Samstag, 31. Januar 2015

Ein Brief aus Amerika

Ein Brief aus Amerika? Schreibt vielleicht der Notar eines bis gerade eben noch unbekannten, verstorbenen Erbonkels? Sollen wir sein Millionen-Dollar-Vermögen erben? Leider nicht: Dieser Brief handelt nicht von einem überraschend in Erscheinung getretenen Erbonkel. Stattdessen warnen uns die Verfasser dringend davor, den gleichen Versprechungen auf den Leim gehen, auf die auch sie vor vielen Jahren hereingefallen sind.

Die Absender des offenen Briefes sind etwa 57 Millionmen US-Amerikaner. Bei dem vermeintlichen "Erbonkel" handelt es sich um die Agrar-, Chemie- und Gentechnik-Industrie in den USA. Ihr "Erbe": Die "Segnungen" der US-Agrarindustrie mit ihren gentechnisch veränderten Mais- oder Soja-Monokulturen, in denen dank des unter dem Markennamen "RoundUp" vertriebenen Breitbandherbizids Glyphosat "kein Gras mehr wächst".

Nur die gentechnisch immunisierten Mais- und Soja-Sorten sind in der Lage, den totalen chemischen Krieg gegen die Pflanzen zu überleben. Die Folge: Ein dramatischer Rückgang der heimischen Artenvielfalt. Auf die Vernichtung der Pflanzen folgt das Aussterben der Tiere, deren Existenz oft von speziellen Nahrungspflanzen, immer aber von intakten, natürlichen Lebensräumen und einer vielfältigen Umwelt abhängt.

Der anfangs vermutete "Erbonkel" ist demhingegen noch lange nicht tot. Das Gegenteil ist der Fall: Die US-Agrar- und Gentechnikindustrie will weiter wachsen: In Europa. Der wohl mächtigste und bekannteste Gentechnik- und Chemiekonzern in den USA und weltweiter Marktführer - "Monsanto" - hatte schon einmal versucht, seine gefährlichen Produkte in Europa auf den Markt zu bringen, war letztlich aber am Widerstand der Bürger gescheitert - vorläufig jedenfalls.

Rückblende:
Ende Mai 2013 hatte es in den Medien geheißen, Monsanto wolle in Europa keine Zulassungen für neue gentechnisch veränderte Pflanzen mehr beantragen. Das US-amerikanische Unternehmen habe damit auf die breite Ablehnung von gentechnisch veränderten Pflanzen in Europa und die geringe Nachfrage seitens europäischer Landwirte reagiert. Die Geschäftsführerin von Monsanto Deutschland, Frau Lüttmer-Ouazane, hatte damals eingeräumt, es sei sinnlos, Gentechnik gegen den Protest und den Widerstand der Menschen in Europa durchsetzen zu wollen.

Herr Mitchener (Monsanto, EU-Niederlassung, Sprecher) hatte die Ankündigung Frau Lüttmer-Ouazanes allerdings gleich wieder eingeschränkt (Zitat): "Derzeit planen wir auch nicht, die Zulassung neuer gentechnisch veränderter Pflanzen zu beantragen."

"Derzeit ..." - das hörte sich schon damals nicht wirklich "endgültig" an. Irgendwie klang es so, als habe "Monsanto" noch einen Trumpf in der Hand.

Heute, nachdem immer mehr Details über die Inhalte der hinter verschlossenen Türen verhandelten Handelsvereinbarungen CETA (EU-Kommission / Kanada) und TTIP (EU-Kommission / USA) an die Öffentlichkeit gelangen, wird klar, dass Mosanto bereits vor zwei Jahren auf den Erfolg von TTIP und die Möglichkeit, die europäischen und nationalen Gesetze dann mithilfe von internationalen Schiedsgerichten (ISDS) für unwirksam erklären zu lassen, gesetzt hatte. Die Ankündigung Herrn Mitchners aus dem Frühjahr 2013, Monsanto werde in Europa keine Lobbyarbeit mehr für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen machen, entpuppt sich damit als hinterhältig verabreichte Beruhigungspille: Monsanto hatte seine Lobbyarbeit für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Europa im Rahmen der TTIP-Verhandlungen auf US-amerikanischer Seite nahtlos fortgesetzt ...


Gebrochene Versprechen, ...

Die Leidtragenden der in den USA bereits angerichteten Schäden, die durch gentechnisch veränderte Organismen in Verbindung mit chemischen Massen-(Unkraut)-Vernichtungsmitteln wurden, sind letztlich die Verbraucher und die Landwirte.

Anstelle der anfangs versprochenen dauerhaften Ertragssteigerung gab es später einen Punkt, ab dem die Erträge stagnierten und in den folgenden Jahren vereinzelt sogar zurückgingen. Auch von einem reduzierten Pestizid-Einsatz kann keine Rede sein. Gegen Glyphosat resistente Superunkräuter und multiresistente Schädlinge breiten sich aus. Monsantos Rezept dagen heißt: Mehr "Roundup" spritzen.

Der verstärkte Einsatz des Alleskillers entwickelt sich zusehends zu einer Gefahr für die Umwelt und für die Biodiversität. Die zusätzlichen Kosten des steigenden "Roundup"-Einsatzes werden an die Verbraucher weitergegeben. Die Landwirte sind von Monsanto abhängig: Die Vermehrung zurückgehaltenen Saatguts ist vertraglich verboten. Die Landwirte sind darauf angewiesen, Jahr für Jahr bei Monsanto neues gentechnisch verändertes Saatgut zu kaufen und unterliegen damit dem Preisdiktat des Chemie- und Gentechnik-Konzerns. Das verteuert ihre Produkte zusätzlich.


... und dreiste Schadenersatzklagen

Die Samen von Monsantos genmanipulierten Pflanzen verunreinigen die Felder und das Saatgut von Landwirten, die sich bisher ihre Unabhängigkeit erhalten konnten und weiterhin Wert auf die natürliche Vermehrung ihrer eigenen Sorten legen. Durch Fremdbestäubung von benachbarten Feldern mit gentechnich verändertem Monsanto-Saatgut kommt es jedoch zur Vermischung der Gene mit konventionell kultivierten Sorten.

Die Gene, die dafür sorgen, dass Monsantos Saaten resistent gegen Glyphosat sind, finden sich daher vermehrt auch in vermeintlich gentechnikfreien Nahrungspflanzen - ein Umstand, den Monsanto sich schon für - an Dreistigkeit wohl kaum zu überbietende - Klagen gegen Betriebe zunutze gemacht hat, die Wert auf getechnikfreie Landwirtschaft legen. Zur Begründung heißt es in solchen Schadenersatzklagen, man habe gentechnisch nachgewiesen, dass die betroffenen Landwirte unentgeltlich und damit wiederrechtlich Saatgut von Monsanto verwendet hätten.
  • Im Klartext:
    Der Verursacher des Schadens (Monsanto) bittet den Geschädigten (den beklagten Landwirt) dafür zur Kasse, dass dessen Saatgut gegen seinen Willen durch die gentechnisch veränderten Pflanzen aus dem Gruselkaninet Monsantos verunreinigt wurden!


Der Brief

Das - und einiges mehr - ist Gegenstand des "Briefes aus Amerika", den das Umweltinstitut München ins deutsche übersetzt hat.

Darin heißt es, das zweiundsiebzig Prozent der Verbraucher in den USA gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehnen. Neunzig Prozent der US-Bürger seien davon überzeugt, dass eine Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel, für deren Herstellung gentechnisch veränderte Zutaten verwendet werden, die marktbeherrschende Stellung Monsantos und anderer Konzerne der Agrar- und Gentechnikindustrie in den USA brechen könnte.

Der Einfluss der Lobbys der Agrarindustrie mit ihren finanzstarken Chemie- und Gentechnik-Konzernen hat politische Fortschritte in den USA bisher jedoch erfolgreich verhindert. Es ist leider keine neue Erkenntniss, dass auch die US-Regierung gegen die Interessen der Bürger und für die Profite der Konzerne arbeitet.

Über ihren bisherigen Wirkungsbereich hinaus soll den Politmarionetten der US-Konzerne in der Regierung der USA zukünftig ein Mitspracherecht bei europäischen Gesetzesvorhaben eingeräumt werden. Dahingehende, bereits seit längerer Zeit kursierende Gerüchte werden jetzt durch ein erst kürzlich öffentlich bekannt gewordenes internes TTIP-Papier der EU-Kommission zur Gewissheit.

In ihrem Papier schlägt die EU-Kommission eine Art "Frühwarnsystem" für neue Gesetze vor, die den Handel zwischen den beiden Wirtschaftsräumen behindern könnten. Monsanto und Co. könnten mithilfe des "Regulatory Cooperation Council" (RCC, Rat zur regulatorischen Kooperation) bereits im Vorfeld der Gesetzgebung dafür sorgen, dass der Weg für ihre gentechnisch veränderten Organismen und die dazugehörigen chemischen Massenvernichtungsmittel nach Europa frei wird.

Der offene "Brief aus Amerika" ist eine eindringliche Warnung an uns Europäer, das "Erbe" aus den USA mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zurückzuweisen. Aufgrund der in fast zwei Jahrzehnten gesammelten negativen Erfahrungen mit der Gentechnik rufen die Unterzeichner - Gruppierungen und Einzelpersonen, die gemeinsam etwa 57 Mllionen US-Bürger repräsentieren - dazu auf, weiterhin Widerstand gegen die Zulassung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel in Europa zu leisten.


Zum Weiterlesen:
  • The Letter from America
    Der englische Originaltext des offenen Briefes auf der Internetseite "The letter from America ORG".
  • Der Brief aus Amerika
    Die vom "Umweltinstitut München" veröffentlichte Übersetzung des offenen Briefes.
  • Das TTIP-Verhandlungsdokument
    Der englische Originaltext des geleakten Dokuments mit den Vorschlägen der EU-Kommission zur "regulatorischen Kooperation" als PDF-Dokument.
  • Analyse des TTIP-Verhandlungsdokuments
    Die Analyse der geleakten Verhandlungsposition der EU-Kommission von Max Bank (LobbyControl) und Kenneth Haar (Corporate Europe Observatory, CEO) zeigt:
    Die EU-Kommission will mithilfe der "regulatorischen Zusammenarbeit" umfassend in die Praxis der demokratischen Gesetzgebung in Europa und den USA eingreifen. Ein institutionalisierter Einfluss von Unternehmenslobbyisten könnte dabei bestehende und künftige demokratische Regulierungen auf beiden Seiten des Atlantiks vereiteln. Dass bezüglich der Berichtspflicht sogar die kommunale Ebene angedacht war, zeugt davon, dass die EU-Kommission die demokratisch legitimierte Gesetzgebung den Interessen des Handels unterwerfen will. Das zeigt einmal mehr, dass TTIP ist kein Freihandelsabkommen im klassischen Sinne ist. Es ist ein Abkommen über einen gemeinsamen Markt, dem sich die demokratische Gesetzgebung, der Verbraucherschutz, der Klima- und Umweltschutz etc. bedingungslos unterzuordnen haben.
  • Cyberkrieg auf dem Acker
    Eine kritische Bestandsaufnahme einer neuen Dimenson der Gentechnik von Christoph Then (Testbiotech e.V., Geschäftsführer) im Auftrag von Martin Häusling (Die Grünen, MdEP):
    Eine neue Generation gentechnisch veränderter Pflanzen ist gegen vier Unkrautvernichtungsmittel resistent sind und produziert auf dem Acker gleichzeitig ein halbes Dutzend Insektengifte - 24 Stunden lang, jeden Tag. Der Gentechnik-Experte Christoph Then beschreibt, was diese Pflanzen können - und was sie anrichten können.
  • Christoph Then: Handbuch Agro-Technik
    Die Folgen für Landwirtschaft, Mensch und Umwelt
    oekom verlag München, 2015
    ISBN-13: 978-3-86581-716-7



Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA


(Quellen: Frankfurter Allgemeine vom 27.01.2015, Die Zeit vom 05.06.2014, Süddeutsche Zeitung vom 23.02.2014, Umweltinstitut München, The letter from America, Stop TTIP!, CEO, LobbyControl, Wikipedia )

Montag, 26. Januar 2015

Wer TTIP sät, wird Gentechnik ernten


Redebeiträge und Impressionen von der "Wir haben es satt"-Demo am 17.01.2015 in Berlin
Kieke Ma Film Berlin, CC: BY-SA)

In unserer globalisierten Welt kommt es immer häufiger zu Wechselwirkungen zwischen den Themenbereichen "Schutz der natürlichen Nahrungsmittelresourcen", "Gesunde Ernährung" und "Chemie, Gentechnik und Agrarindustrie gegen bäuerliche und ökologische Landwirtschaft". Darüberhinaus zeigt sich auch in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit zur Verteidigung unserer freiheitlich, demokratischen Rechte gegen die Gier multinationaler Konzerne.

Unter dem Motto "Wir haben es satt!" trugen deshalb am 17.01.2015 fünfzigtausend Menschen unter anderem auch ihren Protest gegen die Handelsabkommen CETA und TTIP auf die Straßen Berlins. Auf Schildern und Transparenten des demokratischen Netzwerks "Campact" hieß es passend dazu: "Wer TTIP sät, wird Gentechnik ernten."

Schlechte Erfahrungen mit der Implementierung von ISDS in anderen Handelsvereinbarungen zeigen die Notwendigkeit, gegen die "Frei"-Handelsabkommen CETA und TTIP zu demonstrieren. Solange "ISDS" und "regulatorische Kooperation" in den CETA- und TTIP-Vertragswerken enthalten sind, steht das "Frei" in den beiden Handelsabkommen für die Freiheit multinationaler Konzerne, die demokratische Gesetzgebung in allen Bereichen unseres täglichen Lebens mithilfe undemokratischer internationaler Schiedsgerichte faktisch außer Kraft zu setzen. Wer sich dagegen nicht zur Wehr setzt, stimmt - im wahrsten Sinne des Wortes - stillschweigend der Demontage seiner grundlegenden demokratischen Rechte zu!


Verstoß gegen das Grundgesetz

Dazu schreibt Herr Prof. Dr. Broß (Richter des Bundesverfassungsgerichts a. D., Richter am Bundesgerichtshof a. D.) in einem am 19.01.2015 veröffentlichten Gutachten, die in TTIP und CETA vorgesehenen privaten Schiedsgerichte würden gegen das Grundgesetz verstoßen und mit Prinzipien des Völkerrechts kollidieren. Darüberhinaus wäre es ein "Verlust von staatlicher Souveränität und Selbstachtung", wenn die Bundesregierung sich "einer Gerichtsbarkeit außerhalb der Staatenebene" unterwürfe. Damit bestätigt Herr Broß - sozusagen "höchstrichterlich" - meine grundsätzlichen Einwände gegen die Ratifizierung von CETA und TTIP!

Die entscheidende Schlussfolgerung aus dem Gutachten ist jedoch, dass das System privater Schiedsgerichte nicht reformierbar ist. Vorschläge über kleine Änderungen hier oder da, wie sie der Bundesregierung vorschweben, sind daher völlig indiskutabel. Diese Schiedsgerichte sind grundverkehrt und müssen abgeschafft werden - auch in alten Handelsabkommen!
  • Sollte diese Bundesregierung - oder eine der nachfolgenden - nicht alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um ein derart umfassendes und weitreichendes Handeslabkommen - wie TTIP und CETA es verkörpern - inklusive ISDS(!) zu verhindern, dann verstieße sie nicht nur gegen nationales und internationales Recht, sondern auch gegen die Mehrheit der Bundesbürger - 55 Prozent der Befragten einer infratest-dimap-Umfrage vom Juni 2014 befürchten eher Nachteile, während nur 31 Prozent eher Vorteile vermuten -, sowie gegen den Willen zigtausender Demonstranten und inzwischen mehr als 780000 Bundesbürgern, die mit ihrer Unterschrift die Forderungen der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative "Stop TTIP" unterstützen.


Versteckte Kosten und drohender Rückschritt

Eine äußerst aufschlussreiche Zusammenstellung von Fällen, in denen multinationale Konzerne mithilfe von ISDS-Klauseln in bereits bestehenden Vereinbarungen gegen demokratisch legitimierte Gesetze europäischer Staaten klagen, und welchen Schaden sie damit den Bürgern und Steuerzahlern zufügen, findet sich in einer am 04.12.2014 veröffentlichten Studie des europäischen Umweltschutznetzwerks "Friends of the Earth" mit dem Titel "The hidden cost of EU trade deals" - Die versteckten Kosten in EU-Handelsvereinbarungen. Leider gibt es die Studie nur in englischer Sprache. Zumindest die grafischen Darstellungen und die Erläuterungen dazu sollten aber auch mit "Schulenglisch" verständlich sein.


Sollten TTIP und CETA mit ISDS und CCR in Europa, Kanada und den USA geltendes Recht werden, so dass multinationale Konzerne demokratisch legitimierte Gesetze einfach weg klagen könnten, dann wäre zu befürchten, dass all das, was die Redner und 50.000 Bürger am 17.01.2015 in Berlin als "bereits heute schon unhaltbar" anprangerten, auf vielfache Weise dammbruchartig und nicht mehr zu stoppen über uns hereinbrechen würde.
  • Wir brauchen den Fortschritt in eine energetisch, ökologisch, technisch und wirtschaftlich nachhaltig organisierte Zukunft.
  • Wir brauchen keinen Rückschritt in Richtung des absoluten Kapitalismus und der sozialen Missstände während der finstersten Zeiten der industriellen Revolution, deren Spätfolgen heute infolge der globalen Erwärmung die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen bedrohen.

Deshalb:
Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA


(Quellen: Die Zeit vom 03.07.1994, Stop TTIP!, Wir haben es satt!, Campact, Friends of the Earth, Hans-Böckler-Stiftung, Wikipedia )

Sonntag, 25. Januar 2015

Trotz "Atomausstieg": Deutsches JA zu AKW-Neubau



In der Grafschaft Somerset, an der Südwestküste Englands, liegt das Atomkraftwerk Hinkley Point. Die beiden Atomreaktoren A1 und A2 wurden Mai 2000 stillgelegt. Weiterhin in Betrieb sind die beiden Reaktorblöcke B1 und B2 mit einer elektrischen Nettoleistung von insgesamt 840 Megawatt (MW).

Obwohl allen Beteiligten bewusst ist, dass der Bau und der Betrieb eines neuen Atomkraftwerks unter wirtschaftlichlichen Gesichtspunkten absoluter Blödsinn ist, erhielt ein Betreiber-Konsortium unter Federführung des französichen Konzerns "Électricité de France" (EDF) im März 2013 die Genehmigung für den Bau von zwei neuen Druckwasserreaktoren des Typs "Areva EPR" (Hinkley Point C1 und C2).

Neben der EDF gehören dem Konsortium die Atomkonzerne "Areva" (Frankreich), "China National Nuclear Corporation" (China) und die "Guangdong Nuclear Power Corporation Holding" an.

Die EDF knüpfte den beabsichtigten Bau der neuen Atomreaktorblöcke an die Bedingung, dass die Regierung den Bau und den Betrieb von "Hinkley Point C" in Form eines garantierten Stromabnahmepreises subventioniert. Im Oktober 2013 einigte sich das französisch-chinesische Konsortium mit der britischen Regierung im Rahmen einer Grundsatzvereinbarung auf Subventionen für den Bau von zwei Druckwasserreaktoren mit einer gemeinsamen Bruttoleistung von 3260 MW in Höhe von 16 Milliarden Pfund (damals etwa 19 Milliarden Euro).

Bereits im Dezember 2013 hatte die damalige EU-Kommission die britische Regierung über ihre Stellungnahme zu der geplanten Subvention für den "Hinkley Point C"-Neubau in Kenntnis in Kenntnis gesetzt. In dem im März 2014 veröffentlichten Statement heißt es, die Subvention des geplanten Atomkraftwerk-Neubaus könnte den Wettbewerb in der EU erheblich verfälschen. Im Oktober 2014, kurz bevor sie am 01.11.2014 die Amtsgeschäfte an die neue EU-Kommission übergab, stimmte die alte EU-Kommission den Subventionen für die Neubaupläne dennoch zu.
 
Die vorgesehenen Subventionen  für "Hinkley Point C" umfassen im Einzelnen
  • die vollständige Absicherung der für den Bau der Reaktoren notwendigen Kredite in Höhe von rund 21,6 Mrd. Euro durch staatliche Bürgschaften.
  • eine garantierte Abnahmevergütung für den Atomstrom über die gesamte Betriebzeit - die Rede ist von 35 Jahren(!) - zu einem Preis von umgerechnet 11 Cent pro Kilowattstunde (kWh) inklusive Inflationsanpassung.
  • Entschädigungszahlungen seitens des britischen Staates im Falle einer Drosselung oder Abschaltung aufgrund veränderter Marktumstände. Nach Informationen des deutschen Anti-Atom-Netzwerks ".ausgestrahlt" soll die britische Regierung dem Betreiber darüberhinaus angeblich sogar einen Schutz des Projekts vor bestimmten gesetzlichen oder regulativen Änderungen zugesagt haben.
  • die Kosten für eine sichere "End"-Lagerung über viele Millionen Jahre. ".ausgestrahlt" zufolge enthält der Vertrag keinerlei Absprachen bezüglich des anfallenden Atommülls! Wenn der Betreiber deshalb seine Beteiligung an den zu erwartenden Folgekosten verweigert, wären auch diese der Rubrik "Subvention durch die Steuerzahler" zuzuordnen.

Berechnungen der Financial Times zufolge läge die geplante Abnahmevergütung - bei einer relativ moderaten Inflationsannahme von 2 Prozent - im 35. Betriebsjahr bei 35 Cent/kWh. Das entspräche etwa dem zehnfachen des derzeitigen Strompreises an der Leipziger Börse!


Subvention AKW Hinkley Point C vs. Solar (© Elektrizitätswerke Schönau, EWS)
Subventionen heute und in 43 Jahren:
Vergleich AKW "Hinkley Point C", erneuerbare Energien in Deutschland

Über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhält ein Betrieber einer großen Photovoltaik-Anlage hierzulande heute eine garantierte Abnahmevergütung von etwa 8,98 Cent/kWh - jedoch ohne Inflationsausgleich und über eine Betriebszeit von lediglich 20 Jahren. In 43 Jahren - wenn "Hinkley Point C" noch immer mit 35,5 Cent/kWh subventioniert werden soll - wird die Stromerzeugung auf Grundlage von Sonne, Wind etc. hierzulande längst ohne Subventionen auskommen.


Deutschland sagt "Ja" zu "Hinkley Point C"

Mit Blick auf den notwendigen Schutz unserer Umwelt und die Verantwortung der heute lebenden Generationen für die Welt, die wir den nach uns folgenden Generationen hinterlassen, ist der Neubau eines Atomkraftwerks ein Verbrechen!

Sollte "Hinkley Point C" nicht doch noch verhindert werden können, dann wäre der damalige deutsche EU-Energiekommissar schuld an der zusätzlichen atomaren Gefährdung. Auch die Bundesregierung träfe wohl eine Mitschuld. Auf der Internetseite von ".ausgestrahlt" heißt es diesbezüglich (Zitat):
.. Nur eine einzige Stimme weniger hätte das Aus für die britischen Atom-Pläne bedeutet. Das Zünglein an der Waage: Die in enger Abstimmung mit Angela Merkel und Sigmar Gabriel abgegebene Stimme des ehemaligen EU-Energiekommissars Günther Oettinger. ..

Zur Rolle Herrn Oettingers in dieser Angelegenheit schreibt die "Financial Times" am 08.10.2014 in einem Artikel auf ihrer Internetseite, Herr Oettinger, damals EU-Energiekommissar, habe entscheidenden Anteil am erfolgreichen Ränkespiel um die Genehmigung der EU-Kommission für die "Hinkley Point C"-Subventionen gehabt. Konform zur offiziellen deutschen Atompolitik (gemeint ist wohl der deutsche "Atomausstieg"), habe er zwar Bedenken dagegen geäußert, aber trotzdem nicht dagegen gestimmt (Zitat):
.. Günther Oettinger, the current energy commissioner from Germany, was pivotal to the scheme winning approval. In line with German policy on nuclear energy, Mr Oettinger expressed reservations, but did not vote against the deal. ..

Über die Unterstützung der Bundesregierung für die Zustimmung der EU-Kommission zu den "Hinkley Point C"-Subventionen schreibt Frau Harms (EU-Parlament, Die Grünen, Vorsitzende) in einem Gastbeitrag im Handelsblatt vom 07.12.2014 (Zitat):
.. Scheinbar macht auch die deutsche Bundesregierung gute Miene zu diesem riskanten Spiel. Angela Merkel und Sigmar Gabriel sollen für ihr „Ja“ zum britischen Deal ihre Ausnahmeregelungen im Erneuerbaren-Energien-Gesetz bekommen haben: Die EU-Kommission gab grünes Licht dafür, dass nach wie vor unzählige deutsche Unternehmen von der EEG-Umlage befreit werden. Im Gegenzug – so hört man auf den Brüsseler Fluren – soll Angela Merkel "Ja" gesagt haben zu den britischen Atomsubventionen. Damit untergräbt die Berliner Regierung wieder einmal die eigene Entscheidung zum Atomausstieg und erschwert die europäische Energiewende. ..

Das Geld, das jetzt in die Subventionen für den Neubau eines Atomkraftwerks investiert werden soll, fehlt für den auch in England dringend notwendigen Umbau der konventionellen Energieversorgung - weg von der Atomkraft und fossilen Energieträgern, hin zu einem dezentralen Verzorgungsnetz auf der Basis regenerativer Energiequellen. Darüberhinaus ebnet die Enscheidung der EU-Kommission den Weg für den Neubau weiterer Atomkraftwerke in Europa - zugunsten der Atom-Konzerne, die sich wohl jetzt schon auf Milliarden Subventionen freuen, und zulasten der Bürger, die dafür aufkommen müssen, und auf viele Jahrzehnte den unkalkulierbaren Risiken der Atomtechnologie ausgesetzt werden. Zur Erinnerung: Neben England hatten auch schon Frankreich, Tschechien und Polen Subventionen für den Bau neuer Atomkraftwerke gefordert.


Die Regierung Österreichs will beim Europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung der EU-Kommission, die Subvention des Atomkraftwerks zu genehmigen, klagen und die "Elektrizitätswerke Schönau" (EWS) reichen eine Beschwerde dagegen ein.


Online Kampagne

Gegen die skandalösen Pläne um den AKW-Neubau haben die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) offizielle Beschwerde eingelegt. Wenn der Druck aus der Bevölkerung groß genug wird, erhöht sich die Chance, dass die neu ernannte EU-Kommission die eklatante Fehlentscheidung ihrer Vorgänger zurücknimmt.


(Quellen: taz vom 21.10.2014 - Bericht 1 und Bericht 2, Spiegel vom 16.10.2014, Deutscher Bundestag vom 16.10.2014, Nuklearforum Schweiz vom 16.10.2014, Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien - IWR vom 13.10.2014, Die Zeit vom 08.10.2014, taz vom 08.10.2014, Der Standard vom 08.10.2014, Kurier vom 08.10.2014, EurActiv vom 08.10.2014, Financial Times vom 08.10.2014 [engl.], Handelsblatt vom 07.12.2014, EU-Kommission vom 18.12.2013, .ausgestrahlt, Wikipedia, Elektrizitätswerke Schönau - Beschwerde-Kampagne, Kampagne, Atomkraftwerke Plag, Wiener Umwelt Anwaltschaft, Nucleopedia )

Samstag, 24. Januar 2015

Der Winter ist in Bremerhaven angekommen

Wintereinbruch in Bremerhaven (Blick vom Geestheller Damm über die Geeste)
Schon morgens beim Aufwachen war es an den Nebelhörnern der Schiffe zu hören: Draußen ist "dicke Suppe". In der kalten Luft gefroren die feinen Nebeltröpfchen, die an Ästen und Gräsern kondensierten, zu winzigen Eiskristallen. Leider war der Himmel während des ganzen Tages von einer tiefliegenden Wolkendecke verhangen. Bei Sonnenschein hätte die puderzuckerbestäubte Bilderbuchlandschaft noch viel schöner ausgesehen.

Mittwoch, 21. Januar 2015

Bremerhaven: Kein Platz für Fremdenfeindlichkeit

Es gibt sie nicht: "Die Fremden" oder "die Ausländer", gegen die man in Bremerhaven auf die Straße gehen müsste. Das Gegenteil ist der Fall: Die wenigsten der heute in Bremerhaven lebenden Menschen werden wohl eine Herkunft ihrer Familien aus einem der ehemaligen Unterweserorte nachweisen können, die bis in die Zeit vor der Gründung Bremerhavens zurückreicht.

Von Beginn an, seit der bremischen Gründung der ursprünglichen Hafenstadt Bremerhaven - damals nur einige wenige Häuser rund um den heutigen "Alten Hafen" in einer vom Hoheitsgebiet des Königreichs Hannover umschlossenen Bremer Exklave - waren es die Einwanderer "aus aller Herren Länder" die unsere Stadt zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Im Wesentlichen waren es Menschen aus dem Königreich Hannover oder aus Mecklenburg die den ersten Bremerhavener Hafen unter der Leitung und nach den Plänen des Holländers Jacobus Johannes van Ronzelen gebaut haben. Das erste Schiff, das am 12.09.1830 in den gerade erst fertiggestellten, aber für den Schiffsverkehr noch nicht freigegebenen Hafen einfuhr, war ein amerikanisches: Das Vollschiff "Draper".

Mit dem Hafen kamen die Menschen. Ohne die Einwanderer, darunter viele Italiener, hätte es den Zuwanderungs- und Bauboom in den Jahrzehnten um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nie gegeben. Ohne die Italiener gäbe es in Bremerhaven keinen einzigen der Terrazzo-Fußböden, die typisch für die Gestaltung der Treppenhäuser aus der damaligen Zeit sind und auch heute noch in vielen Bremerhavener Gründerzeithäusen bewundert werden können.

Portugiesen, Spanier und Türken waren am Bau der Schiffe beteiligt, für deren Qualität die Bremerhavener Werften - im wahrsten Sinne des Wortes - weltberühmt waren. Ein großer Teil der Menschen, die in den fischverarbeitenden Betrieben und in der heutigen Lebensmittelindustie im Bremerhavener Fischereihafen arbeiten, sind "Mitbürger mit Migrationshintergrund".

Bremerhaven ist eine Hafenstadt. Von Beginn an war und ist Bremerhaven auf Menschen aus allen Teilen der Welt angewiesen. Ohne sie - und ohne den weltweiten Handel - könnten der Hafen und viele davon abhängige Branchen nicht existieren. Ohne Menschen aus anderen Ländern wäre Bremerhaven wirtschaftlich erledigt. "Ihre" und "unsere" Arbeit ist unsere gemeinsame Existenzgrundlage!


Seit mehr als dreißig Jahren arbeite ich immer wieder mit "ausländischen" Kollegen zusammen - unter anderem aus England, Spanien, Brasilien, Italien, Portugal, Mexiko, Pakistan, aus der Türkei oder aus dem Iran. Wenn sich neben der Arbeit die Gelegenheit für Gespräche über private Dinge ergibt, dann bin ich immer neugierig und freue mich, wenn sie über das Leben in ihren Herkunftsländern erzählen.

Ebenso, wie unter den deutschen Kollegen, habe ich auch unter den ausländischen Kollegen immer wieder solche kennengelernt, mit denen ich mich auf Anhieb gut verstanden habe, aber auch solche, mit denen es gelegentlich Reibereien gab. Allerdings ging es dabei, soweit es ausländische Kollegen betraf, niemals aber um Differenzen, die auf deren Herkunft oder kulturellen Hintergrund zurückzuführen gewesen wären.

Den "guten Deutschen" oder den "bösen Ausländer", den "guten Christen" oder den "bösen Muslim" gibt es nicht! Wer das behauptet, der hat sich nie die Mühe gemacht, auf Ausländer oder Anghörige anderer Religionen zuzugehen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen.


Eine ausländerfeindliche Demonstration gegen "Überfremdung", wie der neue Bremerhavener Pegida-Ableger sie jetzt für den 16.02.2015 plant, ist deshalb nicht nur ein völlig überflüssiger Affront gegen unsere Nachbarn und Mitbürger, sowie eine Gefahr für das gesellschaftliche und kulturelle Miteinander, sondern auch ein Stoß mitten ins Herz der wirtschaftlichen Grundlage unserer Stadt.

Wie die Nordsee-Zeitung heute berichtet, sympathisiert einer der beiden Männer, die in Bremerhaven zur "Demonstration gegen die Überfremdung unserer Städte" aufrufen, auf seiner Facebook-Seite mit der Dortmunder NPD.

Herr Willmann (Bündnis '90 /die Grünen) hat - ebenfalls für den 16.02.2015 um 17.30 Uhr - eine Gegen-Demonstration am Rotensand angemeldet. Die Nordsee-Zeitung zitiert ihn dazu mit den Worten (Zitat): "In einer Stadt wie Bremerhaven, die sich als Seestadt begreift und davon lebt, dass uns Menschen aus vielen Nationen besuchen, darf so etwas nicht unbeantwortet bleiben." Er fände es erschreckend, wie offen Menschen ihre rechte Gesinnung auf ihrer Facebook-Seite darstellen. Pegida sei für ihn ein Sammelbecken für alle Rechtspopulisten und Nationalisten, von denen die Mehrzahl keine eigene politische Haltung habe.


Bleibt zu hoffen, dass am 16.02.2015 genug Menschen zusammenkommen, um klarzustellen, dass in Bremerhaven für Ausländerfeindlichkeit kein Platz ist.



Update, 22.01.2015:

In der Nordsee-Zeitung ist heute zu lesen, dass die "Demonstration gegen die Überfremdung unserer Städte" eines Bremerhavener Ablegers der Pegida gestern von einem der beiden Initiatoren ohne Begründung abgesagt worden ist. Der am 15.01.2015 angemeldete Demonstrationszug hätte mit 200 bis 500 Teilnehmern vom Zolltor Rotersand über die Strecke Rickmersstraße, Hafen- und Lloydstraße zum Lloyd-Platz am Neuen Hafen führen sollen.

Allerdings sei mit der Absage das Thema "Pegida" für die Bremerhavener Polizei allerdings nicht erledigt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Szene weiterhin aktiv ist und dass trotz der Absage der Demonstration einige Pegida-Anhänger am 16.02.2015 zusammenkommen könnten.


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 21.01.2015, Wikipedia )

Montag, 19. Januar 2015

Aus medizinischen Gründen ...

... wurde die zweiten fünfzig Stockschläge der Prügelstrafe gegen Raid Badawi, die ihm am vergangenen Freitag drohten, um eine Woche verschoben. Das meldeten die Medien am Wochenende. Die ersten Schläge hatte er am Freitag in der Woche zuvor erhalten.

"Aus medizinischen Gründen ..." - mit dieser Begründung hätte Herr Badawi schon am 09.01.2015 nicht verprügelt werden dürfen. Neben den menschenunwürdigen Aspekten ist die Prügelstrafe nämlich auch unter medizinischen Gesichtspunkten generell zu verurteilen. Die internationale Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" nennt das Urteil gegen Herrn Badawi beim Namen: Folter!

Da soll ein Mensch im Rahmen einer öffentlichen Schauveranstaltung Woche für Woche zu Tode gefoltert werden, weil er im Internet eine Diskussion über die Trennung von Staat und Religion ins Leben gerufen hat. Jeder Bürger Saudi-Arabiens soll sehen: Das geschieht mit denen, die eine vom Weltbild des Könisghauses oder der "Religionswächter" abweichende Meinung vertreten.

Wenn man nach einer Definition für "Terror" sucht, dann findet man u.a. folgendes: Terror ist die systematische Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen. Genau das wird mit dem Vollzug der öffentlichen Zurschaustellung der 1000 Schläge auf den von Woche zu Woche mehr geschundenen Körper Herrn Badawis bezweckt. Die öffentliche Verbreitung von Angst und Schrecken durch den Staat soll die Bürger Saudi-Arabiens gefügig machen.

Die Machthaber in Saudi-Arabien definieren "Terrorismus" allerdings anders. In einem Bericht auf der Internetseite der "Deutschen Welle" heißt es, das Urteil gegen Herrn Badawi beruhe auf einem im Frühjahr 2014 in Kraft getretenen Gesetz, das dem Staat höchst willkürliche Mittel in die Hand gibt. Damit verfüge er über ein juristisches Regelwerk, das (Zitat): ".. nahezu jeden von der Staatsideologie abweichenden Gedanken als Terrorismus kriminalisiert."


Der weltweite Protest zeigt Wirkung

In meinen Augen klingt die Begründung für die Verschiebung der nächsten fünfzig Schläge wie der blanke Hohn. Schließlich haben die Richter mit dem Urteil beabsichtigt, dass ihre Folterknechte Herrn Badawi krankenhausreif schlagen. Dass eine solche Tortur der Gesundheit nicht zuträglich ist, sollte ihnen eigentlich bewusst sein.

Weltweit demonstrieren Bürger ihren Protest - u.a. mit Mahnwachen vor den Botschaften Saudi-Arabiens. Weltweit setzten sich die Regierungen vieler Länder für die Freilassung Herrn Badawis ein. Ich denke, dass wohl auch der weltweite Protest einer der "medizinischen Gründe" gewesen sein wird, der zur vorübergehenden Aussetzung des - wie es in einem Kommentar auf der Internetseite der "Schwäbischen Zeitung" heißt - "Justizmords auf Raten" beigetragen haben wird.

Für meine Einschätzung spricht auch die - wie Die Welt schreibt - Überweisung des Urteils vom Hof der Saudis an das höchste Gericht des Landes - angeblich auf Wunsch des Königs. Die östereichische "Kleine Zeitung" scheint genauere Informationen zu haben und beruft sich dabei auf den britischen Sender BBC. Demzufolge hat das Büro des saudischen Königs den Fall an den obersten Gerichtshof verwiesen, der den Fall erneut prüfen soll.

Immerhin ist das erst einmal ein Hoffnungsschimmer für Herrn Badawi und seine Familie, der nach ihrer Flucht in Kanada Asyl gewährt wurde. Wichtig ist jetzt aber, dass der Druck auf Saudi-Arabien aufrechterhalten wird. Nur so besteht die Chance, dass Herr Badawi eines Tages vielleicht seine Frau und seine drei Kinder in Kanada wiedersehen kann ...


"Die einzige Möglichkeit, mit einer unfreien Welt umzugehen, ist so absolut frei zu werden, dass die eigene bloße Existenz ein Akt der Rebellion ist."

Albert Camus (1913-1960)

Raid Badawi zitierte diesen Satz im Mai 2012, kurz bevor er verhaftet wurde, in einen letzten, sehr persönlichen Beitrag über das Wesen der Freiheit.


(Quellen: Rheinische Post vom 19.01.2015, Die Welt vom 17.01.2015, Der Standard vom 17.01.2015, Schwäbische Zeitung vom 16.01.2015, Die Zeit vom 16.01.2015 - Bericht 1 und Bericht 2, Handelsblatt vom 16.01.2015, Kleine Zeitung vom 16.01.2015, Deutsche Welle vom 16.01.2015, Wikipedia )

Freitag, 16. Januar 2015

"Akt bösartiger Grausamkeit" gegen Raif Badawi

Am vergangenen Freitag wurde Raif Badawi vor der Al-Jafali-Moschee in Dschidda (Saudi-Arabien) fünfzigmal mit einem Stock geschlagen. Insgesamt ist Herr Badawi am 07.05.2014 von einem Strafgericht in Dschidda zu 1000 Stockschlägen, zehn Jahren Haft, einer Geldstrafe von umgerechnet etwa 200.000 Euro und einem zehnjährigen Reise- und Medienverbot verurteilt worden.

Mit seiner Internetseite "Liberal Saudi Network" hatte er ein Forum für Debatten über das Verhältnis von Politik und Religion geschaffen und die Religionspolizei für ihre harte Durchsetzung der strengen Auslegung des Islam in Saudi-Arabien kritisiert. Trotz internationaler Forderungen, das unmenschliche Urteil aufzuheben, soll Herr Badawi heute die nächsten 50 Stockschläge erhalten.

Seine Frau, die nach mit den drei kleinen Kindern der Familie nach Kanada geflohen ist, sagte einem Bericht des Spiegel vom 15.01.2015 zufolge, nach den ersten 50 Schlägen auf Beine, Gesäß und Rücken habe ihr Mann sehr große Schmerzen und gesundheitlich gehe es ihm nicht gut.

1000 Stockschläge: Das sind Woche für Woche weitere jeweils 50 Schläge in die offenen Wunden aus den vorangegangenen Wochen - ich kann mir kaum vorstellen, dass Herr Badawi die 950 Schläge, mit denen er heute und in den nächsten 18 Wochen tracktiert werden soll, überleben wird.

Heute veröffentlichte die Deutsche Welle auf ihrer Internetseite einen Bericht, in dem sie den Inhalt eines Video schildert, das während der ersten fünfzig Schläge auf den Körper Herrn Badawis aufgenommen worden ist. Dem Sender CNN gegenüber habe die Frau Herrn Badawis gesagt, das Video sei schwer zu ertragen (Zitat): "Diese Szenerie war schrecklich. Jeder einzelne Stockhieb hat mich umgebracht."


Frau Wallstrom (Schweden, Außenministerin) fordert, dieser grausame Versuch, moderne Formen der Meinungsäußerung zum Schweigen zu bringen, müsse gestoppt werden.

Frau Psaki (USA,  Außenministerium, Sprecherin) sagte, Herr Badawi habe lediglich vom Recht auf Meinungs- und Religionsfreiheit Gebrauch gemacht. Ihre Regierung hatte vergeblich an ihren engsten Verbündeten der USA in der arabischen Region appelliert, die brutale und erniedrigende Strafe auszusetzen.


Petitionen

Herr Badawi ist Träger des Preises "Reporter ohne Grenzen 2014". Die internationale Organisation "Reporter ohne Grenzen" prangert die Auspeitschung als barbarisch an und protestiert mit einer Petition an König Abdullah gegen die "inhumane, völkerrechtswidrige Verurteilung" mit der sie die Begnadigung Herrn Badawis fordert.
 
Die internationale Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" nennt das Urteil einen "Akt bösartiger Grausamkeit" und setzt sich im Rahmen ihrer Kampagne "Stop Folter" für die Freilassung Herrn Badawis ein (Zitat)
.. Stockschläge verstoßen gegen das völkerrechtliche Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung. Die saudi-arabischen Behörden müssen die Vollstreckung der Strafe sofort beenden.

Raif Badawi ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der lediglich sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat. Amnesty fordert Saudi-Arabien auf, die Vollstreckung der Strafe sofort zu stoppen und ihn unverzüglich und bedingungslos freizulassen. ..

Hier geht's zu den Online-Petitionen von
Ich habe beide Petitionen unterzeichnet.

Der Funken an der Lunte

Viele Medien stellen das Urteil gegen Herrn Badawi den Äußerungen gegenüber, die nach dem Terroranschlag auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" aus Saudi-Arabien zu hören waren.

Nur 24 Stunden nach ihrer Verurteilung des Attentats in Paris als feigen Terrorakt, "der gegen den wahren Islam verstößt", habe die Regierung des ultrakonservativen Königreichn ihre Version des wahren Islam offenbart. Dazu, zur allgemeinen politisch/gesellschaftlichen Situation und zur Menschenrechtslage in Saudi-Arabien schreibt die "Kleine Zeitung" (Österreich) auf ihrer Internetseite in einem Artikel vom 14.01.2014 (Zitat):
.. Das Vorgehen der saudischen Herrscher gegen Bürgerrechtler und interne Kritiker nimmt immer rabiatere Formen an. Oft landen Anklagen inzwischen bei den berüchtigten Sondergerichten – egal, ob es Kritiker des Königshauses, Menschenrechtler oder Frauen sind, die lediglich ihr Recht auf Autofahren einfordern. Leute, die unabhängige Meinungen äußern, würden systematisch eingeschüchtert, zitiert Amnesty International einen anonymen Blogger. „Es gibt Ermittlungen, Festnahmen oder kurze Haftzeiten für Journalisten, Sportler, Dichter, Blogger, Aktivisten und Lehrer.“ Arbeitgeber werden gezwungen, aufmüpfige Netzaktivisten zu entlassen.

Denn die Nervosität im Land wächst. Der reformoffene 90-jährige König Abdullah liegt schwer erkrankt im Spital. Erzfeind Iran versucht einen Neuanfang mit den USA. Mehr als 2500 Saudis kämpfen als Gotteskrieger für das „Islamische Kalifat“, dessen Brigaden im Irak de facto vor der saudischen Haustür stehen. ..

Wenn das zutreffen sollte, was da zwischen den Zeilen des Berichts der "Kleinen Zeitung" herauszulesen ist, dann könnte sich aus der Lage in Saudi-Arabien ein weiterer Brandherd entwickeln, der das Pulverfass "Naher Osten" endgültig zur Expolsion bringen könnte.



(Quellen: Die Zeit vom 09.01.2015, Deutsche Welle vom 09.01.2015 und vom 16.01.2015, Der Standard vom 09.01.2015 und vom 10.01.2015, Der Spiegel vom 15.01.2015, Kleine Zeitung vom 14.01.2015, Tagesspiegel vom 13.01.2015 und vom 11.01.2015, Süddeutsche zeitung vom 12.01.2015, Human Rights Watch vom 10.01.2015 [engl.], Amnesty International - Petition, Reporter ohne Grenzen )

Dienstag, 13. Januar 2015

Leichenschänder

Dass diejenigen, die auf die Hetzkampagnen rechtsnationaler Blender hereinfallen, keinen Unterschied machen zwischen religiös verblendeten, gewaltbereiten Islamisten und denjenigen, die deren Gewaltherrschaft entkommen konnten und jetzt bei uns Schutz suchen, zeigen auch hierzulande die Parolen auf den Transparenten bei den Pegida-Demonstrationen.

Vor Weihnachten haben die Pegida-Anhänger und -Mitläufer christliche Weihnachtslieder missbraucht um damit gegen genau die christlichen Werte zu demonstrieren, die ihnen angeblich so sehr am Herzen liegen. Wer gemeint hat, das sei an Perfidie wohl kaum noch zu übertreffen, der muss seine Meinung angesichts des als "Trauermarsch zum Gedenken an den Tod der Terroropfer von Paris" getarnten Aufrufs der Pegida-Vorbeter zur gestrigen Demonstration in Dresden korrigieren.

Von dem beabsichtigten "stillen Trauermarsch" ist dann aber wohl doch nichts geworden. Einem Bericht des Spiegels vom 13.01.2015 zufolge wurde der geforderte Trauerflor von so gut wie niemandem getragen.

Als die Opfer des islamistischen Terroranschlags auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" noch lebten und ihre Texte und Karikaturen unter anderem auch den tumben Rechtspopulismus aufs Korn nahmen, wurden sie von den ultrarechten Demagogen noch als "Handlanger der Lügenpresse" bezeichnet. Jetzt sind die ermordeten Satiriker und Karikaturisten den rechtsradikalen Leichenschändern eine willkommene Beute, die sich prima als Vorwand für die eigene Hetze gegen den Islam und friedliebende Muslime missbrauchen lässt. Das ist widerwärtig!


Frau Le Pen und ihre Partei "Front National" (FN) in Karikaturen des Satiremagazins "Charlie Hebdo":
Links: Ihren Hitlerbart zieren die Worte: "Je ne suis pa d'extreme droite" (Ich bin nicht rechtsextrem) - Mitte: "Skinheads? Connais pas!" (Skinheads? Kenn' ich nicht!) - Rechts: "Le programme du FN en trois mots: Bang! Bang! Bang!" (Das Programm des FN in drei Worten: Bang! Bang! Bang!) - Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken ...
Es dürfte wohl allgemein bekannt sein, dass sich das Gedankengut der Nazis aus der Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus längst über die Grenzen Deutschlands hinweg ausgebreitet hat. Das Pendant zur hiesigen rechtsradikalen NPD ist beispielsweise der "Front National" (FN) in Frankreich. Dessen Vorsitzende, Frau Le Pen, erinnerte nach dem Terroranschlag auf "Charlie Hebdo" daran, dass ihre Partei schon seit längerem auf die Gefahr des islamistischen Fundamentalismus hingewiesen habe.

Ungeachtet dessen, dass auch sie und ihr FN Gegenstand der Satiren und Karikaturen in diversen "Charlie Hebdo" Ausgaben waren, missbrauchen auch Frau Le Pen und ihr FN in abscheulicher Weise die Opfer der islamistischen Terroristen: Als Vorwand für ihre Forderung, die Todesstrafe in Frankreich einzuführen. Und auch Frau Le Pen ist dafür bekannt, dass sie sich nicht immer die Mühe macht, zwischen Islam und Islamismus zu unterscheiden.


Dem Hass der ewig gestrigen ...

Brandanschlag solingen 1993
Nach dem rechtsradikalen Brandanschlag von Solingen im Mai 1993
(© Sir James,CC: BY-SA)
Der Leipziger Ableger der Pegida, Legida, machte sich gestern keine Mühe seine rechtsradikalen Motive zu verbergen. Von "deutscher Leitkultur" gegen "religiösen Fanatismus", "Islamisierung" und "Multikulti" ist dort die Rede und davon, dass das deutsche Volk von Volksverrätern, die jeden Patriotismus mit Gewalt bekämpfen, fremd bestimmt werde. Der Staat stelle bezahlte Schlägertrupps auf, um die Menschen vom Demonstrieren abzuhalten.

Achtzig Prozent der muslimischen Jugendlichen seien  Sympatisanten des IS. Muslimen solle in Deutschland verboten werden, für ihren Glauben zu werben - eine Forderung, die eindeutig gegen den Artikel 4 des Grundgesetzes verstößt. Außerdem müsse der "NSU-Schwindel" aufgedeckt werden und es müsse Schluss sein mit dem "Kriegsschuld Kult".


... etwas entgegensetzen

Auf der anderen Seite stellten gestern Abend in Leipzig allerdings mehr als 30000 Gegendemonstranten klar, dass die Legida-Anhänger und Mitläufer, die weniger als 5000 Demonstranten mobilisieren konnten, nicht die Mehrheit der Bürger in ihrer Stadt repräsentieren. "Willkommen in Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt" oder "Refugees Welcome" (Flüchtlinge willkommen) ist auf deren Bannern zu lesen.

Am Weltbild in den Köpfen der Rechtsradikalen wird sich kurzfristig wohl kaum etwas ändern lassen. Es ist jedoch höchste Zeit, dass die Politik dem allgemeinen Frust über die "Arroganz der Mächtigen", sowie der verbreiteten Politikverdrossenheit, die sich in Äußerungen wie: "Die da oben machen ja doch was sie wollen" äußert, etwas entgegensetzt. Auch wenn es schwierig sein sollte, muss versucht werden, mit den Mitläufern der Pegida und deren Ablegern ins Gespräch zu kommen, um deren Motive für die Teilnahme an Pegida-Demonstrationen zu verstehen und ggf. mit Argumenten entkräften zu können.

Je länger der Hass der Rechtsradikalen sich frei entfalten kann, desto größer ist die Gefahr, dass deren Parolen auch hierzulande auf fruchtbaren Boden fallen und letztlich in Gewalt umschlagen. Abschreckende Beispiele, wie das Vorgehen des aufgebrachte Mobs gegen die Asylantenunterkunft in Rostock-Lichtenhagen, der rechtsradikale Brandanschlag von Solingen oder die Mordserie des NSU gibt es hierzulande schon viel zu viele.


Wer den Parolen der Pegida und deren Ablegern etwas Sichtbares entgegensetzen möchte, aber keine Gelegenheit hat, an einer Demonstration gegen die ausländerfeindlichen Parolen der Pegida teilzunehmen, der kann sich an einer Online-Aktionen beteiligen:

"Satire ist, wenn zwar nicht alle, aber doch unüberhörbare Pegida-Anhänger wochenlang in Dresden schreien: "Lügenpresse, halt die Fresse!" und gestern mit Trauerflor der toten Redaktionsmitglieder aus Frankreich gedenken wollten."

Presseschau der Ostthüringer Zeitung vom 12.01.2015


(Quellen: Morgenweb des Nachrichtenportals Rhein-Neckar vom 13.01.2015
Leipziger Volkszeitung vom 13.01.2015, Die Zeit vom 13.01.2015, Deutsche Welle vom 13.01.2015, Der Spiegel vom 13.01.2015, Tagesschau vom 12.01.2015, Neue Züricher Zeitung vom 12.01.2015, Ostthüringer Zeitung vom 12.01.2015, Wikipedia )

Montag, 12. Januar 2015

Stop TTIP: Irland erreicht Länderquorum

Infografik: © "TTIP Information Network" (bei Facebook)
Mit Irland hat am 05.01.2015 das zehnte EU-Mitgliedsland das Länderquorum für die selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative (sEBI) "Stop TTIP!" erreicht. In mehr als einem Drittel der Mitgliedsländer ist damit das zweite Kriterium (in mindestens sieben EU-Ländern muss das Länderquorum erreicht werden) für den Erfolg einer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) erfüllt.

Ob es, wie bei der irischen Initiative "Fracking free Ireland", um die Verhinderung der Folgen des Frackings geht, oder um den Verbraucherschutz, Gesetze zum Schutz des Klimas, Arbeitnehmerrechte, die Gesundheitsvorsorge, Atomkraft, die Energiewende oder um den allumfassenden Einsatz der Gentechnik: Sollte die EU-Kommission die "Freihandels"-Abkommen CETA und TTIP inklusive der Klauseln zum Investorenschutz ("Investor­State Dispute Settlement", ISDS) und der "regulatorischen Kooperation" ("Regulatory Cooperation Council"RCC) ratifizieren, dann wären jeder der kleinen, in der Vergangenheit mit demokratischen Mitteln mühsam errungenen Erfolge hinfällig.

Mit dem ISDS wäre es multinationalen Konzernen möglich, die Gesetzgebung demokratischer Staaten zu umgehen und auszuhebeln. Mit dem RCC würden sie auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen, so dass die Parlamente neue Gesetzesvorlagen erst dann zu sehen bekämen, wenn sie den Konzernen genehm sind. Beide in den Verträgen vorgesehenen Instrumente sind ein Angriff auf die grundlegenden Rechte jeder freiheitlich-demokratischen Gesellschaft.

Warum die vorherige EU-Kommission sich in den Geheimverhandlungen zu CETA und TTIP so vehement für ISDS und RCC einsetzt, verdeutlicht der in der Grafik oben dargestellte Einfluss, den die Kommission den diversen Lobbys bei den CETA- und TTIP-Verhandlungen einräumt. Im Verhältnis dazu ist die Beteiligung, die der Öffentlichkeit zugestanden wird, lächerlich gering (Lobbys[92%] : Offentlichkeit[4%]).
  • Und: Die wenigen, dafür aber um so brisanteren Fakten, die inzwischen bekannt geworden sind, stammen aus Dokumenten, die (seitens der EU-Kommission ungewollt) an die Offentlichkeit gelangt sind!


Wir haben es satt!

Bei der Demonstration unter dem Motto "Wir haben es satt" geht es am nächsten Samstag (17.01.2015) in Berlin deshalb nicht nur um den Einsatz der Bürger für eine natürliche und nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft, sondern auch um dem Kampf gegen CETA und TTIP. Alle Bemühungen der Bürger, den Einfluss der Agrarindustrie mit ihrer Chemie- und Gentechnik zurückzudrängen, wären für die Katz', wenn BASF, Bayer, Monsanto & Co. die Gesetze und Gesetzesinitiativen via ISDS und RCC zunichte machen würden.

Wir haben es satt, 17.01.2015, Berlin


(Quellen: LobbyControl vom 29.09.2014, Mehr Demokratie e.V. vom 07.08.2014, TTIP Information Network, Wir haben es Satt!, Fracking free Ireland [engl.])

Freitag, 9. Januar 2015

Tinte muss fließen ...

Internetseite von "Charlie Hebdo" nach dem Terroranschlag vom 07.01.2015
Welche Ängste müssen diese Mörder wohl ausstehen, die sich offenbar dermaßen vor spöttischen Worten oder ein paar Farb- und Bleistiftstrichen auf einem Stück Papier fürchten, dass sie meinen, sie könnten sie mit Barbarei und Terror ausradieren?

Die weltweiten Reaktionen auf den Terroranschlag zeigen, dass ihnen das nicht gelungen ist. Eines haben die Terroristen mit ihrem bestialischen Anschlag in Paris jedoch erreicht: Ebenso wie mir wird den meisten Menschen außerhalb Frankreichs die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" bisher wohl unbekannt gewesen sein - jetzt kennt sie die ganze Welt.

Mit ihrem Anschlag wollten die Mörder ihre Macht demonstrieren. Aber mit dem Tod ihrer Opfer endet ihre Macht: Den Toten können sie kein Leid mehr zufügen. Das Ansehen des Islam jedoch, in dessen Namen sie das Blutbad angerichtet haben, wird in den Augen eher unkritischer Menschen, die nicht zwischen der Religion "Islam" und dem Terror religiös verblendeter "Islamisten" unterscheiden, mit jedem Mord weiter beschädigt.

Nach dem Anschlag auf die Redaktionsräume von "Charlie Hebdo" schrieb eine junge Französin auf dem "Place de la République" in Paris immer wieder die gleichen Worte in ein Schulheft: "Tinte muss fließen und kein Blut. - Menschen sind gestorben," sagt sie im ARD-Brennpunkt vom 08.01.2015, "aber die Meinungsfreiheit ist nicht tot." Ich denke, damit wird sie wohl Recht behalten ...

Meine Gedanken sind bei den Familien, Freunden und Kollegen der Toten.


(Quellen: Tagesschau vom 09.01.2015, Tagesschau vom 08.01.2015, Deutsche Welle vom 08.01.2015, ARD-Presseschau vom 08.01.2015, ARD-Brennpunkt vom 08.01.2015 und vom 07.01.2015, Tagesschau vom 07.01.2015, Süddeutsche Zeitung vom 07.01.2015, Die Zeit vom 07.01.2015, Kurier vom 07.01.2015 - Bericht 1 und Bericht 2 )

Donnerstag, 1. Januar 2015

Sylvester über den Dächern der Stadt


Video: Jahreswechsel 2014/15 mit Blick von der Aussichtsgalerie der Pauluskirche
Will das Glück nach seinem Sinn
dir was Gutes schenken,
sage dank und nimm es hin
ohne viel Bedenken.

Jede Gabe sei begrüßt,
doch vor allen Dingen
Das, worum du dich bemühst
möge dir gelingen.


Wilhelm Busch
(15.04.1832 - 09.01.1908)

Ich wünsche allen, die gelegentlich in "juwi's welt" vorbeischauen, alles Gute im neuen Jahr 2015.