Der "Weser Kurier" berichtete gestern, Herr Günthner (SPD, Bremen, Wirtschaftssenator) hätte daraufhin angekündigt, es solle ein "Koordinierungskreis Atomtransporte" eingesetzt werden. Gestern habe es seitens der Wirtschaftsbehörde geheißen, der Arbeitskreis habe sich bereits zu ersten Sitzungen getroffen.
Ich würde sagen, die sollen sich jetzt aber mal ordentlich beeilen mit ihren Tagungen und endlich handeln, anstatt sich von der 'Anmeldung überraschen' zu lassen. Bisher seien der Bremer Senat und die Innenbehörde laut "Weser Kurier" sicher davon ausgegangen, dass nicht Bremerhaven, sondern Hamburg Umschlagsort erster Wahl ist. Innensenator Ulrich Mäurer habe das unlängst bestätigt. Das Thema sei damit eigentlich vom Tisch gewesen. Es lebe das St. Florian Prinzip:
"Verschon mein Haus. Zünd' andere an!"
Hallo? Hat da etwa jemand die Zeichen der Zeit nicht verstanden?
Grenzenlose Atomprobleme
Es ist ja nur gut, dass immerhin die Atomkraftgegner inzwischen erkannt haben, dass das Atomenergieproblem nicht an Landesgrenzen aufhört. Das ist vor allem am bundesweiten "Anti-Atomkraft-Tourismus" zu erkennen, der mit der Menschenkette im April dieses Jahres eingesetzt hat. Das Atomenergieproblem hört nicht einmal an Staatsgrenzen auf. Im Gegenteil: Es beginnt mit dem Uran-Abbau - dem Rohmaterial für die Brennstäbe in unseren Atomkraftwerken! - und dessen Export über die Staatsgrenzen der Länder, in denen sich die Uran-Minen befinden.
Jetzt ist es an der Zeit, dass diese Kunde sich auch in den Regierungen der Bundesländer und den Rathäusern der Kommunen verbreitet. Ich freue mich ja darüber, dass die Städte mit den großen Seehäfen jetzt nach und nach erklären, sie würden ihre Häfen für den Umschlag von radioaktivem "Brennmaterial" und dessen für Millionen von Jahren gefährlich strahlende, hochradioaktive "Asche" sperren. Wenn es so einfach wäre, dann würde das nämlich bedeuten, dass den Atomkonzernen und ihren politischen Handlangern in absehbarer Zeit irgendwann das radioaktive Feuerholz ausgehen würde. Es scheint jedoch so, als hätten die Kommunal- und Landesregierungen nicht wirklich die Möglichkeit, etwas gegen die Anordnungen aus Berlin zu unternehmen - es sei denn, sie könnten widersprechen, weil (menschengemachte) Gesetze gebrochen würden.
Das Thema ist nie vom Tisch - nicht für Bremerhaven, nicht für Hamburg und auch nicht für irgend einen anderen Hafen an Nord- und Ostsee. Solange die Wespen in Berlin das Sagen haben, werden wir alle einen langen Atem haben müssen, um uns gegen den atomaren Blindflug und andere Ungeheuerlichkeiten zur Wehr zu setzen. Es wird also unbedingt notwendig sein, dass die Landesregierungen der "Küstenländer" mit Landesgrenzen an Nord- und Ostsee sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Atom Im- und Export der Bundesregierung einigen. Auf die private Hafenwirtschaft ist, von einigen lobenswerten Ausnahmen einmal abgesehen, jedenfalls nicht unbedingt Verlass.
Keine Macht über Naturgesetze
Wenn sich die Politiker, die Atomkonzerne oder Speditionsunternehmen auf ihre Transport- und Umgangsgenehmigungen, Überwachungs- und Strafgesetze sowie ihre darin festgelegten Grenzwerte berufen, dann ist das jedoch eigentlich völlig belanglos. Diese auf Papier fixierten Gesetze der Menschen sind nichts als Papiertiger, die keinerlei Macht über die Naturgesetze haben. Mit der sträflichen Ignoranz gegenüber den Gesetzen der Atomphysik, deren Paragraphen bezüglich der "Spaltung der Atomkerne" nicht die einzigen im Gesetzbuch der Atomphysik sind, haben die Atomkonzerne und ihre politischen Handlanger bereits seit Jahrzehnten gegen die Gesetze der Natur verstoßen.
Diese lassen sich nämlich nicht so einfach ändern, wie unsere selbstgestrickten. Es ist uns Menschen noch nicht einmal möglich, auch nur einen einzigen Paragraphen darin außer Kraft zu setzen. Daher folgt auf den Abschnitt "Spaltung der Atomkerne" unbarmherzig derjenige mit den Paragraphen zum unweigerlich aus der Kernspaltung resultierenden, für Millionen von Jahren gefährlich strahlenden, hochradioaktiven Atommüll, für dessen sichere Verwahrung es über derart lange Zeiträume weltweit keine Lösung gibt. Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) müsste das als Dr. der Physik eigentlich wissen! Ich bin mir nicht sicher, welches ihr Fachgebiet ist, aber anstatt bei Kaffee und Kuchen nett mit den Bossen der Atomkonzerne zu plaudern, hätte sie ja zumindest einmal einen ihrer Fachkollegen fragen können.
Atommüll Export möglicherweise illegal
Der geplante Transport von Ahaus nach Majak könnte nach deutschem Recht illegal sein. Oder wie ist es sonst zu verstehen, was Herr Röttgen am 05.11.2010in in einer Pressemitteilung von sich gegeben hat? Zitat: "Auch diese Bundesregierung steht wie alle Vorgängerregierungen zu ihrer Verpflichtung, die radioaktiven Abfälle, die bei der Nutzung der Kernenergie in Deutschland angefallen sind, bei uns zu entsorgen. .. Wir können die Lasten der Vergangenheit nicht anderen aufbürden, für die sichere Lagerung des Atommülls sind wir verantwortlich."
Zudem legt das deutsche Atomgesetz in Paragraph 9a, Absatz 1, fest, dass radioaktiver Müll "schadlos verwertet werden oder als radioaktive Abfälle geordnet beseitigt werden (direkte Endlagerung)" muss. Das schließt meines Erachtens die im russischen Majak beabsichtigte Aufarbeitung der deutschen Brennelemente aus: Weder gibt es in Russland ein Endlager, noch wird Atommüll in Majak schadlos verwertet. Es gibt keine Worte, mit denen sich die Zustände in Majak auch nur annähernd beschreiben ließen.
Am 05.10.2010 hatte die TAZ berichtet, dem Atommüllexport aus Deutschland nach Russland fehle die rechtliche Grundlage. Das sächsische Wissenschaftsministerium (Eigentümer des atomwaffenfähigen Urans und Plutoniums) habe erklärt, der für den Atommüllexport notwendige Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und Russland bis heute nicht unterschrieben worden. In einem Update zu einem Artikel auf den Seiten von "Kein Castor nach Ahaus" hieß es gestern (Zitat): "Laut Vertretern des Umweltausschusses wurde der deutsch-russische Staatsvertrag, der für die Transporte erforderlich ist, NICHT unterzeichnet. Eine Absage des Transportes wurde jedoch bisher noch nicht bestätigt." Auch die TAZ hatte gestern berichtet, das Umweltministerium habe die für gestern geplante Unterzeichnung des Staatsvertrages über den Strahlenmüll-Export wegen der Zweifel an der schadlosen Verwertung in Russland vorerst auf Eis gelegt.
In der TAZ vom 09.11.2010 ist zu lesen, die Grundlage für den Transport sei ein Abkommen zwischen Russland und den USA. Es regele die Rückholung von Brennelementen aus Forschungsreaktoren, die von der Sowjetunion bestückt worden waren. Das heißt, die Regierung der heute souveränen Bundesrepublik beruft sich zur Durchsetzung dieser schmutzigen Atommüll-Entsorgungsmethode auf ein Abkommen, dass einmal zwischen den Besatzungsmächten während der Zeit des Kalten Krieges vereinbart worden war. Schäbiger geht's wohl kaum noch.
Solange der Staatsvertrag nicht unterschrieben ist, taugt er er allenfalls dafür, dass Urangela ihre Butterstulle darin einwickelt. Nicht dass jemand meint, ich würde eine solche Verwendung des Papiers missbilligen: Ich wünsche ihr alles Butterbrotpapier der Welt, aber dieses eine ganz besonders. Der geplante Atommüllexport nach Russland würde nach meinem Verständnis aber auf jeden Fall gegen geltendes Recht verstoßen. Jedenfalls wurden die Castor-Transporte nach Gorleben bisher immer damit begründet, Deutschland sei verpflichtet, den im Lande produzierten Atommüll von den ausländischen Aufbereitungsanlagen zurückzunehmen und in Deutschland zu lagern.
Oder ist das etwa auch gelogen?
(Quellen: Weser Kurier vom 01.12.2010, TAZ vom 01.12.2010, "Kein Castor nach Ahaus" vom 01.12.2010, ARD Politmagazin "Monitor" vom 18.11.2010, contratom vom 13.11.2010, Spiegel vom 12.11.2010, TAZ vom 11.11.2010, Nordsee-Zeitung vom 11.11.2010, TAZ vom 09.11.2010, BMU Pressemitteilung vom 05.11.2010, Ostseezeitung vom 02.11.2010, HL Lübeck live vom 17.10.2010, Yahoo News vom 12.10.2010, TAZ vom 05.10.2010, NordOstUniversum, AtG §9a)
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