Freitag, 31. Dezember 2010

Das war 2010 - Jenseits des Tellerrands

Der Blick über den Tellerrand von "juwi's welt" hatte im Jahre 2010 nicht sehr viel Gutes zu bieten. Naturkatastrophen, menschengemachte Katastrophen, Krieg, die Atompolitik der Bundesregierung, menschliche Schicksale ... - Rückblickend ist die Entlassung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi aus dem Hausarrest die erfreulichste Nachricht. Sie ist jetzt 65 Jahre alt. Ich würde mich für sie freuen, wenn sie es noch erleben würde, wenn eines Tages Friede und Freiheit in ihrem Heimatland Birma Einzug halten.

Aber der Blick über den Tellerrand hat oft auch seine erfreulichen Seiten. Der Streifzug durch eure Blogs, zu denen auch wieder einige neue hinzugekommen sind, eröffnet mir immer wieder den Blick in unbekannte Landschaften, Städte und Dörfer. Immer wieder interessant ist für mich euer subjektiver Blick in unbekannte "Gassen und Winkel" der Großstädte, die man zu kennen glaubt, wenn man einmal als Tourist dort war, oder im Fernsehen etwas darüber erfahren hat.

Die meisten von Euch kenne ich bisher zwar nur "virtuell", aber hinter den Kommentaren in den Blogs verbergen sich ja reale Menschen. Neben einer Bloggerin aus Bremerhaven, die ich bereits seit längerer Zeit auch persönlich kenne und schätze, ist ein weiterer, etwas engerer Kontakt per Telefon zu stande gekommen - die Distanz zwischen Berlin und der Wesermündung ist doch etwas zu groß, als dass man sich "mal eben" gegenseitig besuchen könnte.

Eure Gedanken und Meinungen bringen mich immer wieder dazu, meine eigenen Positionen zu überdenken. Etwas Sorgen mache ich mir um "Die Wasserfrau": Seit dem 5. November gibt es keinen weiteren Eintrag in ihrem Blog, in dem sie bis dahin häufig über ihre Sicht der Dinge und über ihre Heimatstadt in der Schweiz erzählt hat ...

Kommt alle gut in das neue Jahr 2011.


Hier ist der zweite Teil meines Rückblicks auf das heute zu Ende gehende Jahr 2010 in "juwi's welt":

Mein Blick über den Tellerrand


Haiti

Das Jahr 2010 begann für den in der Karibik gelegenen Inselstaat Haiti - einem der ärmsten Länder der Welt - mit einem Schock, von dem es sich so schnell nicht mehr erholen wird. Am 12. Januar wurde die Insel von einem schweres Erdbeben heimgesucht. Den führenden Staaten der Welt wurde schnell klar, dass eine schnelle, umfangreiche und nachhaltige Hilfe der Staatengemeinschaft notwendig sein würde. Dann begann das Feilschen, und die erste Hilfe erreichte Haiti von zivilen Hilfsorganisationen, und mit Hilfe privater Spenden für Haiti eingerichtet hatten. Auch in der Bremerhavener Bürgermeister-Smidt-Gedächtniskirche fand im Januar ein großes Benefitzkonzert für die Erdbebenopfer mit vielen Chören und Musikgruppen statt ...


Der deutsche Krieg

Die Mär vom Aufbauhelfer in Uniform wurde im Laufe des Jahres 2010 immer mehr zur Farce, und der "humanitäre Einsatz" schulen- und brückenbauender deutscher Soldaten in Afghanistan mutierte über das Entwicklungsstadium "kriegsähnliche Zustände" jetzt endgültig zum Krieg. Im Zuge dieser Entwicklung brachten deutsche Soldaten auch schon mal die eine Frau oder das andere Kind um, was mit dem von einem deutschen Soldaten angeforderten Angriff von Nato-Kampfflugzeugen auf zwei Tanklaster, bei dem zahlreiche Einwohner eines nahe gelegenen Dorfes verbrannt und verstümmelt wurden, seinen bisherigen Höhepunkt fand.

Aber im Gegenzug kehrten auch immer mehr Soldaten, die dem unseeligen Krieg zum Opfer fielen, in Särgen zu ihren Familien nach Deutschland zurück. Außerdem erfuhr die Welt ganz nebenbei von der Existenz reichhaltiger, wertvoller Bodenschätze unter der Erde Afghanistans. Wenigstens wissen wir jetzt, warum deutsche Soldaten in Afghanistan sterben müssen. An das Märchen von der Verdteidigung der Freiheit Deutschlands am Hindukusch haben wohl ohnehin die wenigsten Bundesbürger wirklich jemals geglaubt.

Derweil wächst hierzulande die Terrorgefahr - jedenfalls wenn man den Politikern Glauben schenken will, die uns den Schlamassel mit ihren Kriegsspielen am Hindukusch überhaupt erst eigebrockt haben, und die immer erst dann scheibchenweise mit der Wahrheit darüber herausgerückt sind, wenn es überhaupt nicht mehr zu vermeiden war.

Dass die Bundesregierungen der letzten Jahre unser Land auf ziemlich hinterhältige Weise Schritt für Schritt in einen Krieg verwickelt haben, das wird den Menschen hierzulande erst jetzt so nach und nach klar. Da würde es natürlich einen schlechten Eindruck machen, wenn die Wespenkönigin diese Tatsache weiterhin verharmlosen würde. Bei ihrem "Blitzbesuch" am 18. Dezember bei ihrer Truppe in Afghanistan fand sie denn auch deutlichere Worte, als je zuvor. Der Spiegel zitierte sie in seiner Online Ausgabe mit den Worten: "Wir haben hier nicht nur kriegsähnliche Zustände, sondern Sie sind in Kämpfe verwickelt, wie man sie im Krieg hat. ... Das ist für uns eine völlig neue Erfahrung. Wir haben das sonst von unseren Eltern gehört im Zweiten Weltkrieg."

Dem hätte ich eigentlich nichts hinzuzufügen ... - bis auf die Tatsache, dass mir die Erzählungen  meiner Großeltern, meiner Mutter und ihrer Schwestern mehr als deutlich gemacht haben, was Krieg bedeutet. Auch damals war der Krieg für die Menschen im "Tausendjährigen Reich" anfangs weit weg - bis er eines Tages auch nach Deutschland kam, Städte und Dörfer im Bombenhagel in Schutt und Asche fielen und zigtausende Frauen und Kinder ums Leben kamen. Es war völlig unnötig, die Fehler "der Alten" zu wiederholen und ihre Erfahrungen der unseren hinzuzufügen. Mir kommt die "völlig neue Erfahrung" nämlich auf erschreckende Weise seltsam vertraut vor. Ich hätte es nach den Erfahrungen der beiden Weltkriege zu Beginn des letzten Jahrhunderts niemals für möglich gehalten, dass bereits sechzig Jahre später wieder deutsche Soldaten irgendwo in der Welt - weit weg - in einem Krieg töten und sterben würden. Angesichts des Kriegsvokabulars im "Tausendjährigen Reich" halte ich die Wortwahl "Blitzbesuch" für die unangemeldeten Stippvisiten deutscher Politiker in Afghanistan für äußerst unglücklich. Die Zeit für einen "Blitzkrieg" am Hindukusch ist nämlich bereits vor langer Zeit abgelaufen, und ein Endsieg über aus dem Untergrund zuschlagende Partisanen lässt sich mit keiner technisch hochgerüsteten Militärmaschinerie erzwingen.


Atomarer Blindflug

Nachdem die neue Bundesregierung im Anschluss an die Wahl im September des Jahres 2009 damit begann, ihre angedrohten Atomkraftpläne in die Tat umzusetzen, war es im April auch für mich an der Zeit, meinen angekündigten Widerstand gegen den sich abzeichnenden atompolitischen Blindflug der schwarz-gelben Bundesregierung in die Tat umzusetzen.

Nach dem Abschluss des Atomkonsens, der das absehbare Ende der Atomkraft in Deutschland in Aussicht stellte, hatte ich in der Hoffnung, das bis dahin nichts passieren wird, stillgehalten. Ich hatte mich von dem Kompromiss über den Austieg aus der Atomkraft, den unsere politischen Verteter mit den Atomkonzernen aushandelten, einlullen lassen. Das wird mir kein zweites Mal passieren! Der einzige Kompromiss, der nach dieser Erfahrung noch meine Zustimmung finden kann, ist das sofortige Ende der sogenannten "friedlichen" Nutzung der Atomenergie in Deutschland.

Ich hätte es damals nicht für möglich gehalten, dass ich "in meinem Alter" noch einmal auf die Straße gehen müsste. Nachdem es klar geworden war, dass die Wespen den Atomkonsens trotz der zahlreichen Beteiligung an Petitionen und E-Mail Aktionen kippen würden, wurde ich mir bewusst, dass ich mich wohl geirrt hatte.

Meine Teilnahme an der Menschenkette entlang der Elbe zwischen den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel war der Auftakt - wie sich schnell herausstellte, nicht nur meines öffentlichen Protests: Rund 120000 Menschen schlossen die Kette entlang der 120 km langen Strecke ... - Eine detailierte Chronik findet ihr auf der Seite "juwi's gesammelte Atomkraft-Werke". Dorthin gelangt ihr mit einem Klick auf den "Atomkraft? Nein Danke!"-Button in der Seitenleiste. Nach der Ketten-Re-aktion an der Elbe, der Großkundgebung in Berlin, der Demonstration gegen den Bau eines Atommülllagers im Salzstock bei Gorleben und den Transport von westdeutschem Atommüll in das ausschließlich für dem Müll aus Ostdeutschland vorgesehene Atommülllager in der Lubminer Heide steht fest, dass das Jahr 2010 als das Jahr in Erinnerung bleiben wird, in dem sich die Anti-Atomkraft-Bewegung in beeindruckender Weise mit zahlrechen, vielfältigen Aktionen wieder zu Wort gemeldet hat ...


Ölpest

Am 20. April 2010 brach auf der Ölbohrplattform "Deep Water Horzon" im Golf von Mexiko nach einer Explosion ein Brand aus, der sich nicht mehr unter Kontrolle bringen ließ. Zwei Tage später versank die Plattform und hinterließ nur einige Öl-Schlieren auf der Wasseroberfläche. Sie waren die unscheinbaren Vorboten einer Umweltkatastrophe ungeahnten Ausmaßes. Nachdem die BP-Manager anfangs große Töne gespuckt hatten und ein Versuch nach dem anderen fehlschlug, das Bohrloch am Meersboden in 1500 Metern Tiefe zu verschließen, wurde schnell offenbar, dass die Ölindustrie mit ihrem Super-GAU konfrontiert war, für den es keinerlei Notfallpläne gab. Erst am 19. September, 154 Tage nach der Explosion, hieß es das Bohrloch sei endgültig versiegelt. 87 Tage lang strömte das Öl ungehindert aus dem Loch in die Tiefsee. Knapp 700 Millionen Liter Öl verschmutzten die Südküste der USA. Bis zum 20. Oktober hatten die Maßnahmen gegen die Ölkatastrophe bereits 11,2 Milliarden US-Dollar verschlungen. Die bedrohten Existenzen der Fischer und der Menschen an den Küsten des Golfs von Mexiko werden wahrscheinlich nie in irgendeiner Statistik auftauchen: Anonyme Einzelschicksale, die dem schnellen Geld und der Gier nach dem "Schwarzen Gold" zum Opfer fielen oder noch fallen werden.


Klimakatastrophe

Nach dem Desaster von Kopenhagen im Dezember 2009 waren während des Jahres 2010 kaum Fortschritte im Kampf gegen die Klimakatastrophe zu verzeichnen gewesen. Nachdem man sich im Sommer in Bonn getroffen hatte hieß es im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Cancun (Mexiko), es würden jetzt erst einmal kleine Brötchen gebacken. In Anbetracht der tief gehängten Messlatte, waren die Erwartungen der Menschen weltweit an einem Tiefpunkt angelangt. Dass es trotzdem zu ernsthaften Absprachen kam konnte man daraufhin natürlich leicht als großen Erfolg verkaufen. In Wahrheit wird es jetzt jedoch mindestens ein weiteres Jahr dauern, bis die Vertreter der einzelnen Staaten der Weltgemeinschaft sich - vielleicht! - auf konkrete und bindende Maßnahmen einigen werden, um den Anstieg der globalen Temperatur unterhalb der "plus 2 Grad" Marke zu stablisieren. Währenddessen läuft der Menschheit weiterhin die Zeit davon ...


Menschen-Rechte

Miep Gies ...

... war die Frau, die ungeachtet der Gefahr, in die sich selbst dadurch brachte, die jüdische Familie Frank, sowie einige weitere verfolgte Menschen, zwei Jahre lang in ihrem Haus vor den Nazis versteckte. Während dieser Zeit vertraute Anne, eine der beiden Töchter der Familie Frank, ihre Gedanken und Erlebnisse ihrem Tagebuch an. Aufgrund einer Denunziation wurden die Verfolgten, von den deutschen Besatzern entdeckt und in Konzentrationslager verschleppt.

Miep Gies sagte von sich, sie habe nie eine Heldin sein wollen.

Sie hat sich das wohl nicht aussuchen können: In den Augen vieler ihrer Mitmenschen war sie eine Heldin. Ihrem selbstlosen Handeln ist es zu verdanken, dass das Tagebuch der Anne Frank, enstehen konnte, erhalten blieb und weltweit bekannt wurde. Annes Vater Otto überlebte als einziges Mitglied der Familie Frank die Verfolgung durch die Nazis und veröffentlichte im Jahre 1947 das Tagebuch seiner Tochter Anne - in meinen Augen eines der wichtigsten Zeugnisse der Geschichte.

Am 11. Januar 2010 ist Miep Gies gestorben. Sie wurde 100 Jahre alt.


Dalai Lama

Am 6. Juli 2010 feierte der Dalai Lama, das geistliche Oberhaupt der Tibeter, seinen 75. Geburtstag - der 51. im Exil. Sein Volk ist auch nach den Olympischen Spielen in Peking weiterhin den Repressalien Chinas und der Unterwanderung durch die chinesische Ansiedlungspolitik ausgesetzt. Durch die massive Zuwanderung aus China drohen die Tibeter zur Minderheit im eigenen Land zu werden ...


Nelson Mandela

Am 18. Juli 1918 wurde im Dorf Mvezo am Ufer des Mbashe in der Nähe von Umtata (Südafrika) ein kleiner Junge geboren. Sein Vater, Mgdala Mandela, gab ihm den Namen "Rolihlahla". Wörtlich bedeutet der Name "Am Ast eines Baumes ziehen". Frei übersetzt würde man den Begriff auf liebevolle Art für einen "Unruhestifter" verwenden.

An seinem ersten Schultag erhielt der junge Rolihlahla von seinen Lehrern den britischen Namen "Nelson". Unter diesem Namen, Nelson Mandela, wurde er später in der ganzen Welt bekannt. Dabei hat er dem Namen, den sein Vater ihm gegeben hatte, alle Ehre gemacht. Die Unruhe, die er stiftete, brachte sie im Laufe vieler Jahrzehnte das unmenschliche politische System des Apartheid-Regimes in seinem Heimatland Südafrika ins Wanken und später zum Einsturz.

Wegen seiner politischen Aktivitäten wurde Nelson Mandela des Hochverrats angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Am 11. Februar 1990, nach 27 Jahren Haft, kam er aus dem Gefängnis frei.

Am 18. Juli feierte Rolihlahla "Nelson" Mandela seinen 92. Gebutstag.


Sakineh Mohammadi Ashtiani

Sakineh Mohammadi Ashtiani, eine iranische Frau aserbaidschanischer Abstammung, erlangte 2010 in kurzer Zeit weltweit traurige Berühmtheit. Die iranische Justiz verurteilte sie wegen angeblichen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung.

Bewiesen ist nach Aussage ihres ersten Anwalts, der inzwischen aufgrund der Verfolgung durch die iranischen Machthaber selbst aus Iran fliehen musste, und ihrer Kinder nichts. Das Urteil beruhe einzig und allein auf unter Folter erzwungenen "Geständnissen" und den "Erkenntnissen des Richters", einer Bestimmung im iranischen Strafrecht, derzufolge Richter nach eigenem Ermessen entscheiden können, ob sie eine angeklagte Person für schuldig befinden, selbst wenn für einen Schuldspruch keine eindeutigen und zwingenden Beweise vorliegen.

Mehrere internationale E-Mail Kampagnen und Online Petionen des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ und von Menschenrechtsorganisationen, sowie der weltweite Druck von Regierungsvertretern vieler Nationen und der UNO führten zur Aussetzung der Steinigung, nicht jedoch des Todesurteils. Nachdem das iranische Regime nicht verhindern konnte, dass die Kinder von Sakineh Mohammadi Ashtiani den Fall international bekannt machten, versuchte es anschließend mit Drohungen gegen die Anwälte, deren Familien und gegen die Kinder "die Ruhe wieder herzustellen". Sie erreichten damit, dass weitere Details aus der Chronologie der Repressalien Irans gegen Sakineh Mohammadi Ashtiani bekannt wurden, die den Fall als absurdes, tödliches Schmierentheater erscheinen lassen.

Am 3. November verbreitete sich innerhalb kürzester Zeit sich die Meldung um die Welt, das Regime habe die sofortige Hinrichtung Sakineh Mohammadi Ashtianis befohlen. Erneut kamen innerhalb weniger Stunden mehr als 900000 Unterschriften für eine Petition zusammen. Noch ist Sakineh Mohammadi Ashtiani am Leben. Noch besteht Hoffnung ...


Liu Xiaobo

Im Oktober wurde dem chinesischen Schriftsteller und Menschenrechtler Liu Xiaobo der Friedensnobelpreis zugesprochen. Da er in China im Gefängnis sitzt, konnte er die Auszeichnung jedoch nicht entgegen nehmen. Tage vor der Zeremonie verstärkten die chinesischen Machthaber ihre Repressalien gegen seine Freunde und Familienmitglieder. Seine Frau steht unter Hausarrest. Internationalen Medien wurde der Zugang zu ihrer Wohnung verwehrt. Mit Drohungen gegen die Regierungen anderer Staaten wollten das chinesische Regime die Verleihung des Friedenspreises verhindern. Zumindest das ist den Machthabern in Peking nicht gelungen.

Es bedarf aber keiner demokratisch angehauchter politischer Aktivitäten, um in China unter die Räder des Systems zu geraten. In China sind die Menschenrechte je nach Bedarf Auslegungsache. Chinesische Bürger, die in ihrer Heimat auf die Missachtung der Menschenrechte aufmerksam machen, leben gefährlich. Sie werden bedroht, gedemütigt, unter Hausarrest gestellt oder ins Gefängnis gesperrt.
Oft erfährt die Weltöffentlichkeit nichts davon. Die Zensur des chinesischen Staatsapparats ist diesbezüglich immer noch sehr erfolgreich.

Am 22. Juni wurde in den ARD-Tagesthemen über eine weitere Variante berichtet, mit der China politisch unbequeme Kritiker seit Jahren mundtot macht. Wer zum Beispiel Korruption am Arbeitsplatz oder in der Lokalregierung aufdeckt, oder auch nur als einfacher Bittsteller gegen erlittenes Unrecht protestiert, der wird zwangsweise in geschlossene psychatrische Anstalten eingewiesen und landet damit in einem völlig rechtlosen Raum.


Aung San Suu Kyi

Nachdem sie siebeneinhalb Jahre in ihrem Haus eingesperrt war, ist die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi am 13. November endlich freigekommen. Seit den späten Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts setzt sie sich für eine gewaltlose Demokratisierung Birmas ein. Seit 1989 hatte das Militärregime sie mehr als 15 Jahre lang entweder gefangen gehalten oder unter Hausarrest gestellt.

Das war 2010 in "juwi's welt"
  • Teil 1: juwi's welt
  • Teil 2: Jenseits des Tellerands

Donnerstag, 30. Dezember 2010

Das war 2010 - "juwi's welt"

Kaum zu glauben: Ist das 21. Jahrhundert tatsächlich schon 10 Jahre alt? Wenn man auf den Kalender schaut, dann muss man es wohl glauben:

Das war das Jahr 2010


Es begann mit einem langen, kalten Winter, der uns in Bremerhaven eine ungewöhnlich lang anhaltende Schneeperiode bis in den März hinein bescherte, und der Aktuelle scheint alles daran setzen zu wollen, den Rekord des vergangenen Winters zu brechen. Als es dann Anfang Juni endlich warm wurde, da wurde es gleich so heiß, dass man sich ins Freie sehnte, aber eigentlich wegen der Hitze draußen kaum etwas unternehmen konnte, und die Vegetation vertrocknete. Im August war es dann schlagartig vorbei mit Hitze und Trockenheit: Digitalwetter – entweder kalt oder heiß, trocken oder nass.

Mit Beginn des Jahres 2010 wurde das Stadtgebiet Bremerhavens um eine nicht unwesentliche Fläche größer. Am 5. Mai 2009 war ein entsprechender Staatsvertrag zwischen Niedersachsen und dem Land Bremen unterzeichnet worden, der am 26. August 2009 vom Niedersächsischen Landtag gebilligt worden war. Seit dem 1. Januar gehört die ehemals niedersächsische Luneplate zum Hoheitsgebiet des Landes Bremen, das die Hoheitsrechte an Bremerhaven übertrug.

Anfang Februar geschah so etwas, wie ein kleines Wunder: Nachdem sich die Große Koalition seit Monaten nicht auf einen Nachfolger für Herrn Goes (Tourismusförderer) hatte festlegen wollten, zogen die Koalitionäre überraschend Herrn Kölling als neuen Chef der Bremerhavener Tourismusförderung aus dem Hut. Seine “Feuertaufe”, die "Sail Bremerhaven 2010", hat er mit Bravour bestanden.

Mitte Februar fand die Stadtteilkonfernz Lehe im neuen Anbau der Lessingschule statt, die unter dem Arbeitstitel Integrierte Stadtteilschule Lehe auch organisatorisch völlig neu ausgerichtet wurde. Als krönendes Sahnehäubchen sollte ihr auch noch ein neuer Name verpasst werden. Die Gegner und Befürworter für eine Umbenennung hielten sich die Waage.

Bis Mitte Juni hatten sich Schüler, Eltern und Lehrer darauf verständigt, dass die Schule künftig „Schule-am-Ernst-Reuter-Platz“ heißen soll. Doch die Politiker wollten plötzlich nichts mehr davon wissen. Die CDU drängte darauf, es bei dem alten Namen Lessingschule zu belassen, und die SPD hüllte sich in Schweigen. Die betroffenen Schüler, Eltern und Lehrer fühlten sich deshalb ziemlich verschaukelt. Wie die Lessingschule einmal heißen soll, oder ob sie den Namen Lessings auch zukünftig führen darf, steht weiterhin in den Sternen.

Ende Februar wurde bekannt, dass Herr Teiser (CDU, Bürgermeister und Kämmerer) ein Einzelhandelsgutachten in Auftrag geben würde. Bis dahin hatte er sich jahrelang mit Händen und Füßen gegen den Vorschlag der IHK gewehrt, einen gemeinsam formulierten Auftrag für ein gemeinsam finanziertes Gutachten zu vergeben. Nachdem der immer größer werdende Druck auf ihn so groß geworden war, dass er sich wohl nicht länger weigern konnte, wird er schon wissen, warum er die IHK außen vor gelassen hat.

Die von der IHK in Verbindung mit ihrem Beteiligungsangebot angemahnte Neutralität eines solchen Einzelhandelsgutachtens ist mit der Vergabe durch Herrn Teiser nicht gewährleistet. Abhängig davon, wie der Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens formuliert ist, wird das Ergebnis ausfallen: Wer die Musik bezahlt, der bestimmt auch was gespielt wird. Darauf deuten auch die - wie die Nordsee-Zeitung es formulierte - tumultartigen Szenen bei der Abschlussbesprechung für das Einzelhandelsgutachten hin.

Die Untersuchungen der Gutachter waren seit Monaten von einem Arbeitskreis mit Vertretern der Wirtschaft und des Einzelhandels, der Politik und der Stadtteilkonferenzen fachlich begleitet worden. Es war kontrovers aber stets sachlich und in ruhiger Atmosphäre diskutiert worden ... - bis zur inhaltlichen 180-Grad-Kehrtwendung der Gutachter während der Abschlussbesprechung. Die hatten es zur Überraschung der meisten Teilnehmer plötzlich wieder für akzeptabel gehalten, das Kistner-Gelände weiterhin dem Verfall preiszugeben um stattdessen auf dem Phillips-Field das Lieblingsprojekt des Herrn Teiser umzusetzen: Die Ansiedlung eines "Kaufland"-Vollsortimenters. Gegen den Wildwuchs der Discounter und Supermärkte hatte sich seit langer Zeit selbst Karstadt im Columbus-Center gewehrt und die Forderung nach einem neutralen Einzelhandelsgutachten unterstützt.

Im April kam das leidige Thema “Post” in Lehe noch einmal auf den Tisch. In die ehemalige Filiale der Post in der Hafenstraße war eine Firma eingezogen, deren Geschäft ansonsten im wesentlichen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kfz-Zulassungen, Schilderservice sowie Angebote für die persönliche und betriebliche Sicherheit umfasst. Die Firma kündigte an, sie werde ihren Vertrag mit der Post nicht verlängern. Im Mai gab dann auch noch die Arbeitnehmerkammer bekannt, dass sie aus dem Gebäude ausziehen wird. Dann verbleibt als letzter Mieter nur noch die Sparkasse im "Post- und Sparkassengebäude" in der Hafenstraße.

Mitte April erlitt der Verein “Rückenwind für Leher Kinder” einen derben Rückschlag. Brandstifter hatten die gerade erst neu errichteten Gartenhäuser auf dem Gelände des Gartens der Kinder in Brand gesteckt. Um die gleiche Zeit wurde im Leher Ortsteil Goethestraße ein altes Gründerzeithaus abgerissen, das Spekulanten und der Gleichgültigkeit seiner Besitzer zum Opfer gefallen, und am Ende nicht mehr zu retten war. Leider werden noch einige weitere Häuser im Leher Gründerzeitviertel mit ähnlichen Schicksalen folgen.

Mitte Juni sah es so aus, als würde eines der letzten Zeugnisse der Hafenwirtschaft am Neuen Hafen verloren gehen. "Alles was Sie an historischer Substanz vernichten, ist für das Gedächtnis der Stadt verloren." Diese eindringliche Warnung hatte der Freiraumplaner Tilman Latz im Januar 2010 im Rahmen eines Stadtgesprächs über die Zukunft am Alten- und Neuen Hafen an führende Politiker der Stadt Bremerhaven gerichtet. Herr Schulz (SPD, Oberbürgermeister) hatte daraufhin versprochen, sich für den Erhalt der ehemaligen Krananlage der Firma Grube einzusetzen. Im vertraulichen Teil der Stadtverordnetenversammlung am 10.06.2010 vertrat er gegenüber den Stadtverordneten jedoch die Ansicht, der Erhalt des Krans rechne sich nicht. Das dekorierte er mit astronomisch hohen Summen. Zwei Monate später stellte die Nordsee-Zeitung die Frage in den Raum, ob die Kosten für den Erhalt des Krans möglicherweise teuergerechnet werden, damit es überhaupt Argumente gibt, ihn zu verschrotten. Im Verlaufe der weiteren Diskussion hieß es dann, der für das Nordende des Neuen Hafens charakteristische Gelbe Kran bleibe erhalten. Ich hoffe stark, dass es dabei bleibt.

Ebenfalls Mitte Juni wurde ein weiteres Intrigenspiel bekannt, das den Abriss der vom Geestemünder Turnverein (GTV) genutzten Halle auf dem Gelände der abgerissenen Hermann-Löns-Schule an der Elbestraße zur Folge haben sollte. Die Dieckell Vermögensverwaltung hatte nach Angaben der Nordsee-Zeitung der Stadt ein Kaufangebot gemacht, um die Sporthalle abreißen zu lassen und eine größere Zufahrt zum neuen Supermarkt auf dem Areal zu bauen. Die Sportler waren darüber verärgert, dass sie erst so spät von dem geplanten Verkauf erfahren hatten. Erst als sie gerade dabei waren, die Halle in Eigenarbeit neu zu streichen, und fast damit fertig waren, erhielten sie die Nachricht dass sie mal besser damit aufhören sollten, da die Halle wohl verkauft werde. Kurze Zeit später berichtete die Nordsee-Zeitung, weder der Supermarkt noch der Investor hätten jemals die Absicht gehabt, die GTV-Halle an der Elbestraße abreißen zu lassen. Beide hätten der Zeitung gegenüber klargestellt, dass die Initiative zum Verkauf des Geländes und dem Abriss der Sporthalle von der Stadt Bremerhaven ausgegangen sei.

Ende Juni gab es ein weiteres Ereignis, das im Gegensatz zu den Vorgängen um die GTV-Halle jedoch klar vorhersehbar war: Das Klimahaus feierte nach einem erfolgreichen Jahr seinen ersten “Geburtstag”. Ich hoffe, dass die Gäste des Klimahauses nach ihrem Besuch ihren Teil zum Klimaschutz beitragen werden, und das auch bei zukünftigen Wahlen auf ihren Stimmzetteln berücksichtigen.

Anfang Juli: Immer mehr marode, wegen angeblicher oder auch tatsächlicher Einsturzgefahr gesperrte Brücken, nach der Deicherhöhung nicht wieder aufgestellte Ruhebänke am Lohmann-Deich, … – immer wieder hieß es “Dafür steht kein Geld zur Verfügung”. Kein Wunder, wenn die Stadt für einen privaten Eishockey-Club, trotz chronisch nahezu leerer Kassen, mal eben für 15,4 Millionen Euro eine neue Eissporthalle finanziert.

Im Hafen boomte das Geschäft mit dem Umschlag von Kraftfahrzeugen. Angesichts der gerade einmal im Abflauen begriffenen Weltwirtschaftskrise mochte man es kaum glauben, das es zu wenig Arbeitskräfte auf dem Autoterminal gab.

Unter dem Titel "Lehe soll Vorzeige-Stadtteil werden" schrieb die Nordsee-Zeitung am 20.07.2010 in ihrer Serie "Wo liegt Klimastadt?" über die Idee von einem Öko-Altbauviertel. Die Konzeptstudie "Klimastadt Bremerhaven" schlage vor, in Teilen der Stadtteile Lehe und Mitte einen ökologischen Altbaustadtteil zu entwickeln. Zentrale Themen dafür seien Energie, Wasser, Abfall und Mobilität. Da die Stadt kein Geld für die Subvention von Maßnahmen zur Erhaltung der Gebäudesubstanz, die sich überwiegend in privater Hand befindet, und der Infrastruktur zusammenkratzen kann, und die privaten Eigentümer angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage ebenfalls jeden Euro zweimal umdrehen, bevor sie sich entscheiden, in welche Maßnahme zur notdürftigen Erhaltung ihrer Gebäude sie ihn investieren müssen, wurde der Vorschlag schnell verrissen und zerredet bis er schließlich in irgendeiner Schublade der Stadtverwaltung verschwand. Ich denke, das war eine vergeudete Chance …

Ende Juli gab es dann aber doch noch etwas zu feiern: Die Fährverbindung von Bremerhaven nach Nordenham-Blexen feierte ihren 100. “Geburtstag”.

Der August stand in Bremerhaven ganz im Zeichen der “Sail Bremerhaven 2010”. Ich hatte mir für die Woche Urlaub genommen und jeden einzelnen Tag davon ausgekostet – trotz des vielen Regens. In Bremerhaven sind zwar einige Traditionssegler und Arbeitsschiffe beheimatet, aber wenn der gesamte Alte- und Neue Hafen voller Masten von Schiffen aus aller Herren Länder ist, und deutsch nur noch eine von vielen Sprachen ist, die auf dem Festgelände zu hören sind, und jeder jedem etwas neues aus Australien, Mexiko, Italien oder Schweden zu erzählen hat, dann ist das schon etwas ganz besonderes. Ein Wermutstropfen war für mich, dass kurz vor Beginn der Sail bekannt wurde, dass die gute alte “Alex” mit ihren grünen Segeln bald ein Bild aus der Vergangenheit sein wird: Sie wird 2011 durch den Neubau “Alexander von Humbold II” ersetzt werden.

Im September gab es gleich zweimal etwas zu feiern: Am 11. September hieß es wieder “Heute gehen wir in den Stadtpark” und am 21. September veranstaltete die Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe (ESG-Lehe) ihr Auftaktfest für den geplanten Altstadtrundweg durch das Leher Gründerzeitviertel “Goethestraße”. Leider regnete es sich während der Veranstaltung so langsam ein. Das tat dem beeindruckenden Ansturm der Besuchermassen bei der Führung mit einem Denkmalpfleger entlang des zukünftigen Rundwegs und den vielen weiteren kulturellen und informativen Aktionen aber keinen Abbruch.

Am 28. September hatte die Stadtteilkonferenz Lehe Politiker und Fachleute eingeladen, und sie gebeten, die interessierten Bürger über den neuesten Stand in Sachen "Bürgerbeteiligung in Bremerhaven" zu informieren. Drei Tage zuvor hatte die Nordsee-Zeitung zu dem Thema berichtet, Herr Rosche (SPD, Fraktionsvorsitzender) halte es für noch für "zu früh", zum Thema Bürgerbeteiligung Stellung zu beziehen. Erst wenn der Abschlussbericht eines Unterausschusses, der sich schon seit etlichen Monaten damit beschäftige, wie die Bürger mehr als bisher an kommunalpolitischen Entscheidungen beteiligt werden können vorliege und dieser "mit Fraktion und Partei abgestimmt" sei, wolle er sich dazu äußern. Herrn Rosche hatte ich dort zwar nicht gesehen, aber Vertreter der Linken, der CDU, vom Bündnis 90 /Die Grünen und auch von der SPD meldeten sich in der Diskussion zu Wort.

Im Verlauf des Abends kristallisierte es sich dann immer mehr heraus, dass der Unterausschuss seine Arbeit bereits 2007, also schon gleich zu Beginn der aktuellen Legislatur-Periode, die im Mai 2011 endet, aufgenommen hatte. Seit dem wissen wir, welche Definition der Floskel “schon seit etlichen Monaten” aus dem Munde von Herrn Rosche zugrunde liegt. Am Ende wird der Unterausschuss, der sich gelegentlich mit dem Thema befasst hatte, vier Jahre dazu gebraucht haben, nichts zu Stande zu bringen. Bezeichnender Weise teilte Herr Haase (SPD) dem erstaunten Publikum auf Nachfrage mit, dass man wohl “schlicht nicht daran gedacht” habe, die Sprecher der Bremerhavener Stadtteilkonferenzen, in ihrer Funktion als Vertreter der Bürger in den Stadtteilen, zu den Sitzungen des Unterausschusses "Bürgerbeteiligung" einzuladen. – Alles in allem war es ein äußerst peinliches Bild, das die Vertreter der Großen Koalition den Bürgern dieser Stadt gegenüber offenbarten.

Anfang Oktober startete die ESG-Lehe unter dem Thema “Finanzierungsmöglichkeiten” ihr neues Projekt “Modernisierungsstammtisch”, das Anfang Dezember mit einer Präsentation zum Thema “Heizungssysteme” seine Fortsetzung fand. Zur Einführung gabt es immer einen Vortrag von Fachleuten, an den sich anschließend rege Gespräche der Gäste anknüpften.

Ein weiteres Possenspiel der kommunalen Politik wurde dem erlauchten Bremerhavener Publikum unter dem Titel “Der doppelte Oberbürgermeister” geboten. Herr Schulz hatte Anfang des Jahres verkündet, er wolle sich zum Ende des Jahres beurlauben lassen. Während er also noch im Amt war, sollte dann sein Nachfolger gewählt werden. Nach einer gewissen Zeit ohne Oberbürgermeister wäre den Bremerhavenern sonst möglicherweise aufgefallen, dass es ja auch ganz gut ohne Oberbürgermeister geht.

Das führte zu heftigen Reaktionen der Opposition und zu einem immer mehr um sich greifenden, ohnmächtigen Kopfschütteln der Bürger Bremerhavens. Nach einigem hin- und her sowie Drohungen der Opposition, sie wolle mit rechtlichen Maßnahmen gegen einen doppelten Oberbürgermeister vorgehen, einigte man sich darauf, dass Herr Schulz erklären solle, er werde in das Richteramt zurückkehren, von dem er zur Zeit aufgrund seiner Funktion als Oberbürgermeister beurlaubt ist. Nachdem das erledigt war, und Herr Grantz (SPD) zu seinem Nachfolger gewählt worden war, erklärte Herr Schulz, er habe um seine Entlassung aus dem Richteramt gebeten, um neue Aufgaben in einer Anwaltskanzlei zu übernehmen. – Damit war die Voraussetzung seiner Beurlaubung vom Amt des Oberbürgermeisters (die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit als Richter), innerhalb der Beurlaubung vom Richteramt, eigentlich nicht mehr gegeben. Zurück bleiben ein Scherbenhaufen zerbrochenen Vertrauens, eine sich die Haare raufende Opposition, sowie das erlauchte Bremerhavener Publikum, das sich in seiner Meinung über “die da oben” ein weiteres Mal bestätigt sieht.

Privat brachte der Oktober mit dem Aus- und Umzug meiner älteren Tochter eine deutlich spürbare Veränderung für unsere Familie. Jana begann in Kiel mit ihrem Studium. - Die “Kinder” werden flügge und verlassen ihr “Nest” ...

Pünktlich zum Weihnachtsfest meldeten sich dann die Schausteller des Bremerhavener Frühjahrs- und Freimarkts noch einmal zu Wort: Sie seien - vorsichtig ausgedrückt - gerade nicht sehr gut auf die Bremerhavener Große Koalition zu sprechen. Da die Hälfte des Wilhelm-Kaisen-Platzes für den Bau eines OBI-Baumarktes verkauft worden ist, bleibe ihnen nur noch die Hälfte der gewohnten Marktfläche auf dem bisherigen Bremerhavener Festgelände. Das sei zu wenig für ein attraktives Volksfest und die Stadt habe sich nicht um Ersatz gekümmert ...

Das war 2010 in "juwi's welt"
  • Teil 1: juwi's welt
  • Teil 2: Jenseits des Tellerands

Kein grünes Mäntelchen für Rüstungskonzern!

FriedenstaubeViele Menschen haben sich beim Weihnachtseinkauf bewusst für ökologisch und sozial verträgliche Produkte entscheiden, und haben beispielsweise Öko-Textilien verschenkt.

Doch kurz vor dem Jahresende fürchten Freunde und Mitarbeiter eines Pioniers der ökologischen und fair gehandelten Textilien, dass solche Anliegen künftig ad absurdum geführt werden könnten. Der US-amerikanische Private-Equity-Fonds und Rüstungskonzern Carlyle will sich mit dem Kauf des Herstellers ökologischer Textilien ein grünes Mäntelchen überziehen. Bewusst gezahlte Extra-Euro für fair gehandelte Ökokleidung landen dann auf den selben Konten wie die Erlöse aus dem Verkauf von Panzern oder Minen! Das Geld, das glückliche Eltern für ihre Babys ausgeben, ist den Panzerbauern bereits jetzt schon sicher.

Zur Unterstützung der Mitarbeiter des Ökotextil Pioniers und in der Hoffnung, die Übernahme durch den Rüstungskonzern noch verhindern zu können, hat das Attac-Netzwerk eine Online Unterschriftenaktion initiirt, an der sich jeder beteiligen kann, dem ebenfalls daran gelegen ist, dass in "Grün" auch weiterhin "Grün" drin ist anstatt "Oliv" oder "Tarnfarben".

Viele weitere Details, die zum Verständnis der Problematik beitragen, die sich hinter den globalen Netzen international operierender Konzerne verbirgt, finden sich in den unten angegebenen Quellen.

(Quellen: Frankfurter Rundschau vom 18.12.2010, Frankfurter Allgemeine vom 17.12.2010 und vom 24.12.2010, Süddeutsche Zeitung vom 18.12.2010, TAZ vom 16.12.2010, Stern vom 17.12.2010, Attac Aktion"Carlyle Stoppen")

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Post aus dem Schloß Bellevue

Atomkraft? Nein Danke!Am 13. Dezember 2010 hatte ich eine E-Mail an Herrn Wulff (Bundespräsident) geschrieben, in der ich ihm meine Gründe für meine Ablehnung der Nutzung der Atomkraft zur Energieerzeugung und meine daraus resultierende Kritik bezüglich der Verlängerung der Betriebsgenehmigungen für die Atomkraftwerke dargelegt habe.

Abschließend hatte ich die Frage gestellt, ob die von mir genannten grundlegenden Fakten bezüglich der Atomphysik oder der Geologie, sowie der permanenten existentiellen Bedrohung der Bundesrepublik und der heute hier lebenden Menschen sowie unzähliger Generationen unserer Nachfahren keine Gründe seien, die ihn davon hätten abhalten müssen, der Änderung des Atomgesetzes zuzustimmen. Ich hatte ihn außerdem gebeten, mir seine Gründe für die Entscheidung zugunsten längerer Betriebszeiten der deutschen Atomkraftwerke ebenso nachvollziehbar zu erklären, wie ich ihm meine Gründe dagegen dargelegt hatte.
Gestern fand ich zwischen der Post im Briefkasten einen Brief vom Bundespräsidialamt. Ein Mitarbeiter des Referats Verfassung und Recht hatte im Auftrag des Bundespräsidenten auf meine E-Mail geantwortet. Er teilt mir in seinem Schreiben mit, der Bundespräsident verstehe die Besorgnis vieler Bürgerinnen und Bürger gegenüber den Gefahren der Atomkraft und den langfristigen Folgen ihrer friedlichen Nutzung auch für die nachfolgenden Generationen sehr gut.

Er empfinde das persönliche Engagement im Rahmen der uns alle betreffenden Zukunftsfragen einer nachhaltigen, umwett- und menschenfreundlichen Energieversorgung weniger als Abkehr von der Politik denn als Zeichen lebendigen Bürgersinns. Die Regeln der parlamentarischen Demokratie würden jedoch eingehalten werden müssen.

Im Rahmen der Ausfertigung von Gesetzen habe der Bundespräsident allein deren Verfassungsmäßigkeit, nicht aber die Zweckmäßigkeit einzelner gesetzlicher Regelungen zu überprüfen. Das habe er auch bei dem von mir beanstandeten Gesetz unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts getan. Nach eingehender Prüfung sei er dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Verfassungsverstoß, der allein ihn hätte berechtigen können, die Ausfertigung zu verweigern, nicht vorliege. Der Bundespräsident habe daher - der Verfassung verpflichtet - das Gesetz unterschrieben und den Auftrag zur Verkündung im Bundesgesetzblatt gegeben.

Kein Job für mich

Ich habe verstanden, dass der Bundespräsident ausschließlich dann die Unterzeichnung eines Gesetzes verweigern kann, wenn er damit einen Verfassungsverstoß absegnen würde. Ich glaube auch verstanden zu haben, dass er auch dann zur Unterzeichnung eines Gesetzes verpflichtet ist, wenn seiner Meinung nach abzusehen ist, dass mit der Anwendung des Gesetzes fatale Fehler begangen würden, die irreparable Schäden zur Folge hätten.

Daraus ziehe ich für mich die Erkenntnis, dass ich nicht in der Haut des Bundespräsidenten stecken möchte, weil die Ausübung dieses Amtes mich offensichtlich immer wieder dazu zwingen würde, gegen mein Gewissen und den gesunden Menschenverstand zu handeln. Ich verstehe deswegen allerdings überhaupt nicht, was einen Menschen dazu treibt, unbedingt Bundespräsident werden zu wollen.


Verantwortung für künftige Generationen?

Weiterhin verstehe ich nicht, wie es angehen kann, dass viele Verfassungsrechtler in der Umgehung des Bundesrats einen Verstoß gegen das Grundgesetz sehen da den Bundesländern mit der Laufzeitverlängerung Vorgaben gemacht werden, die ihre Autonomie beschränken.

Außerdem verstehe ich nicht, warum es im Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland überhaupt einen Artikel 20a gibt, der den Staat zur "Verantwortung für die künftigen Generationen, die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere" verpflichtet, wenn der Bundespräsident durch seine Weigerung, ein Gesetz zu unterzeichnen, das nach inzwischen öffentlich gewordenen Geheimverträgen der Bundesregierung mit den Atomkonzernen zu deren Gunsten und unter Umgehung des Bundesrates zustande kam, nicht verhindern kann, dass die Bundesregierung genau gegen diesen Artikel verstößt. Mit der Laufzeitverlängerung wird sie meines Erachtens ihrer "Verantwortung für die künftigen Generationen" nicht gerecht, da sie unzähligen Generationen unserer Nachfahren mit dem zusätzlich noch anfallenden Atommüll das gefährliche radioaktive Erbe der heute lebenden Generationen noch unnötig vergrößert, ohne dass diese sich dagegen wehren können.

Der Betrieb der Atomkraftwerke bedroht bereits heute permanent "die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere". Daran wird sich aufgrund dessen, dass es keine Möglichkeit gibt, den Atommüll dauerhaft - also für immer und ewig - sicher von der Biosphäre fernzuhalten, für die nächsten Milliarden Jahre nichts ändern. Ich vermute einmal, der Bundespräsident wird sich damit nicht im einzelnen auseinandergesetzt haben, da es nach Aussage seines Mitarbeiters nicht seine Aufgabe ist, die "Zweckmäßigkeit einzelner gesetzlicher Regelungen" zu überprüfen.

Wenn es aber so wäre, dass der Bundespräsident lästige Paragraphen mit dieser Einschränkung einfach ausblenden könnte, dann läge es letzlich in seinem Ermessen, ob ein neues Gesetz einen Verfassungsverstoß beinhaltet oder nicht. Das wäre dann allerdings fatal! Ich bin sehr gespannt darauf, zu welchem Urteil das Bundesverfassungsgericht aufgrund der angekündigten Klagen einiger Oppositionsparteien kommen wird, und wie die Verfassungsrichter ihre Entscheidung begründen werden.

(Für diejenigen, die es interessiert: Den genauen Wortlaut der Korrespondenz  zum Nachlesen gibt es hier.)

Dienstag, 28. Dezember 2010

Ich bin begeistert

Da gibt es jetzt so ein neues Auto. Ich bin hellauf begeistert. Nicht, weil es CO2-neutral fährt. Nein, das ist es nicht. Es braucht auch immer noch das herkömmliche, aus Erdöl hergestellte Benzin. Leider.

Begeistert bin ich deswegen, weil man es irgendwo im Schrank lagern kann - in etwa so, wie die Aktentasche, die man morgens ins Büro mitnimmt. Angenommen ich hätte ein solches Auto, und ich würde morgens zur Arbeit fahren wollen, dann nähme ich meine Aktentasche und das Auto aus dem Schrank und ginge damit aus dem Haus ...

Dann stelle ich schnell die Aktentasche vorübergehend auf dem Bürgersteig ab, suche mir einen Platz auf der Straße, der groß genug für ein Auto ist, und los geht's.
Mit etwa zehn bis fünfundzwanzig einfachen Handgriffen wird das Auto innerhalb einer Minute auseinandergefaltet. Ehrlich - das hab ich selbst gesehen: In der Fernsehwerbung zeigen sie jetzt immer, wie es auseinandergeklappt wird. Nach dem ersten Handgriff ist das Chassis zu sehen, und dann geht es Schlag auf Schlag. Flapp, flapp, und schon sind die Sitze ausgeklappt. Flapp, flapp: Die Seitenwände stehen. Ratzfatz ist das Wunderwerk der Technik abfahrbereit, und ab geht's zur Arbeit. Dort angekommen, wird es schnell zusammengeklappt, und im Büroschrank verstaut.
Ich bin begeistert: Nie mehr Parkplatzsorgen und nie mehr Eiskratzen im Winter. Man kommt relaxed im Büro an, und frisch geht's an's Werk. Nur noch schnell die Mappe mit den Unterlagen auspacken, die ich am Wochenende zu Hause bearbeitet habe ... - Mist: Die ist in der Aktentasche ... - Und die steht noch auf dem Bürgersteig vor dem Haus! ...

Nee, ich glaube das wäre vielleicht wohl doch nicht so das richtige für mich. Außerdem werden die in der Fernsehwerbung eh wieder ein klein wenig übertreiben, und möglicherweise gibt es ja auch bald Autos zu kaufen, die ohne Benzin fahren. Dafür nehme ich dann auch gerne weiterhin die Parkplatzsuche und das Eiskratzen in Kauf.

Montag, 27. Dezember 2010

Und plötzlich war Weihnachten ...

Frost und "Weiße Weihnacht" draußen - Kuschelig warm beim Weihnachtsbaum

Plötzlich war Weihnachten da .. - und schon sind die Weihnachtsfeiertage wieder vorüber. Ich weiß nicht, ob es anderen Leuten auch so geht, aber von der Stimmung der Adventszeit und der Vorfreude auf Weihnachten, an den ich mich aus früheren Zeiten erinnern kann, kommt von Jahr zu Jahr weniger bei mir an. Am Tag des Heiligen Abend bin ich nach langer Zeit das erste Mal wieder so richtig zur Ruhe gekommen.

Nachmittags haben wir, wie in den letzten Jahren auch, die Messe in der katholischen Herz-Jesu-Kirche besucht. Unsere Töchter waren beide auf der katholischen Schule. In dem Jahr, in dem unsere "Große" eingeschult wurde, war ich das erste Mal dort, und ich war berührt von der festlichen Stimmung und der Musik. Regelrecht verzaubert war ich vom Abschluss der Messe, als die Beleuchtung im Kirchenschiff, bis auf die vielen Kerzen der beiden großen Weihnachtsbäume neben dem Altar und bei der Krippe, ausgeschaltet wurde, und alle zusammen "Stille Nacht" sangen ...

Aber es gibt Erlebnisse, die lassen sich nicht beliebig wiederholen. Jener Abend in der Herz-Jesu-Kirche gehört dazu, und er wird mir ewig in guter Erinnerung bleiben. In den letzten Jahren bin ich eigentlich nur noch mitgegangen, weil meine Familie dort hin wollte. Was mich eigentlich schon immer gestört hat, das ist der verschwenderische Umgang mit Weihrauch und vor allem die Tatsache, dass die Obrigkeit der katholischen Kirche immer noch nicht bereit ist, das christliche Abendmahl zusammen mit allen Christen zu feiern. Ich persönlich könnte über die unterschiedlichen Auffassungen darüber, welche die beiden großen christlichen Kirchen trennen, jedenfalls ganz gut hinwegsehen.

In diesem Jahr hatte ich anschließend jedoch das erste Mal das Gefühl, ich wäre besser zu Hause geblieben. Als der Dechant vom Frieden in der Welt und seiner Toleranz gegenüber anderen Religionen sprach, sich dabei im gleichen, nicht enden wollenden Atemzug über die Politik aufregte (was ich ja durchaus noch nachvollziehen kann), sich immer mehr in Rage redete und - am Höhepunkt seiner Predigt angekommen - irgendwann mit der Faust auf sein Pult schlug, dass es durch die ganze Kirche hallte, da war es irgendwie vorbei mit festlicher Stimmung. Vor meinem inneren Auge entstand ein wenig weihnachtliches Bild: Der Frieden der Welt fiel in hohem Bogen vom Pult auf den Kirchenboden, wo er in tausend Scherben zerbrach.

Im Verlaufe des weiteren Abends im Kreise meiner Familie kehrte dann aber glücklicherweise schnell wieder die festliche Stimmung ein, die dem Anlass des Tages entsprach.

Nur unsere Hündin Cleo war furchtbar aufgeregt. Nachdem wir gut eine Stunde in der Kirche waren, war sie froh, dass sie "ihr Rudel" wieder um sich versammelt sah. Als meine Frau mit Päckchen, Tüten und Paketen im Wohnzimmer verschwand, um sie unter den Weihnachtsbaum zu legen, wollte Cleo sofort hinterher. Wir drei anderen hatten Mühe, sie davon abzuhalten. Als meine Frau dann, eigentlich mehr zu meinen Töchtern und mir, als zu Cleo sagte: "Jetzt könnt ihr auch 'reinkommen.", da war Cleo bereits ins Wohnzimmer gestürmt, bevor meine Frau ihren Satz überhaupt zu Ende sprechen konnte.

Weil Cleo trotz aller Aufregung so brav bei uns gewartet hatte, durfte sie dann auch "ihre Tüte" auspacken. Sie verschwand mehrmals tief mit dem Kopf darin (für den Rest des Hundes war die Tüte zu eng) und brachte dabei - immer eins nach dem anderen - einige Leckerlies zum Vorschein.

An den beiden Weihnachtsfeiertagen waren wir - wie immer - unterwegs "in Familie"; am ersten Weihnachtstag bei der Familie meiner Frau und am Zweiten, zusammen mit der Famile meiner Schwester, bei meiner Mutter. Meine Schwester und Familie sind am ersten Feiertag mit dem Auto aus der Umgebung von Kiel nach Bremerhaven gekomen, haben den ersten Tag mit der Familie meines Schwagers gefeiert, den zweiten mit uns, und mussten Nachmittags bereits wieder zurückfahren. Und all das angesichts des vielen Schnees und Eis auf den Straßen. Irgendwann im Gepräch nach dem Mittagessen meinte meine Schwester: "Wenn im nächsten Jahr noch einmal jemand zu mir sagt, er wünscht sich weiße Weihnachten, dann kann er aber etwas erleben."

Auch wenn Weihnachten mit der Verwandschaft immer wieder schön ist: "Besinnliche Weihnacht" gibt es eigentlich nur am Heiligen Abend. Mal sehen, ob ich meine Familie im nächsten Jahr vielleicht einmal wieder zum Besuch eines evangelischen Weihnachts-Gottesdienstes bewegen kann ...

Sonntag, 26. Dezember 2010

Cleo im Schnee


Cleo: Kontrollgang durch den Schnee-Garten

An den Tagen vor Weihnachten hatte es in Bremerhaven so viel geschneit, wie schon lange nicht mehr, und das weiße Zeugs war sogar liegen geblieben - sehr zur Freude unserer Yorky-Pudel Hündin Cleo, die hier bei einem Kontrollgang durch "ihren" Garten zu sehen ist. Wenn man allerdings in ein Fell aus Yorky-Locken gekleidet ist, dann sollte man vielleicht nicht überall seine Nase in den Schnee stecken. Dann hängen am Ende nämlich jede Menge kleine Eisklumpen in der Umgebung der Nase herum :)

Freitag, 24. Dezember 2010

Geburt Christi



Hättest du der Einfalt nicht, wie sollte
dir geschehn, was jetzt die Nacht erhellt?
Sieh, der Gott, der über Völkern grollte,
macht sich mild und kommt in dir zur Welt.

Hast du dir ihn größer vorgestellt?

Was ist Größe? Quer durch alle Maße,
die er durchstreicht, geht sein grades Los.
Selbst ein Stern hat keine solche Straße.
Siehst du, diese Könige sind groß,

und sie schleppen dir vor deinen Schoß

Schätze, die sie für die größten halten,
und du staunst vielleicht bei dieser Gift -
aber schau in deines Tuches Falten,
wie er jetzt schon alles übertrifft.

Aller Amber, den man weit verschifft,

jeder Goldschmuck und das Luftgewürze,
das sich trübend in die Sinne streut:
alles dieses war von rascher Kürze,
und am Ende hat man es bereut.

Aber - du wirst sehen: Er erfreut.


Rainer Maria Rilke (1875-1926)


Ich wünsche euch allen
- gleich, welchen Glaubens ihr seid -
frohe und besinnliche Festtage


Wem Weihnachten nicht genug ist, der findet bei Katinka noch mehr schöne Momente ...

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Wildwuchs kontra Freimarkt und Einzelhandel


Freimarkt Bremerhaven: Bald ein Bild aus vergangenen Zeiten?

Am 21.12.2010 berichtete die Nordsee-Zeitung, die Schausteller des Bremerhavener Frühjahrs- und Freimarkts seien - vorsichtig ausgedrückt - gerade nicht sehr gut auf die Große Koalition zu sprechen. Da die Hälfte des Wilhelm-Kaisen-Platzes für den Bau eines OBI-Baumarktes verkauft worden ist, bleibe ihnen nur noch die Hälfte der gewohnten Marktfläche. Das sei zu wenig für ein attraktives Volksfest und die Stadt habe sich nicht um Ersatz gekümmert.

Manchmal hasse ich es, wenn ich immer recht haben muss. Als ich aber das erste Mal von dem Plan der CDU hörte, das Bremerhavener Festgelände dem Bau des dritten Baumarkts in dieser Gegend zu opfern, war es für mich völlig klar, dass genau das geschehen würde, was jetzt eintritt. Zuerst hieß es, es sei doch alles kein Problem: OBI kommt auf den Wilhelm-Kaisen-Platz und der Jahrmarkt zieht auf das ehemalige Werftgelände der "Geeste Metallbau" - Basta. Kaum war aber der Baumarkt-Deal mit dem Investor unter Dach und Fach hieß es, die Herrichtung des ehemaligen Werftgeländes als Festgelände sei zu teuer.

Sollte die CDU nach der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung am 22. Mai 2011 in Bremerhaven weiterhin das Sagen haben, dann steht uns das gleiche Spielchen noch einmal bevor: Solange Herr Teiser noch ein Wörtchen mitzureden hat, hängt sein zur Zeit auf Eis gelegtes Lieblingsprojekt "Kaufland auf dem Phillipsfield" weiterhin wie ein Damoklesschwert über dem von Betriebssportgruppen genutzten Sportplatz und dem Einzelhandel in der Hafenstraße. Auch die Beschäftigten weiter entfernt gelegener Einzelhandelsunternehmen  hatten in der Vergangenheit schon ihre Angst um den Verlust ihrer Arbeitsplätze zum Ausdruck gebracht, sollte Kaufland tatsächlich auf dem Phillips-Field angesiedelt werden.

Mit etwas Glück besiegelt aber ja im nächsten Mai die Wut der Freunde des Bremerhavener Freimarkts auch das Ende der Machtspiele der CDU-Oberen in Bremerhaven, und Kaufland landet nicht auf dem Phillips-Field, sondern dort, wo es hingehört: Im Papierkorb.

Das sogenannte Einzelhandelsgutachten des Herrn Teiser ist bezüglich der Entwicklung einer gesunden Einzelhandelsstruktur in Bremerhaven offenbar auch nicht gerade sehr hilfreich. Darüber hatte die Nordsee-Zeitung in ihrer Ausgabe vom 15.12.2010 unter der Schlagzeile "Tumult nach Gutachterauftritt" berichtet. Für den Tumult habe die unerwartete Kehrtwende der Gutachter während der Abschlussbesprechung für das Einzelhandelsgutachten gesorgt. Dieses "Gutachten" erscheint mir eher wie ein kurioses Würfelspiel: Wenn dem Auftraggeber die Aussage des Gutachtens nicht passt, dann wird der Gutachter eben dazu veranlasst, so lange zu würfeln, bis die gewünschten Zahlen auf dem Tisch liegen.

Die Untersuchungen für das Gutachten seien seit Monaten von einem Arbeitskreis aus Vertretern der Wirtschaft, der Stadtteilkonferenzen, des Einzelhandels und der Politik fachlich begleitet und in ruhiger Atmosphäre kontrovers aber sachlich diskutiert worden. Aus heiterem Himmel hätten die Gutachter es zur Überraschung aller Beteiligten plötzlich für akzeptabel gehalten, das Kistnergelände weiterhin dem Verfall preiszugeben, und statt dessen auf dem Phillips-Field den bereits genannten Vollsortimenter anzusiedeln. Unser Herr Bürgermeister wird schon wissen, warum er das Angebot der IHK-Bremerhaven seit Jahren ausgeschlagen hat, ein von der Politik und der IHK gemeinsam finanziertes Gutachten mit einem gemeinsam formulierten Auftrag zu vergeben.

Ich denke nicht, dass man das noch weiter kommentieren muss. Darüber, was die Kehrtwende der Gutachter - sozusagen in letzter Sekunde - wohl verursacht haben könnte, wird sich ohnehin jeder Bremerhavener so seine eigenen Gedanken machen.

Zum Weiterlesen:

(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 15.12.2010 und vom 21.12.2010)

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Jahreskreis

Frühling

Baum Ast
Ast Knospe
Knospe Blättchen
Blättchen Blatt
Blatt grün
grün Baum

- Sommer
helle Tage
lichte Wälder, Fichtenwälder
Birkenmoor
weites Watt und nahes Meer
Herbst

grün gelb
gelb Blatt
Blatt braun
braun kraftlos
Kraft los
los lassen

- Winter ...
dunkle Tage
Lichtermeer, Weihnachtszeit
Besinnung ...
stille Zeit und Erwachen
Frühling ...

© Jürgen Winkler

Heute, am Tag der Wintersonnenwende, schließt sich der Jahreskreis. Auch wenn wir zu Beginn des Winters manchmal meinen, die dunkle Zeit würde noch ewig andauern, so gibt es doch nach jedem Winter einen neuen Frühling. Ab jetzt werden die Tage wieder länger und die Nächte kürzer. Das Licht kommt zurück in den Norden der Welt ...

Dienstag, 21. Dezember 2010

Heute bei Ebay ...

Heute Morgen habe ich einen interessanten Brief von einer guten Blog-Bekanntschaft in meinem E-Mail Postfach gefunden. Darin geht es um einen Artikel, der gerade in einer Auktion bei Ebay angeboten wird. Versteigert werden insgesamt vier Stück "Castor KNK Behälter" aus Cadarache (Frankreich) die vor kurzem im Lager eines Zwischenhändlers in der Nähe von Greifswald eingetroffen sind.

Das wäre ein perfektes Schnäppchen gewesen (derzeitiges Gebot: 11,61 Euro). Wir müssen uns nämlich so langsam Gedanken über einen Ersatz für unsere alte Ölheizung machen. Wenn wir den Castor irgendwie in den Keller bekommen hätten - in den Raum, in dem jetzt die Heizung steht, oder auch in den mit dem Öltank - dann hätte ich mich glatt zur Abgabe eines Gebotes hinreißen lassen können. Man hätte dann ja einfach nur einen Wärmetauscher an der Außenseite des Castors anbringen und den Heizungskreislauf daran anschließen müssen. Das muss man sich einmal vorstellen: Nie mehr für teures Geld Heizöl, Erdgas oder sonstige fossile Brennstoffe kaufen müssen, die nicht nur die Wohnung, sondern nebenbei gleich das Klima dermaßen aufheizen, dass den Eisbären schon die Eisschollen unter den Tatzen wegschmelzen.

Leider sind die Abmessungen des Castors "etwas" zu groß. Außerdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob die Bodenplatte und die Gründungspfeiler unseres Hauses seinem Gewicht auf Dauer standhalten würden. Ich habe mich erkundigt: Diese Castoren bringen deutlich mehr als 100 Tonnen auf die Waage und "auf Dauer" umfasst im Falle von Atommüll ja immerhin einen Zeitraum von mehreren 100-Millionen bis zu was-weiß-ich-wie-viele-Milliarden Jahren. Die Erfahrungen mit unserem Haus beschränken sich derzeit jedoch gerade einmal auf 82 Jahre.

Nach dem Statistiker, der auf der Grundlage eines derart lächerlich kurzen Zeitraumes eine Prognose bezüglich der Statik unseres Hauses für mehrere Milliarden Jahre abgeben würde, nach dem müsste man wahrscheinlich sehr lange suchen. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter von den Vattenfällern und Co. oder diejenigen, die für die Statik der sogenannten Atommüll-Endlager verantwortlich zeichnen, hätten mir für ein oder zwei Euro sicherlich gerne eine entsprechende Expertise ausgestellt. Aber denen traue ich nach den ganzen Krümmelpannen und dem Asseschlamassel ehrlich gesagt nicht mehr so ganz über den Weg, und im Falle des Atommeilers von Tschernobyl hatte sich weltweit ja auch schon mal eine ganze Schar von Statistikern ziemlich verhauen. Wenn man sich einmal vorstellt, dass vor nicht ganz 2000 Jahren ein Statiker eine Standzeit von auch nur einer einzigen Million Jahre für das Kolosseum in Rom garantiert hätte, dann hätte man diesen armen Scharlatan inzwischen wahrscheinlich im Innenhof des genannten Gebäudes längst den Löwen zum Fraß vorgeworfen. - Und das obwohl ein großer Teil des Kolosseums heute immer noch steht, was man nach Stand der Dinge von den Kammern mit dem Atommüll im ehemaligen Salzbergwerk Asse-II in 2000 Jahren ja nun wirklich nicht mehr behaupten können wird.

Außerdem hätte ich für die Ersteigerung des Castors natürlich auch noch die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer einholen müssen. Schließlich hätte ich das strahlende Teil ja nicht allein finanzieren wollen. Wie auch immer: Da die Zeit in der man ein Gebot abgeben kann, bereits heute um 12:26:39 MEZ endet, ist es auf alle Fälle zu spät für mich, um noch ein Gebot abgeben zu können.
Außerdem, nur mal so nebenbei bemerkt: Wie hätte das auch ausgesehen, wenn ich, als erklärter Atomkraftgegner, mir eine Atomheizung in den Keller gestellt hätte ;)

Aber falls jemand aus meiner geschätzten Leserschaft Interesse an einem Castor haben sollte ... - hier geht's zur Auktion. Ich weise allerdings vorsorglich schon einmal darauf hin, dass ich mir den Inhalt des Angebots bei Ebay nicht zu eigen mache, und keinerlei Haftung - auch nicht anteilig! - für eventuelle Spätschäden durch Radioaktivität übernehme.


(Quellen: Ebay, Wikipedia)

Montag, 20. Dezember 2010

Schöne Momente im Winter ...

... gab es am Samstag an vielen Stellen in "meinem Viertel" im Süden des Bremerhavener Stadtteils Lehe. Man brauchte nur kurz stehen zu bleiben, und die Szenerie einen Moment auf sich wirken zu lassen.


Verschneite Kogge (Skulptur aus Eisen, Pausenhof Lehe) ...
... und Eis auf der Geeste (Blick in Richtung Hafenstraße)
Winter an der Leher Wasserseite. Dafür, dass das Eis auf der Geeste in ihrem tideabhängigen Bereich ständig wechselnden Pegelständen ausgesetzt ist, bildet es im Uferbereich schon erstaunlich große zusammenhängende Flächen. Die verschneite Kogge ist eine kleine Skulptur aus rohem Eisen auf einem Torpfeiler am Eingang zum Pausenhof Lehe.



Villen in der Goethestraße
Die beiden Villen in der Goethestraße sind geschützte Baudenkmäler. Sie stammen aus der Zeit zu Beginn des letzten Jahrhunderts.


"Schloss am Meer" (Eupener Straße)
Weihnachtsdeko am Eckhaus ...
... Goethestraße, Ecke Kistnerstraße
Das "Schloss am Meer" in der Eupener Straße mit seiner Fassade im Jugendstil wurde im Jahre 1909 von den Architekten Wöhlken und -Loosen errichtet. Auch im Inneren, wie zum Beispiel im Treppenhaus, sind noch sehr viele Elemente im Originalzustand erhalten geblieben. Das Haus mit dem Weihnachtsmann stammt aus dem Jahre 1897 und steht heute - ebenso wie die beiden Villen - unter Denkmalschutz. .


Saarpark, Wochenmarkt auf dem Ernst-Reuter-Platz und Pauluskirche
Melchior-Schwoon-Wasserturm im Stadtpark Lehe
Der Stadtpark Lehe an der Hafenstraße und der Saarpark sind sozusagen die grüne Lunge des Leher Gründerzeitviertels. Zur Zeit sind die beiden Parks allerdings traumhaft schöne Wintermärchen. Durch den Saarpark verlief früher einmal der ehemalige Unterlauf des kleinen Flüsschens "Aue". Heute fließt die Aue in die entgegengesetzte Richtung und mündet im Norden Bremerhavens bei Weddewarden in den Grauwallkanal. Von dort gelangt ihr Wasser, zusammen mit dem des Kanals, bei Weddewarden in die Weser.

Zum Weiterlesen und -träumen:

Sonntag, 19. Dezember 2010

Lehe - Ein Wintermärchen

Goethestraße, Ecke Heinrichstraße
Nachdem es zu Beginn der Woche nur einen Tag, nachdem alles weggetaut war, wieder kräftig geschneit hatte, schien es anfangs so, als würde sich die Stadt in eine Matschwüste verwandeln. Da es eigentlich noch viel zu warm war, ist der nasse Schnee an den Ästen der Bäume kleben geblieben.


Straßenbäume an der Goethestraße
Dann war auch noch Nebel hinzugekommen, der sich als Rauhreif auf den Dächern und den Bäumen abgesetzt hatte. Anschließend ist es dann aber glücklicherweise wieder so kalt geworden, dass uns der große Matsch vorerst erspart geblieben ist. Nachdem ich das ganze immer nur im Dunkeln auf dem Weg zur Arbeit und zurück zu sehen bekommen hatte, konnte ich gestern die Gelegenheit nutzen, die weiße Pracht mit der Kamera im Bild festzuhalten.


Goethestraße, Ecke Adolfstraße
Die Giebel der Schmuckfassaden der alten Gründerzeithäuser in "meinem Viertel" ragen wie Märchenschlösser aus den weißen Baumkronen heraus.


Stadtpark Lehe
Die tiefstehende Wintersonne malte Mittags ein phantastischen Wechselspiel aus Licht und Schatten auf die weiße Parklandschaft des Leher Stadtparks.


Ernst-Reuter-Platz, Lessingschule
Die inzwischen 105 Jahre alte Lessingschule ist vor einigen Jahren aufwändig renoviert worden. Dabei wurden auch die Türmchen auf dem Dach wiederhergestellt, die bei den Bombenangriffen im Sommer 1944 zerstört worden waren. Unter dem "verspielten", weiß gepuderten Dach und hinter den weißen Bäumen am Rande des Ernst-Reuter-Platzes kommt das dunkle Ziegelmauerwerk des Gebäudes besonders gut zur Geltung.


An der Geeste, Kistner-Kaje
Einen ähnlichen Effekt haben auch das Eis und die weißen Bäume am Ufer der Geeste auf die alten Verladekajen des ehemaligen Kalksandsteinwerks von Kistner. Von mir aus könnte das jetzt erst einmal bis zum neuen Jahr so bleiben. Aber ob wir "weiße Weihnachten" haben werden, scheint ja noch nicht wirklich sicher zu sein. Für einige Gegenden Deutschlands ja schon wieder Regen angesagt worden.

Ich wünsche euch ein schönes viertes Adventswochenende. Genießt das weiße Wintermärchen, solange es noch anhält.

Samstag, 18. Dezember 2010

Nach dem Castor ...

Atomkraft? Nein Danke!... ist vor dem Castor. Diese tiefsitzende Erkenntnis trieb im ausgehenden Jahr 2010 mehr Menschen als je zuvor dazu, ihren Protest gegen die Atompolitik auf die Straße zu tragen. Hunderttausende Demonstranten in der Menschenkette zwischen den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel, bei der Großkundgebung in Berlin, beim Castortransport von La Hague (Nordwestfrankreich) nach Gorleben, bei der Demonstration in Ahaus und jetzt an der Ostseeküste stehen damit stellvertretend für die Mehrheit der Bundesbürger, die sich in repräsentativen Meinungsumfragen genen die weitere Nutzung der Atomkraft ausgesprochen haben.

Solange diese Bundesregierung in der Lage sein wird, ihre Macht einzig und allein zugunsten der Atomkonzerne und  gegen den mehrheitlichen Willen der Bevölkerung zu missbrauchenmissbrauchen, wird sich daran auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Den nächsten Transport von hochradioaktivem Atommüll in das Atommülllager in der Lubminer Heide erwartet das "Anti-Atom Bündnis NordOst" bereits in der Zeit zwischen Januar und März des nächsten Jahres.

In einer gestern veröffentlichten Presseerklärung fordert das Bündnis der Rücktritt von Herrn Caffier (CDU, Mecklenburg-Vorpommern, Landesinnenminister) und begründet die Forderung mit dessen Anforderungen an die völlig überlasteten Polizeibeamten, denen diese angesichts der Witterungsverhältnisse während des zweitägigen Castortransports von Cadarache (Frankreich) in das Atommülllager Nord und der Proteste an den vorhergehenden Tagen nicht gewachsen waren.

Infolge der von ihm provozierten katastrophalen Überforderung der Polizei bei der Sicherung des Atommüll-Transports sei es im Raum Greifswald/Lubmin zu einer Reihe von Verstößen gegen bürgerliche Rechte wie das Recht auf Bewegungsfreiheit, das Versammlungsrecht, die Pressefreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit gekommen.

Mit Berufung auf das Atomgesetz hätte Herr Caffier die Möglichkeit gehabt, den Transport - trotz der Genehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) - zu verhindern. Aufgrund seines Verzichts auf die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel stehe er allein in der Verantwortung für die Verstöße gegen geltendes Recht sowie der Gefährdung seiner Einsatzkräfte, der Bevölkerung und der Protestierenden.


Presseerklärung des "Anti-Atom Bündnis NordOst" im Wortlaut:
Angesichts der aktuellen Überlastung der Polizei hatte der Innenminister Caffier die Möglichkeit, den Transport zu stoppen. Paragraph 4, Absatz 2, Satz 5 Atomgesetz regelt, dass ein Atomtransport nur dann genehmigt werden darf, wenn "der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist." Zwar war der Transport nach Lubmin durch das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt worden, aber das Amt muss diese Genehmigung sofort widerrufen, wenn ein Bundesland, durch das der Atommüll-Zug rollen soll, nicht genügend Polizeikräfte zur Verfügung hat, um den Transport zu sichern. Nach Aussagen der Polizeilandesgewerkschaft gibt es Beamte mit über 1000 Überstunden und eine Belastungsgrenze, die längst überschritten ist. Der Innenminister hat aufgrund dieser Situation auf ausreichend Personal verzichtet und so eine katastrophale Polizeiüberforderung bei der Sicherung des Transportes provoziert. Es sind im Raum Greifswald/Lubmin das Recht auf Bewegungsfreiheit, das Versammlungsrecht, die Pressefreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit außer Kraft gesetzt worden.
  • Die Ortschaften Vierow, Stilow und Kemnitzerhagen waren über Stunden abgesperrt. Außerdem waren AnwohnerInnen gezwungen 4 Stunden am Straßenrand der Bundesstraße anzuhalten, da die Straße für den Verkehr gesperrt wurde.
  • Trotz der noch frischen Erinnerungen an die Freiluft-Gefangenensammelstelle bei Harlingen (Wendland) im November dieses Jahres, gab es erneut einen Polizeikessel auf offenem Feld, in dem festgenommene SitzblockiererInnen über Stunden festgehalten wurden. Die Möglichkeit einer richterlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme war nicht gegeben. Die Polizei war nicht in der Lage, die Gefangenen zu versorgen, ihnen Zugang zu sanitären Einrichtungen zu gewährleisten und für einen schnellen Abtransport zu sorgen.
  • SanitäterInnen wurden nicht zur Robin-Wood-Blockade und anderen Aktionen durchgelassen, sie wurden immer wieder durchsucht und am Weiterfahren gehindert.
  • Behördlich genehmigte Mahnwachen waren nicht frei zugänglich für Versammlungsteilnehmer. Die Essensversorgung der sich in Zelten aufhaltenden Mahnwachenbesetzung in Stilow wurde über 24 Stunden unmöglich gemacht.
  • Journalisten wurden immer wieder in ihrer Arbeit behindert und konnten Informationen nicht rechtzeitig weiter geben
  • Die Landespolizei NRW drohte Demonstranten mit Foltergriffen, wenn sie sich nicht freiwillig entfernten.

Wenn der Landesinnenminister Caffier den Transport bei schwersten Schneesturm, unter in Kaufnahme der Gefährdung seiner Einsatzkräfte, der Bevölkerung und der Protestierenden mit einer Genehmigung begründet, für die er über das Bundesamt für Strahlenschutz selbst eine Verlängerung ermöglichen könnte, schwört er eine Katastrophensituation herauf und disqualifiziert sich für das verantwortungsvolle Amt eines Innenministers, welches Ordnung und Sicherheit garantieren müsste.

Lubmin niX da!

(Quelle: Pressemitteilung, 17.12.2010)

Freitag, 17. Dezember 2010

Radioaktives Weihnachtsgeschenk zugestellt

Atomkraft? Nein Danke!Das unerwünschte radioaktive Weihnachtsgeschenk, über dessen Zustellung sich in Mecklenburg-Vorpommern niemand so richtig freuen kann - abgesehen vielleicht von der wespenfarbenen Bundesregierung und ihrer "Energiewerke Nord" (EWN) - wurde zu später Stunde dann doch noch an der Ostseeküste abgeliefert.

Nachdem gegen 19 Uhr einer der beiden Robin Wood Aktivisten bei Diedrichshagen von den Polizisten aus dem Betonblock befreit werden konnte, machten sie sich daran, auch die zweite Aktivistin aus dem Betonblock zu lösen, was ihnen aber erst nach mehr als einer Stunde gelang. Zusätzlich zu den Ketten, mit denen sie sich an den Gleisen festgekettet hatten, waren ihre Unterarme in dem Betonblock eingeschlossen gewesen. Gegen 23 Uhr meldete der Castor-Ticker, die beiden Aktivisten von Robin Wood seien aus dem Krankenhaus direkt in die Gefangenen Sammelstelle (GeSa) in Wolgast gebracht worden.

Als das Gleis wieder passierbar gemacht worden war, setzte sich der Zug mit den Castoren nach einer sechs Stunden währenden Zwangspause um 21:16 Uhr wieder in Bewegung. Eine halbe Stunde später wurde er ein letztes Mal für einen Moment aufgehalten: Bei Kräpelin befanden sich Menschen auf den Gleisen. Gegen 22 Uhr erreichte der Atommüll-Transport dann das Atommülllager und eine weitere Stunde später wurden die Castoren in die Lagerhalle gefahren.

Die für 24 Uhr in der Presselounge in Greifswald angekündigte Pressekonferenz der "Anti-Atom-Initiative Nord-Ost" wurde in den späten Abendstunden auf heute Mittag um 12 Uhr verschoben.

Um 18:30 Uhr hatte der Castor-Ticker gemeldet, erste Gefangene würden aus der GeSa in Wolgast entlassen. Gegen 20 Uhr formierte sich in Kräpelin eine spontane Solidaritätsdemonstration mit allen Gefangenen. Etwa um die gleiche Zeit wurden Demonstranten aus zwei Polizei-Bussen überraschend und ohne Personalienkontrolle freigelassen. Um 20:30 Uhr waren, bis auf die Aktivisten von Robin Wood, Greenpeace und einigen weiteren Demonstranten, die meisten Gefangenen freigekommen. Nach Auskuft des Ermittlungsausschusses (EA) befanden sich unter den weiterhin in der GeSa festgehaltenen Demonstranten auch zwei Schweden und ein Däne, die ohne Dolmetscher-Hilfe zurechtkommen mussten.

Nach Auskunft des Castor-Tickers wurden die freigelassenen Demonstranten von einem Empfangskommitee begrüßt.

Allen Demonstranten und Aktivisten, die bei Schnee, Dunkelheit und Eiseskälte über mehrere Tage und Nächte hinweg ihren Protest gegen die verlogene Atompolitik der wortbrüchigen Bundesregierung auf die Straße und die Gleise gebracht haben - stellvertretend für die Mehrheit der Bundesbürger! - gilt meine volle Hochachtung. Es ist aber noch nicht zu Ende. Für das Frühjahr 2010 ist der nächste Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommüll, der ebenfalls aus Karlsruhe stammt, nach Lubmin angekündigt.


Lubmin niX da!


(Quellen: Castor Ticker, Frankfurter Allgemeine vom 17.12.2010, Die Presse vom 16.10.2010, Stern vom 16.12.2010, Hamburger Abendblatt vom 16.12.2010, Welt vom 16.12.2010, MDR-Nachrichten vom 16.12.2010, NDR-Nachrichten vom 16.12.2010, Tagesschau des Schweizer Fernsehens vom 16.12.2010Robin Wood) ,

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Castor-Transport kurz vor dem Ziel gestoppt


Foto: © Chris G.: Robin Wood Blockade - direkt nach Aktionsstart!

Heute Nacht musste der Zug in den frühen Morgenstunden bei Halle wegen einer defekten Weiche eine halbstündige Zwangspause einlegen und traf kurz nach halb fünf in Magdeburg ein. Zuvor hatte die Polizei am Bahnhof Buckau eine Sitzblockade aufgelöst und fünf Personen, darunter einen Magdeburger Stadtrat, in Gewahrsam genommen. Nachdem der Castor Magdeburg gegen 8 Uhr verlassen hatte, wurden sie wieder freigelassen.

Gut eine Stunde später musste der Castor-Transport kurz vor Ludwigslust erneut eine Pause einlegen, weil sich dort viele Menschen auf den Gleisen befanden. Davon war dann allerdings auch ein ICE betroffen, der kurz hinter dem Castor Transport anhielt. Nach dem die Blockade, die unter dem Motto "Euer Nonsens ist kein Konsens" stand, nach ca. 30 Minuten aufgelöst worden war, setzte sich der Atommüllzug gegen 10 Uhr wieder in Bewegung.

Die Tagesschau berichtete heute Morgen auf ihrer Internetseite, zwischen Rostock und Stralsund seien auf einer Länge von rund 30 Metern Steine bis auf eine Tiefe von zehn Zentimetern aus dem Gleisbett entfernt worden. Der Zugverkehr habe deshalb kurzzeitig unterbrochen werden müssen. Der Schaden sei aber inzwischen von der Bundespolizei behoben worden.

Gegen Mittag häuften sich dann die Mitteilungen des Castor-Tickers. Um 11 Uhr saßen zwischen Vierow und Krepelin etwa 200 Menschen auf den Schienen. Die Sitzblockade, die sich weiterhin stetig vergrößerte wuchs innerhalb einer halben Stunde auf ungefähr 300 Menschen an.

Bei Stilow hatten währenddessen drei Aktivisten von Robin Wood versucht, es sich mit Seilen über der Bahnstrecke gemütlich zu machen. Der Polizei gelang es jedoch, zwei von ihnen davon abzuhalten. Nachdem eine Polizeikette in Brünzow aufgelöst worden war, waren auch dort Demonstranten auf die Schienen gelangt.

Während der Castor kurz nach Mittag an Rostock vorbeifuhr, waren dort zahlreiche Demonstraten zur "Schieneninspektion" an den Gleisen unterwegs. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass drei Greenpeaceaktivisten etwas mehr Glück hatten, als diejenigen von Robin Wood. Sie hatten sich bei Diedrichshagen (Greifswald) erfolgreich - zusammen mit ihrem Banner - über den Gleisen "aufhängen" können.

Kurz vor 13 Uhr sorgten mehrere Hundertschaften der Polizei und ein Wasserwerfer bei der Blockade in Höhe von Brünzow dafür, dass niemand mehr in Richtung Vierow durchkam. Etwa um die gleiche Zeit gingen vier Gruppen à 20 Personen von Kräpelin aus auf die Schienen, und meldeten, sie kämen noch "gut durch", und im Raum Greifswald waren zahlreiche Kleingruppen unterwegs. Kurz darauf drohte die Polizei den Teilnehmern an der Sitzblockade bei Brünzow für den Fall, dass sie nicht freiwillig aufstehen würden, Gewalt an.

Irgendwann hatten dann aber auch die Aktivisten von Robin Wood Glück. Um 13:20 Uhr meldete der Castor Ticker, zwei von ihnen hätten sich in einem Betonblock zwischen Diedrichshagen und Kemnitz an den Gleisen befestigt. Die Bundespolizei sei vor Ort und vertreibe die Presse. Derweil hingen die drei Greenpeace Aktivisten weiterhin über den Gleisen, und am Bahnhof in Greifswald hielten sich auf einer Strecke von ca. einem Kilometer Demonstranten an den Gleisen auf. Vier Demonstranten die hinter dem Greifswalder Bahnhof auf die Gleise gelangt waren, wurden von der Polizei weggetragen.

Um 13:45 Uhr wurde damit begonnen, das Banner von Greenpeace samt der dazugehörigen Aktivisten mit Hilfe eines Kranwagens von ihrem luftigen Aufenthaltsort über den Gleisen bei Diedrichshagen abzuhängen. Inzwischen stellte sich heraus, dass der Betonblock "Modell Süschendorf" von Robin Wood sich unter den Schienen befindet.

Gegen 14 Uhr begann die Polizei mit der Räumung der Sitzblockade zwischen Brünzow und Kräpelin/Vierow und an den Landstraßen aus Greifswald heraus werden Straßensperren errichtet. Kurze Zeit später verbreitete sich das Gerücht, in Greifswald sei offenbar mehreren Polizeiautoreifen die Luft ausgegangen.

Gegen 15:30 Uhr wurde die Blockade bei Brünzow innerhalb kurzer Zeit geräumt. 120 Demonstranten wurden in einem Polizeikessel festgehalten. Decken gegen die Kälte waren vorhanden - Toiletten aber nicht. Nach und nach wurden Menschen aus dem Kessel zur Gefangenen Sammelstelle (GeSa) in Wolgast gebracht: Es gabt nicht genug Polizeifahrzeuge für so viele Demonstranten. Der Abtransport der Demonstranten nach Wolgast zog sich über eine längere Zeit hin. Kurz nach 17 Uhr waren drei Gefangenenbusse in Wolgast eingetroffen. Es hieß, die Gefangenen würden bis zur Einfahrt der Castoren in das Zwischenlager in der GeSa festgehalten werden. Nach Auskunft von "Lubmin niX da!" dürfe die Polizei die Gefangenen jedoch nicht länger als acht Stunden in Gewahrsam behalten. Diejenigen Blockierer, die nicht in den Kessel geraten waren, hatten sich direkt im Anschluss an die Auflösung der Blockade auf den Weg nach Vierow und Brünzow gemacht. Um die gleiche Zeit traf ein technischer Zug der Polizei bei der Blockade von Robin Wood ein und untersuchte den Betonblock.

Kurz nachdem der Castor-Zug die Brücke bei Diedrichshagen passiert hatte, bei der vorher die Greenpeace-AktivistInnen hingen, kam er etwa 200 Meter vor der noch existierenden Blockade von Robin Wood bei Diedrichshagen zum stehen und wenig später verhängte die Polizei Platzwerweise gegen die Betreuer der Aktivisten von Robin Wood.

Um 16 Uhr meldete der Castor-Ticker, die Robin Wood Aktivisten der Blockade bei Diedrichshagen würden unter einem Zelt mit Decken und Tee versorgt und deren Betreuer seien in Gewahrsam genommen worden. Zeitgleich begannen in Kräpelin etwa 20 Menschen spontan mit einer Demonstration und die Polizei war damit beschäftigt, Schneewehen neben der Schienenstrecke zu räumen. Eine Stunde später hieß es, die Polizei habe Schwierigkeiten Material zur Blockadestelle zu bringen, habe aber damit begonnen, den Betonblock der Robin Wood Blockade zu bearbeiten. Es könne sich nur noch um Stunden handeln. Von "Lubmin niX da!" war zu hören, die Presse sei an der Blockade zugelassen.

Gegen 17:30 wurde bekannt, dass die Sanitäter von der Polizei in ihrer Arbeit behindert würden. Sie würden häufig durchsucht und ihnen werde der Zugang zu den Aktionen verweigert, wo die Menschen im Notfall auf ihre Hilfe angewiesen seien. Um die Mittagszeit herum war schon bekannt geworden, dass die Polizei gegen die Sanitäter aus Guest ein Platzverweis für die gesamte Schienenstrecke ausgesprochen hatte ...

Allen Unkenrufen einiger Zeitungen und der ZDF-Nachrichten zum Trotz scheint den Atomkraftgegnern und den Polizisten - Robin Wood sei Dank! - wohl eine weitere, kalte Nacht bevorzustehen. Auch wenn es anfangs nicht unbedingt danach ausgesehen hatte: Bis "heute Nachmittag" wird es mit Sicherheit nicht mehr gelingen, die Castoren im Atommülllager Nord abzuliefern.

(Stand 18:00 Uhr)


Lubmin niX da!

Quellen: TAZ-Live Ticker, Süddeutsche Zeitung vom 16.10.2010, Neue Züricher Zeitung vom 16.12.2010, Der Standard vom 16.12.2010, Focus vom 16.10.2010, Tagesschau vom 16.12.2010, NDR vom 16.12.2010, Spiegel vom 15.12.2010, Greenpeace Nachrichten und Presseerklärung, Robin Wood, LAgA-Presseerklärung zur Mahnwache am 15.12.2010, Subkontur)