Samstag, 18. Dezember 2010

Nach dem Castor ...

Atomkraft? Nein Danke!... ist vor dem Castor. Diese tiefsitzende Erkenntnis trieb im ausgehenden Jahr 2010 mehr Menschen als je zuvor dazu, ihren Protest gegen die Atompolitik auf die Straße zu tragen. Hunderttausende Demonstranten in der Menschenkette zwischen den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel, bei der Großkundgebung in Berlin, beim Castortransport von La Hague (Nordwestfrankreich) nach Gorleben, bei der Demonstration in Ahaus und jetzt an der Ostseeküste stehen damit stellvertretend für die Mehrheit der Bundesbürger, die sich in repräsentativen Meinungsumfragen genen die weitere Nutzung der Atomkraft ausgesprochen haben.

Solange diese Bundesregierung in der Lage sein wird, ihre Macht einzig und allein zugunsten der Atomkonzerne und  gegen den mehrheitlichen Willen der Bevölkerung zu missbrauchenmissbrauchen, wird sich daran auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Den nächsten Transport von hochradioaktivem Atommüll in das Atommülllager in der Lubminer Heide erwartet das "Anti-Atom Bündnis NordOst" bereits in der Zeit zwischen Januar und März des nächsten Jahres.

In einer gestern veröffentlichten Presseerklärung fordert das Bündnis der Rücktritt von Herrn Caffier (CDU, Mecklenburg-Vorpommern, Landesinnenminister) und begründet die Forderung mit dessen Anforderungen an die völlig überlasteten Polizeibeamten, denen diese angesichts der Witterungsverhältnisse während des zweitägigen Castortransports von Cadarache (Frankreich) in das Atommülllager Nord und der Proteste an den vorhergehenden Tagen nicht gewachsen waren.

Infolge der von ihm provozierten katastrophalen Überforderung der Polizei bei der Sicherung des Atommüll-Transports sei es im Raum Greifswald/Lubmin zu einer Reihe von Verstößen gegen bürgerliche Rechte wie das Recht auf Bewegungsfreiheit, das Versammlungsrecht, die Pressefreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit gekommen.

Mit Berufung auf das Atomgesetz hätte Herr Caffier die Möglichkeit gehabt, den Transport - trotz der Genehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) - zu verhindern. Aufgrund seines Verzichts auf die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel stehe er allein in der Verantwortung für die Verstöße gegen geltendes Recht sowie der Gefährdung seiner Einsatzkräfte, der Bevölkerung und der Protestierenden.


Presseerklärung des "Anti-Atom Bündnis NordOst" im Wortlaut:
Angesichts der aktuellen Überlastung der Polizei hatte der Innenminister Caffier die Möglichkeit, den Transport zu stoppen. Paragraph 4, Absatz 2, Satz 5 Atomgesetz regelt, dass ein Atomtransport nur dann genehmigt werden darf, wenn "der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist." Zwar war der Transport nach Lubmin durch das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt worden, aber das Amt muss diese Genehmigung sofort widerrufen, wenn ein Bundesland, durch das der Atommüll-Zug rollen soll, nicht genügend Polizeikräfte zur Verfügung hat, um den Transport zu sichern. Nach Aussagen der Polizeilandesgewerkschaft gibt es Beamte mit über 1000 Überstunden und eine Belastungsgrenze, die längst überschritten ist. Der Innenminister hat aufgrund dieser Situation auf ausreichend Personal verzichtet und so eine katastrophale Polizeiüberforderung bei der Sicherung des Transportes provoziert. Es sind im Raum Greifswald/Lubmin das Recht auf Bewegungsfreiheit, das Versammlungsrecht, die Pressefreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit außer Kraft gesetzt worden.
  • Die Ortschaften Vierow, Stilow und Kemnitzerhagen waren über Stunden abgesperrt. Außerdem waren AnwohnerInnen gezwungen 4 Stunden am Straßenrand der Bundesstraße anzuhalten, da die Straße für den Verkehr gesperrt wurde.
  • Trotz der noch frischen Erinnerungen an die Freiluft-Gefangenensammelstelle bei Harlingen (Wendland) im November dieses Jahres, gab es erneut einen Polizeikessel auf offenem Feld, in dem festgenommene SitzblockiererInnen über Stunden festgehalten wurden. Die Möglichkeit einer richterlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme war nicht gegeben. Die Polizei war nicht in der Lage, die Gefangenen zu versorgen, ihnen Zugang zu sanitären Einrichtungen zu gewährleisten und für einen schnellen Abtransport zu sorgen.
  • SanitäterInnen wurden nicht zur Robin-Wood-Blockade und anderen Aktionen durchgelassen, sie wurden immer wieder durchsucht und am Weiterfahren gehindert.
  • Behördlich genehmigte Mahnwachen waren nicht frei zugänglich für Versammlungsteilnehmer. Die Essensversorgung der sich in Zelten aufhaltenden Mahnwachenbesetzung in Stilow wurde über 24 Stunden unmöglich gemacht.
  • Journalisten wurden immer wieder in ihrer Arbeit behindert und konnten Informationen nicht rechtzeitig weiter geben
  • Die Landespolizei NRW drohte Demonstranten mit Foltergriffen, wenn sie sich nicht freiwillig entfernten.

Wenn der Landesinnenminister Caffier den Transport bei schwersten Schneesturm, unter in Kaufnahme der Gefährdung seiner Einsatzkräfte, der Bevölkerung und der Protestierenden mit einer Genehmigung begründet, für die er über das Bundesamt für Strahlenschutz selbst eine Verlängerung ermöglichen könnte, schwört er eine Katastrophensituation herauf und disqualifiziert sich für das verantwortungsvolle Amt eines Innenministers, welches Ordnung und Sicherheit garantieren müsste.

Lubmin niX da!

(Quelle: Pressemitteilung, 17.12.2010)

2 Kommentare:

Frau Momo hat gesagt…

Das kann ich zum Teil als Augenzeugin bestätigen. Wir haben selber versucht, durch Schneesturm und mit einem Topf voll Suppe nach Stilow durchzukommen, wurden aber von der Polizei dran gehindert. Nach zwei Stunden Fahrt über total verschneite Feldwege mußten wir mit samt der Suppe nach Greifswald zurückkehren. Mehrfache Proteste bei den Beamten haben da nix geholfen. Bigi hat die Meldung noch über den Ticker gejagt... alles ohne Erfolg.

juwi hat gesagt…

@Frau Momo: Danke für die Info. Deine persönliche Eindrücke und diejenigen anderer Leute vervollkomnen das Bild der Presse und die Informationen aus den sonstigen Medien. - Mehr persönliche Eindrücke gibt's bei Frau Momo: Heimwärts geht´s (www.die-momos.de/blog/?p=1808), im AtomKlo 12.2010 - Bigi's Resumé im Synchronuniversum (www.synchronuniversum.de/?page_id=3038) und beim Hansehasen im NordOstUniversum (http://hansehase.wordpress.com/2010/12/17/angekommen-aber-mit-reichlich-verspatung/).

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