Montag, 30. April 2012

Über Lebensräume

Bremerhavener Mauerpetersilie?
Der Löwenzahn nagt am Gestein
Die zarten Pflänzchen gehören wohl zu den stärksten unter den Lebewesen. Von den meisten Menschen achtlos übersehen, erweisen sie sich als wahre Überlebenskünstler. Kleine grüne Kräuter wurzeln im Mörtel der Fugen an der Wand der Geeste-Nordmole und Löwenzähne erobern sich die mit Steinen versiegelten Straßen und Plätze der Stadt als Lebensraum zurück ...

Morgen werde ich ausnahmsweise einmal nicht an den Maifeierlichkeiten teilnehmen. Dafür feiern wir den 18 Geburtstag meines Neffen.

Sonntag, 29. April 2012

Es gibt kein Endlager


Gorleben? Es gibt kein Endlager! 

Anlässlich des 26. Tschernobyl-Jahrestags habe ich gestern zusammen mit ca. 3000 weiteren Menschen das nahe Gorleben gelegene Gelände, von dem aus der "am genausesten erkundete Salzstock der Welt" auf Veranlassung der schwarz-gelben Brundesregierung unter Führung von Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) völlig überflüssigerweise auch weiterhin erkundet wird, mit einer Kulturmeile umzingelt.

Fakt ist, dass der "Salzstock Gorleben-Rambow" ebenso ungeeignet für die sichere(!) Lagerung von Atommüll über Zeiträume von vielen Jahrmillionen hinweg ist, wie das Salzbergwerk "Asse-II". Die "vielen Millionen Jahre" der "sicheren (End)-Lagerung" waren im ehemals als "Versuchsatommüll-(End)-Lager" bezeichneten Bergwerk "Asse-II" bereits nach nicht einmal zwei Jahrzehnten abgelaufen. Das Bergwerk säuft ab und droht in sich zusammenzustürzen.

Damit es dabei nicht zu einer radioaktiven Kontamination des Erdreichs und Wasserführender Schichten außerhalb des Salzstocks kommen kann, wurde von politischer Seite zugesagt, dass die mindestens 125000 dort unten vor sich hinrostenden Fässer mit schwach und mittelradioaktivem Atommüll geborgen und an die Erdoberfläche zurückgeholt werden ... - nur: Aus Angst vor der Strahlung traut sich offenbar niemand, wirklich endlich damit anzufangen.

Auch im Gorlebener Salz gibt es Wassereinschlüsse. Ein Deckgebirge, dass den Salzstock gegen Oberflächenwasser schützen könnte, existiert nicht - das wurde von den Gletschern der letzten Eiszeit abgehobelt. Stattdessen liegt die „Gorlebener Rinne“, eine bis zu 320 Meter tiefe eiszeitliche Schmelzwasserrinne aus sandig-kiesigem, grundwasserführendem Material, genau über dem tektonisch nach oben aufgewölbten Hut des Salzstocks. Darüberhinaus wurde festgestellt, dass salzführendes Grundwasser sich sowohl seitlich als auch vertikal vom Salzstock in Richtung Oberfläche bewegt, so dass bei Kontakt mit hochradioaktivem Material eine Kontamination der Biosphäre die Folge wäre.

Im Grenzgebiet der damaligen DDR wurde in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts nach Erdgas gebohrt. Dabei kam es am 25. Juni 1969 zu einer schweren Gasexplosion. Aufgrund der geographischen Nähe ist damit zu rechnen, dass unter dem Salz bei Gorleben ebenfalls große Gasmengen lagern. Heißer, hochradioaktiver Atommüll, durch Risse und Spalten eindringendes Erdgas, eine Explosion im Atommülllager, die Risse und Spalten ins Salz sprengt und den Weg für eindrigendes Wasser frei macht, das dann mit dem hochradioaktiven Atommüll befrachtet sonstwohin fließt? ...
  • "Tschernobly" war der erste Super-GAU in einem Atomkraftwerk.
  • "Asse-II" ist der der erste Super-GAU des deutschen Konzepts "Unterirdische Atommülllagerung".
  • "Fukushima-I" war der zweite Super-GAU in einem Atomkraftwerk.
  • Solange die Atomkonzerne und ihre politischen Handlanger krampfhaft an "Gorleben" festhalten, droht dort der zweite Super-GAU in einem Atommülllager in einem Salzstock.

Dann ginge es aber nicht mehr "nur" um schwach und mittelradioaktivem Atommüll, für dessen Bergung aus "Asse-II" es schon bald zu spät sein könnte. Wie will denn wohl jemand innerhalb kürzester Zeit hunderte von Castor-Behältern, für die der Hersteller eine Garantie von gerade einmal vierzig Jahren gewährt und die mit hochradioaktivem Atommüll gefüllt sind, aus den Tiefen des Gorlebener Salzstocks bergen, wenn dort eines Tages Gefahr im Verzug sein sollte?

Die Idee eines sicheren(!) Atomüll-"End"-Lagers ist reine Utopie. Ein solches Atommülllager gibt es nicht und wird es auch nie geben. Aber um die Sicherheit des gelagerten Atommülls gewährleisten zu können, müssen wir - und alle uns nachfolgenden Generationen(!) - jederzeit die Möglichkeit haben, an den Atommüll heranzukommen, damit Gefahren rechtzeitig erkannt und die Ursachen dafür schnell behoben werden können.

Es gibt keine "weiße Landkarte" und auch keine "ergebnissoffene Atommülllagersuche", solange der "schwarze Fleck Gorleben" darauf noch zu sehen ist: Der Fleck muss weg!
  • Und:
    Atommüll muss rückholbar sein!
    - Jederzeit - und unter allen Umständen!

In meinem Video sind Impressionen vom Nachmittag des 28. April 2012 zu sehen. Trotz allen Ernstes, der hinter dem Anlass für die kulturelle Umzingelung des Bergwerkgeländes am 28. April 2012 steckt:

Viel Spaß beim Anschauen.


Die Musik, die im Video zu hören ist, stammt aus Ausschnitten der von mir aufgenommenen Videosequenzen in denen verschiedene Gruppen zu sehen und zu hören sind. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, wer jeweils im Video zu sehen ist. Aber der "Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg" zufolge hatten sich die folgenden Künstler und Musikgruppen am Programm beteiligt:
  • Christa Tornow – Lesung
  • Wall – Performance
  • Jan-Lukas Spychay – Pantomime
  • Xamba – Musik
  • Britta Kärner Ute Behring – Schmuck
  • Lebenslaute – Musik
  • Johann Voss – Gedichte
  • Melanie Böker – Reiten
  • BI PrigniX formt Lehm-Xe
  • Hannes Eckeberg wird “Seedbombs” herstellen
  • ASB – Musik
  • Bodo Arndt – Musik

Nachdem die meisten von uns sich im Anschluss an die "Kulturelle Umzingelung" wieder auf den Weg nach Hause gemacht hatten, waren noch einige Atomkraftgegner in Gorleben geblieben, um im Rahmen der Aktion "Gorleben 365" die Zufahrten zum Bergwerksgelände zu blockieren.


Update 30.04.2012:
Erst nachdem ich das Video hochgeladen hatte (wann denn auch sonst?), hatte ich noch einen Schreibfehler im Vorspann meines Videos entdeckt. An das Datum hatte sich fieserweise eine weitere Null angehängt, so dass dort das Datum "28. April 20120" zu sehen war. Das Video stammt aber natürlich nicht aus einer fernen Zukunft, sondern aus dem Jahre 2012! Macht euch also keine vorschnellen Hoffnungen, dass die Welt in 18108 Jahren noch in Ordnung sein wird ... - Ich habe den Fehler inzwischen korrigiert, den Anhang etwas runder gestaltet und das Ganze als Version 2 meines Videos hochgeladen. Außerdem habe ich den Text meines Beitrags um zusätzliche Informationen erweitert und Quellenangaben einen Link zu einer Studie über die Gasvorkommen im Bereich des Salzstocks Gorleben-Rambow hinzugefügt.

(Quellen: TAZ vom 29.04.2012, Hannoversche Allgemeine vom 29.04.2012, Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg 28.04.2012, Greenpeace - Gorleben Gasstudie und Zusammenfassung, Gorleben 365, Wikipedia)

Freitag, 27. April 2012

Ausnahmegenehmigung für Bienenkiller

Man mag es manchmal kaum glauben, wenn man über Jahre hinweg beobachten muss, dass Chemiekonzerne sich nahezu unbehelligt eine "Goldenen Nase" verdienen, indem sie die Vielfalt des Lebens auf der Erde dezimieren und unsere natürlichen Nahrungsgrundlagen vernichten.

Der Deutschlandfunk erinnert in einem Beitrag vom 24.04.2012 - wieder einmal(!) - an das damals mysteriöse Bienensterben im Raum Freiburg, dem im Frühjahr 2008 Tausende Bienenvölker zum Opfer fielen. Nicht erst seit heute weiß man, dass die Bienen zusammen mit dem Nektar das Neonicotinoid "Clothianidin" aufgenommen hatten, das auf die Blütenpflanzen gelangt war. Inzwischen häufen sich Studien, denenzufolge bereits Kleinstmengen dieser Pestizide den Insekten Schaden zufügen können.

So hatten zum Beispiel französiche Biologen Bienenvölker mit kleinsten Mengen des ebenfalls zu den Neonicotinoiden gehörenden Insektengifts "Thiamethoxam" gefüttert, das unter anderem auf Raps-Feldern eingesetzt wird. Herr Dr. Mickaël Henry (Biologe, Institut National de la Recherche Agronomique in Avignon, Frankreich) sagte in dem Bericht des Deutschlandfunks (Zitat): "Wir haben mit kleinsten Dosen des Insektengifts gearbeitet, verglichen mit den Mengen, die normalerweise Bienen töten. Wir haben herausgefunden, dass das Mittel das Verhalten der Bienen verändert. Thiamethoxam verwirrt die Sammelbienen, sodass sie sich verirren. Füttert man Bienen mit dieser schwachen Insektizid-Dosis, ist für sie das Risiko zwei bis drei mal größer, auf dem Weg zurück zum Stock zu verschwinden, als für Bienen, die nicht damit in Kontakt gekommen sind."


Ausnahmegenehmigung

Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 10.04.2012 zufolge darf das Pflanzenschutzmittel Clothianidin auf deutschen Äckern "für eine begrenzte Zeit" wieder verwendet werden. Mit dem Gift solle dem Drahtwurm zu Leibe gerückt werden, der die Maiswurzeln zerfrisst. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) habe für den Zeitraum von Mitte März bis Mitte Juli eine Ausnahmegenehmigung erteilt.

In Anbetracht der durch Studien nachgewiesenermaßen möglichen Folgen für Bienenvölker und ihre wildlebenden Verwandten ist das allein schon ein Skandal. Das Sahnehäubchen ist aber die Erklärung eines Sprechers des BVL die in dem Bericht der Süddeutschen Zeitung wiedergegeben wird. Der Sprecher habe das "hohe Giftpotential" des Wirkstoffes bestätigt, aber man habe sorgfältig zwischen Nutzen und Schaden abgewogen. Schließlich sei nur ein halbes Prozent der gesamten Mais-Anbaufläche betroffen. Die mit einer Reihe von Auflagen verknüpften Ausnahmen seien für die Bundesländer Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Schleswig-Holstein erteilt worden.
  • Und jetzt kommt's:
    • Sämtliche Imker im Umkreis von 60(!) Metern würden gewarnt werden.
    • Sie sollen ihre Bienenvölker beobachten.
Ich bin kein Imker. Aber dass Bienen bei der Nahrungssuche erheblich weitere Strecken fliegen, als 60 Meter, ist mir aus dem Sachkunde-Unterricht in der Grundschule noch gut in Erinnerung geblieben. Und wenn die Imker ihre Bienenvölker beobachten und hinterher feststellen, dass nichts mehr da ist, was sie noch beobachten könnten, dann ist den Bienen damit irgendwie auch nicht wirklich geholfen.

Auf der Internetseite des Imkers Karl-Heinz Graf ist sehr gut dargestellt, wie Bienen ihren Artgenossen Informationen darüber weitergeben, in welche Richtung und wie weit sie fliegen müssen, um ergiebige Nahrungsquellen zu finden. Dort ist von Entfernungen zwischen Bienenstock und Nahrungsquelle von bis zu 10 Kilometern die Rede.


Mehr als nur Honig

Wie das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ in einer E.Mail an seinen Verteiler treffend bemerkt, machen Bienen nicht nur Honig. Honigbienen, Hummeln etc. sind entscheidend für die Existenz der Blütenpflanzen. Würden diese aussterben, weil es keine Bienen mehr gäbe, die sie bestäuben würden, dann wäre davon letztlich mehr als ein Drittel des Nahrungsangebots in vielen Ländern der Welt betroffen. Wenn für den kurzfristigen Schutz gigantischer Mais-Monokulturen am Ende zusammen mit dem Drahtwurm und den Bienen auch die gesamte Palette unserer Früchte, Gemüse, Kräuter, Blumen etc. ausgerottet werden würde, dann würde auch die Ernährung und die Gesundheit zahlreicher Menschen auf dem Spiel stehen.

Auch  Herr Hederer (Deutscher Berufs- und Erwerbs Imker Bund) wendet sich gegen industrielle Monokulturen. "Der Westen" zitiert ihn in einem Bericht vom 23.04.2012 mit den Worten: "Neurotoxische Gifte müssen aus der Umwelt raus!" Der Einsatz von Clothianidin müsse nicht sein. Der Drahtwurm lasse sich auch auf natürliche Weise über eine veränderte Fruchtfolge auf den Äckern bekämpfen.
  • Ein "Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit", das weder die Verbraucher noch die Sicherheit unserer Lebensmittel schützt, verdient diesen Namen nicht! Ehrlicherweise sollte es in "Bundesamt für Verbraucherverdummung zum Schutz der profitorentierten Interessen der Chemie- und Pharmaindustie (BVSCP)" umbenannt werden.

Aufgrund neuer Erkenntnisse hatte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) im Mai 2008 noch die - zunächst vorläufige - Aussetzung der Zulassung von acht Pflanzenschutzmitteln angeordnet. Damals stand "Clothianidin" auf Platz vier der zehn umsatzstärksten Produkte des Chemie- und Pharmakonzerns "Bayer", der den Bienenkiller, der 2004 in Deutschland unter dem Produktnamen Poncho zugelassen wurde, gemeinsam mit "Takeda Chemical Industries" entwickelt hatte.

Im Januar 2011 hatte AVAAZ die Entscheidungsträger in der EU und der USA mit einer Petition dazu aufgefordert, die Verwendung von Neonicotinoiden zu verbieten, um die Gefahr der Vernichtung unserer gesamten Nahrungskette abzuwenden. Die Petition wurde von mehr als 1,2 Millionen Unterzeichnern unterstützt.


Petition an die Aktionäre

Jetzt wendet sich eine neue Petition von AVAAZ an die Aktionäre des "Bayer"-Konzerns. Sie lautet:
"An die Aktionäre von Bayer:
Wir rufen sie dazu auf, für ein Ende der Produktion und des Verkaufs von Neonicotinoid-Pestiziden zu stimmen bis neue unabhängige Studien zeigen, dass sie unschädlich sind. Das katastrophale Bienensterben könnte unsere gesamte Nahrungskette in Gefahr bringen. Wenn Sie nun umgehend handeln, können die Bienen vor dem Aussterben bewahrt werden."


Leider kommt die erst am 24.04.2012 verfasste Petition reichlich spät. Eine Abstimmung der Bayer-Aktionäre über einen Antrag gegen die giftigen Chemikalien steht für heute auf der Tagesordnung der Jahreshauptversammlung der Bayer-AG. Da ich die E-Mail von AVAAZ erst heute Morgen erhalten habe, konnte ich meinen Artikel zum Thema auch erst nach Feierabend fertigstellen.

Trotzdem ist jeder weitere Verbraucher, der sich der Petition anschließt, ein Signal an den Konzern und seine Aktionäre, dass "der gute Ruf" und damit die Gewinne des Konzerns und die Dividenden der Aktionäre auf dem Spiel stehen. - Und es ist eine Ohrfeige für das BVL, das, anstatt seinen Aufgaben "Verbraucherschutz" und Sicherstellung der "Lebensmittelsicherheit" nachzukommen, lieber den Profit der Chemie Konzerne und der Agrarindustrie schützt.


Zum Weiterlesen


(Quellen:, Deutschlandfunk vom 24.04.2012, Der Westen vom 23.04.2012, Süddeutsche Zeitung vom 10.04.2012, Spiegel vpm 30.03.2012, Stern vom 30.03.2012, Hamburger Abendblatt vom 30.03.2012, n-tv vom 30.03.2012, Südostschweiz.ch vom 29.03.2012, Die Zeit vom 29.03.2012, Süddeutsche Zeitung vom 18.06.2008 , AVAAZ, Wikipedia)

Donnerstag, 26. April 2012

Ghost Town



There was no way they could have known that morning
That they awoke upon a fateful day
The killer wind came down without a warning
And no one had the chance to get away

The firemen were brave, they fought with honor
But the blaze was more than it appeared to be
And one by one they fell beside their comrades
Victims of a foe they could not see

Momma where are you
Poppa where did you go
And where are all the children who used to play here?
Only Heaven knows

What they saw defied all explanation
Someone said the trees were glowing red
They say the light came from the radiation
But, maybe it's the spirits of the dead...

Momma where are you
Poppa where did you go
And where are all the children who used to play here
Only Heaven knows

Gone the homes, the gardens and the playgrounds
Gone the souls who made their livings here
They say this place will always be a ghost town
It will be for at least six hundred years

Momma where are you
Poppa where did you go
And where are all the children who used to play here?
Only Heaven knows

(© Musik und Text: Huns and Dr Beeker)


Ghost Town - Die Geisterstadt - hat einen Namen: Er lautet "Prypjat". Am 26. April 1986 lebten und arbeiteten in der etwa drei Kilometer von der Atomkraftanlage "Tschernobyl" entfernt gelegenen Stadt rund 50000 Menschen. Im Zuge des weiteren Ausbaus der Anlage sollten es einmal 80000 Menschen werden.

Mit dem Morgen nach der Explosion des Atomreaktors Nr. 4 begann ein sonniger, warmer Frühlingstag. Die Menschen drängten ins Freie. Mütter gingen mit ihren Kindern auf den Spielplatz oder an den Fluss zum Schwimmen. Von der unsichtbaren Gefahr, die ihre Gesundheit und ihr Leben bedrohte, ahnten sie nichts. Die Geheimhaltung in der Sowjetunion funktionierte perfekt.

Erst gegen Mittag des darauffolgenden Tages forderten die Verantwortlichen die Bevölkerung mit einer knappen Radionachricht auf, sich auf eine dreitägige Abwesenheit einzurichten. Die Evakuierung Prypjats mithilfe von 1200 Bussen begann um 14 Uhr. Zweieinhalb Stunden später war die Stadt menschenleer. Die dreitägige Abwesenheit dauert inzwischen 26 Jahre.

Da die Menschen ihre Häuser in dem Glauben an ihre baldige Rückkehr verließen, sieht es in vielen Gebäuden heute noch so aus, wie am Tage des Super-GAUs. Allerdings ist vieles in Prypjat während der ersten Zeit nach der Atomkatastrophe Plünderern und Randalierern zum Opfer gefallen, und die Plätze, an denen ein viertel Jahrhundert zuvor noch 50000 Menschen lebten, sind heute von Gräsern und Bäumen "bevölkert".

Darüber, dass viele der ehemaligen Bewohner Prypjats genetische Schäden davongetragen haben, über eine Häufung von Krebserkrankungen bei Kindern der Stadt und über Fehlgeburten und Missbildungen ist im Laufe der Zeit einiges bekannt geworden. Welche Veränderungen die Radioaktivität bei den Pflanzen und Tieren verursacht hat, oder noch verursachen könnte, ist mir nichts bekannt.

Die Gefahr, die auch weiterhin von der strahlenden Atomruine ausgeht, ist noch lange nicht gebannt. Die bisher getroffenen Maßnahmen sind auch 26 Jahre nach dem Super-GAU nichts weiter als ein Provisorium. Eine Wand des inzwischen maroden "Sarkophags" droht einzustürzen. Deshalb soll die gesamten Ruine in einer zweiten, darüber errichteten Halle verschwinden.

Da die Strahlung am Sarkophag zu hoch für längere Aufenthalte von Menschen ist, soll die Halle in einger Entfernung davon gebaut, und nach ihrer Fertigstellung auf Schienen dorthin gefahren werden. Die Kosten der neuen Schutzhülle sind 1,5 Milliarden Euro veranschlagt worden. Vor einem Jahr hieß es, als Orientierung für die Fertigstellung gelte das Jahr 2015. Bis es aber soweit ist, dass der gefährlich strahlende Inhalt geborgen und "sicher" gelagert werden kann, werden noch sehr viele Jahre ins Land gehen.

An eine Rückkehr der Menschen ist auch längerfristig nicht zu denken. Prypjat - "Ghost Town" ... - dieser Ort wird wohl auch in hunderten von Jahren noch eine Geisterstadt sein.


Geisterstadt

Es gab nichts, was sie an diesem Morgen ahnen ließ,
dass sie an einem verhängnisvollen Tag erwachten.
Der Killerwind traf sie ohne Warnung
und niemand hatte eine Chance zu entkommen.

Die Feuerwehrleute waren tapfer, sie kämpften ehrenvoll.
Aber der Brand war mehr als er zu sein schien.
Und einer nach dem anderen fielen sie neben ihren Kameraden,
Opfer eines Feindes, den sie nicht sehen konnten.

Mama, wo bist du?
Papa, wohin bist du gegangen?
Und wo sind all die Kinder, die hier spielten?
Nur der Himmel kennt die Antwort.

Was sie sahen trotzte jeder Erklärung.
Jemand sagte, die Bäume glühen rot.
Sie sagten, das Licht, käme von der Strahlung.
Aber möglicherweise sind es auch die Geister des Todes …

Mama, wo bist du?
Papa, wohin bist du gegangen?
Und wo sind all die Kinder, die hier spielten?
Nur der Himmel kennt die Antwort.

Vergangen die Heimat, die Gärten und die Spielplätze.
Verschwunden die Seelen, die hier lebten und arbeiteten.
Sie sagen, dieser Ort wird immer eine Geiterstadt sein.
So wird es sein, für mindestens 600 Jahre.

Mama, wo bist du?
Papa, wohin bist du gegangen?
Und wo sind all die Kinder, die hier spielten?
Nur der Himmel kennt die Antwort.

(© Musik und Text: Huns & Dr Beeker / Übersetzung: J. Winkler)


(Quellen: Deutsche Welle vom 26.04.2012, Greenpeace vom 25.04.2012, Spiegel vom 20.04.2011, FAZ vom 19.04.2011, IPPNW vom 08.04.2011, Internetseite der Stadt Prypjat, Elena Filatova, Huns and Dr Beeker, Wikipedia)

Mittwoch, 25. April 2012

Die Verfallszeit atomarer Super-GAUs

"1986, SuperGAU von Tschernobyl" (Ausschnitt aus der ZDF-Doku-Serie "100 Jahre")

In den frühen Morgenstunden des 26. April 1986, gegen 1 Uhr 24, passierte das, was nach damals allgemein vertretener Ansicht "höchstens einmal in hunderttausend Jahren" passieren kann: Ein Atomkraftwerk explodierte.

Die Explosion des Reaktors Nr. 4 des Atomkraftwerks "Tschernobyl" war so stark, dass die 1000 Tonnen schwere Decke des Reaktorblocks abgesprengt und durch die Luft geschleudert wurde. Die Radioaktivität von 400 Hiroshimabomben wurde freigesetzt. Das Video ist ein Beitrag aus der ZDF-Dokumentarserie "100 Jahre". Es fasst die Ereignisse im April des Jahres 1986 zusammen und lässt Zeitzeugen zu Wort kommen.

Dummerweise war der Super-GAU gleich zu Beginn des von den Statistikern prognostizierten Zeitraums eingetreten - und nicht erst nach 99999 Jahren, 11 Monaten und 30 Tagen. Wer von uns damals der Meinung war, dass mit der Atomexplosion das Ende der Atomkraft gekommen sei, der wurde schnell eines Besseren belehrt. So etwas passiert nämlich nur in der Sowjetunion, hieß es - minderwertige Technik eben: Das überfordere jede Statistik. Bei uns, in den technisch perfekten Ländern des Westens, könne "so etwas" niemals passieren. Dort stünden schließlich die sichersten Atomkraftwerke der Welt ...

"Tschernobyl" verschwand aus den Zeitungen und aus den Nachrichten - verdrängt und vergessen. Die Jahre gingen ins Land ...

Im März des letzten Jahres, ein knappes viertel Jahrhundert nach dem Super-GAU von "Tschernobyl" explodierten infolge eines Erdbebens vor der japanischen Pazifikküste mehrere Reaktoren des Atomkraftwerks "Fukuschima-I" - und immernoch befinden wir uns ganz zu Beginn der magischen "hunderttausend Jahre". - Und die Welt erlebte bereits ihren zweiten atomaren Super-GAU - dieses Mal in einem Hochtechnologieland: In Japan, einem "Land des technisch perfekten Westens" !


Die Verfallszeit von Super-GAUs ...

Tschernobyl: Radioaktiv kontaminierte Gebiete in der Ukraine, Weißrussland und Russland (cc: BY-SA, by Sting)
... verringert sich rapide. Heute - 26 Jahre nach "Tschernobyl" und ein Jahr nach "Fukushima" - deklarieren Großbritanien, Frankreich, Tschechien und Polen die Atomkraft, die bereits weite Landstriche der Ukraine, Weisrusslands, Russlands und Japans in radioaktive Wüsten verwandelt und hunderttausende Menschen obdachlos gemacht hat, sowie zigtausenden Menschen Siechtum und einen qualvollen Tod bescherte, zur "emissionsarmen" Technologie. Die vier Länder forden von der EU, dass sie die Atomkraft mit der Nutzung regenerativer Energiequellen auf eine Stufe stellen, und somit als subventionsfähig einstufen soll.

Fukushima: Radioaktiv kontaminierte Gebiete in Japan sowie des Wassers des Pazifik (Public Domain, by Nuclear Incident Team DoE)
Das ist einfach nicht zu fassen. Auf welchem Planeten leben die? Man könnte meinen, die Regierungen dieser vier Länder seien scharf auf die zweifelhafte Ehre, den dritten Super-GAU in der Geschichte der Menschheit präsentieren zu dürfen. Mit Vernunft hat das jedenfalls nichts zu tun - eher schon mit bodenloser Ignoranz und maßloser Selbstherrlichkeit.


Konsequent ...

Die vier Atomsüchtigen sollten sich lieber ein Beispiel an Österreich nehmen. Österreichs einziges Atomkraftwerk, das bereits fertiggestellte Atomkraftwerk "Zwentendorf", ist aufgrund einer Volksabstimmung im Jahre 1978 nie in Betrieb gegangen. In Anbetracht der Atomkatastrophe von Fukushima hat Österreich darüberhinaus jetzt beschlossen, ab 2015 auch keinen im Ausland produzierten Atomstrom mehr einzukaufen. Das nenne ich konsequent.


... inkonsequent

Konsequent inkonsequent ist es dagegen, wenn sich die wespenfarbene Bundesregierung den "Atomausstieg" als ihre ureigenste Erfindung auf die Fahnen schreibt - was ohnehin schon an Dreistigkeit kaum zu überbieten ist - und nebenbei klammheimlich den Neubau von Atomkraftwerken im Ausland mit Hermesbürgschaften fördert (z.B. in Brasilen, Atomkraftwerk "Angra-III"). Da passt auch das herumgeeiere Herrn Oettingers (CDU, EU-Energiekommissar) in Sachen EU-Atomsubvention wunderbar ins Bild:
  • Am Morgen des 13.04.2012 berichtete die "Augsburger Allgemeine" auf ihrer Internetseite (Zitat): "Mehrere europäische Staaten wollen laut einem Zeitungsbericht die Atomkraft weiter ausbauen und dafür Fördergelder von der EU. Energiekommissar Oettinger ist bereit zur Diskussion."
  • Ebenfalls am 13.04.2012 meldeten die ZDF-heute Nachrichten (Zitat): "EU-Energiekommissar Oettinger hat sich gegen Subventionen für die Atomenergie ausgesprochen. Dem stehe er 'zurückhaltend gegenüber', erklärte Oettinger in Brüssel. Zuvor hatten mehrere Nachbarländer eine EU-Förderung der Atomkraft gefordert."

Demnach wäre der Herr Energiekommissar Oettinger also bereit "zu einer 'zurückhaltenden' Diskussion". Eine klare Ablehnung von EU-Subventionen für Atomkraftwerke hört sich anders an! Wer jetzt das dringende Bedürfnis verspürt, Herrn Oettinger aufzufordern, dass er der Forderung Großbritaniens, Frankreichs, Tschechiens und Polens eine Abfuhr erteilen soll, der findet dazu auf der Internetseite des "Umweltinstituts München" und derjenigen des Anti-Atom-Netzwerks ".ausgestrahlt" die passende Gelegenheit.





(Quellen: TAZ vom 22.04.2012, Augsburger Allgemeine vom 13.04.2012, ZDF-heute vom 13.04.2012, AKW Zwentendorf, .ausgestrahlt, Umweltinstitut München)

Montag, 23. April 2012

Post für Frau Merkel und Herrn Oettinger

Atomkraft? Nein Danke!Auch das "Umweltinstitut München" hat sich
des Themas "Subvention der Atomkraft mit
Euro-Steruergeldern" angenommen. 
Auf seiner Internetseite schreibt es (Zitat):
"Geht´s noch? Während unsere Minister Röttgen und Rösler die Solarförderung kappen, fordern ein paar EU-Staaten unsere Steuergelder zur Subventionierung der Atomkraft, da es sich wie bei den erneuerbaren Energien um eine emissionsarme Technologie handle. Das ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten! ... Durch EU-Subventionen für neue Atomkraftwerke oder die Förderung von Atomstrom mit unserem Geld würde der deutsche Atomausstieg ad absurdum geführt! Deshalb fordern wir, dass sich die Bundesregierung deutlich gegen Subventionen für Atomkraft einsetzt und vielmehr darauf drängt, dass die erneuerbaren Energien europaweit zügig ausgebaut werden und Europa möglichst schnell atomkraftfrei wird."

Das "Umweltinstitut München" hat auf seinen Seiten ein Formular
mit einem vorgefertigten Text für eine E-Mail an Frau Merkel (CDU,
Bundeskanzlerin) und Herrn Oettinger (CDU, EU-Energiekommissar)
bereitgestellt, den man entweder so abschicken, oder um eigene Kritik-
punkte ergänzen kann. Der Text lautet:

Kein Steuergeld für Atomkraft!

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,
sehr geehrter Herr Energiekommissar Oettinger,

der Vorstoß der Länder Großbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien, die Atomkraft mit Subventionen auszubauen und den erneuerbaren Energien gleichzustellen, ist unerhört und darf nicht umgesetzt werden. Die deutsche Regierung hat die Risiken der Atomkraft nach der Fukushima-Katastrophe endlich anerkannt und in der Folge den Atomausstieg parteiübergreifend beschlossen. Ich fordere Sie deshalb auf, sich dafür einzusetzen, dass die Atomkraft nicht als förderwürdige Energie in den EU-Fahrplan Energie 2050 aufgenommen wird!

Stattdessen fordere ich:

- Keine EU-Förderung von Atomstrom, schon gar nicht über Einspeisevergütung nach dem Muster der erneuerbaren Energien

- Keine Verschwendung von Steuergeldern zum Bau von Atomkraftwerken in unseren Nachbarländern und weltweit

- Eine Überführung der Rückstellungen in einen Fonds zur Sicherung der Gelder, die für Stilllegung und Rückbau der Meiler sowie für die Endlagerung der Jahrtausende strahlenden hochradioaktiven Abfälle benötigt werden

- Einen zügigen Ausbau der Erneuerbaren, die immer preiswerter werden und langfristig die einzige Energieversorgung darstellen, die ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist.

- Unsere Außenpolitik, EU-weit und international, muss mit dem deutschen Atomausstieg uneingeschränkt konform sein. Deshalb dürfen keine EU-Steuergelder - egal ob als EU-Subvention, Entwicklungshilfe oder Bürgschaft - in den Bau oder Betrieb von Atomkraftwerken fließen.

- Der deutsche Atomausstieg darf keine Insellösung sein, sondern ist ein Musterbeispiel, das bereits Nachahmer hat und nicht nur europaweit, sondern weltweit umgesetzt werden muss.

Durch EU-Subventionen für neue AKWs oder die Förderung von Atomstrom mit unserem Geld würde der deutsche Atomausstieg ad absurdum geführt! Deshalb fordere ich Sie auf, sich deutlich gegen Subventionen für Atomkraft einzusetzen und vielmehr darauf zu drängen, dass die erneuerbaren Energien europaweit zügig ausgebaut werden und Europa möglichst schnell atomkraftfrei wird.

Mit freundlichen Grüßen



Eigentlich ist dem aus meiner Sicht nicht mehr viel hinzuzufügen. Höchstens vielleicht, dass mithilfe europäischer Atomsubventionen am Ende der Atomkette Europas Atomberge noch weiter anwachsen würden, dass am Anfang der Atomkette mit den Abraumhalden und Tailingbecken in den Uranabbaugebieten Australiens, Afrikas, Kanadas und Zentralasiens ganze Landstriche in strahlende Wüsten verwandelt werden und dass die Subventionen die Wahrscheinlichkeit erhöhen würden, dass uns das dritte Atomkraftwerk vielleicht direkt vor der Haustür um die Ohren fliegt. Und das nennt sich in Großbritanien, Frankreich, Tschechien und Polen dann "emissionarm"? Ansonsten ist der Text des Umweltinstituts eine Zusammenfassung dessen, worüber ich mich auch schon aufgeregt habe ...


Zum Weiterlesen:


(Quelle: Umweltinstitut München)

Samstag, 21. April 2012

Schildahaven

Aggressive Farbe "von keinem Amt genehmigt": Obirange
Baumarkt "Max Bahr" auf der gegenüberliegenden Straßenseite!
".. Erschrecken über die tatsächlichen Dimensionen .."
Als der gerade fertiggewordene Rathaus-Neubau eingeweiht werden sollte, stellten die Bürger fest, dass man vergessen hatte, die Fenster einzubauen. Kurzerhand füllten sie Sonnenlicht in Säcke um es im Rathaus auszuleeren ...

Diese Geschichte soll sich vor langer Zeit in Schilda ereignet haben. In Bremerhaven gibt es dazu jetzt eine mindestens ebenso absonderliche Parallele. Direkt vor der Haustür eines seit vielen Jahren ansässigen Baumarkts haben die Stadtvorderen die Ansiedlung eines neuen Baumarkts genehmigt. Mit den Einnahmen aus dem Verkauf des größten Teils des Wilhelm-Kaisen-Platzes an den Investor, die holländische Ten Brinke Gruppe, sollten der Abriss des alten Eisstadions und die Sanierung des übriggebliebenen Teils des Wilhelm-Kaisen-Platzes bezahlt werden.

Heute ist in der Nordsee-Zeitung zu lesen, von den 1,1 Millionen Euro, die für den Grundstücksverkauf eingenommen wurden, seien "bereits einige Rechnungen bezahlt worden": Ganze 510000 Euro seien noch übrig. Das hätte nicht einmal gereicht, um die ursprünglich veranschlagten 650000 Euro für die Befestigung der restlichen Fläche des Platzes aufzubringen. Nur, dass jetzt von 1,46 Millionen Euro die Rede ist, die dafür benötigt werden - ups: Da hat sich wohl jemand geringfügig verschätzt? Über die Finanzierung des Abrisses des Eisstadions - in der Zeitung ist von 800000 Euro - muss man da wohl nicht mehr wirklich nachdenken ...

Doch damit nicht genug: Zu den finanziellen Problemen komme nun noch die aggressive Farbgebung sowie das Erschrecken über die tatsächlichen Dimensionen des Baumarkts hinzu ... - ach ja? Was mich betrifft, war ich über die Dimensionen des Projekts bereits erschrocken, als ich zum ersten Mal den Plan des Wilhelm-Kaisen-Platzes mit dem darin eingezeichneten Baumarkt gesehen hatte. Ich hatte diesbezüglich nie irgendwelche Illusionen. Meine Vorstellungen davon haben sich voll und ganz bewahrheitet. Und was die Farbe angeht, die "von keinem Amt genehmigt worden" ist: Nun ja, typisch "obirange" eben. Das machen die immer so. Das nennt man auf neudeutsch heutzutage wohl "Corporate Identity". So ist jeder OBI-Baumarkt schon von weiten als OBI-Baumarkt zu erkennen.

Allerdings hatte sich das offenbar bis zu den verantwortlichen Entscheidungsträgern der ehemaligen Großen Koalition aus CDU und SPD nicht herumgesprochen. Außerdem stellt sich die Frage, wie diese über die "tatsächlichen Dimensionen" erschrocken sein können, wenn sie ihre Zustimmung für den Bau des Marktes auf Grundlage der Pläne gegeben haben, aus denen ebendiese Dimensionen doch klar hervorgingen. Vielleicht sollten die Damen und Herren Politiker versuchen, die quietsch-orangefarbene Bausünde in Säcke zu schaufeln um sie zur Schadensbegrenzung an den Stadtrand zu verfrachten.

Die Bürger aus Schilda haben damals jedenfalls gute Erfahrungen mit der "Sack-Methode" gemacht. Es ist zwar dadurch im Rathaus kein bischen heller geworden, aber dafür sind die Schildbürger heute sehr berühmte Leute. Vielleicht geht's den Ratsherren von Schildahaven ja irgendwann ebenso ...

Irgendwelche Leute werden mit Sicherheit ihr Geld in de schicken obirangen Baumarkt tragen. Diesbezüglich mache ich mir gleichfalls keine Illusionen. An mir werden die jedoch keinen einzigen Cent verdienen - und aus vielen Gesprächen mit anderen Menschen aus Bremerhaven weiß ich, dass ich nicht der einzige bin, der weiterhin bei Bauhaus, Max Bahr, Praktiker oder Hornbach einkaufen wird.

Keine weiteren Märkte in Lehe!


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 21.04.2012)

Wasser unter dem Kiel




Es ist Frühling:

  Die Boote
  verlassen ihr Winterlager
  und gehen ins Wasser ...




Die "Comet" ist wieder im ihrem Element

Ich wünsche euch allen ein schönes, sonniges Wochenende.

Donnerstag, 19. April 2012

Eine Schande für die zivilisierte Welt

FriedenstaubeWie die Tagesthemen gestern berichteten, mussten die USA der Welt nach der Veröffentlichung weiterer grausamer Fotos schon wieder erklären, dass  ihre Soldaten in Afghanistan erneut Leichen geschändet haben.

Ein Fallschirmjäger hatte der "Los Angeles Times" achtzehn Fotos überlassen, um auf die Risiken für alle Soldaten aufmerksam zu machen, die von der nach seiner Ansicht mittlerweile völligen Disziplinlosigkeit in Teilen der US-Armee ausgehen. Auf den Fotos soll zu sehen sein, wie US-Soldaten grinsend mit den Überresten eines Selbstmordattentäters vor der Kamera posieren. Andere sollen die abgetrennte Hand eines Toten mit ausgestrecktem Mittelfinger vor die Kamera gehalten haben und die inoffizielle Plakette einer US-Einheit mit der Aufschrift "Zombie-Jäger" neben andere Leichen gelegt haben. Die Aufnahmen seien derart drastisch, dass man sie zum Teil unkenntlich gemacht habe.

Wie oft wollen die politisch Verantwortlichen der USA die Menschen in Afghanistan eigentlich noch um Verzeihung bitten?


Die Grenze des Erträglichen

Es gibt eine Grenze des gerade noch Erträglichen. Wenn diese Grenze erreicht ist, dann sagt jeder zivilisierte Mensch: "Es reicht!"

Diese Grenze haben insbesondere US-Soldaten in Afghanistan schon längst überschritten. Die fremden Soldaten werden den Menschen in Afghanistan keinen Frieden bringen können. Statt dessen haben sie ihnen schon viel Leid gebracht. Die logische Konsequenz wäre schon vor langer Zeit gewesen, dass die internationalen Truppen das Land verlassen. Statt dessen sollen die letzten Soldaten noch bis Ende 2014 dort ausharren, bevor endlich Schluss damit ist.

Ich erwarte nicht, dass nach dem Abzug der ausländischen Soldaten Frieden in Afghanistan einkehren wird. Aber der Krieg, der jetzt dort stattfindet, hat kein Ziel. Es ist ein Krieg um des Krieges willen. Ein solcher Krieg macht aus Menschen Bestien.


Die Fehler der Vergangenheit

Sollten die Taliban in Afghanistan wieder die Oberhand gewinnen, dann wären das auch keine besseren Zukunftsaussichten für die Menschen in diesem Land. Aber die bittere Erfahrung, dass sich gegen Partisanen, Terroristen und Selbstmordattentäter mit keiner technisch noch so hochgerüsteten Armee ein Sieg erringen lässt, hat schon die russische Armee machen müssen. Selbst die USA haben diese Erfahrungen schon einmal gemacht. Das Trauma der US-Armee hat einen Namen: "Vietnam". Es ist nicht zu fassen, dass andere Staaten - inklusive Deutschland(!) - der Meinung sind, sie müssen die gleichen Fehler unbeding noch einmal wiederholen, um die gleichen Erfahrungen selbst sammeln zu können.

  • Gerade Deutschland täte nach den bitteren Erfahrungen zweier Weltkriege gut daran, sich für friedliche Lösungen von Konflikten einzusetzen. Die führen - ebenso wie Kriege - auch nicht immer zum Erfolg. Aber das Blut der Opfer klebt dann an Händen der Täter und nicht an denen unserer Mitbürger. Wer Blut an seinen Händen hat, der hat nicht mehr das Recht, den ethisch/moralischen Zeigefinger gegenüber Unterdrückern, Mördern oder Terroristen zu heben.

    Es reicht! Es gibt keinen Grund dafür, dass deutsche Soldaten noch bis Ende 2014 in Afghanistan töten und sterben müssen.


(Quellen: Stern vom 19.04.2012, TAZ vom 19.04.2012 und vom 18.04.2012, Tagesschau vom 18.04.2012, Süddeutsche Zeitung vom 18.04.2012, Der Spiegel vom 18.04.2012)

Mittwoch, 18. April 2012

Petition gegen CISPA - Klappe: Die Zweite ...

Am 06.04.2012 hatte ich schon einmal über eine neue Gesetzesvorlage geschrieben, mit der US-Kongressabgeordnete den USA einen Freibrief für die willkürliche Zensur des Internets verschaffen könnten. Nach SOPA, PIPA und ACTA ist der "Cyber Intelligence Sharing and Protection Act" (CISPA) innerhalb kürzester Zeit ihr neuester Angriff auf die Freiheit des Internets.

Anfang des Monats hatte das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ deswegen eine Online Petition an die Abgeordneten des US-Kongresses initiiert. Jetzt folgt die nächste Petion in dieser Angelegenheit an die international agierenden Internetkonzerne "Facebook", "Microsoft" und "IBM". Der Hintergrund: Diese Konzerne wären eine unerschöpfliche Quelle für private Daten ihrer Kunden. Sie sind laut AVAAZ entscheidende Unterstützer von CISPA und würden diese Daten und alles was ihre Kunden online unternehmen an Behörden der US-Regierung weitergeben.

Post- und Fernmeldegeheimnis? Schutz unserer Privatsphäre? Alles das wäre Schnee von gestern. AVAAZ setzt deshalb mit einer zweiten Petion an die genannten Konzerne nach. Sie lautet:
"An Facebook, Microsoft und IBM:

Als beunruhigte Kunden auf der ganzen Welt rufen wir Sie dazu auf, Ihre Unterstützung für die die Gesetzesvorlage zur Cyberkriminalität (Cyber Intelligence Sharing and Protection Act, CISPA) sofort fallenzulassen. Unsere Demokratie und Bürgerrechte werden von den überzogenen und unnötigen Internetüberwachungs-befugnissen dieser Vorlage bedroht. Das Internet ist ein wichtiges Instrument, mit dem Menschen auf der ganzen Welt Ideen austauschen und sich gemeinsam für die Welt, die wir uns wünschen, einsetzen. Wir rufen Sie dazu auf, wahres Führungsverhalten zu zeigen und sich für unsere Internet-Freiheit einzusetzen."



Sollte CISPA Gesetz werden und ich könnte mir nicht sicher sein, dass Mikrosoft meine Kundendaten und meine Onlineaktivitäten irgendwelchen US-Regierungsbehörden gegenüber vertraulich behandelt, dann wäre das für die "Ära Mikrosoft" auf meinem Computer das Ende. Ich hatte schon einmal über die Alternative Linux nachgedacht. Da ein Umstieg aber wohl mit einem recht großen Aufwand verbunden wäre, hatte ich bisher davon Abstand genommen. Es geht ja nicht nur darum, das Betriebssystem und neue Software zu installieren. Bevor ich mich auf ein solches Abenteuer einlasse, müsste ich mir schon sicher sein, dass ich anschließend meine Dateien auch mit Linux-Software öffnen und bearbeiten kann. Facebook ist für mich kein Problem. Von dieser Datenkrake halte ich mich fern - auch wenn dadurch möglicherweise die eine oder andere Diskussion über Themen, die mir wichtig sind, an mir vorübergehen sollte.


Zum Weiterlesen:


(Quelle: AVAAZ)

Küstenschutz - für die nächsten 100 Jahre



Küstenschutz für die nächsten 100 Jahre: Erhöhung des Weserdeichs vor Bremerhaven

Im letzten Jahr wurde mit der Erhöhung des 900 Meter langen Deichabschitts zwischen der Strandhalle und der Geestemündung begonnen. Nach der Winterpause sind die Arbeiten jetzt wiederaufgenommen worden. 

Inzwischen liegt der aufgefahrene Boden auf dem Niveau der ehemaligen Spundwand auf der bisherigen Deichkrone (Foto links unten). Sofern die Arbeiten weiterhin im Zeitplan bleiben, sollen bis zum Herbst dieses Jahres 70000 Kubikmeter Sand, 35000 Kubikmeter Kleiboden und 17500 Tonnen Wasserbausteine verbaut worden sein.

Im Bereich zwischen dem "Sail-City" Turm und der Geestemündung wird der Deich dann eine Höhe von 8,60 Meter über Normalnull erreicht haben. Auf dem Foto links oben ist sehr gut zu erkennen, wieviel Material noch herangeschafft werden muss, damit die zukünftige Deichkrone mit der Höhe des Deichs vor dem "Sail-City" Turm und dem Mediterraneo (linke Hälfte des Fotos) abschließt. Wie die Die Nordsee-Zeitung in ihrer Ausgabe vom 16.04.2012 berichtete, wird auf eine Schicht von einem halben Meter Sand eine 1,50 Meter dicke Schicht Kleiboden aufgefahren werden.

In Bremerhaven sind die mit ungefähr sechs Millionen Euro veranschlagten Baumaßnahmen die praktische Folge dessen, womit sich Forscher anderenorts noch theoretisch im Bereich der "Klimafolgenforschung" beschäftigen. Mit dem Anstieg des Meeresspiegels werden zukünftig auch die Sturmfluten höher auflaufen. Hätte man es bei der heutigen Höhe der Deiche belassen, dann wären sie mit Sicherheit irgendwann überspült worden.


Wenn aus Eis Wasser wird ...

Infolge des globalen Temperaturanstiegs ist es im Nordpolarmeer bereits jetzt zu dramatischen Eisverlusten gekommen. Nicht nur der Rückgang der Fläche der Eisbedeckung während des Polarwinters, der der in den letzten Jahren schneller voranschritt, als nach den Beobachtungen während der vergangenen Jahrzehnte zu erwarten gewesen wäre ist besorgniserregend. Auch die stetige Abnahme der gemessenen Eisdicke des Meereises gibt Anlass zur Sorge.

Im Nordpolargebiet ist nicht nur damit zu rechnen, dass dort irgendwann das Meer auch während des Polarwinters nicht mehr flächendeckend zufrieren wird. Weitaus dramatischere Folgen wären weltweit aufgrund des Abschmelzens der Eismassen Grönlands zu erwarten. Dass solche Überlegungen nicht unbegründet sind, belegen Forschungsergebnisse des PIK und der "Universidad Complutense de Madrid".

In einer Pressemitteilung des "Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung" (PIK) vom 11.03.2012 heißt es, die Eismassen Grönlands seien wahrscheinlich viel verletzlicher durch die Erderwärmung, als bislang angenommen worden ist. Die Grenze für ein völliges Schmelzen der Eisdecke infolge der globalen Erwärmung läge im Bereich zwischen 0,8 und 3,2 Grad Celsius, mit einem besten Schätzwert von 1,6 Grad über den Temperaturen vor Beginn der Industrialisierung. Ein massives Schmelzen von Land-Eis könne langfristig zu einem Anstieg des Meeresspiegels von mehreren Metern beitragen und beträffe daher möglicherweise das Leben vieler Millionen Menschen.

Heute werde bereits eine globale Erwärmung um 0,8 Grad beobachtet. Würde die Menschheit ihre Emissionen klimarelevanter Gase (CO2, Methan, ...) ungemindert fortsetzen, dann würde sie langfristig auf eine globale Erwärmung von acht Grad Celsius zusteuern. Dies würde innerhalb von 500 Jahren zu einem Abschmelzen von einem Fünftel der Eisdecke Grönlands führen - und zu einem fast vollständigen Eisverlust in 2000 Jahren.

2000 Jahre - das entspricht in etwa dem Alter des Christentums. Der bislang letzte Zeitraum, in dem es auf der Erde um gut drei Grad wärmer war als heute, war das Pliozän - ein Erdzeitalter, das vor etwa 5,332 Millionen Jahren begann und vor etwa 2,588 Millionen Jahren endete. Grönland war während dieser Periode eisfrei und der Meeresspiegel lag um etwa 25 Meter höher als heute. Vor gerade einmal 500 Jahren entdeckten portugisische und spanische Seefahrer mit ihren hölzernen Segelschiffen die bis dahin unbekannten Regionen Welt. Heute ist die Menschheit auf dem besten Wege, diese Welt zu zerstören.

In der Pressemitteilung des PIK wird Herr Robinson (Hauptautor der in "Nature Climate Change" veröffentlichten Studie) zitiert: "Je stärker wir die Temperaturgrenze überschreiten, desto schneller schmilzt das Eis. Das würde man nicht als raschen Zusammenbruch bezeichnen. Allerdings ist es rasch, wenn man es vergleicht mit dem, was bislang in der Erdgeschichte passiert ist. Und wir nähern uns wahrscheinlich bereits der kritischen Grenze."

  • Wenn ich das richtig interpretiere, dann hätte damit der aktuelle mittlere globale Temperaturanstieg den Berechnungen der Wissenschaftler in Deutschland und Spanien zufolge bereits die untere Grenze des genannten kritischen Bereichs erreicht. An diesem Beispiel wird einmal mehr deutlich, dass es ein riskanntes Spiel mit der Zukunft der nachfolgenden Generationen ist, wenn die Menschheit versuchen sollte, das "maximal plus 2 Grad" Ziel bis zur Schmerzgrenze auszureizen. Nicht nur aus meiner Sicht muss vielmehr alles dafür getan werden, dass der Anstieg der globalen mittleren Temperatur weit unterhalb der "maximal plus 2 Grad" Marke stabilisiert wird.


... steigt das Meer

Aufgrund der bis 2007 bekannten Daten rechneten Wissenschaftler, die sich mit den zu erwartenden Folgen des Klimawandels beschäftigen, mit einem Anstieg des Meeresspiegels um 19 bis 59 Zentimeter. Inzwischen ist wohl zu befürchten, dass die bisherigen Annahmen deutlich nach oben korrigiert werden müssen.

Eine Studie des PIK und der "Technischen Universität Helsinki" kommt zu dem Schluss, dass es bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu einem Anstieg um 0,75 bis 1,9 Meter kommen könnte. Für die im Fachjournal PNAS (2009) veröffentlichte Studie wurden Meeresspiegel-und Temperaturmessungen aus den vergangenen 130 Jahren ausgewertet.

Sollte die Studie sich bewahrheiten, dann werden die heutigen Deicherhöhungen möglicherweise gerade einmal für 100 Jahre ausreichen. Zu bedenken ist außerdem, dass die Küstenschutzmaßnahmen nur zeitlich begrenzten Sturmfluten standhalten können. Langfristig hohen Wasserständen hätten sie nichts entgegenzusetzen. Die Deiche würden aufweichen. Der seeseitige Druck der an den Deichen stehenden Wassermassen würde den aufgeweichten Boden einfach wegspülen.


(Quellen: NZ vom 16.04.12, Pressemitteilung des PIK vom 11.03.2012, Der Standard vom 06.10.2011, ORF vom 02.05.2011, Frankfurter Rundschau vom 13.09.2010, 3SAT vom 05.11.2009)

Dienstag, 17. April 2012

Non, No, Nie, Ne: Keine EU-Atomsubventionen

In meinem Artikel vom 15. April 2012 hatte ich bereits darauf aufmerksam gemacht, dass Frankreich, Großbritanien, Tschechien und Polen in Brüssel darauf drängen, dass Atomkraftwerke den gleichen Status wie Erneuerbare Energiequellen erhalten.

Käme es dazu, dann würden in Großbritannien garantierte Einspeisevergütungen für Atomstrom eingeführt werden. Der Neubau von Atomkraftwerken könnte direkt von Brüssel gefördert werden. Am Freitag, 20.04.2012, werden die Wirtschafts- und Energieminister der EU über den Vorstoß der vier Länder beraten. Das Geld, das in den Kassen der Atomkonzerne verschwinden würde, stünde für die Förderung atommüllfreier, CO2-neutraler unf klimaschützender Technologien nicht mehr zur Verfügung. Hinzu kommt, dass Subventionen für Erneuerbare Energien in der EU deshalb zulässig sind, weil sie als Unterstützung zur Markteinführung dienen. Die Markteinführung der Atomkraft hat jedoch bereits vor mehr als 50 Jahren stattgefunden!

Die Atomkonzerne RWE und E.ON haben sich von ihren Plänen verabschiedet, in Großbritanien Atomkraftwerke zu bauen - nicht, weil sie plötzlich zu Atomkraftgegnern geworden sind, sondem weil sich die beabsichtigten Neubauvorhaben nicht finanzieren lassen. Die Erkenntnis, dass Atomkraftwerke nicht wirtschaftlich zu bauen und zu betreiben sind, hat sich auch in Frankreich, Tschechien und Polen durchgesetzt. Statt aber der sonst üblichen wirtschaftlichen Vernunft zu folgen, und auf Atomkraft zu verzichten, wollen die Regierungen der vier Länder nun in der EU durchsetzen, dass ihre Neubauvorhaben von der EU subventioniert werden.

Das Anti-Atom-Netzwerk ".ausgestrahlt" schreibt auf seiner Internetseite, Berechnungen der internationalen Umweltschutzorganisation "Greenpeace" zufolge seien allein in Deutschland bisher schon 200 Milliarden Euro Subventionen in die Atomkraft geflossen. Deshalb reiche es auch nicht aus, wenn es keine EU-Subventionen für Atomstrom geben würde. Auch die direkte und indirekte Subventionierung in Deutschland müsse beendet werden (beispielsweise wird Forschung an neuen Reaktorlinien weiterhin staatlich gefördert, Atomkonzerne sind nicht zum Abschluss einer risikogerechten Haftpflichtversicherung verpflichtet, Rückstellungen für die Atommülllagerung und den Abriss stillgelegter Atomkraftwerke würden bei einer Insolvenz in der Konkursmasse verschwinden, ...).


Petition

Das Netzwerk ".ausgestrahlt" hat eine Petition an die Bundesregierung verfasst. Sie lautet:
Nein zu Atom-Subventionen der EU

Ich fordere die Bundesregierung auf, in den Gremien der EU die Subventionierung von Atomenergie klipp und klar abzulehnen. Atomkraftwerke sind nicht emissionsfrei, denn sie setzen bei Störfällen tödliche Stoffe frei, produzieren tagtäglich strahlende Abfälle und zerstören die Umwelt durch den Abbau ihres Brennstoffes Uran.

Jede Subvention für Atomstrom behindert die nötige und mögliche Energiewende.



(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 13.04.2012, .ausgestrahlt)

Die "Alex II" ist zurück in Bremerhaven



"Alexander von Humboldt II" an der Seebäderkaje (Bremerhaven, 15.04.2012)

Am Samstag, dem 14.04.2012, ist die Bark "Alexander von Humboldt II" von ihrer ersten großen Reise nach Bremerhaven zurückgekehrt. Das Schiff war als Nachfolgerin des legendären Schiffes mit den grünen Segeln, der "Alexander von Humboldt", im Herbst letzten Jahres in Dienst gestellt worden und bald darauf in Richtung "Winterlager" ausgelaufen.

Seit seinem Abschied von der Wesermündung im letzten Jahr hat das neue Schiff bei den 17 Törns, größtenteils in den Segelrevieren rund um die Kanaren und die Kapverden, 15000 Seemeilen zurückgelegt. Wie die Kreiszeitung-Wesermarsch am 14.04.2012 berichtete, sind dabei auch die Stärken und die Schwächen des neuen Schiffs erkannt worden. Echte Schwächen hätten die Besatzungen und ihre Gäste keine entdeckt, dafür aber jede Menge Stärken. Die "Alexander von Humboldt II" laufe schneller als erwartet und lasse sich überaus gut manövrieren. Fahr- und Segeleigenschaften seien hervorragend.

Jetzt liegt die Bark erst einmal für zwei Wochen an die Kaje der BVT-Werft im Bremerhavener Fischereihafen. Dort sollen Garantie- und Routinearbeiten erledigt werden. Während der Veranstaltung "Wasserwelten" vom 28. April bis 1. Mai besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an Halbtagestörns auf der Außenweser.

Anschließend wird das Schiff Bremerhaven schon wieder verlassen. Dann wird es beim "Hamburger Hafengeburtstag" beim "Hafenfest Stralsund" und bei der "Kieler Woche" zu sehen sein ...


Zum Weiterlesen:


(Quellen: Kreiszeitung-Wesermarsch vom 14.04.2012, Bremerhaven Portal)

Sonntag, 15. April 2012

Europäische Subventionen für Atomkraftwerke

Atomkraft? Nein Danke!Ebenso, wie der Bau von Wind- und Solaranlagen soll der Bau von Atomkraftwerken in Europa künftig durch neue Subventionen gefördert werden - jedenfalls wenn es nach dem Willen vier europäischer Staaten ginge.

Neun europäische Länder grenzen direkt an Deutschland. In fünf dieser Länder gibt es derzeit insgesamt 77 Atomkraftwerke. Drei der vier Staaten, die sich ihre Atomkraftwerke von europäischen Steuerzahlern finanzieren lassen wollen, finden sich unter den direkten Grenznachbarn Deutschlands.

In zwei der drei Atomnachbarn sind insgesamt 64 der 77 Atomkraftwerke in Betrieb:
  • Frankreich:
    58 Atomkraftwerke in Betrieb
    2 Atomkraftwerke geplant oder im Bau
    1 Atomkraftwerk darüberhinaus beabsichtigt
  • Tschechien:
    6 Atomkraftwerke in Betrieb
    2 Atomkraftwerke geplant oder im Bau
    1 Atomkraftwerk darüberhinaus beabsichtigt
Der dritte Nachbar im Bunde ist Polen. Dort ist zur Zeit noch kein einziges Atomkraftwerk im Bau oder in Betrieb. Polen plant jedoch mit dem Neubau von sechs Atomkraftwerken - 1 Jahr nach "Fukushima" und 26 Jahre nach "Tschernobyl" (!) - den Einstieg in die Stromerzeugung mit Atomkraftwerken.

Das vierte europäische Land, das die Subventionierung  seiner Atomindustrie aus europäischen Steuermitteln fordert, ist Großbritannien. Dort sind neunzehn Atomreaktoren in Betrieb. In Großbritanien befinden sich vier neue Atomkraftwerke in der Planungsphase. Darüberhinaus gibt es konkrete Absichten für die Planung neun weiterer Atomkraftwerke.


Die Atomschmarotzer

In Frankreich, Großbritanien und Tschechien geht es in erster Line darum, den Weiterbetrieb der insgesamt 83 vorhandenen Atomkraftwerke zu garantieren. Damit sich das überhaupt rechnet und um die Finanzierung für den Neubau acht weiterer Atomkraftwerke in den drei Ländern zu sichern, sollen europaweit die Steuerzahler per Gesetz zur Kasse gebeten werden.

Frankreichs Staatskonzerns "Arewa" schreibt mit dem “Europäischen Druckwasserreaktor” bislang nur rote Zahlen. Die Atomkraftwerke entwickeln sich zu einem Atomfass ohne Boden.
Die "Grande Nation Nucléaire" braucht Geld, um die Löcher darin  stopfen zu können.

Die Atomkonzerne RWE und E.ON wollten sich aufgrund des abzusehenden Endes ihrer atomgetriebenen Gelddruckmaschinen in Deutschland mit dem Neubau von Atomkraftwerken in Großbritanien ein neues Standbein schaffen. Davon haben sie inzwischen wieder Abstand genommen - weil sie keine Möglichkeit zur Finanzierung der beabsichtigten Neubauvorhaben sehen. Wer in England einkaufen will, der muss dafür immernoch Euro in Englische Pfund umtauschen. Wenn es aber um die Finanzierung ihrer Atomindustrie geht, dann ist die englische Regierung gerne auch bereit, ihre Hand für Euros aufzuhalten.

Tschechien braucht finanzielle Unterstützung, um in seiner nur 60 km von der deutschen Grenze enfernt gelegenen Atomkraftanlage "Temelin" weitere Atomreaktoren bauen zu können. Käme es dort zu einem Super-GAU, dann wären Teile von Österreich und Bayern direkt davon betroffen. Würde das Wasser der Moldau im Falle einnes Super-GAUs in Temelin auf die gleiche Weise zur Notkühlung herhangezogen, wie das Wasser des Pazifiks in Fukushima, dann wäre der Nebenfluss der Elbe radioaktiv kontaminiert. Über die Elbe hätten die Auswirkungen einer Atomkatastrophe Einfluss auf das Welterbe "Nationalpark Wattenmeer" und wären bis in die Nordsee hinein zu spüren.

In Polen war einmal mit dem Bau eines Atomkraftwerks begonnen worden. Das Bauvorhaben scheiterte und musste aufgegeben werden. Die jetzige Regierung Polens träumt erneut den gefährlichen Atomtraum, dessen Verwirklichung aber wiederum an den dafür fehlenden finanziellen Mitteln scheitert.

Dass sich das Land bereits in den Kreis der vier europäischen Atomschmarotzer begeben hat, bevor dort überhaupt mit dem Bau auch nur eines einzigen neuen Atomkraftwerks begonnen wurde, kommt einem in weiser Voraussicht vorsorglich abgegebenen Offenbarungseid gleich: Ohne massive Subventionen wäre an den Aufbau einer Atomindustrie in Polen offenbar überhaupt nicht zu denken! Das schreit geradezu nach Protesten in Polens Hauptstadt Warschau mit Atomkraftgegnern aus ganz Europa.


Das Prinzip "Hoffnung"

Aber es gibt auch Lichtblicke. Ebenso wie Deutschland haben auch seine Grenznachbarn Belgien und Schweiz erklärt, sie würden aus der Nutzung der Atomkraft zur Stromerzeugung aussteigen (Belgien bis 2025, Schweiz bis 2032). Vorausgesetzt, es kämen keine neuen Atomkarftwerke hinzu, würde das Bedrohungpotential in der direkten Nachbarschaft Deutschlands in zwanzig Jahren auf 65 Atommeiler reduziert werden - das sind noch einmal 10 Jahre nach dem aktuell genannten Abschalttermin für das letzte deutsche Atomkraftwerk.

65 Atomkraftwerke werden aber auch dann noch eine ständige potentielle Berdrohung für die Gesundheit und das Leben zahlreicher Menschen in Europa und in Deutschland darstellen - vorausgesetzt es kommen keine neuen hinzu. Jederzeit - mindestens bis 2022 auch mitten in Deutschland(!) - kann es in einem der Atomkraftwerke in unserer Nachbarschaft zum atomaren Super-GAU kommen.

Einige der atomaren Zeitbomben zählen zu den ältesten aktiven Atomkraftwerken der Welt. Jeder weiß, dass diese Zeitbomben bereits ticken. Es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann uns die erste davon um die Ohren fliegen wird und es wäre ein reiner Glücksfall, wenn wir - im Gegensatz zur Ukraine, Teilen von Weißrussland und Japan - von einem Super-GAU verschont blieben. Das, was uns bleibt, ist nichts weiter als eine vage Hoffnung ...


Atomkraft ist unwirtschaftlich

Es ist jetzt 51 Jahre her, seit in Deutschland am 17. Juni 1961 erstmals Strom aus dem kommerziellen Atomkraftwerk "Kahl" in das öffentliche Netz eingespeist wurde. Vier Jahre zuvor war mit dem Forschungsreaktor München in Garching der erste deutsche Forschungsreaktor in Betrieb genommen worden.

Mit dem etwa 110 Kilometer südwestlich von Moskau gelegenen Atomkraftwerk "Obninsk" begann am 27.06.1954 das Zeitalter der kommerziellen Atomstromproduktion. Ein Jahr später folgte in Westeuropa das Atomkraftwerk "Calder Hall".

Seit dieser Zeit sind die Atomkraftwerke in Deutschland und in Europa mit hunderten Milliarden Euro subventioniert worden. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wenn ich meinen Hausmüll loswerden will, dann muss ich dafür bezahlen. Die Atomkraftwerksbetreiber produzieren seit mehr als 50 Jahren Berge hochradioaktiven Atommülls, ohne dass sie überhaupt eine Mülldeponie vorweisen könnten, auf der sie das gefährlich strahlende Zeugs über hunderte vom Millionen Jahren so lagern könnten, dass es für uns und die uns nachfolgenden Generationen keine Gefahr mehr darstellt.

Wie der Verein "FORUM, Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V." gestern in einer Pressemitteilung berichtete, ist Herr Oettinger (CDU, EU-Kommissar für Energie) offen für Überlegungen, die auf eine europäische Subvention für den Neubau von Atomkraftwerken abzielen.

Wundern kann ich mich darüber nicht. Immerhin war Herr Oettinger (CDU, Baden-Württemberg, damals Ministerpräsident) derjenige, der zusammen mit Herrn Koch (CDU, Hessen, damals Ministerpräsident) lange vor der Bundestagswahl im Jahre 2009 die Pläne für die "Laufzeitverlängerung" der CDU vorbereitete, die diese dann - zusammen mit ihrer Schwesterpartei CSU und ihrem Koalitionspartner FDP - im Jahre 2010 gegen den Willen der Bürger durchsetzte.

Es kann jawohl nicht wahr sein, dass wir Steuerzahler - dann höchstoffiziell - eine Hochrisikotechnologie zur Erzeugung von Wasserdampf für den Antrieb von Stromgeneratoren in Großkraftwerken subventionieren und damit möglicherweise unser eigenens Grab schaufeln sollen. Über Jahre hinaus wären wir damit außerdem gezwungen, zur weiteren Anhäufung von Atommüll beitragen, für dessen sichere Verwahrung es keine Lösung gibt.

Das Gegenteil muss geschehen. Die Betreiber der Atomanlagen müssen die Kosten für die Sicherheit, für den Betrieb, für Forschung und Entwicklung, für die Haftpflichtversicherung zur Deckung von Schäden im Falle eines GAUs oder Super-GAUs, für die sichere Lagerung ihres Atommülls, sowie für den Abriss stillgelegter Anlagen aus eigener Tasche bezahlen. Dass sich der Betrieb ihrer Atomkraftwerke dann nicht mehr rentieren würde, haben die vier in Deutschland aktiven Atomkonzerne bereits zugegeben.
  • Daran, dass der deutsche Atommüll imSalz unter dem Wendland alles andere als sicher untergebracht wäre, werden wir die Bundesregierung anlässlich des Jahrestags des Super-GAUs von "Tschernobyl" (26. April 1986) erneut erinnern. Am 28.04.2012 wird dort eine Kundgebung und eine "kulturelle Umzingelung" der Atomanlagen bei Gorleben stattfinden.

    Bevor Herr Röttgen (CDU, Bundesumweltminister) weiter von einer "weißen Landkarte" rsprechen kann, auf der "ergebnisoffen" nach einem geeigneten Standort für ein Atommülllager für hochradioaktiven Atommüll gesucht werden soll, muss er erst einmal dafür sorgen, dass der schwarze Fleck "Gorleben" darauf verschwindet!


Update: 16.04.2012, Temelin, weitere Quellen

(Quellen: Financial Times Deutschland vom 15.04.2012, Focus vom 13.04.2012, Financial Times Deutschland vom 13.04.2012, Tagesschau vom 13.04.2012, contrAtom vom 13.04.2012, Greenpeace, FORUM e.V., Wikipedia)

Samstag, 14. April 2012

Haftstrafe für Schwangerschaftsverhütung

Ich bin keine Frau. Ich weiß aber dass es Männer gibt, die Frauen vergewaltigen. Ich bin keine Frau. Ich kann mir daher mit Sicherheit nicht wirklich vorstellen, was eine Frau für den Rest ihres Lebens durchmachen muss, die auf eine solche Weise brutal erniedrigt worden ist.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie es einer Frau geht, die einer Vergewaltigung zum Opfer gefallen ist, dann auch noch dazu gezwungen wird, das Kind des Vergewaltigers auszutragen und großzuziehen. Eine solche Frau wäre jeden Tag aufs neue mit den Folgen dessen konfrontiert, was ihr einmal angetan wurde. Ein solches Leben muss die Hölle auf Erden sein.

Wäre ich ein Kind, das aufgrund der Gewalt zur Welt kam, die meiner Mutter angetan wurde, dann würde ich eines Tages feststellen, dass meine Spielkammeraden und alle anderen Kinder nicht nur Mütter, sondern auch Väter haben. Was würde meine Mutter empfinden, wenn sich sie dann fragen würde, warum ich keinen Vater habe? Würde meine Mutter mich überhaupt lieben können, so wie andere Mütter ihre Kinder lieben können? Würde sie mich dafür hassen, dass ich sie mit meiner Frage an die schrecklichsten Minuten und Stunden ihres Lebens erinnere?

Frauen, die heute einer Vergewaltigung zum Opfer gefallen sind, haben zumindest die Chance zu verhindern, dass sie auch noch ungewollt von dem Mann schwanger werden, der ihnen das angetan hat. "Die Pille danach" verzögert oder verhindert den Eisprung und kann dadurch eine Befruchtung vermeiden. Sie ist also keine "Abtreibungspille".


Für Notfallverhütung ins Gefängnis?

In Honduras könnte es jedoch kurzfristig dazu kommen, dass Vergewaltigungsopfern zukünftig nur noch die Wahl zwischen der zusätzlichen Erniedrigung durch eine erzwungene Schwangerschaft und einer zusätzlichen Kriminalisierung bleiben würden. Honduras steht kurz davor, ein Gesetz zu verabschieden, das Frauen, die nach einer Vergewaltigung "die Pille danach" anwenden, zu einer bis zu sechsjährigen Gefängnisstrafe verurteilt werden.

In einigen Ländern ist die "Pille danach" bereits verboten. Zu diesen Ländern gehört auch Honduras. Amnesty International schreibt über die Gesetzesinitiative in diesem Land (Zitat): "Honduras ist kurz davor, das einzige Land der Welt zu werden, in dem Notfallverhütung mit der 'Pille danach' strafrechtlich verfolgt wird. Laut einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von Honduras wäre ein gesetzliches Verbot der postkoitalen Verhütung nicht verfassungswidrig. Frauen und Mädchen, die vergewaltigt worden sind, oder bei denen andere Verhütungsmethoden versagt haben, hätten dann nicht mehr die Möglichkeit, von Notfallverhütung Gebrauch zu machen. Die Grundrechte der Frauen und Mädchen in Honduras sind bedroht." Jeder, der die Pille verkauft, sie anwendet oder Informationen darüber verteilt - ob Teenager, Vergewaltigungsopfer oder Ärzte - könnte im Gefängnis landen.
  • ".. Laut einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von Honduras wäre ein gesetzliches Verbot der postkoitalen Verhütung nicht verfassungswidrig. .." - Die Verfassung Honduras muss wohl von Männern geschrieben und verabschiedet worden sein.

Bereits im April 2009 hatte der Kongress Honduras ein solches Gesetz verabschiedet, das jedoch aufgrund des von Herrn Zelaya (Honduras, ehemaliger Präsident) eingelegten Vetos nicht in Kraft trat. Er hatte sich dem Druck von Aktivisten, die für die Rechte vergewaltigter Frauen eintreten, gebeugt. Drei Wochen darauf war er einem Putsch zum Opfer gefallen. Das neue Regime brachte das Gesetz jetzt erneut auf den Weg.

Einige Kongressabgeordnete sind der Meinung, die Gesetzesvorlage ginge zu weit. Sie fügen sich jedoch dem Druck der mächtigen Kirchenlobby, die hinter diesem Gesetz steht. Die Kirchenvertreter behaupten fälschlicherweise, die "Pille danach" käme einer Abtreibung gleich. Von einer Abtreibung kann aber frühestens dann die Rede sein, wenn ein Ei befruchtet worden ist.


Für die Rechte von Missbrauchsopfern

Ich bin keine Frau. Über Sexualverbrecher und ihre Opfer lese ich hin und wieder etwas in der Zeitung. Wenn ich erfahre, dass ein Vergewaltiger überführt und verurteilt worden ist, dann ist das Thema schnell wieder vergessen. Für das Schicksal der Opfer interessiert sich bald auch niemand mehr.

Die E-Mail des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ, durch die ich heute Morgen von dem Vorhaben der Machthaber in Hondouras erfahren habe, war wieder einmal ein Anlass, der mich über das Thema nachdenken ließ. Aus meiner Sicht geht hier es nicht nur darum, dass Frauen zu Opfern sexueller Gewalt werden, sondern darum, dass ihnen darüberhinaus "von Staats wegen" das Leben zur Hölle gemacht werden soll.

AVAAZ schreibt in seiner E-Mail (Zitat): "Notfallverhütung ist wichtig für Frauen überall auf der Welt, doch insbesondere dort, wo es viel sexuelle Gewalt gegen Frauen gibt, wo ungewollte Schwangerschaften häufig und der Zugang zu regulären Verhütungsmitteln begrenzt ist. Unterstützen wir die Frauen von Honduras und helfen wir ihnen, dieses Gesetz aufzuhalten." Dafür hat AVAAZ eine internationale Petition mit folgendem Wortlaut verfasst:
"An den Präsidenten des Kongresses, Juan Orlando Hernández:

Als besorgte Bürger drängen wir Sie, Verhütung nicht zu kriminalisieren. Die Gesetzesvorlage würde Honduras zum einzigen Land der Welt machen, das den Verkauf der "Pille danach" mit Gefängnisstrafen von bis zu 6 Jahren belegt. Wir rufen Sie auf, dieses extremistische Gesetz abzulehnen und Frauenrechte zu respektieren -- ansonsten riskieren Sie weltweite Verurteilung."



Laut AVAAZ liegt die letzte Entscheidung über das Gesetz beim Kongress und die Regierung wolle eine weitere Beschädigung ihres international ohnehin schon lädierten Rufs nicht riskieren. AVAAZ schreibt weiter (Zitat): "Machen wir dem Präsidenten des Kongresses deutlich, dass wir nicht zusehen werden, wie Honduras zu dem für Frauen repressivsten Land der Region gemacht wird."

Ich weiß nicht, ob die Petition Erfolg haben wird. Aber ich denke ein Versuch ist es auf jeden Fall Wert.


Unheilige Allianzen

Und noch etwas wird durch das in Honduras vorangetriebene Gesetz deutlich. Die christlich dominierten Länder dieser Welt, zu denen auch Honduras zu zählen ist (85 bis 90 Prozent der Bevölkerung sind dort römisch-katholischen Glaubens), sollten - auch in Anbetracht der Rolle der katholischen Kirche in der Geschichte - besser darauf bedacht sein, mit gutem Beispiel voranzugehen, bevor sie mit dem Finger auf islamisch dominierte Länder zeigen, in denen die Rechte der Frauen ebenfalls mit Füßen getreten werden.

In Hondouras wird - trotz offizieller Trennung von Staat und Religion - deutlich, dass es selbst in der heutigen Zeit noch zu unheiligen Allianzen zwischen religiösen und weltlich motivierten Machtinteressen kommen kann.


(Quelle: AVAAZ, Amnesty Internatonal, Lateinamerika Nachrichten, Wikipedia)