Freitag, 6. April 2012

SOPA, PIPA, ACTA, ... - CISPA

Die Versuche von US-Kongressabgeordneten, ein Gesetz zu etablieren, das den USA einen Freibrief für die willkürliche Zensur des Internets verschafft, hören nicht auf. Gerade schauen alle wie gebannt auf das Europäische Parlament, das Mitte Juni über ACTA abstimmen wird, da starten mehr als 100 Abgeordnete des Kongresses der USA mit dem "Cyber Intelligence Sharing and Protection Act" (CISPA) bereits den nächsten Angriff auf die Freiheit des Internets.

Vor ACTA hatte es schon die US-Gesetzesvorhaben SOPA, PIPA gegeben, die das gleiche Ziel verfolgten. Weltweite Proteste gegen SOPA gipfelten im "SOPA Blackout Day". An diesem Tag hatte unter vielen anderen Internetseiten auch "Wikipedia" seine Seiten für einen Tag vom Netz genommen. Darauf legte der US-Kongress die beiden Gesetzesvorlagen zur Überarbeitung vorerst auf Eis.

CISPA ist noch restriktiver angelegt, als die vorhergehenden Gesetzesinitiativen SOPA und PIPA, da es den US-Behörden die Umgehung des ohnehin schon schwachen US Datenschutzrechts ermöglichen würde. Unter dem Vorwand, es diene Amerikas Krieg gegen den Cyber-Terrorismus, würde das Gesetz ihnen erlauben, jegliche Online-Korrespondenz abzufangen, sobald sie auch nur die Vermutung haben, beim Inhalt einer E-Mail, eines Forum-Threads o.ä. könne es sich um kriminelle Aktivitäten im Internet handeln. - Und zwar ungeachtet geltender Gesetze!

Bisher haben im wesentlichen englischsprachige Medien, sowie "der Standard" aus Österreich und die "Neue Züricher Zeitung" aus der Schweiz über CISPA berichtet. Ich selbst habe das erste Mal heute Morgen durch eine E-Mail des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ etwas über von Versuch des US-Kongresses erfahren, "heimlich ein neues Gesetz zu verabschieden, das das Ausspionieren des gesamten Netzes erlauben würde." AVAAZ schreibt weiter (Zitat): ".. und sie hoffen, dass die Welt es nicht merkt! Wir haben schon einmal geholfen, ihre Netz-Attacke zu vereiteln, tun wir’s nochmal. .."

Laut AVAAZ soll Internet Servic Providern mit CISPA das Recht eingeräumt werden, Informationen über sämtliche Onlineaktivitäten ihrer Nutzer zu sammeln und an die Regierungsbehörden der USA weiterzugeben, ohne dass die Internetnutzer darüber informiert würden. Eine pauschale Immunitätsklausel würde sie davor schützen, wegen Bruchs der Privatssphäre oder anderer illegaler Handlungen belangt zu werden. Dies sei ein ungeheuerlicher Angriff auf die Vertraulichkeit, auf deren Gewährleistung wir alle uns beim Schreiben von E-Mails, beim Chatten, beim Suchen nach Informationen im Internet und vielen weiteren Aktivitäten im Internet verlassen. Unternehmen und die US-Regierung hätten somit das Recht, jeden von uns jederzeit und so lange es ihnen gefällt ohne richterliche Anordnung auszuspionieren.

In der Hoffnung, die Bürger würden schon nichts davon mitbekommen, ist CISPA eine weitere Mogelpackung für ein restriktives Gesetz, mit dem US-Kongressabgeordnete klammheimlich die weltweite Zensur des Internets durchzusetzen versuchen. Organisationen wie zum Beispiel die "Electronic Frontier Foundation", die für die Freiheit des Internets eintreten, haben den Gesetzesvorschlag allerdings aufgrund der darin vorgesehenen Beeinträchtigung grundlegender Rechte bereits verurteilt.

In einem Artikel der "Netzwoche" von gestern ist zu lesen, Herrn Burman (Center for Democracy and Technology, CDT) zufolge gebe es eine Reihe von Bedenken, wenn etwas wie CISPA ein großes Loch im Datenschutzrecht schaffe, womit es der Regierung erlaubt wäre, an diese Art von Informationen zu gelangen. Wie bei SOPA und PIPA wären es die Internet Service Provider, welche die private Kommunikation und die Daten ihrer Kunden an die Behörden weiterleiten müssten, was einer Überwachung gleichkäme. Neben dem Verlust an Privatsphäre müsste der Verbraucher, der für die Dienste seines Internet Service Providers bezahlt, damit auch noch für die Kosten aufkommen, die für die gegen ihn gewendete Spionage anfallen.


Petition gegen CISPA

In einigen Ländern ist die Freiheit im Internet bereits jetzt der Zensur ausgesetzt. Da sich ein Großteil der Infrastruktur des Netzes in den USA befindet, stehen den USA jedoch von allen Ländern der Welt die besten Voraussetzungen zur Verfügung, um weltweit die Rechte von Internetnutzern angreifen zu können.

In der Hoffnung, ein weiteres Mal einen weltweiten Generalangriff des US-Kongresses auf die den Datenschutz und die Freiheit des Internets abzuwehren, hat AVAAZ erneut eine internationale Petition initiiert. Sie lautet:
"An Abgeordnete des US-Kongress:
 

Als beunruhigte Bürger der Welt rufen wir Sie dazu auf, die Gesetzesvorlage zur Cyberkriminalität (Cyber Intelligence Sharing and Protection Act, CISPA) sofort fallenzulassen. Unsere Demokratie und Bürgerrechte werden von den überzogenen und unnötigen Internetüberwachungsbefugnissen dieser Vorlage bedroht. Das Internet ist ein wichtiges Instrument, mit dem Menschen auf der ganzen Welt Ideen austauschen und sich gemeinsam für die Welt, die wir und wünschen, einsetzen. Wir rufen Sie dazu auf, wahres Führungsverhalten zu zeigen und sich für unsere Internet-Freiheit einzusetzen."



Sobald 250000 Unterschriften zusammengekommen sein werden, wird AVAAZ die Petition an die mehr als 100 Abgeordneten des US-Kongresses überreichen, die das Gesetz unterstützen.


Zum Weiterlesen:
  • CISPA, H.R. 3523:
    Cyber Intelligence Sharing and Protection Act of 2011
    (US-Kongress, Gesetzesvorlage, englisch)
    - Originaltext -


(Quellen: AVAAZ vom 06.04.2012, Der Standard vom 05.04.2012, NZZ vom 05.04.2012, Supportnet Computer vom 05.04.2012, Netzwoche vom 05.04.2012, Netzpolitik vom 04.04.2012)

1 Kommentar:

Der Geestendorfer hat gesagt…

Hallo Jürgen,
das sammeln von Daten wird durch die Initiativen im US-Kongress in den Vereinigten Staaten von Amerika immer schlimmer. Wenn außerparlamentarische Gruppen wie AVAAZ das Treiben in Washington nicht kritisch beobachten, würden solche freiheitsfeindliche Gesetze klammheimlich durch Kongress und Senat gehen. Solche ristriktiven Gesetze wurden in Washington von der starken Wirtschaftslobby in das amerikanische Parlament gebracht. Da werden Politiker und Politikerinnen so lange bequatscht, bis sie von der "Notwendigkeit" solcher Gesetze überzeugt sind.

Aber solche Methoden kann ich mir in Deutschland aucht vorstellen. Vieleicht scheint unsere Gesellschaft kritischer zu sein.

Frohe Ostern,
wünscht Holger

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