bremen (22. Mai), Mecklenburg Vorpommern (4. September), Niedersachsen (11. September) und Berlin (18. September) neue Landesparlamente gewählt. Ob sich die SPD und in anderen Bundesländern ebenfalls gegen die CDU durchsetzen kann, und welche Rolle die Grünen, die Linke, die FDP oder andere Parteien bezüglich der jeweiligen Machtverhältnisse spielen werden, bleibt abzuwarten.

Bis das endgültige Ergebnis der Wahl in Hamburg feststeht, wird es wohl noch etwas dauern. Aufgrund des neuen Hamburger Wahlrechts dauert die Auszählung der Stimmen nämlich erheblich länger als bisher. Voraussichtlich wird das vorläufige amtliche Wahlergebnis mit allen 121 Abgeordneten erst morgen Mittag feststehen. Bis dahin bleibt es bezüglich der Frage, ob die SPD die absoluten Mehrheit in Hamburg bekommen wird, oder ob sie sich einen Koalitionspartner suchen muss, noch spannend.


*) Stand: 21.02.2011, 12:20 Uhr

(Quellen: NDR vom 21.02.2011, Tagesschau vom 20.02.2011 und Wahlergebnisse, Die Welt vom 20.02.2011)

Null Tolleranz für illegale GVOs!

Der Skandal um die Dioxin-Verunreinigungen in Futtermitteln, die dann über die Nahrungskette in Form von Eiern oder Fleisch auf unseren Tellern landeten, ist noch frisch in Erinnerung, da droht schon der nächste Angriff auf unsere Nahrungsgrundlagen.

Die EU will die Nulltoleranz für Verunreinigungen von Nahrungs- und Futtermittel-Importen mit in der EU verbotenen "Gentechnisch veränderten Organismen (GVO)" abschaffen. Wenn es nach der EU-Kommission ginge, dann wären künftig Futtermittel erlaubt, die bis zu 1 Promille mit in der EU nicht zugelassenen GVOs verunreinigt sind. Mehrmals wurde die Abstimmung über den Vorschlag der Kommission vertagt. Jetzt sollen die Mitgliedstaaten morgen (22. Februar) darüber entscheiden.

Seit 2004 gab es nur knapp 50 Fälle von Futtermittellieferungen, die wegen Verunreiningungen mit GVOs nicht in die EU eingeführt werden durften. Trotzdem versucht die Futtermittelindustrie den politisch Verantwortlichen in der EU vorzugaukeln, es bestünde eine Futtermittelknappheit, weil die EU bisher auf ihren strengen Regeln beteht. Würde die Nulltoleranz für GVOs in der EU abgeschafft, dann könnte die Futtermittelindustrie legal GVOs, vorerst bis zu 1 Promille, unter ihre bisher GVO-freien Produkte mischen, so wie der Futtermittelhersteller es illegal mit dem Zumischen Dioxin verunreinigter Fette versucht hatte. Wäre die Hemmschwelle erst einmal durchbrochen, dann wären weitere Versuche, die zugelassenen Grenzwerte Stück für Stück zu erhöhen, vorprogrammiert. Davon profitieren würden ausschließlich die Futtermittelindustrie und die Hersteller der GVOs. Dem Bestreben der GVO-Hersteller, mit Saatgut-Patenten globale Monopole aufzubauen, würde damit auch in der EU der Weg bereitet, und die genetische Vielfalt unserer Nahrungspflanzen wäre massiv gefährdet. Die fragwürdigen Machenschaften des US-Herstellers Monsanto sind dafür das beste Beispiel.


Kein Land duldet illegale GVOs!

Nach Informationen des demokratischen Netzwerks Campact duldet kein anderes Land nicht zugelassene GVOs in seinen Produkten - nicht einmal die USA, die für 90 Prozent aller Verunreinigungsfälle verantwortlich sind.

Für die Schaffung von Grenzwerten für GVOs, die in der EU nicht zugelassen sind, gibt es also keinen Grund. Es würde damit jedoch ohne Not ein Instrument geschaffen, mit dessen Hilfe der Schutz unserer Nahrungsgrundlagen zuerst aufgeweicht und später ausgehebelt werden würde.

Bisher dürfen in der EU nur zugelassene GVOs in Verkehr gebracht werden, denen von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine positive Sicherheitsbewertungerhalten erteilt wurde, und denen der EU-Ministerrat bzw. die EU-Kommission zugestimmt haben.


Aufhebung der Nulltolleranz kontra EU-Recht!

Die Einführung eines Grenzwertes für GVOs würde diese Kriterien für eine gesetzliche Zulassung umgehen und und widerspräche damit dem EU-Recht. Das wird auch durch ein vom BUND in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten.
 
Am 11. Januar hatte ich über die Bedrohung der Bienen geschrieben, deren Aussterben direkt auch alle Blütenpflanzen, und damit einen wesentlichen Bestandteil unserer Nahrungspflanzen gefährden würde. In meinem Artikel ging es in diesem Zusammenhang hauptsächlich um eine Gruppe von Pestiziden. Aber auch GVOs stehen im Verdacht, einen Faktor für die Gefährdung der Bienen darszustellen.

Aufgrund einer Klage deutscher Imker, die Spuren von gentechnisch verändertem Mais des US-Herstellers Monsanto (MON 810) in ihrem Honig gefunden hatten, setzt der europäische Gerichtshof zur Zeit ein Verbot von GVO verunreinigtem Honig durch. Er beruft sich dabei auf die Nulltoleranz für GVOs in der EU! Laut einer Bewertung des europäische Gerichtshof dürfen unsere Nahrungsmittel davon kein Promille enthalten, solange MON810 in der EU nicht für bestimmte Lebensmittel zugelassen ist. Würde die Nulltoleranz für GVOs in der EU fallen, dann wäre dieser gerade errungene Erfolg direkt gefährdet.


Online-Appell an Frau Aigner

Campact sammelt Unterschriften für einen Appell an Frau Aigner (CSU, Verbraucherschutzministerin), mit dem diese aufgefordert wird, dafür zu sorgen, dass Deutschland in der EU gegen die Aufhebung der bisherigen Nulltoleranz-Regelung stimmt! Der Appell, dem sich bisher mehr als 57000 Menschen angeschlossen haben, kann heute auf der Internetseite von Campact noch online unterzeichnet werden. Je größer der Druck von uns Verbrauchern auf sie ist, desto eher wird sie bereit sein, auf unsere Forderung einzugehen.

Mehr zum Thema:


(Quellen: Campact, BUND)

Sonntag, 20. Februar 2011

Die Parallelität der Ereignisse


18.02.2010, Eklat in der Bundespressekonferenz: Was soll der Kokolores? (ZDF Heute)

Es ist ja noch gar nicht so lange her, da hatte die Frau Merkel hinter dem Herrn Jung gestanden, der sich hinter seinen Offizier gestellt hatte, um ihm der Rücken zu stärken. Das war gut für den Herrn Jung und nett von der Frau Merkel. Jedenfalls sollten wir alle glauben, dass das so war.

Wir sollten ja auch alle glauben, dass der Offizier des Herrn Jung eine große Heldentat begangen hatte, als bei einer blöden Panne in Afghanistan infolge eines von ihm ausgelösten Angriffs mit NATO-Kampfflugzeugen auf zwei Tanklaster mehr als hundert Terroristen ums Leben kamen. Immerhin sollten wir ja auch alle hinter dem Krieg in Afghanistan stehen, der damals ja offiziell auch noch gar keiner war.

Die Behauptung bezüglich der vielen toten Terroristen ließ sich dann aber doch nicht sehr lange aufrechterhalten. Die Militärführung der NATO in Afghanistan hatte nämlich schon einen Tag später darauf hingewiesen, dass es sich bei all den vielen toten Kindern, Frauen und alten Leuten unmöglich um Terroristen gehandelt haben konnte. Herr Jung und Frau Merkel räumten damals zwar ein, es könne auch einige zivile Opfer gegeben haben, hielten den Angriff aber trotzdem für gerechtfertigt - und den Krieg, der offiziell gar keiner war, sowieso.


Gut zwei Jahre später ...

Kürzlich nutzte Frau Merkel ihre Position hinter dem Rücken des Herrn Jung geschickt dafür aus, um diesem offensiv in den Rücken zu fallen. Schließlich ging es vor dem Kundus Untersuchungsausschuss um ihre eigene Haut, und sie hatte außerdem wohl inzwischen einsehen müssen, dass ihr ehemaliger Bundesverteidigungsminister damals nicht offensiv genug mit der Wahrheit über den Afghanistan Krieg und die vielen toten Zivilisten herausgerückt war.

Jetzt steht die Frau Merkel hinter dem Herrn zu Guttenberg, um ihm der Rücken zu stärken, weil böswillige Zeitgenossen ihm vorwerfen, er habe seine Doktorarbeit bei Kollegen und aus Zeitungsartikeln abgeschrieben. Einen dermaßen blödsinnigen Vorwurf hat der Herr zu Guttenberg natürlich nicht lange auf sich sitzen lassen können, und nach einem vertraulichen Gespräch mit der Frau Merkel hat er dann - schneidig, wie er nun einmal ist - im Bundesverteidigungsministerium in einer Stellungnahme gegenüber ausgewählten Pressevertretern die gegen ihn erhobenen Vorwürfe offensiv zurückgewiesen. Jedenfalls sieht die Frau Merkel das so.


Die Parallelität der Ereignisse

Blöderweise warteten zur gleichen Zeit die Damen und Herren von der nicht ausgewählten Presse in der Bundespressekonferenz vergeblich auf das Erscheinen des Herrn zu Guttenberg. Ihnen gegenüber saßen unter anderem die Sprecher der Frau Merkel und des Herrn zu Guttenberg, die schnell feststellen mussten, dass ihre Arbeitgeber sie einer ziemlich blöden Situation ausgesetzt hatten. Die Damen und Herren von der nicht vom Herrn zu Guttenberg ausgewählten Presse fanden es nämlich gar nicht witzig, dass sie auf ihre präzisen Fragen an die Sprecher des Herr zu Guttenberg und der Frau Merkel nicht eine einzige Antwort erhielten (zu sehen ist das, quasi Live, in dem Video oben). Die Presseleute waren deswegen zum Schluss sogar richtig sauer geworden und hatten unter Protest noch während der Pressekonferenz den Saal verlassen.

Der arme Herr Seidel hat den Text der Frau Merkel schließlich den leeren Stühlen vorlesen müssen. Mir ist ja schon vor längerer Zeit einmal die Frage durch den Kopf gegangen, ob es besonders klug von ihm war, seinen Job als beliebter Nachrichtensprecher aufzugeben, nur um ein unbeliebter Sprecher der Frau Merkel zu werden. Aber wer kann denn schon wissen, was die ihm dafür wohl alles versprochen haben mag.

Später hat der Herr zu Guttenberg dann - inzwischen gar nicht mehr so offensiv - versucht, sich bei den Damen und Herren von der nicht ausgewählten Presse für die Parallelität der Ereignisse zu entschuldigen. Ich glaube aber, dass er sich das ebenso gut auch hätte schenken können ... - so sauer wie die Presseleute während der Bundespressekonferenz auf ihn waren.


Der Blick in den Rückspiegel

Und vielleicht sollte der Herr zu Guttenberg in den nächsten Wochen und Monaten besser ab und zu einmal in den Rückspiegel schauen, um zu überprüfen, ob er sich noch auf die hinter ihm stehende Kanzlerin verlassen kann. Möglicherweise könnte die nämlich irgendwann auch einmal zu der Erkenntnis kommen, dass ein mit unlauteren Mitteln erworbener Doktortitel sich nicht mit dem wenig offensiven Vorgehen ihres Bundesverteidigungsministers gegen die Damen und Herren von der nicht ausgewählten Presse vereinbaren lässt, und das ein Bundesverteidigungsminister, der nur noch mit Selbstverteidigung beschäftigt ist, sich nicht mehr für die Verteidigung unserer Freiheit und Demokratie und die Freiheit der - nicht nur von Deutschland - heiß begehrten Bodenschätze in der blutgetränkten Erde Afghanistans eignet.

Wenn es einmal so weit kommen sollte, dann könnte es nämlich passieren, dass die Frau Merkel ihre Position hinter dem Rücken des Herrn zu Guttenberg geschickt dafür ausnutzt, um diesem ebenso offensiv in den Rücken zu fallen, wie sie es auch schon im Falle des Herrn Jung getan hat, und dass der Herr zu Guttenberg dann zu der Erkenntnis kommt, es wäre möglicherweise geschickter gewesen, rechtzeitig schneidig zurückzutreten.


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 20.02.2011, Frankenpost vom 19.02.2011, TAZ vom 18.02.2011, Tagesschau vom 18.02.2011 19:12, 17:41 und 15:28 Uhr, ZDF-Heute vom 18.02.2011, Süddeutsche Zeitung vom 18.02.2011, Stern vom 18. Februar 2011, 09:55 und 13:27, Tagesschau, 17.02.2011, Süddeutsche Zeitung vom 10.02.2011, Stern vom 08.09.2009, Stern vom 06.09.2009, GuttenPlag Wiki)

Samstag, 19. Februar 2011

Kriminelle bringen ganze Stadtteile in Verruf

"Schrottimmobilie"

Frau Becker, eine Maklerin aus dem Landkreis Cuxhaven berichtete in der Nordsee-Zeitung vom 11.02.2010 über einen Immobilienbetrug in Bremerhaven.

Den ortsunkundigen Eigentümern der Wohnungen eines Hauses in der Kleiststraße seien vor dem Kauf sehr hohe Mieteinnahmen versprochen worden und sie hätten das Mehrfache des Marktpreises für die Wohnungen bezahlt. Die versprochenen Mieteinnahmen seien dann aber nicht geflossen.

Bei einem Rundgang Ende des letzten Jahres habe sie festgestellt, dass in einigen Wohnungen des Hauses illegale bulgarische Mieter wohnen, berichtete Frau Becker der Nordsee-Zeitung. Die Besitzer der Wohnungen hätten davon erst durch ihren Anruf erfahren.

In der Regel geraten betrogene Haus- oder Wohnungseigentümer, die für ihre Immobilien ohnehin schon mehr bezahlt hatten, als sie überhaupt wert waren, aufgrund fehlender Mieteinnahmen finanziell immer weiter unter Druck. Wenn die Schulden eine bestimmte Grenze überschreiten, werden irgendwann auch Strom und Wasser abgestellt. An notwendige Instandhaltungsmaßnahmen ist unter solchen Umständen natürlich gar nicht mehr zu denken. Irgendwann sind die Wohnungen dann in so schlechten Zustand, dass sie nicht mehr vermietet werden können. Spätestens dann ist es so weit, dass der Verfall eines Hauses beginnt, bis es irgendwann als "Schrottimmobilie" endet und die gesamte Nachbarschaft in Mitleidenschaft gezogen wird.

Im Falle des Hauses in der Kleiststraße fehle den Eigentümern das Geld für Räumungsklagen gegen die illegalen Bewohner ihrer Wohnungen. Frau Becker drückte deren Situation gegenüber der Nordsee-Zeitung recht drastisch aus: "Die sind am Ende." Aus Scham darüber, dass sie auf Immobilien-Betrüger hereingefallen sind, würden die Käufer darüber nicht sprechen wollen. Frau Becker wolle dennoch nach Lösungen suchen, damit die Schulden beglichen und neue Mieter gesucht werden können.

Ich hoffe, dass sie dabei erfolgreich sein wird. Es gibt im Süden Lehes ohnehin schon einige Häuser, die aufgrund ähnlicher Geschichten irgendwann nicht mehr zu retten sein werden.Wenn dem nicht rechtzeitig Einhalt geboten wird, dann könnte es passieren, dass die großflächig zusammenhängende Blockrand-Bebauung mit Häusern aus der Gründerzeit irgendwann immer mehr Lücken aufweisen wird.

Diese kriminellen Immobilienbetrüger bringen mit ihren Aktivitäten nicht nur ganze Stadtteile in Verruf. Sie schaden außerdem auch den Eigentümern der benachbarten Immobilien im Quartier, sowie denen, die ihr Geld auf ehrliche Weise mit mit Dienstleistungen für Immobilien-Besitzer verdienen. Die Nordsee-Zeitung schrieb in ihrem Artikel vom 11.02.2011, Bremerhaven scheine Immobilienbetrüger und -Spekulanten geradezu magisch anzuziehen und zitierte Herrn Brune (Immobilienmakler) mit den Worten: "Die gleichen Namen tauchen in Bremerhaven alle paar Jahre wieder auf." Es sei für ehrliche Immobilienmakler sehr unbefriedigend, dass schwarze Schafe kein Berufsverbot bekämen. Vor einigen Jahren hätten ihn sogar Mitglieder einer dubiosen Bremerhavener Firma mit körperlicher Gewalt gedroht, als er eine Immobilie nach Rücksprache mit dem Eigentümer nicht an sie verkaufen wollte.


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 11.02.2010)

Das etwas andere Körbchen

Cleo im "etwas anderen" Körbchen
"Eigentlich habe ich ja ein recht schönes, kuscheliges Körbchen aus weichem Plüsch mit einem Dach aus dem gleichen Material und meinem eigenen Kissen darin. Hinten rechts im Bild könnt ihr es sehen. Aber in der letzten Nacht habe ich meinem Frauchen einmal eine ganz besondere Freude machen wollen, und habe im Wäschekorb geschlafen. Ich bin mir allerdings nicht mehr so ganz sicher, ob sie von meiner Idee wirklich so richtig begeistert war. Juwi meint, je älter ich werde, desto mehr "dumm's Tüch" käme mir in den Kopf. - Wie meint der das bloß?"

Donnerstag, 17. Februar 2011

Unerwünschte Atomsuppe in Lubmin

Atomkraft? Nein Danke!Am Nachmittag waren gestern nach einer Fahrraddemo in Bremen die Personalien von 10 Personen aufgenommen worden. Überhaupt fanden während des ganzen Tages sowohl an der Transportstrecke, wie auch an vielen anderen Orten zahlreiche Proteste in Form von "weniger spektakulären Aktionen", Mahnwachen, Info-Punkten etc. statt.

Gestern Abend stellten sich hinter Magdeburg gegen 21:00 Uhr fünf Aktivisten mit einer roten Stoppleuchte auf die Gleise. Das Fahrpersonal auf der Lok des Castor-Transports zeigte sich davon aber sichtlich unbeeindruckt, und fuhr einfach weiter.

Nun werden die Polizei und die Atomkraftbefürworter argumentieren, das Vorgehen der Atomkraftgegner sei ein unerlaubter Eingriff in den Bahnverkehr. Aber anstelle von Atomkraftgegnern, die mit ihrer Aktion erreichen wollten, dass der Zug seine Fahrt für einige weitere Minuten unterbrechen muss, hätte es sich genausogut um ein Warnsignal handeln können. Durch "höhere Gewalt" hätte zum Beispiel ein Baum auf die Gleise gestürzt sein können, oder es hätte sich um ein Warnsignal handeln können, mit dem die Atomkraftgegner auf an die Schienen gekettete Mitstreiter aufmerksam machen wollten. Hätte eines der beiden genannten - oder ein ähnliches - Beispiel zugetroffen, dann hätten unter Umständen Menschen unmittelbar zu Schaden kommen können. Möglicherweise hätte der Zug mit seiner gefährlichen, hochradioaktiven Fracht aber auch wegen Hindernissen auf den Schienen entgleisen können.

Auf jeden Fall ist das Ignorieren eines roten Notsignals eine unverantwortliche Missachtung der Betriebsordnung der Bahn, und ein weiteres Beispiel dafür, dass diese widersinnigen und rechtlich fragwürdigen Atommüll-Verschiebereien alles andere als sicher sind. Auch nach dem Vorfall mit dem missachteten Haltesignal setzte sich die unverantwortliche Fahrweise des Fahrpersonals nach Meldungen des Castor-Tickers weiterhin fort. Um 21:23 Uhr meldeten Beobachter aus dem Kreise der Atomkraftgegner, der Zug habe Angern Tangerhütte passiert und sei dort mit "hoher Geschwindigkeit" durchgefahren. Auch später sei noch beobachtet worden, dass der Atommülltransport seit Angern mit sehr hoher Geschwindigkeit fuhr, ohne dabei besondere Rücksicht auf Menschen an den Gleisen zu nehmen. Es würde mich nicht wundern, wenn neben Anzeigen gegen Atomkraftgegner, auch Anzeigen gegen das Personal des Castor-Transports und gegen die für den Atommülltransport Verantwortlichen noch die Gerichte beschäftigen würden.

Um 22:36 Uhr meldete der Castor-Ticker, auf der Höhe von Ludwigslust seien möglicherweise Leute an den Gleisen. Trotzdem passierte der Zug Ludwigslust eine viertel Stunde später mit weiterhin hoher Geschwindigkeit. Kurz vor 23 Uhr heiß es dann, hinter Ludwigslust seien sich Leute auf den Schienen. Wie sich dann herausstellte, handelte es sich dabei um eine aus 25 Menschen bestehende Schienenblockade unter dem Motto "Euer Nonsens ist kein Konsens" und der Castor-Ticker meldete, die Strecke sei gesperrt. Nach einer halben Stunde hatte die Polizei die Aktivisten von den Schienen geholt und in Gewahrsam genommen. Um 23:35 Uhr setzte sich der Castor-Transport langsam wieder in Bewegung.


Viele kleine Blockaden

Gegen Mitternacht meldete der Castor Ticker, in Schwerin-Medewege säßen 30 Atomkraftgegener auf den Schienen. Dieser Blockade gelang es, gleich zu Beginn des neuen Tages den Atommülltransport für vierzig Minuten aufzuhalten. Ein junger Mann hatte eine Gelegenheit genutzt, um auf dass Gleis zu springen und den langsam fahrenden Castor zu stoppen. Um halb eins stand der Castor dann in Sichtweite der Blockade in Schwerin-Medewege. Um zwanzig Minuten vor ein Uhr hatte die Polizei die Blockade geräumt, so dass Zug mit dem Atommüll seine Fahrt fortsetzen konnte.

Während dessen waren bei Rostock mehrere Gruppen mit insgesamt 100 Menschen entlang der Schienen unterwegs. In der Folge sperrte die Polizei den Osten der Stadt ab. Der Castor-Ticker meldete, sie sei dabei bisweilen rabiat vorgegangen: Um kurz nach zwei Uhr hieß es: "Kein Rauskommen aus Rostock ..."

Ungefähr zur gleichen Zeit ging die Polizei in Kemnitz mit Pfefferspray hart gegen Menschen vor, die versucht hatten, in Richtung Schiene zu gelangen, kesselte die Mahnwachen ein, und hielt jeden fest, der ihr entlang der Strecke über den Weg lief. Auch 20 Atomkraftgegner, die bei Kemnitz auf den Schienen saßen waren der Gewalt und den Pfefferspray-Angriffen ausgesetzt. Etwas später meldete der Castor-Ticker, die Presse werde nicht zur Gleisblockade bei Kemnitz durchgelassen. Gab es da vielleicht etwas zu verbergen?

Trotz alledem war es den Atomkraftgegnern bei Kemmnitz und Kemmnitzerhagen am Ende gelungen, drei Sitzblockaden aus insgesamt ca. 120 Menschen aufzubauen und die Polizei hatte Kemnitzerhagen so eingekesselt, dass dort niemand mehr hinkam. Bei den anderen Mahnwachen in Stilow, Brünzow und Kräpelin sei es aber ruhig geblieben. Ungefähr zwischen halb sieben und halb acht Uhr meldete der Castor-Ticker dann, die Blockaden würden geräumt.

Um zehn Minuten vor drei Uhr war der Zug vorher für 10 Minuten mit einer Blockade von 30 Menschen vor dem Riekdheler Kreuz aufgehalten worden. Nach Angaben des Castor-Tickers seien dort Polizeibeamte aggressiv mit Hunden und Pfefferspray gegen die Demonstranten vorgegangen.

Zwischen viertel nach vier und 10 Minuten vor fünf Uhr stand der Castor eneut vor einer Sitzblockade auf den Gleisen zwischen Ribnitz und Damgarten und bei fünf Uhr herum musste die Polizei bei Altenwillershagen erst einmal Aktivisten von den Gleisen lösen, die sich dort angekettet hatten, bevor der Zug fünfzehn Minuten nach fünf Uhr weiterfahren konnte.

Um zwanzig Minuten vor sechs Uhr hatten sich bei Brünzow 40 Menschen auf dem Weg zu den Gleisen gemacht. Sie wurden promt von der Polizei eingekesselt, bevor sie das Gleis erreichen konnten. Eine dreiviertel Stunde später hieß es dann, die 40 Blockierenden seien jetzt eine angemeldete Versammlung und würden sich sich in Richtung Stilow bewegen.

Um 10 Minuten vor sechs Uhr befanden sich zwischen Stralsund Hbf und Andershof Leute auf den Gleisen. Um viertel nach sechs Uhr meldete der Castor Ticker, der Zug stünde zwei Kilometer südlich des Hauptbahnhofs bei Stralsund-Andershof. Es dauerte vierzig Minuten, bevor er sich wieder in Bewegung setzen konnte.

Den letzten unfreiwilligen Halt musste der Zug mit der Karlsruher Atomsuppe aufgrund einer "Wuselblockade" in Kemnitz um dreißig Minuten vor acht Uhr zwischen Guest und Kemnitz bei Diedrichshagen einlegen. Dort stand er bis ungefähr 10 Minuten vor acht Uhr im Diedrichshäger Forst.

Nach gut 28 Stunden erreichte der Transport mit der hochradioaktiven, in Glas eingeschmolzen Atomsuppe kurz nach 8 Uhr das Atommülllager Nord in der Lubminer Heide. Das waren 3 Stunden und 42 Minuten später, als ursprünglich von den Verantwortlichen für den Transport angesetzt worden waren.

Mit viele kleinen Aktionen entlang der gesamten Transportstrecke hatten die Atomkraftgener erneut ihren Unmut gegen den atompolitischen Blindflug der Bundesregierung deutlich zum Ausdruck gebracht. Anhand der im Gegensatz zu den vorhergehenden Atommüll-Transporten im November/Dezember 2010 häufigen Castor-Ticker Meldungen über Pfefferspray Attacken der Polizei, könnte man auf eine Überlastung, und damit auf stressbedingte Überreaktionen der Polizisten schließen, an denen die Politiker in Berlin und der Landesregierung in Baden-Würtemberg sowie Teile der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern sicher nicht unschuldig sind.

Nervosität und Überreaktionen bei den Sicherheitskräften wurden auch anhand von Behinderungen der Presse und von unabhängigen Beobachtern der Proteste deutlich. Dazu zählen zum Beipiel die Weigerung in den frühen Morgenstunden, die Presse zur Gleisblockade bei Kemnitz durchzulassen, oder dass eine Pressesprecherin des Anti-Atom-Bündnisses NordOst von 08:26 bis 08:51 vor dem Atommülllager Nord festgehalten worden war, als der Castor-Transport sein Ziel bereits erreicht hatte. Außerdem waren laut einer Meldung des Castor-Tickers von 07:56 Uhr Beobachter und Beobachterinnen vom "Arbeitskreis kritischer JuristInnen (AKJ)" in Gewahrsam genommen worden. Auf ihrer Internetseite schildern die Beobachter der AKJ ihre ersten Eindrücke vom Castor-Transport aus der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 2011 zwischen Greifswald und Lubmin folgendermaßen (Zitat):
  • Die von der Mahnwache Kemnitz in Richtung Schiene gehenden Aktivist_innen wurden von einem Teil der eingesetzten Polizeikräften mit massiver Gewalt gestoppt. Über das “normale” Schubsen hinaus wurden den Castorgegner_innen durch heftige Tritte von hinten in die Beine oder gezielte Schläge gegen den Kehlkopf zu Fall gebracht. Ein Aktivist blutete nach Schlägen heftig aus der Nase.
  • Diejenigen, die zur Mahnwache zurückgingen, wurden dort eingekesselt. Für einige Zeit kam niemand (auch nicht als Einzelperson) heraus, obwohl es sich um eine angemeldete Versammlung handelte
  • Der Gewalteinsatz der Polizei gegen eine von Brünzow losgehende Gruppe war angemessen. Allerdings wurde die Gruppe eingekesselt und verkündet, ihr werde die Freiheit entzogen. Erst nach einigen Minute gab ein Polizist zu erkennen, dass es sich wohl um eine Versammlung handele und wieder einige Minuten später wurde bekannt gegeben, dass die Gruppe auch zu einer Mahnwache gehen dürfe
  • Von der Räumung der Sitzblockade der Kemnitzhäger Gruppe wurden keine Probleme gemeldet
  • Die Polizei hielt Aktivist_innen nach Durchfahrt des Castortransportes noch 30  Minuten in Gewahrsam, obwohl sie unverzüglich hätten freigelassen werden müssen
  • Bei Kemnitzerhagen wurde ein Sanitäter festgesetzt und erst auf Intervention des AKJ und hinzukommen der Presse freigelassen
  • Die Polizei war teilweise schlecht informiert: mehrfach behaupteten Beamt_innen, es geben ein Versammlungsverbot entlang der Schiene (was nicht stimmt!)
  • Von Ingewahrsamgenommen bei Stilow wurde – obwohl sie keine Ordnungswidrigkeiten begangen hatten – die Identität festgestellt und selbst bei Vorliegen des Personalausweises die Gesichter fotografiert


Fazit

Dieser Atommülltransport von Karlsruhe in das Atommülllager Nord, dessen Fracht zu ungefähr drei Vierteln aus den Rückständen der Aufbereitung kommerzieller Brennstäbe aus westdeutschen Atomkraftwerken stammt, hat in der Lubminer Heide nichts zu suchen. Dagegen, und gegen die weitere Produktion großer Mengen von Atommüll infolge der Verlängerungen der Betriebsgenehmigungen für die deutschen Atomkraftwerke, für dessen sichere Lagerung über Zeiträume von vielen hundert Millionen Jahren es ebenfalls keine sichere Lösung gibt, haben die Menschen mit vielen dezentralen Protesten und Aktionen entlang der Transportstrecke eindrucksvoll demonstriert.

Es wird höchste Zeit, dass die Atomkonzerne und ihre politischen Handlanger endlich begreifen, dass die Menschen in Deutschland die Nase voll haben von den atomaren Mauscheleien. Um zu verhindern, dass der bereits angerichtete Schaden noch größer wird, müssen die verbliebenen 17 Atomkraftwerke umgehend abgeschaltet werden. Die durch den Betrieb der Atomkraftwerke und deren Folgen verursachten Kosten müssen nach dem Verursacherprinzip von den Atommüllproduzenten getragen werden.

Es muss endlich Schluss damit sein, dass wir Steuerzahler für die Subvention dieses gefährlichen Unsinns zur Kasse gebeten werden. Die dadurch frei werdenden Mittel müssen statt dessen dringend in die Förderung des zügigen Umbaus der Energieerzeugung mit regenerativen und CO2-neutralen Energiequellen investiert werden. Wenn das nicht innerhalb kürzester Zeit gelingen sollte, dann werden die Folgen des globalen Anstiegs der Temperatur aufgrund des Klimawandels nicht mehr in den Griff zu bekommen sein. Es geht bei diesem ganzen Themenkomplex also nicht nur um den notwendigen Ausstieg aus der Atomenergie, sondern um nichts weniger, als um die Zukunft aller nachfolgenden Generationen der Menschheit, ihrer Mitgeschöpfe und die ihrer gemeinsamem Heimat: Den Planeten Erde.


Lubmin niX da!


(Quellen: Stern vom 17.02.2010, Focus vom 17.02.2011, NDR 1 Radio Mecklenburg-Vorpommern vom 17.02.2011, Spiegel vom 17.02.2011 und vom 16.02.2011, Der Standard vom 16.02.2011, Mitteldeutsche Zeitung vom 16.02.2011, ARD-Tagesschau vom 16.02.2011, ZDF-Heute vom 16.02.2011, Die Welt vom 16.02.2011, Neues Deutschland vom 16.02.2011, TAZ vom 15.02.2011, Castor-Ticker, AKJ-Greifswald)

Mittwoch, 16. Februar 2011

Suppentransport unter Polizeischutz

Atomkraft? Nein Danke!Dass die wespenfarbene Bundesregierung dem Herrn Mappus in Baden-Würtemberg jetzt hilfreich unter die Arme greift, indem sie den strahlenden Schiet aus Karlsruhe den Menschen an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns zum Fraß vorsetzt, lassen sich die Atomkraftgegner entlang der Transportstrecke und an vielen anderen Orten Deutschlands auch zwei Monate nach der ersten Atommüll-Schieberei im Dezember 2010 nicht kommentarlos gefallen. Diejenigen, die sich die radioaktive Suppe eingebrockt haben, sollen sie gefälligst auch selbst auslöffeln.

Das sahen wohl auch die zehn Greenpeace Aktivisten so, die sich in der Nacht von Montag auf Dienstag direkt hinter dem Zaun außerhalb des Geländes der ehemaligen Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe (WAK) an die Gleise ketteten und so seit Dienstagmorgen die Strecke für den Castor-Transport blockierten. Dabei waren sie so gründlich vorgegangen, dass es der Polizei nicht gelang, sie einfach so loszuschneiden. Den Polizisten blieb am Ende nichts anderes übrig, als die Gleise durchzutrennen und die Aktivisten mitsamt den Schienen abzutransportieren. Anschließend wurden die Gleise auf einer Länge von zehn Metern wieder verschweißt und festgeschraubt.

Greenpeace zitiert auf seiner Seite Herrn Smital (Greenpeace, Atomexperte) mit den Worten: "Ministerpräsident Mappus muss beim Thema Atommüll endlich Verantwortung übernehmen. Er muss seine Verweigerungshaltung endlich aufgeben und dafür sorgen, dass der Atomabfall aus Karlsruhe auch in Baden-Württemberg gelagert wird. Die hochstrahlende Plutoniumsuppe aus Karlsruhe hat in Lubmin nichts zu suchen." Recht hat er, denn das Atommüll-"Zwischen"-Lager Nord war eigentlich ausschließlich für die Aufnahme radioaktiver Abfälle aus dem Rückbau der ostdeutschen Atomkraftwerke Greifswald und Rheinsberg sowie den dort angefallenen Atommüll angelegt worden.

Insgesamt gelang es Greenpeace, die Blockade an der ehemaligemn WAK neun Stunden lang aufrecht zu erhalten.


Nachttanzblockade

Kurz nach 21 Uhr begann in Karlsruhe-Neureut dann die "Nachttanzblockade". Aus Anfangs ungefähr 150 Menschen war die Menge der Tanzenden eineinhalb Stunden später bereits auf 400 Personen angewachsen, und es kamen immer noch weitere ihnzu. Gegen 23 Uhr bewegte sich die Menge in Richtung der Schienen, auf denen später der Castor-Transport rollen sollte. Eine halbe Stunde darauf waren "gezählte 700 Leute" auf den Gleisen in Karlsruhe-Neureut und es kamen immernoch laufend weitere Demonstranten dazu. Am Mittwoch Morgen forderte die Polizei die Blockierer kurz nach ein Uhr auf, die Gleise zu verlassen. Um halb zwei Uhr begann sie dann damit, die Gleise zu räumen. Während der Räumung kam es im Polizeikessel zu Auseinandersetzungen. Die Atomkraftgegner warfen den Beamten später vor, Pfefferspray eingesetzt zu haben. Mehrere Personen seien dabei verletzt worden. Gegen drei Uhr war die Strecke wieder frei.


Die Atomsuppe ist unterwegs

Etwas später verließ der Zug mit den fünf Castor-Behältern das Gelände der ehemaligen WAK. In den Castoren befinden sich 140 Edelstahlbehälter, die ein radioaktives Glasgemisch enthalten. In dem Glas sind 60000 Liter der so genannten Atomsuppe aus der stillgelegten WAK eingeschmolzen worden, die zwischen 1971 und Ende 1990 bei der Aufbereitung rund 207 Tonnen abgebrannter Atombrennstäbe angefallen waren.

Zu Beginn des Transports führte die Strecke von der ehemaligen WAK im Norden der Stadt auf Straßenbahnschienen mitten durch Eggenstein-Leopoldshafen und weitere Karlsruher Vororte durch die Stadt bis zum Hauptbahnhof, wo die Castoren auf die Gleise der regulären Bahnstrecke umgesetzt wurden.

Nach Angaben von Greenpeace stammt der Atommüll in Karlsruhe ursprünglich zu drei Vierteln aus industriellen Atomanlagen in Baden-Württemberg. Über die Verarbeitung in der WAK des ehemaligen Atomforschungszentrums Karlsruhe wurde der hochradioaktive kommerzielle Atommüll still und heimlich zu Forschungsmüll umdeklariert. Die inzwischen verglasten flüssigen Abfälle aus dem Aufarbeitungsprozess haben eine Aktivität von 700 Billiarden Becquerel. Das ist um einge Hundert mal mehr, als die derzeitige Aktivität des gesamten im ehemaligen Salzbergwerk Asse-II gelagerten Atommülls.

Nach Ansicht von Herrn Smital müsse bei der Lagerung dieser Abfälle das Verursacherprinzip gelten. Daher müsse der Atommüll in Baden-Würtemberg bleiben. Für die Lagerung sei zum Beispiel das nur wenige Kilometer von Karlsruhe entfernt gelegene Zwischenlager beim Atomkraftwerk Philippsburg geeignet.

Um die Mittagszeit passierte der Zug mit den fünf Castoren Fulda. Eineinhalb Stunden später formierte sich eine Menschenblockade auf den Gleisen zwischen Ronshausen und Hönebach. Bevor der Zug die Blockade erreicht hatte gelang es der Polizei jedoch recht schnell, die Demonstranten neben dem Bahngleis einzukesseln, so dass der Transport die Blockadestelle gegen 14 Uhr passieren konnte. Eine halbe Stunde darauf gelang es 12 AktivistInnen jedoch, den Castor-Zug in Leina vor Gotha für 5 Minuten aufzuhalten.

Um 16:30 Uhr musste der Zug mit der unverdaulichen Suppe im Gepäck erneut seine Fahrt unterbrechen. Bei Schkopau, zwischen Merseburg und Halle an der Saale, blockierten zwei Aktivisten von "Robin Wood" eine Brücke. Kurz vor 17:00 Uhr meldete der Castor-Ticker: "Offenbar hängen die Kletternden von Robin Wood an den Gleisen fest gemacht unter der Brücke. Die Polizei scheint recht ratlos."

Nun: Ganz so ratlos waren die Beamten dann wohl leider doch nicht. Nach einer halben Stunde hatten sie den ersten Kletteraktivisten abgeseilt, und zwanzig Minuten später war auch der zweite Aktivist wieder auf dem Boden. Trotzdem dauerte es mehr als eine Stunde, bis der Castor-Transport sich um 17:45 Uhr wieder in Bewegung setzte.


Lubmin niX da!


(Quellen: SWR Video und -Nachrichten vom 15.02.2011, Castor Ticker, Greenpeace,)

Bremer Solidaritätspreis für Maung Thura

Birma - das ist ein Land, in dem sich seit 1962 eine Militärdiktatur an der Macht hält. Dazu haben die Militärs ein System aus Spitzeln, brutaler Unterdrückung und staatlicher Willkür installiert. In dem südasiatischen Land, das an Bangladesh, Indien, China, Laos und Thailand grenzt, sitzen mehr als 2200 Menschen aus politischen Gründen im Gefängnis.

Nachdem sich die Militär-Machthaber im November 2010 mit einer alles andere als demokratischen Wahl den Anschein einer Legitimation für ihre Herrschaft verschafft hatten, trat in Birma zum ersten Mal nach zwei Jahrzehnten wieder ein Parlament zusammen. Die Partei der Militärs hatte die Wahl ihren eigenen Angaben zufolge mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen.

Die Oppositionspartei "National League for Democracy" (NLD) war von den Machthabern Birmas verboten worden, nachdem sie sich geweigert hatte, ihre Spitzenkandidaten, die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, aus der Partei auszuschließen. Aung San Suu Kyi stand zum Zeitpunkt der Wahlen unter Hausarrest, aus dem sie erst im Anschluss an die "Wahlen", Mitte November 2010, entlassen worden war. Bei der vorhergehenden Wahl im Jahre 1990 hatte die NLD mit ihrer Spitzenkandidatin Aung San Suu Kyi 406 von 489 Parlamentssitzen errungen - ein erdrutschartiger Sieg über die militärischen Machthaber im Land. Die Millitärs wiedersetzten sich jedoch dem Willen des Volkes vom Birma und weigerten sich, den Sieg der Opposition anzuerkennen. Seitdem verbrachte Aung San Suu Kyi die meiste Zeit im Gefängnis oder stand unter Hausarrest.

Jetzt gab Aung San Suu Kyi in Rangun einem Team von Journalisten der ARD und des Schweizer Fernsehens ein Interview. Die Tagesschau schreibt dazu auf ihrer Internetseite, Herrn Abresch (ARD, Korrespondent), der bereits mehrfach über die Verhältnisse in Myanmar berichtet habe, sei auf dem Flughafen von Rangun mit der Begründung, er sei eine Bedrohung für die nationale Sicherheit Birmas, die Einreise verweigert worden. Seine Fragen an Aung San Suu Kyi habe er jedoch seinen Kollegen übergeben können, bevor er unter Polizeischutz des Landes verwiesen worden sei.

In dem Interview forderte Aung San Suu Kyi die Bundesrepublik Deutschland auf, sie solle sich stärker für die Demokratisierung des Landes engagieren. Sie hoffe, Deutschland werde eine wichtige Rolle innerhalb der Europäischen Union übernehmen, um einen allumfassenden politischen Prozess in Birma anzustoßen. Die internationale Staatengemeinschaft solle sich auch weiterhin hinter die Oppositionsbewegung Birmas stellen. Von den jüngsten Parlamentswahlen solle man sich nicht blenden lassen und keinesfalls vorschnell die Sanktionen aufheben. Dafür sei die Zeit noch nicht reif. Vielmehr könne ein solcher Schritt vom Militärregime als "Belohnung" aufgefasst werden.

Aung San Suu Kyi stellte die Frage, welchen Grund es gäbe, die Machthaber in Birma zu belohnen. Die Tagesschau zitiert sie auf ihrer Internetseite mit den Worten: "Wofür wollen sie Birma belohnen? Für die geringstmögliche Demokratisierung, für diese Parodie der Demokratisierung? Oder wollen sie das Land belohnen, nachdem es einen von mehr als 2000 Gefangenen entlassen hat, dessen Haftzeit abgelaufen war? Ich denke nicht, dass das ausreichende Gründe sind, um irgendjemanden zu belohnen."


Bremer Solidaritätspreis für Maung Thura

Man muss in Birma aber kein aktiver Oppositionspolitiker sein, um aus politischen Gründen für Jahre hinter Gittern zu verschwinden. Dazu reicht es schon aus, wenn man sich über das Militärregime lustig macht. So ist es Herrn Maung Thura (Satiriker, Schauspieler, Schriftsteller und Bürgerrechtler) ergangen, dessen verbale Seitenhiebe auf das Regime ihm den Namen "Zarganar" (Die Pinzette) einbrachten. Nachdem er im Mai 1990 vor einer großen Menschenmenge das damalige Haupt der Militärregierung, General Saw Maung, imitiert hatte, wurde er zu 5 Jahren Einzelhaft verurteilt.

In einem Filmbeitrag des Bremer Regionalmagazins "Buten und Binnen" vom 15.02.1011 erzählt ein Freund Maung Thuras, dieser habe einmal in einem Restaurant einen Witz erzählt. Daraufhin sei er von einem Spitzel des Regimes denunziert worden. Aufgrund seiner Beliebtheit bei den Menschen in Birma verbreitete sich die Nachricht mit großer Geschwindigkeit, und wenig später habe es die ganze Stadt gewusst.

Bereits während der blutig niedergeschlagenen Studenten-Aufstände im Jahre 1988 hatte Maung Thura sich auf die Seite der Demonstranten gestellt. Dafür, und weil er sich seit beinahe 25 Jahren immer wieder gegen das Militärregime in seinem Heimatland für die Rechte seiner Mitbürger eingesetzt hatte, wurde er gestern mit dem "Bremer Solidaritätspreis" ausgezeichnet. Da Maung Thura in Birma im Gefängnis sitzt, übergab Herr Böhrnsen (SPD, Bremen, Bürgermeister) die mit 10000 Euro dotierte Menschenrechts-Auszeichnung im Rahmen einer Feierstunde im Bremer Rathaus an den im Exil lebenden Sohn des Künstlers.

Maung Thura hatte nach dem verheerenden Zyklon im Jahre 2008 vor ausländischen Journalisten die fehlende Hilfe des Millitärregimes für sein Volk kritisiert und private Hilfe für die Opfer der Hurrikan-Katastrophe organisiert. Wie der Bremer "Weser-Kurier" in seiner Online-Ausgabe vom 15.02.2011 berichtete, wurde er dafür zu 59 Jahren Haft verurteilt, von denen er nach jetzigem Stand noch 33 zu verbüßen habe.

Nachdem 1993 schon Aung San Suu Kyi mit dem "Bremer Solidaritätspreis" geehrt worden war, geht er mit der Verleihung an Maung Thura bereits zum zweiten Mal an einen inhaftierten Bürgerrechtler in Birma.


(Quellen: Buten und Binnen Bericht vom 15.02.2010 und Video, Weser-Kurier vom  15.02.2010, Tagesschau vom 15.02.2011, Tagesschau vom 31.01.2011, Wikipedia, P.E.N. Zentrum Deutschland)

Dienstag, 15. Februar 2011

Barrierefreies Wohnen

(Grafik: © Jürgen Winkler)

Viele Menschen, die in jungen Jahren
ein Haus oder in eine Eigentums-
wohnung erwerben, gehen diesen
Schritt oft auch mit dem Gedanken
an ihre Alterssicherung. Wenn die
Kredite auf die Wohnung oder das
Haus abbezahlt sind, müssen sie im
Rentenalter "nur noch" die monat-
lichen Nebenkosten bezahlen.


Dadurch, dass die Menschen heute im Durchschnitt immer älter werden, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sie im Alter aufgrund altersbedingter körperlicher Gebrechen in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sein werden. Immer mehr ältere Menschen sind zum Beispiel auf einen Rollator oder gar einen Rollstuhl sowie auf Pflege angewiesen. Manchmal fällt aber auch einfach nur das Treppensteigen schwer. Dann wünschen sich die Betroffenen oft, sie hätten in früheren Zeiten auch an diese Möglichkeiten gedacht, und beizeiten Barrieren in ihren eigenen vier Wänden abgebaut. - Und oft sind es ihre Kinder, die später Abhilfe schaffen, damit die Eltern im hohen Alter möglichst lange in ihrer eigenen Wohnung bleiben können.


Beim gemeinsam mit "Haus und Grund" organisierten Modernisierungsstammtisch der "Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe (ESG-Lehe)" dreht sich morgen Abend alles um das Thema "Barrierefreies Wohnen", und darum, wie es gemeinsam gelingen kann, Barrieren im Haus oder in der Wohnung abzubauen.

Wie schon die früheren Themen des Modernisierungsstammtisches der ESG-Lehe, dürfte auch das Thema "Barrierefreies Wohnen" nicht nur für die Bürger des Stadtteils Lehe interessant sein, und auch jüngere Menschen dürften daran interessiert sein, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass sich ihre "Altersversorgung Wohneigentum" später nicht als Hindernis erweist.

Als Referentin konnte Frau Austermann-Frenz (Architektin) gewonnen werden. Im Anschluss an den Vortrag besteht wieder die Möglichkeit zu einem regen Gedankenaustausch unter den Gästen der Veranstaltung und es dürfen gerne auch Fragen an die Referentin gestellt werden.

  • Modernisierungsstammtisch
    der ESG-Lehe


    am 16.02.2011
    um 19 Uhr

    im Seniorentreffpunkt "Kogge"

    Goethestraße 23 (Ecke Meidestraße)

Der Eintritt ist (wie immer) frei.


(Quelle: ESG-Lehe)