Donnerstag, 30. September 2010

Anti Atomkraft Demonstration in Dannenberg


Gesehen in Berlin während der Anti Atom Demonstration am 18.09.2010

Es ist Herbst. Das sieht man unter anderem auch an den vielen Kürbis-Fotos in den Blogs. Ich habe auch noch eins ...

Die gute Frau hat sich damit während der Umzingelung des Regierungsviertels in Berlin bestimmt ganz schön abschleppen müssen. Na ja: Sie hat's ja so gewollt. Und es waren ja auch nur ungefähr sechs Stunden, die sie sich damit abplagen musste.

Was sie - ebenso wie alle anderen Demonstrationsteilnehmer - aber auf gar keinen Fall wollen, das sind längere Laufzeiten für Atomkraftwerke die während der ganzen Zeit weiteren Atommüll produzieren. Um dagegen zu protestieren, dass unsere Nachkommen sich Millionen von Jahren mit noch mehr Atommüll herumplagen müssen, als ohnehin schon vorhanden ist, geht es am 6. November nach Dannenberg.


Auf nach Gorleben

Fest steht, dass es nicht einmal für den ohnehin schon angehäuften hochradioaktiven Atommüll ein geeignetes Endlager gibt. Das Salz unter der Erde bei Gorleben ist dafür ebensowenig geeignet wie das ehemalige Salzbergwerk Asse-II. Trotzdem will die Bundesregierung die Atomkraftwerke im Schnitt weitere 12 Jahre länger in Betrieb halten, als es im Atomkonsens verabredet worden war - nur damit die Atomkonzerne milliardenschwere Profite einstreichen können. Am 6. November 2010 findet deshalb im Vorfeld der angekündigten Castor-Transporte nach Gorleben in Dannenberg eine bundesweite Großdemonstration statt.

Das Bundeskabinett hat die Pläne bereits durchgewinkt - doch bis Ende Oktober muss jetzt noch der Bundestag über die Pläne entscheiden. Alle, die nicht die Möglichkeit haben nach Dannenberg zu fahren, können ihren Protest mit der Online-Unterzeichnung des Appells ausdrücken, den das demokratische Netzwerk Campact initiiert hat.

Am 23. Oktober wird es einen symbolischen Castorstrecken-Aktionstag entlang der drei Castor-Strecken geben, über die in diesem Jahr noch Atommüll transportiert werden soll - symbolisch deshalb sein, weil an diesem Tag wohl keine Transporte stattfinden werden. Jedoch soll mit dezentralen Aktionen entlang der Strecke im ganzen Land sichtbar gemacht werden, dass die Mehrheit der Bundesbürger die Atomkraft und die damit verbundenen gefährlichen Transporte ablehnt.




(Quellen: Ausgestrahlt, Castorstrecken-Aktionstag, Campact)

Mittwoch, 29. September 2010

Ein peinliches Bild

Am 25.09.2010 berichtete die Nordsee-Zeitung, Herr Rosche (SPD, Fraktionsvorsitzender) halte es für noch für "zu früh", zum Thema Bürgerbeteiligung Stellung zu beziehen. Erst wenn der Abschlussbericht eines Unterausschusses, der sich schon seit etlichen Monaten damit beschäftige, wie die Bürger mehr als bisher an kommunalpolitischen Entscheidungen beteiligt werden können vorliege und dieser "mit Fraktion und Partei abgestimmt" sei, wolle Herr Rosche sich dazu äußern.

Das Sprecherteam der Stadtteilkonferenz Lehe hatte die Diskussion um die Nutzung des Zollinlandplatzes zum Anlass genommen, das Thema Bürgerbeteiligung auf die Tagesordnung zu setzen. Herrn Rosche habe ich dort gestern Abend zwar nicht gesehen, aber Vertreter der Linken, der CDU, vom Bündnis 90 /Die Grünen und auch von der SPD meldeten sich in der Diskussion zu Wort. Das wirkte zwar zum Teil wie ein vorweggenommener Auftakt zum Wahlkampf zur nächsten Stadtverordnetenversammlung, war aber recht aufschlussreich bezüglich der Arbeitsweise des Unterausschusses, der sich - wie Herr Rosche es gegenüber der Nordsee-Zeitung dargestellt hatte - "schon seit etlichen Monaten" mit dem Thema Bürgerbeteiliung beschäftigt.

Frau Niehaus (Stadtteilkonferenz Lehe, Sprecherin) stellte die Frage, warum die Sprecher der Bremerhavener Stadtteilkonferenzen nicht im Ausschuss "Bürgerbeteiligung" vertreten sind. Herr Haase (SPD) entschuldigte sich dafür, dass man daran wohl schlicht nicht gedacht habe, womit er sich prompt den Vorwurf einhandelte, der Unterausschuss nähme das Thema Bürgerbeteiligung wohl nicht sehr ernst, wenn seine Mitglieder nicht mal auf den naheliegenden Gedanken kommen, diejenigen, um die es schließlich geht, auch daran zu beteiligen.

Herr Kaminiarz (Bündnis 90 /Die Grünen) stellte daraufhin jedoch richtig, dass seine Partei im Unterausschuss bereits im Jahre 2007 vorgeschlagen habe, Vertreter der Stadtteilkonferenzen in den Unterausschuss zu berufen. Der Vorschlag sei jedoch seitens der Ausschussmitglieder der SPD und der CDU strikt abgewiesen worden. Weiterhin stellte er klar, auch über den Umfang und die inhaltliche Ausgestaltung von Bürgerbeteiligung gäbe es erhebliche Differenzen zwischen der Großen Koalition und den in der Opposition vertretenen Parteien. Parteien wie Bündnis 90 /Die Grünen oder die Linke würden es begrüßen, wenn die Bürger weitgehende Beteiligungsbefugnisse im Rahmen freiwilliger Bürgerbeteiligungen erhielten, während CDU und SPD eine Minimal-Lösung entsprechend der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung (formelle Beteiligung) auf dem geringst möglichen Level anstrebten.

Im Verlauf des Abends kristallisierte es sich dann immer mehr heraus, dass der Unterausschuss seine Arbeit bereits 2007, also schon zu Beginn der aktuellen Legislatur-Periode, aufgenommen hatte. Herr Kaminiarz berichtete, die letzte Sitzung in diesem Jahr habe im April stattgefunden. Der Ausschussvorsitzende habe seit dem zu keiner weiteren Sitzung eingeladen. Herr Haase stellte aber in Aussicht, der Abschlussbericht solle "möglichst noch in diesem Jahr" - als Termin nannte er "die Dezembersitzung" - vorgestellt werden. Wenn ich einfach einmal voraussetze, dass der Unterausschuss sich dafür vorher noch einmal kurz zusammensetzen wird, dann hätte er sich in diesem Jahr sage und schreibe zwei ganze Male mit dem Thema Bürgerbeteiligung beschäftigt. Und er beschäftigt sich nicht erst seit "etlichen Monaten", sondern bereits seit gut drei Jahren damit (was bei einer ähnlichen Anzahl von Sitzungen wie in diesem Jahr allerdings auch nicht gerade auf eine kontinuierlichen Arbeit schließen lassen würde).

Nachdem sich Vertreter der anwesenden Parteien zu Wort gemeldet hatten, ergriff auch Herr Raschen (CDU, Fraktionsgeschäftsführer) das Wort. Nachdem er einleitend einen polemischen Seitenhieb gegen den anwesenden Herrn Müller (Die Linke) austeilte, der irgendwie nichts zur Sache beitrug und für den ich absolut keinen Anlass erkennen konnte, lobte er den Umgang der Großen Koalition mit der Bürgerbeteiligung in Bremerhaven, stellte mehrmals fest, man sei in Sachen Bürgerbeteiligung auf einem sehr guten Weg (von Bürgerbeteiligung sei ja sogar in der Koalitionsvereinbarung die Rede), und bis zum Ende der Legislaturperiode werde auch der Abschlussbericht des Unterausschusses vorliegen.

Das provozierte postwendend die Nachfrage eines Besuchers der Stadtteilkonferenz, wann denn nun tatsächlich mit dem Abschlussbericht zu rechnen sei. Der Vorredner von der SPD habe doch von Dezember 2010 gesprochen. "Dazwischen liegen gerade einmal fünf Monate" erhielt er sinngemäß Herrn Raschen zur Antwort.

Aus meiner Sicht ist es ein peinliches Bild, das sich im Laufe des Abends vor den Besuchern der Stadtteilkonferenz entwickelte.
  • Das alles zeigt deutlich welchen Stellenwert "Bürgerbeteiligung" bei den beiden in der Großen Koalition in Bremerhaven vertretenen Parteien tatsächlich einnimmt!

Am Ende wird sich dann wohl ein Unterausschuss während der kompletten Dauer dieser Legislaturperiode hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Bürger mit "Bürgerbeteiligung" beschäfigt haben, ohne das die Bürger ein einziges Mal an Entscheidungen entsprechend der immer noch ausstehenden Vorschläge des Unterausschusses beteilgt gewesen wären.


Ein Besucher der Stadtteilkonferenz, der sich beruflich unter anderem auch als Berater und Mediator mit dem Themenkreis "Bürgerbeteiligung", "Bürgerbegehren/Bürgerentscheid" etc. auseinandersetzt brachte es auf den Punkt: Je mehr die Bürger an den Entscheidungen ihres Gemeinwesens beteiligt seien, desto größer sei die Akzeptanz der getroffenen politischen Entscheidungen. Als Beispiel nannte er die Beteiligung der Bürger einer brasilianischen Großstadt, die nahezu jede finanzielle Entscheidung in ihrer Stadt mitentscheiden. Dort habe man schon vor langer Zeit erkannt, dass die Bürger, die tagtäglich mit den Problemen in ihren Stadtteilen konfrontiert sind, weitaus besser in der Lage sind, die besten Lösungsansätze dafür erarbeiten können, als irgendwelche davon nicht betroffenen Politiker in den Stadtparlamenten. Aber man brauche gar nicht bis nach Brasilien zu schauen. Auch in deutschen Städten und Gemeinden gäbe es eine ausreichende Anzahl guter Beispiele für eine weitgehende freiwillige Beteiligung der Bürger an gesellschaftlichen und politischen Entscheidungen (auch an solchen finanzieller Art). Die Bürger seien sehr wohl in der Lage zu erkennen, was machbar und finanzierbar ist und was nicht.


(Quellen: Wikipedia )

Dienstag, 28. September 2010

Großkraftwerke beschleunigen die Katastrophe

Atomkraft? Nein Danke!Am letzten Wochenende war unter dem Titel "Mit dem Bus zur Demo" ein größerer Bericht von Herrn Buttler (Sonntagsjournal, freier Mitarbeiter) über die Anti-Atomkraft-Demonstration vom 18.09.2010 in Berlin im Sonntagsjournal der Nordsee-Zeitung abgedruckt. Bei der Lektüre des Artikels war ich plötzlich ziemlich überrascht, über die Worte, die mir da in den Mund gelegt wurden: Ich sei enttäuscht gewesen, dass es anscheinend nicht möglich war, einen Bus für Interessierte aus der Seestadt zu organisieren.

Na ja, das wäre ja ganz nett gewesen, aber eine Mitfahrgelegenheit ab Stotel war schon in Ordnung. Eigentlich hatten mich jedoch ganz andere Sorgen dazu veranlasst, nach Berlin zu fahren. Das Thema "Bus ab Bremerhaven" war eigentlich von Herrn Buttler ins Gespräch eingebracht worden. Er war erstaunt darüber gewesen, das ein Bremerhavener im Bus mit Start in Stotel nach Berlin fährt, und hatte mehrmals gefragt, ob denn wirklich kein Bus von Bremerhaven aus fahren würde, was ich dann im Verlauf des Gesprächs mehrmals verneint hatte.


Eigentlich hatte ich Herrn Buttler erzählt, dass ich das Gefühl habe, die Bundesbürger hätten sich von der Aussicht auf ein absehbares, festgelegtes Ende der Atomkraftwerke in Deutschland einlullen lassen, und dass ich sehr aufgebracht darüber bin, dass die derzeitige Bundesregierung den unter der Bezeichnung "Atomkonsens" bekannten Vertrag zwischen den Atomkaftwerksbetreibern und der Gesellschaft ohne Not aufkündigen will.

Bei einer Pause auf einem Rastplatz habe ich den Bogen dann noch etwas weiter gespannt. Seit dem IPCC Klimabericht von 2007 - das ist schon wieder 3 Jahre her! - sollte auch der letzte Hinterbänkler unter den politisch Verantwortlichen der Welt verstanden haben, dass der Menschheit die Zeit davonläuft, die ihr noch bleibt, um wenigstens die schlimmsten Auswirkungen der Klimakatastrophe noch zu verhindern. Wenn das dafür notwendige Ziel, die globale Erwärmung auf einem Level unterhalb von "plus zwei Grad" zu stabilisieren, noch erreicht werden soll, dann muss jetzt sofort gehandelt werden.

Jetzt müssen die über das gesamte Land verteilten dezentralen Wind-, Wasser-, Sonne-, Biogas oder Biomasse-Kraftwerke entwickelt, gebaut und in einem intelligenten Stromverteilungsnetz zusammengefasst werden, und nicht erst dann, wenn das letzte Gramm Uran gespalten wurde und das letzte Stückchen Kohle verheizt worden ist.

Mit der von der Bundesregierung angestrebten Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke und dem geplanten Bau neuer Kohlekraftwerke verspielt diese Regierung die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder! Die veraltete Technologie der Energieerzeugung mit Großkraftwerken ist unfähig, flexibel auf Lastschwankungen im Stromnetz zu reagieren. Atom- und Kohle-Großkraftwerke lassen sich nur bis zu einem gewissen Lastpegel herunterregeln. Danach müssen sie ganz abgeschaltet werden. Das Wiederanfahren ist dann sehr zeitaufwändig. Für die Übernahme der Rolle der von der Bundesregierung beworbenen "Brückentechnologie" sind sie daher völlig ungeeignet.

Geld, das jetzt dringend zur Investion in die Nutzbarmachung regenerativer Energiequellen gebraucht würde, wird durch die langfristige Subventionierung der Kohle- und Atomkraftwerke gebunden.

Solange Atom- und Kohlekraftwerke in Betrieb sind, überfluten sie mit ihrer laufend erzeugten Grundstrommenge die Stromnetze und behindern so den Ausbau der Nutzung regenerativer Energiequellen, die einzig und allein je nach Bedarf schnell ab- und wieder zugeschaltet werden können. Das hat heute schon zur Folge, dass heimische, CO2-neutrale und klimaschonende Energiequellen zugunsten von klimaschädlichen Kohlekraftwerken und mit Uran aus Australien betriebenen, Atommüll erzeugenden Atomkraftwerken abgeschaltet werden müssen. Und diese beispiellose Dummheit wollen die uns dann auch noch als revolutionäres Energiekonzept verkaufen. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, könnte man über diesen Versuch herzlich und ausgiebig lachen.


Dass dieser Bogen den Rahmen des Artikels von Herrn Buttler im Sonntagsjournal gesprengt hätte ist mir schon klar. Die anderen Mitreisenden, die er während der Fahrt nach Berlin interviewt hatte, mussten ja schließlich auch zu Wort kommen. Aber zumindest wäre es nicht notwendig gewesen, mir ein konstruiertes Zitat in den Mund zu legen. Mein Ärger über die angestrebte Aufkündigung des Atomkonsens, und über die Art und Weise wie das mit Hilfe von Geheimverträgen vorangetrieben wird, wäre da schon bedeutend näher an der Realität gewesen. Ich hoffe nur, die anderen Mitreisenden haben tatsächlich das gesagt, was in der Zeitung zu lesen ist.


(Quelle: Sonntagsjournal vom 26.09.2010)

Montag, 27. September 2010

Der Gipfel des Glücks


Da hatte das Bundesverfassungsgericht ja gesagt, die geltenden Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene und Kinder verstießen gegen das Grundgesetz.
Die Leistungen seien nicht korrekt ermittelt worden. Die gesetzlichen Vorschriften würden nicht dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Artikel 1 des Grundgesetzes genügen. Zudem verstießen sie gegen das in der Verfassung garantierte Sozialstaatsprinzip.

Der gesetzliche Leistungsanspruch müsse so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers decke. Wenn der Gesetzgeber seiner verfassungsmäßigen Pflicht zur Bestimmung des Existenzminimums nicht hinreichend nachkäme, dann sei das einfache Recht im Umfang seiner defizitären Gestaltung verfassungswidrig.

Kinderarmut, gerade im Zusammenhang mit "Hartz-IV", ist in Deutschland vielerorts nicht mehr zu übersehen. Auch dieser Umstand müsse zukünftig bei der Berechnung der Hartz-IV-Beträge berücksichtigt werden, urteilte das Bundesverfassungsgericht. Die Festsetzung des Sozialgelds für Kinder auf 60 Prozent desjenigen der Erwachsenen beruhe auf keiner vertretbaren Methode zur Bestimmung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Dies umfasse neben der physischen Existenz auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Für unabweisbare besondere Notwendigkeiten, etwa Kleidung in Übergröße oder Klassenfahrten, sei eine Härte-Klausel erforderlich.


Der Gipfel des Glücks?

Am letzten Wochenende berichteten die Medien über die diesbezüglichen "Anstrengungen" der Bundesregierung. Diese gipfeln jetzt darin, dass die Hartz-IV-Beträge für die Erwachsenen monatlich um gerade einmal 5 Euro von 359 auf 364 Euro angehoben werden.

Die Höhe der Regelsätze für die Kinder bleibt unverändert wie bisher. Eigentlich hätten die Hartz-IV-Beträge für Kinder sogar noch gesenkt werden müssen. Die Koalitionsvertreter hätten aber entschieden, diese Sätze nicht zu senken: "Es soll einen Vertrauensschutz für Hartz-IV-Familien geben, die sich auf diesem Niveau eingerichtet haben", sagte Frau von der Leyen am Wochenende in der Tageschau.

Was haben die Hartz-IV-Abhängigen doch wieder einmal für ein Glück gehabt. Statt weniger als vorher, haben sie jetzt sogar noch fünf Euro mehr im Monat zur Verfügung.

Der unverhoffte Segen für die Hartz-IV-Abhängigen wurde dann wieder hübsch garniert mit Begriffen wie "Anreiz, arbeiten zu gehen", "Chance für die Wiedereingliederung in den ersten Arbeistmarkt", ... etc. - wenn das man nach der Revolution der Energieversorgung jetzt nicht auch noch in die Revolution des deutschen Arbeitsmarktes und den Beginn der fetten Jahre gipfelt.

Ach ja, ich vergaß fast zu erwähnen: Die Beträge wurden natürlich nicht einfach nur real um fünf Euro angehoben, sondern zusätzlich auch noch virtuell um weitere 20 Euro. Wie das funktioniert? Zigaretten- und Alkohol seien Genussmittel, die nicht existenzsichernd sind, und deshalb bei der Berechnung der Hartz-IV Beträge nicht (nicht mehr?!) zu berücksichtigen - erklärte Frau von der Leyen (CDU, Bundesarbeitsministerin). Bisher seien dafür rund 20 Euro veranschlagt worden.


Alles Kettenraucher und Alkoholiker?

Mir fehlen die Worte! Da unternimmt Frau von der Leyen durch die Blume den Versuch, alle Hartz-IV Abhängigen quasi als Kettenraucher und Alkoholsüchtige zu stigmatisieren, deren Drogenkonsum nicht mehr wie bisher finanziert werden soll, und glaubt, der plumpe Täuschungsversuch bezüglich der wahren Höhe (5 Euro; nicht die schöngerechneten 25 Euro) der von Bundesverfassungsgericht geforderten Anpassung der Hartz-IV Regelsätze würde dann schon niemandem auffallen.

Ein großer Teil der Betroffenen müsste sich jetzt eigentlich zum wiederholten Mal verschaukelt vorkommen. Diejenigen unter den Hartz-IV-Abhängigen, die weder rauchen noch saufen (das soll ja selbst in den besten Kreisen gelegentlich einmal vorkommen), haben nämlich auch zukünftig gerade einmal ungefähr 17 Cent pro Tag mehr in der Haushaltskasse. Am Ende der Woche reicht das für ein Pfund abgepacktes Schwarzbrot aus dem Supermarkt, das aber bereits den ersten Tag im Brotkorb einer vierköpfigen Familie nicht übersteht. Margarine, Wurst oder Käse lassen sich dann aber von den 17 Cent pro Tag schon nicht mehr finanzieren. Der saufende und rauchende Rest der Hartz-IV Abhängigen kann wählen, ob er sich zwei Flaschen Bier mehr hinter die Binde kippt, oder das zusätzliche Geld lieber in eine zusätzliche Schachtel Zigaretten investiert.

Allerdings muss man der Bundesregierung auch zugute halten, dass sie ja so ganz nebenbei das Steuergeschenk an die Hotel-Besitzer (der FDP sei Dank), die milliardenschweren Subventionen im Zusammenhang mit den angestrebten Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke, den Krieg in Afghanistan, die Pensionen und Managerboni der Hyper Real Estate Bank und viele weitere, gewichtigere Dinge zu verkraften hat. Solchen Zahlungsverpflichtungen muss sie natürlich - wie immer - vorangig nachkommen. Die Hartz-IV Abhängigen werden deshalb wohl einsehen müssen, dass sie mit einem Pfund Schwarzbrot pro Woche zusätzlich eigentlich doch ganz gut bedient sind *).


*) Achtung: Sarkasmus!

(Quellen: Tagesschau vom 09.02.2010 und vom 26.09.2010, Spiegel online vom 26.10.2010, ZDF-Heute vom 21.09.2010)

Samstag, 25. September 2010

Bürgerbeteiligung in Bremerhaven

Für Dienstag, den 28. September 2010 hat die Stadtteilkonferenz Lehe Politiker und Fachleute eingeladen, und sie gebeten, der Stadtteilkonferenz den neuesten Stand in Sachen "Bürgerbeteiligung in Bremerhaven" zu erläutern. Anschließend soll dann darüber gesprochen und diskutiert werden.

Bürgerbeteiligung ist ein Begriff, der gerne in öffentlichen Reden der Politiker verwendet wird, und der an wichtigen Punkten auch in der Koalitionsvereinbarung der Großen Koalition im Bremerhaven verankert ist. Bis auf vereinzelte Ausnahmen habe ich "Bürgerbeteiligung" an Projekten, von denen die Lebensumstände der Bürger im Viertel betroffen sind, bisher jedoch eher als Bürgerbeteiligung-Verhinderungsversuche bzw. als Alibiveranstaltungen wahrgenommen. Es wäre schön, wenn endlich einmal ernsthafte Gespräche zwischen den Besuchern der Stadtteilkonferenz Lehe und Vertretern aller in Bremerhaven vertretenen Parteien möglich werden würden.

Wenn Wünsche und Ideen der Bürger dann auch noch in der Stadtverordnetenversammlung thematisiert werden würden, und die Ergebnisse anschließend in der Stadtteilkonferenz mit den Vertretern der Politik diskutiert werden würden, dann bestünde aus meiner Sicht die Chance, die bisherige Worthülse "Bürgerbeteiligung" endlich einmal mit Leben zu füllen. So manche teure Ausschreibung und Auftragsvergabe an irgendwelche "Ideen-Schmieden", von denen viele gleich wieder in der Versenkung verschwinden, ließe sich mit Sicherheit vermeiden, wenn die Politiker Ideen und Anregungen der Bürger aufgreifen und, soweit machbar, weiterentwickeln und umsetzen würden.

Die SPD hat ihre Teilnahme an der Stadtteilkonferenz allerdings bereits abgesagt. Ihr käme der Termin zu früh. Das berichtete die Nordsee-Zeitung am 25.09.2010. Schade eigentlich. Zuerst müsse der Abschlussbericht eines Untersuchungsberichts abgewartet werden, der sich schon seit Monaten mit der Frage beschäftige, wie die Bürger mehr als bisher an kommunalpolitischen Entscheidungen beteiligt werden können. Na, da warten wir doch mal ab, was die nächsten Monate so bringen werden.

Das ist ein wichtiges Thema in Bremerhaven, das die Stadtteilkonferenz Lehe da aufgreift. Ich werde am Dienstag deshalb nicht vor dem Fernseher sitzen (das kommt bei mir dienstags allerdings sonst auch nie vor), sondern stattt dessen lieber zur Stadtteilkonferenz gehen:

Stadtteilkonferenz Lehe
  • am 28.09.2010
  • um 19:00 Uhr
    im Seniorentreffpunkt "Kogge"
    (Goethestraße, Ecke Meidestraße)

(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 25.29.2010, Stadtteilkonferenz Lehe)

Freitag, 24. September 2010

Handyman

Der Mensch hing an der Kabelschnur
einst mit dem Höhrer in der Hand.
Jetzt rennt mit dem Handy nur
und schnackt mit Hans und Franz im Land.

Demnächst, da bin ich ganz gewiss,
wird der neu'ste Hit erfunden:
Das Mikrofon im Drittgebiss
für die gut betuchten Kunden.

Und wer das alles dann schon hat,
dem schwebt noch was besond'res vor:
Den Höhrer, als ein Implantat,
den hätt' er gern im Mittelohr.

Zu wählen braucht man dann nicht mehr.
Dank Flatrate ist man stets bereit.
Die Welt zu hören ist nicht schwer -
doch die hört nur noch wenn man schreit.

So nimmt der Fortschritt seinen Lauf.
Doch ich bleib bei der Kabelschnur.
Ich nehm’ den Höhrer manchmal auf,
und sprech’ mit netten Leuten nur.

© Jürgen Winkler


"Kannst' mir mal eben deine Handynummer geben?"
"Nö!"
"Eh, Scherzkeks, wieso das denn nich'?"
"Hab' kein Handy."
"Gibt's ja wohl nicht ... - Wie soll man dich denn dann erreichen können?"

Derartige Gespräche habe ich inzwischen schon des öfteren geführt. Ich glaube, als einer der wenigen Menschen, denen es gelingt sich einen Tag lang im Freien aufzuhalten, ohne sich dabei ständig ein Mobiltelefon ans Ohr zu pressen, gehöre ich wohl einer aussterbenden Rasse an. Aber damit kann ich ganz gut leben, und ich kann mir sicher sein, dass ich mir nicht permanent das Hirn mit hochfrequenten elektromagnetischen Wellen weichkoche.

Donnerstag, 23. September 2010

Septembermond


Abends über den Wiesen zwischen der Geeste und Reinkenheide


September Vollmond


Morgens über der Weser

Herbstbeginn: Ab jetzt sind die Tage wieder kürzer als die Nächte. Jetzt kommt wieder die Zeit, in der Nebelschleier die Landschaft verzauben. Das ist die Zeit der bunten Bäume, die - mit etwas Glück - von der Sonne in leuchtendes Farbenmeer verwandelt werden - und es ist die Zeit der reifen Früchte und der Ernte. Schon immer haben die Menschen zu Beginn des Herbstes gefeiert und der Natur oder ihren Göttern für die Gaben gedankt, die ihnen helfen, die kalten, dunklen Monate zu überstehen. Für viele Menschen sind die leuchtenden Tage des Herbstes die schönste Zeit des Jahres.

Ich hatte das Glück, dass ich an diesem Tag sowohl den frühen Mond über den Nebelschleiern auf den Wiesen wie auch des späten über dem Fluss im Foto festhalten konnte.

Mittwoch, 22. September 2010

Appell gegen Lobbypolitik der Bundesregierung

Mit einem offenen Brief an Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) hat der Verein "LobbyControl" die politische Praxis der Bundesregierung scharf kritisiert. Er schreibt darin: "Sie gewähren mächtigen Lobbyakteuren einen privilegierten Zugang und verhandeln mit ihnen wie mit Geschäftspartnern, statt Entscheidungen am Gemeinwohlinteresse auszurichten und allen Stimmen das gleiche Gehör zu verschaffen."

Aktuelle politische Entscheidungen in den Bereichen Atomkraft/Energie und Gesundheit würden zeigen, wie mächtige Lobbyakteure aus Unternehmen und Wirtschaftsverbänden die Politik der Regierung prägen. Das sei ein Zustand, der in einer Demokratie inakzeptabel ist, der eine gleichberechtigte Teilhabe aller an demokratischen Entscheidungen verhindere und gemeinwohlorientierte Entscheidungen blockiere. LobbyControl weist Frau Merkel in dem Schreiben darauf hin, dass sie dafür als Kanzlerin und Vorsitzende der größten Regierungspartei die Verantwortung trägt.

Mit dem Schreiben informiert "LobbyControl" Frau Merkel auch über seinen Online-Appell gegen das Vorgehen der Regierung im Fall der Laufzeitverlängerungen, der in den letzten Tagen bereits von über 5000 Menschen unterzeichnet wurde.


Der Text des Online-Appells lautet:

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,

Ihre Regierung hat hinter verschlossenen Türen mit den Energiekonzernen verlängerte Laufzeiten der Atomkraftwerke ausgehandelt. An Parlament und Öffentlichkeit vorbei haben Sie eine schriftliche Vereinbarung mit den Energiekonzernen getroffen. Offensichtlich sollten wir als Bürgerinnen und Bürger noch nicht einmal die Inhalte der Vereinbarung erfahren. Nur durch Versprecher der Energiekonzerne und öffentlichen Druck wurde der Geheimvertrag jetzt öffentlich!

Ich bin empört über diese Art von Nacht- und Nebel-Politik.
Demokratische Entscheidungen müssen offen und unter Beteiligung aller getroffen werden. Es darf nicht sein, dass RWE, E.On, EnBW und Vattenfall die Energiepolitik bestimmen, während die Bürgerinnen und Bürger und das gewählte Parlament nur Statisten sind!

Diese Lobby-Politik ist für mich völlig inakzeptabel. Ich fordere Sie hiermit auf, die mit den Energiekonzernen getroffene Vereinbarung zu widerrufen und einen neuen demokratischen Entscheidungsprozess für ein ausgewogenes Energiekonzept einzuleiten.

Weiterhin fordere ich Sie auf, offen zu legen, welchen direkten Zugang RWE, E.On, EnBW und Vattenfall zu den Verhandlungen über das Energiekonzept hatten.

Setzen Sie dem Lobbyismus der Energiekonzerne endlich Schranken!

Mit freundlichen Grüßen,


Wem die Kumpanei der Bundesregierung mit den Lobbyisten ebenfalls zu weit geht, der kann den Appell auf der Seite von "LobbyControl" online unterzeichnen.


(Quelle: LobbyControl-Blog vom 16.09.2010 und Pressemitteilung)

Dienstag, 21. September 2010

Ein Fest im Viertel und jede Menge Regen


Führung zu unter Denkmalschutz stehenden Gründerzeithäusern

Am Abend des letzten Freitags waren trotz des regnerischen Wetters so viele Menschen auf einmal in den Straßen des Leher Gründerzeitviertels unterwegs, wie ich es nie zuvor erlebt habe. Anlass war die Führung zu den unter Denkmalschutz stehenden Gründerzeitgebäuden entlang des zukünftigen Altstadtrundwegs. Es scheint, als hätten die Leute lange darauf gewartet, endlich einmal mehr über das Viertel zu erfahren, als sonst so in der Regenbogenpresse zu lesen ist. Wenn die Menschen auf diese Weise auch einmal die andere Seite des Leher Ortsteils Goethestraße kennen lernen, und ihr Wissen dann auch weitergeben, dann hat sich der bisherige Aufwand schon gelohnt, und die geplanten Investitionen in Installationen entlang des Altstadtrundwegs werden sicher ihr übriges tun.



Impressionen vom Auftaktfest Altstadtrundweg

Im Anschluss an die Führung begann offiziell das "Auftaktfest Altstadtrundweg". Eine eine etwas kleinere Gruppe ging - ebenfalls entlang des zukünftigen Altstadtrundwegs und geführt von einer Drehorgel - zu vier verschiedenen Lesungen. Zwei der ursprünglich eingeplanten Leser waren leider kurzfristig aufgrund einer Erkrankung ausgefallen. Sie wurden aber von ebenso kurzfristig eingesprungenen befreundeten Lesern würdig vertreten. Im Video sind unter anderem eine Lesung in spanischer Sprache unter einem Regenschirm sowie eine Autorenlesung im Gemeinschaftsraum des Wohnprojekts Goethestraße 43 zu sehen. Weitere Lesungen wurden vom Balkon der "Theo" und aus einem Fenster Ecke Gnesener-/Eupener Straße vorgetragen.



Auf dem Pausenhof Lehe


Lichtinszenierung an einer Gründerzeitfassade

Auf dem "Pausenhof Lehe" war ein Zelt mit Infoständen der ESG-Lehe aufgebaut und für das leibliche Wohl war auch gesorgt. Auf der Bühne spielten Bands des Rock Zyklus Bremerhaven und in der Umgebung des Pausenhofs Lehe setzte "Das letzte Kleinod" die Gründerzeitfassaden einiger Gebäude ins rechte Licht. Abgesehen von dem stürmischen Regenwetter war das Auftaktfest Altstadtrundweg der "Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe" (ESG-Lehe) eine gelungene Veranstaltung. Vielleicht wird den Gästen beim nächsten Fest in Viertel ja auch etwas besseres Wetter geboten ;)


Update 22.09.2010: Video


Sonntag, 19. September 2010

Atomkraft: Schluss jetzt!


Demonstration gegen die Atompolitik am 18. September 2010 in Berlin

Nicht - wie es die Bundesregierung gerne hätte - die Zustimmung zur Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke erlebt hierzulande eine Renaissance. Rund 100000 Menschen zeigten am Samstag in Berlin überdeutlich: Das, was die gelb-schwarze Bundesregierung mit ihrer Atompolitik und mit ihrer Kumpanei mit den Atomkonzernen ins Leben gerufen hat, das ist die Renaissance der Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland.

Die Bundesregierung spricht von ihrer "Revolutionären Energiepolitik". Die Energiepolitik der Bundesregierung ist ein mehrere 100-Milliarden-Euro-Geschenk an die vier Atomkonzerne in Deutschland zu Lasten der erneuerbaren Energieren, das mit Steuermitteln finanziert wird ... - mit unseren Steuern und mit der gesamten Last des Risikos auf unseren Schultern. Die Revolution der Bundesregierung ist eine Revolution gegen das Volk! Was die Bundesregierung damit provoziert, das ist die Revolution der Bürger in diesem Land, die sich diese Arroganz der Macht, diese Aushebelung der Grundlagen unserer Demokratie mit Hilfe von Geheimverträgen mit den Atomkonzernen, diese Ignoranz gegenüber ihren existentiellen Sicherheitsinteressen, diesen permanenten Griff in ihre Taschen zum Wohle von EnBE, RWE, Eon und Vattenfall nicht mehr gefallen lassen werden. Die Texte auf den Transparenten im Demonstrationszug stellten das teilweise auf recht drastische Weise klar. Einen kleinen Eindruck davon vermitteln die Szenen in meinem Video, die ich im Laufe des Nachmittags in Berlin mit der Kamera festgehalten habe.









Demonstraten vor dem Reichstag

Aufgerufen zur Demonstration hatten die "Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad", "Ausgestrahlt", der "BUND", die "Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW)", das demokratische Netzwerk "Campact" und die "Naturfreunde". Unterstützt wurden die Organisatoren von einem breiten Bündnis unabhängiger Organisationen aus allen Teilen der Gesellschaft. Bei der Polizei angemeldet hatten die Veranstalter 30000 Teilnehmer, und im Vorfeld erklärt, sie würden jedoch mit mehr als 50000 Teilnehmern rechnen. Gekommen waren rund 100000 überwiegend aufgebrachte Bürger aller Altersschichten - von Kindern und Jugendlichen bis hin zu betagten Rentnern - die ihrem Unmut über den Umgang der schwarz-gelben Bundesregierung mit den Menschen zum Ausdruck brachten. Darunter waren auch viele ältere Menschen, die bisher noch nie an einer Demonstration teilgenommen haben - und viele, die jetzt nach 10 oder mehr Jahren erneut gegen die Nutzung der Atomkraft auf die Straße gingen.









Umzingelung des Regierungsviertels

Aufgrund der großen Menschenmenge war die Umzingelung des Regierungsviertels bereits abgeschlossen, als die meisten von uns noch auf dem Washington-Platz anstanden, um endlich über die Brücke über die Spree zum Regierungsviertel zu gelangen. Allein diese Tatsache beweist, dass sich deutlich mehr Menschen an der Demonstration beteiligten, als die Veranstalter im Vorfeld zu hoffen gewagt hatten. Wäre der Kundgebungsplatz, wie von den Veranstaltern der Demonstration gefordert, die Reichstagswiese gewesen, und nicht der Washington-Platz vor dem Hauptbahnhof, dann hätte es den Engpass an der Brücke nicht gegeben.









Kundgebung auf dem Washington-Platz

Als endlich alle Demonstranten die Brücke über die Spree passiert hatten, konnte man von einer "Umzingelung" des Regierungsviertels eigentlich gar nicht mehr sprechen: Es war flächig von Demonstranten überflutet. Als bereits die Abschlusskundgebung begonnen hatte, waren immer noch so viele Demonstrationsteilnehmer im Regierungsviertel, dass die Polizei letztlich auch den Weg für die Menschen auf die Reichstagswiese frei gab.


Da von Bremerhaven aus kein Bus nach Berlin fuhr, und es anfangs auch keinen Sonderzug aus dem Norden nach Berlin gab, hatte ich frühzeitig einen Platz in einem Bus ab Stotel, einem kleinen Ort südlich von Bremerhaven, reserviert. Von dort aus ging es morgens um halb sechs durch den Wesertunnel auf die andere Seite der Weser. Auf dem Weg am Atomkraftwerk Unterweser vorbei stiegen bis Berne, einem Ort kurz vor Bremen-Nord, die anderen Mitreisenden zu. Pünktlich um zwölf Uhr kamen wir mittags am Washington-Platz in Berlin an. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei den Busorganisatoren für die viele Arbeit und bei dem Busbegleiter für die nette Betreuung bedanken, sowie bei den beiden Fahrern dafür, dass sie uns sicher ans Ziel und wieder zurück gefahren haben.

Bis auf zwei, drei Regenschauer meinte es das Wetter während des Nachmittags in Berlin gut mit uns. Trotz des ernsten Anlasses herrschte eine gute Stimmung und soweit mir bekannt ist blieb es überall friedlich. Als wir in der Nacht gegen ein Uhr wieder in Stotel ankamen, waren alle erschöpft, aber zufrieden. Allerdings ist zu befürchten, dass die Demonstration vor der Haustür der Bundesregierung nur ein Meilenstein auf einem langen Weg war, der noch vor uns liegt. Bis zur nächsten größeren Demonstration - Anfang November in Gorleben - wird es diverse, dezentrale kleinere an verschiedenen Orten der Bundesrepublik geben, wie zum Beispiel am 29. September in Salzgitter, am 6. Oktober in Stuttgart und am 9. Oktober in München. Unmittelbar vor der geplanten Verabschiedung der geplanten Atomgesetz-Novelle findet am 23. Oktober mit dem Castor-Strecken-Aktionstag die nächste bundesweite Aktion statt.

Die Bürger haben der schwarz-gelben Regierungskoalition in Berlin einen "Heißen Herbst" versprochen. Es ist noch nicht zu Ende ...

www.campact.de


(Quellen: Tagesschau vom 18.09.2010, Atomkraft: Schluss jetzt!, Spiegel online vom 18.09.2010, Handelsblatt vom 18.09.2010)

Freitag, 17. September 2010

Morgen in Berlin ...

Atomkraft? Nein Danke!Allen, denen noch Argumente gegen die Atompolitik der Bundesrepublik fehlen, empfehle ich den folgenden Dokumentarfilm vom Februar dieses Jahres (Dauer insgesamt: ca. 45 Minuten). Seit dem hat die schwarz-gelbe Atompolitik durch geheimgehaltene Vertragsunterzeihnungen mit den Atomkonzernen, Pläne zur Enteignung von Grundstücksbesitzern, Beschränkungen der Rechte der Bürger bei Klagen etc. noch erheblich an Schärfe zugenommen.

Ich werde jedenfalls, morgen nach Berlin zu fahren, um der Bundesregierung, zusammen mit vielen anderen Bundesbürgern, zu sagen, dass sie mit heftigem Widerstand aus der Bevölkerung zu rechnen hat, wenn sie ihren undemokratischen, bis ins kleinste Detail auf die Interessen der Atomkonzerne abgestimmten und für die Sicherheit der Gesellschaft in der Bundesrepublik gefährlichen Atomkurs wie bisher beibehält.

Wer sich in der Nachbarschaft oder auch im Umkreis von 90 oder 120 Kilometern eines Atomkraftwerks bisher relativ sicher gefühlt hat, der wird am Ende der Dokumentation mit Schrecken erkennen, dass weder die Behörden, noch der Katastrophenschutz - und die Atomkraftwerksbetreiber schon gar nicht! - in der Lage sind, die Bevölkerung der Bundesrepublik vor den Folgen eines Super-GAUs zu schützen. Notfallpläne in Schulen oder Kindergärten im Einflussbereich der Atomkraftwerke gibt es für den Fall eines Brandes im Gebäude, nicht jedoch für den Fall einer Katastrophe aufgrund eines Unfalls in einem benachbarten Atomkraftwerk.

Die Großstadt Hamburg innerhalb von 3 Stunden zu evakuieren ist schlicht und einfach illusorisch. Im Film kommt eine Wissenschaftlerin zu Wort, die ihr Brot mit der Erstellung von Ausbreitungsrechnungen und Modellen verdient. Sie stellt recht anschaulich dar, was die Hamburger zu erwarten hätten, sollte es aufgrund eines Unfalls im Atomkraftwerk Krümmel einmal zu einer Atomkatastophe kommen. Etwas mehr Zeit bliebe den Menschen in der Hansestadt vielleicht bei einem Super-Gau in Brunsbüttel oder Brockdorf ... - bei günstiger Windrichtung.

Aber, seht selbst:


Die Atomlüge 1/5


Die Atomlüge 2/5


Die Atomlüge 3/5


Die Atomlüge 4/5


Die Atomlüge 5/5

Alternativ kann man den Film auch auf der Internetseite des NDR anschauen.


Unterdessen gibt es Bestrebungen, die Demonstration vom Platz vor der Haustür der politischen Entscheidungsträger zu verdrängen. Die Veranstalter wollen den Protest dort sichtbar machen, wo die Entscheidungen über die Energiepolitik fallen, mitten im Berliner Regierungsviertel auf der Reichstagswiese. Aber die Berliner Genehmigungsbehörden stellen den Schutz der Grünfläche über das Recht der Versammlungsfreiheit. Gleichzeitig bieten sie als Alternative den Washingtonplatz südlich des Berliner Hauptbahnhofs an. Die Veranstalter haben dagegen gestern Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht eingereicht.

Uwe Hiksch von den Naturfreunden Deutschlands: „Wir lassen uns nicht aus dem Regierungsviertel drängen. Der Platz der Republik muss für Demonstrationen zu zentralen politische Anliegen zur Verfügung stehen. Die Alternative Washingtonplatz ist völlig verbaut und für eine solche Großdemo ungeeignet.“


Schluss jetzt!
  • Atomkraftwerke abschalten!

www.campact.de


(Quellen: NDR "45 Min" vom 23.02.2010, Aktion "Atomkraft: Schluss jetzt!", Wikipedia)

Donnerstag, 16. September 2010

Morgen in Lehe ...


Bremerhaven, Eupener Straße: "Schloss am Meer"

Morgen Abend um 18 Uhr beginnt für interessierte Gäste auf dem Ernst-Reuter-Platz neben der Pauluskirche eine Führung unter fachkundiger Leitung zum Thema "Denkmalschutz" entlang des zukünftigen Altstadtrundwegs durch das Leher Gründerzeitviertel.

Um 19 Uhr folgt dann, ebenfalls auf dem Ernst-Reuter-Platz, die offizielle Eröffnung des Auftaktfestes zur Vorstellung des Altstadtrundwegs. Entlang des Weges und auf dem "Pausenhof Lehe" bietet die Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe e.V. (ESG-Lehe) ein vielfältiges Kultur und Informationsprogramm mit Lesungen, Live Musik, Lichtinszenierungen und vielem mehr.

Mittwoch, 15. September 2010

Septembermorgen



Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.

Eduard Mörike (1804-1875)


Nach der Hitzewelle und der Dürre im Juli und einem verregneten August geht der Sommer dem Ende zu. Da bleibt die Hoffnung auf ein paar sonnige Tage im September und einen goldenen Oktober.

Dienstag, 14. September 2010

Verschwiegen und verplappert

Atomkraft? Nein Danke!Während des 5. Deutschen Energiekongresses in München hielt Herr Schmitz (RWE, Vorstandsmitglied) ein Referat über das Energiekonzept der Bundesregierung. Herr Münchmeyer (Greenpeace, Sprecher) hatte Zweifel daran, dass die Atomkonzerne tatsächlich zugunsten der aufgrund der von der Bundesregierung beabsichtigten Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke auf einen Teil ihrer Zusatzgewinne verzichten würden.

Auf seine Nachfrage, wer denn garantieren könne, dass die Atomkonzerne ihre Zusatzgewinne aus den längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke auch wirklich abführen würden, erhielt er von Herrn Schmitz zur Antwort, die Vereinbarungen seien bereits in der Nacht vom 5. auf den 6. September schriftlich fixiert worden.

Ob der Herr Schmitz sich da in seiner Euphorie über den Sieg der Atomkonzerne wohl etwas vorschnell verplappert hatte? In der Pressekonferenz der Bundesregierung am 6. September wurden die Verhandlungsergebnisse jedenfalls verschwiegen: Kein Hinweis auf die Tatsache, dass bereits eine Vereinbarung mit den Atomkonzernen unterzeichnet worden war!

Wäre sein Triumph allerdings nicht dermaßen mit Herrn Schmitz durchgegangen, hätte möglicherweise wohl niemals jemand etwas über die gemeinsame Nacht- und Nebelaktion der Bundesregierung und der Atomkonzerne erfahren.

Medien hatten zudem über Konferenzschaltungen mit den Energiekonzernen während der Verhandlungen der Bundesregierung berichtet. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hatte zuvor übereinstimmend aus Regierungs- und Koalitionskreisen erfahren, dass Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) am Sonntagabend in kleiner Runde um kurz vor 23.00 Uhr mit den Konzernchefs von Eon , RWE , ENBW und Vattenfall telefoniert hatte.

Herr Müller (LobbyControl, Geschäftsführer) fordert deshalb: "Die Bundesregierung muss erklären, welchen direkten Zugang die Energiekonzerne zu den Verhandlungen hatten. Diese Art von einseitigem Zugang für vier große Konzerne ist völlig inakzeptabel. Hier verschaffen sich Unternehmen über ihre politische Macht ökonomische Vorteile."


Beschädigung der Demokratie
durch schwarz-gelbe Lobbyarbeit


Da wurde zwischen der Regierung und den Atomkonzernen an Bundestag und Öffentlichkeit vorbei eine geheim gehaltene Vereinbarung unterschrieben. Im Energiekompromiss verzichtet die Bundesregierung zugunsten der Atomkonzerne auf sicherheitrelevante Nachrüstungen an den Uralt-Atommeilern, und Vertreter der Bundesregierung versuchen, das ganze zu verschweigen, zu vertuschen und sind - nachdem das eine oder andere doch durchgesickert ist - auch noch so dreist, die Öffentlichkeit darüber zu belügen. In einem Schreiben an "Monitor" heißt es:

Der geschilderte Sachverhalt ist komplett falsch.

Die ARD-Tagesschau stellt auf ihrer Internetseite demgegenüber jedoch klar, aus internen Regierungsdokumenten, die den Journalisten des ARD-Politmagazins Monitor vorliegen, gehe hervor, dass die Verpflichtung der Atomkraftwerksbetreiber zur Nachrüstung, insbesondere auch der sogenannten Altreaktoren, faktisch weitgehend abgeschafft werden soll. Und nicht nur "Monitor" kommt zu diesem Schluss.

Auch Herr Renneberg (ehem. Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium) sieht das so: "Wenn das Wirklichkeit wird, was in diesen Dokumenten steht, dann verdienen diese Papiere nicht die Überschrift Nachrüstung."

Verschärfend hinzu kommt außerdem, dass sich der "Energiekompromiss" auf ein umstrittenes, 500000 Euro teures Gutachten des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln stützt, das - laut Lobby Control - die Effekte der erneuerbaren Energien klein rechnet, und das zu großen Anteilen von den Atomkonzernen RWE und E.ON finanziert wird, die auch Einfluss auf die Personalpolitik haben.

Die SPD hat angekündigt, sie werde ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, sobald der Gesetzentwurf der Regierung vorliege. Für eine Klage beim Verfassungsgericht benötigt die Bundestagsfraktion der SPD ein Viertel der Abgeordneten des Bundestages. Die Fraktion der Grünen im Bundestag hatte vorher bereits schon eine Klage gegen den Atomkompromiss angekündigt.


Da wird zur Zeit in Regierungskreisen nicht nur in unverantworlicher Weise mit dem atomaren Feuer gespielt, sondern - so ganz nebenbei - auch noch die Demokratie mit Füßen getreten.

Deshalb: Schluss jetzt!
  • Atomkraftwerke abschalten!

www.campact.de


(Quellen: Tagesschau vom 09.09.2010 und vom 14.09.2010, Statement und Pressemitteilung von Lobby Control, Monitor vom 09.09.2010, Handelsblatt vom 06.09.2010)

Montag, 13. September 2010

Heiliges Land, vergiftete Völker

Atomkraft? Nein Danke!Die von der Bundesregierung gegen den mehrheitlichen Willen der Bundesbürger beschlossenen Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke ist nicht nur eine Frage der unverantwortlichen Gefährdung der heute in unserem Land lebenden Menschen sowie der nachfolgenden Generationen. Mit ihrem Beschluss vom Sonntag, 5. Sptember 2010, fördert die Bundesregierung auch Menschrechtsverletzungen in den Uranabbaugebieten in vielen Ländern der Welt!

In einer am 29.08.2010 auf ihrem Weltkongress in Basel (Schweiz) verabschiedeten Resolution zur Ächtung des Uranabbaus und der Produktion von Yellowcake (Uranoxid) haben die "Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges" (IPPNW) auf die systematische Verletzung von Menschenrechten im Zusammenhang mit dem Abbau von Uran und der Yellowcake-Produktion aufmerksam gemacht.

Das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit, auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung, auf den Schutz der Menschenwürde und auf sauberes Wasser sind nach Ansicht der Ärzte nur einige der Menschenrechte, die durch Uranabbau und seine Weiterverarbeitung verletzt werden. Beides wird in der Resolution als „unverantwortlich“ und „ernsthafte Bedrohung für Gesundheit und Umwelt“ beschrieben.


Zuvor hatten indigene Völker aus allen Kontinenten der Welt auf dem Vorkongress "Sacred Lands, Poisoned Peoples" (Heiliges Land, Vergiftete Völker) eine eigene Erklärung an den IPPNW verabschiedet, deren deutsche Übersetzung ich im folgenden im Wortlaut wiedergebe:

In der heutigen Zeit, in der die Zerstörung von Mutter Erde und der Gesundheit der Menschen durch die Erschließung nuklearer Ressourcen immer weiter zunimmt, haben sich Repräsentanten indigener Völker auf dem Vorkongress "Sacred Lands, Poisoned Peoples" getroffen und sich über ihren Widerstand gegen Uranabbau ausgetauscht. Von Kanada und den USA bis Niger, Mali, Namibia, Tansania und Malawi, von Russland und Deutschland, über Australien bis Brasilien und Indien – Völker aus der ganzen Welt, die sich mit den Folgen dieser tödlichen Industrie konfrontiert sehen, haben sich hier zusammengefunden.

Vergangene, gegenwärtige und zukünftige Generationen indigener Völker sind überdurchschnittlich betroffen von Uranabbau, Atomwaffen und der Atomindustrie. Die nukleare Produktionskette führt zu einer radioaktiven Verseuchung der Menschen, des Landes, der Luft und des Wassers. Sie bedroht unsere Existenz und die zukünftiger Generationen. Uranabbau, die Weiterentwicklung von Atomenergie und internationale Abkommen, die die nukleare Produktionskette fördern, verletzten Menschenrechte und das Recht von Mutter Erde auf eine unversehrte Natur. Sie gefährden unser Überleben und unser Recht auf eine eigene Spiritualität, die ohne eine intakte Umwelt nicht gelebt werden kann.

Die gefährlichen gesundheitlichen Auswirkungen radioaktiver Strahlung beginnen mit dem Abbau von Uran. Wir bekräftigen hiermit die Erklärung des World Uranium Hearing in Salzburg, 1992, dass Uran und seine radioaktiven Zerfallsprodukte in der Erde verbleiben müssen. Und wir erklären unsere Solidarität mit all jenen, die für ein Ende des Uranabbaus und seiner Weiterverarbeitung sowie gegen den unverantwortlichen Umgang mit radioaktivem Abfall, Atomenergie und Atomwaffen eintreten.

Wir setzen uns voll und ganz ein für eine atomfreie Zukunft für alle Völker.

In der Vorstellung vieler Naturvölker ist der Boden, in dem ihre Ahnen ruhen, heiliges Land. Sie begreifen die Erde als die gemeinsame Mutter aller Lebewesen. Dieses Bild von der Welt, in der wir leben, entspricht auch meiner Vorstellung: Alle Menschen, zusammen mit allen Tieren und Pflanzen - mit allem, was lebt - sind abhängig von einem intakten Lebensraum auf der Oberfläche, im Boden und im Wasser unseres gemeinsamen Planeten Erde. Das Gefüge des Lebens auf der Erde ist äußerts komplex. Alles hängt mit allem zusammen. Wenn wir nicht sorgsam mit der Erde umgehen, und unsere Lebensgrundlagen mit unserer egoistischen Gier nach "immer mehr" weiterhin in dem Umfang gefährden und zerstören wie in den letzten 150 Jahren, dann wird die Menschheit nicht einfach nur kollektiven Selbstmord begehen, sondern wir zerstören damit ebenfalls die Grundlage für alles Leben auf der Erde. Selbst wenn "das Leben" auf der Erde "überleben" sollte: Die Welt wäre nicht mehr die Welt, wie unsere Vorfahren und wir sie kannten.

In einer Presseerklärung der IPPNW kommen stellvertretend drei Vertreter indigener Völker zu Wort:
  • Nordamerika
    "Uranabbau hinterlässt ein giftiges Erbe, lange nachdem die Bergbauunternehmen den Betrieb einstellen und gegangen sind. Das Gift der Radioaktivität bleibt in unserem Boden und in unserem Wasser, es schadet unserer Gesundheit und es verletzt Mutter Erde. Wir solidarisieren uns mit allen, die von dieser gefährlichen Industrie konfrontiert werden, und wir sagen: Stopp! Lasst das Uran in der Erde."

    Charmaine White Face
    (Delegierte der Tetuwan Sioux Nation, USA)

  • Afrika
    "Auf unserem Land gibt es zwei Uranminen und 130 Schürfrechte zur Erkundung von potentiellen Abbaustätten. Was wird uns die Zukunft bringen? Wir wurden ohne jegliche Entschädigung von unserem Land vertrieben. Wir wollen nicht, dass diese Abbaufirmen hierher kommen, unser Land vergiften und unsere Lebensweise zerstören."

    Azara Jalawi
    (Vize-Präsidentin der Koordination für die Zivilgesellschaft in Arlit, Niger)

  • Australien
    "Mein Volk muss mit Uranabbau und Atomwaffentests in unserem eigenen Territorium leben. Wir spüren die zerstörerischen Folgen der Radioaktivität am eigenen Leib, und wir beobachten, wie unser Land langfristige Schäden davonträgt. Zusammen mit unseren indigenen Freunden und Unterstützern aus der ganzen Welt sagen wir Nein zu Uran und Radioaktivität. Laßt es in der Erde!"

    Rebecca Bear-Wingfield
    (Stellvertretende Vorsitzende der Australian Nuclear Free Alliance (ANFA), und Mitglied des Ältestenrats der Arabunna, Kokatha und Kupa Pita Kungka Tjuta, Australien)

Ich schließe mich den Forderungen dieser Menschen an

Der Super-GAU, der sich 1986 im Atomkraftwerk Tschernobyl ereignete, wurde weltweit bekannt. Auch wenn die damals Verantwortlichen alle Mühe gaben: Diese menschengemachte Umweltkatastrophe ließ sich nicht vertuschen. Dieses "Tschernobyl" war das erste, das einer Industiegesellschaft, einer Anhängerin der Nutzung der Atomkraft, zum Verhängnis wurde. Aber von den vielen weiteren "Tschernobyls" im Zusammenhang mit dem Abbau und der Weiterverarbeitung des auch für die "Laufzeitverlängerung" notwendigen Rohstoffs für die Brennstäbe erfährt kaum jemand etwas. Und es sind oft die Ureinwohner ferner Kontinente und Länder, deren Kultur in von der westlichen Zivilisation abgeschirmten Gebieten überlebte, die aber das Pech haben, zufällig über Uranlagerstätten zu wohnen, und die deshalb zu Opfern der Atombombe und der sogenannten "friedlichen Nutzung der Atomenergie" in den energiehungrigen Industriegesellschaften wurden.

Inzwischen weiß ich es besser. Ob die Atomkraft in der Atombombe oder im Atomkraftwerk zum Einsatz kommt: Die Nutzung der Atomenergie ist niemals friedlich!
  • Sie tötet Arbeiter im Uranbergbau.
  • Sie vertreibt indigene Völker aus dem Land ihrer Vorfahren und zerstört ihre Kultur.
  • Sie hinterlässt auf unabsehbare Zeit verstrahlte Landschaften.
  • Sie machte die Bewohner der Pazifikatolle Bikini oder Muroroa zu Opfern der Atombombe im kalten Krieg
  • Sie tötet noch immer Menschen aus der Umgebung Tschernobyls
  • Sie untergräbt die Demokratie in unserem Land
  • Sie bedroht den sozialen Frieden in Deutschland
  • . . .

Jeder, der den "Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft" fordert macht sich daran mitschuldig. An vielen der Millionen Euro, die Tag für Tag von einem deutschen Atomkraftwerk in die Kassen der Atomkonzerne gespült werden, klebt das Blut verstrahlter, an Krebs erkrankter Menschen in den Uranabbaugebieten Australiens, Afrikas oder Amerikas. Wer genauer wissen möchte, was ich damit meine, dem empfehle ich den Dokumentafilm "Uranium? - is it a country?" (Uran? - Ist das ein Land?), der auf der Internetseite der Initiative "Nuking the Climate - Strahlendes Klima" zu sehen ist. Der Film zeigt die gravierenden Risiken für Mensch und Umwelt, die beim Uranabbau entstehen. Die Spurensuche nach der Herkunft des Rohstoffs Uran für unsere Atomkraftwerke führt nach Australien, wo weltweit die größten Uranvorkommen lagern.

Lediglich ein kleiner Vorgeschmack darauf, was uns in unserem eigenen Land noch erwarten kann, sind die Ereignisse um das marode Atommülllager im Salzstock "Asse-II". Anstatt nach alternativen Lagerstätten für den Atommüll zu suchen, wird weiterhin ausschließlich in Gorleben "erkundet" - wiederum im Salz - und die grundlegende Erkenntnis, dass es nirgendwo auf diesem Planeten eine über Millionen von Jahren sichere Lagerstätte für hochradioaktiven Atommüll gibt, ist bis zu den verantwortlichen Politikern immer noch nicht vorgedrungen. Obwohl niemand weiß, wohin mit dem ohnehin schon angehäuften riesigen Atommüllberg, will die derzeitige Bundesregierung noch Unmengen weiteren Atommülls produzieren. Das ohnehin schon unlösbare Problem wird dadurch um keinen Deut lösbarer! Diese Bundesregierung fährt den völlig überladen Atommüllwagen sehenden Auges mit Höchstgeschwindigkeit gegen die Wand!


Wenn die Bundesregierung die Atomkraftwerke weiterhin in Betrieb halten will, um mit dem Geld der Atomkonzerne den Haushalt zu finanzieren, dann macht sie das mit schmutzigem Geld! Sie finanziert unseren Wohlstand mit der Zerstörung weiter Landstriche in fernen Ländern, mit der Vertreibung ganzer Völker aus ihren angestammten Lebensräumen und nimmt die mögliche Zerstörung unser eigenen Landes, sowie unserer eigenen Lebensgrundlagen, billigend in Kauf.

Ich werde diese Welt am Ende meiner Reise durch das Leben irgendwann wieder verlassen. Das heißt, ich persönlich werde (hoffentlich) nicht mehr von den Folgen der Fehler, die derzeit in unserem Land und weltweit begangen werden, betroffen sein. Mir ist jedoch sehr daran gelegen, dass die existenziellen Grundlagen für das Leben meiner Kinder und Kindeskinder, und das aller noch nachfolgenden Generationen aller Lebewesen auf unserem gemeinsamen Planeten, noch lange nachdem ich am Ende meines Weges angekommen sein werde, Bestand haben werden.


Deshalb: Schluss jetzt!
  • Uran in der Erde lassen!
  • Atomkraftwerke abschalten!

www.campact.de


(Quellen: IPPNW, TAZ vom 05.09.2010, nuking the climate)

Sonntag, 12. September 2010

Auftaktfest Altstadtrundweg

Atomkraft? Nein Danke!

Im September 2009 gründete sich die "Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe e.V." (ESG-Lehe). Mit gemeinsamen Aktionen und Projekten wollen die in der ESG-Lehe engagierten Wohnungs- und Hauseigentümer die Wohn- und Wohnumfeldqualität im Leher Ortsteil "Goethestraße" nachhaltig verbessern. Mit dem Auftaktfest zum zukünftigen "Altstadtrundweg" stellt sich die ESG-Lehe am Freitag, dem 17. September das erste Mal der Bremerhavener Öffentlichkeit vor.


Das Programm

Baudenkmäler im Leher Gründerzeitquartier
  • 18:00 Uhr, Ernst-Reuther-Platz
    Rundgang unter fachkundiger Führung zum Thema Denkmalpflege

Offizielle Begrüßung und Eröffnung des Auftaktfestes
  • 19:00 Uhr, Ernst-Reuther-Platz
    Die ESG-Lehe begrüßt ihre Gäste

Lesungen

Auf geht's: Aufbruch zu Lesungen aus einem Fenster, von einem Balkon und ebener Erde - eine Drehorgel begleitet die Besucher entlang des zukünftigen Altstadtrundwegs zu den Leseorten.

  • 19:15 Uhr, Die "Theo", Balkon über dem Haupteingang (Lutherstraße 7)
    Günter Hamann liest Bremerhavener Geschichten von Hermann Gutmann
  • 19:45 Uhr, Eupener-, Ecke Goethestr.
    Barbara de Mena, Lesung auf Spanisch
  • 20:15 Uhr, Goethestr. 43
    Manfred Barkausen liest aus seinem Buch
  • 20:45 Uhr, Eupener Str. 5
    Angelika Griese liest aus ihrem neuen Leher Krimi

Eine Stunde später wird die Lesung an den genannten Orten für diejenigen Besucher, welche die geführte Leserunde verpasst haben, noch einmal wiederholt:
  • 20:15 Uhr, Balkon der "Theo"
  • 20:45 Uhr, Eupener-, Ecke Goethestr.
  • 21:15 Uhr, Goethestr. 43
  • 21:45 Uhr, Eupener Str. 5

Lichtinstallationen
  • Ab 19:00 Uhr setzt "Das letzte Kleinod" Akzente:
    Lichtinstallationen setzen Fassaden von Gründerzeithäusern in's rechte Licht.

Live Musik
  • Pausenhof Lehe, ab 19:00 Uhr:
    Musiker des Bremerhavener "Rock Cyclus" bitten um Gehör
  • Heinrich-, Ecke Potsdamer Straße, ab 19:00 Uhr:
    Die "Fishtown Heroes" machen Musik

Begegnungen auf dem "Pausenhof Lehe"

Die ESG-Lehe und ihre Partner informieren über ihre Arbeit, ihre Ziele und ihre Projekte im Viertel. Auf dem als Begegnungsstätte für alle Generationen konzipierten "Pausenhof Lehe" ist Gelegenheit für Gespräche zwischen den Bewohnern des Gründezeitviertels. Für das leibliche Wohl ist ebenfalls gesorgt.


Stadtparkfest Lehe 2010 - Impressionen


Stadtparkfest Lehe 2010 - Impressionen

Gestern ging es in den Stadtpark. Das Wetter spielte mit, es gab genug zu essen und zu trinken, die Kinder waren beschäftigt und hatten keine Zeit für ihre Eltern, es gab ein bunt gemischtes Musikprogramm ... - was will man mehr. Spät - aber noch nicht zu spät - entschloss sich eine größere Gruppe zu einem Ausblick über Lehe von der Aussichtsgallerie am Turm der Pauluskirche. Alles in allem war das ein kurzweiliger Nachmittag im Park.


Samstag, 11. September 2010

Heute gehen wir in den Stadtpark



Heute, am Samstag, dem 11. September, laden der Bürgerverein Lehe, das Kulturnetz in Lehe sowie das Kulturbüro Lehe in der Zeit zwischen 13 Uhr und 18 Uhr alle Bremerhavener ein zum traditionellen Stadtparkfest in Lehe.



Ein Hauch von Exotic - Afrikanische Rhytmen im Stadtpark Lehe

Neben vielen Informations- und Mitmachständen von Leher Einrichtungen, Vereinen und Institutionen sowie diversen Flohmarktständen gibt es ein reichhaltiges Programm auf der Bühne beim Altbürgerhaus Lehe:
  • Afrikanische Trommelgruppe
  • Seniorenchor
  • Leher Lachmöwen

    und vieles mehr ...

Ein Fest für Kinder


Das Stadtparkfest Lehe 2009: Fest in Kinderhand ...

Während die Erwachsenen sich vielleicht die Zeit mit langweiligen Gesprächen und sinnlosen Schlendereien entlang der Wege durch den Park vertreiben ;o) haben deren Kinder das Glück, wirklich etwas erleben zu können. Vielfältige Möglichkeiten dazu bieten sich ihnen bei
  • der mobilen Minigolf-Anlage, der Bewegungsbaustelle etc.
  • Rasenspielen mit dem "Lehe-Treff"
  • naturkundlichen Mitmachaktionen des Projektes "Kinder erleben Natur in Lehe"
  • den Ballon-Modellagen
  • einem Müllsortierungsspiel
  • "Aktion Rückenwind" mit kreativen Mitmachangeboten
  • . . .

Schöne Aussichten


Bick von der Aussichtsgallerie der Pauluskirche zum Stadtpark Lehe

Außerdem besteht für alle Besucher die Möglichkeit, sich das Treiben im Park "und umzu" auch einmal von oben anzusehen. Die Turmführer der Pauluskirche begleiten interessierte Besucher des Stadtpark Festes auf dem Weg zur Aussichtsgallerie am Turm der Kirche in 35 Metern Höhe.

Los geht's am Stand des Bürgervereins Lehe. Bei Interesse erzählen die Türmführer während des Aufstiegs auch gerne etwas zur Geschichte der Kirche und ihres Leher Umfelds aus der Zeit zu Beginn des letzten Jahrhunderts.

Für alle, die es noch nicht wissen: Führungen auf den Turm der Pauluskirche werden während des ganzen Jahres - abgesehen von den Feiertagen und zwischen Weihnachten und Neujahr - jeden Samstag um 10 und 11 Uhr angeboten. Die Turmführung ist kostenlos. Wenn die Turmführung gefallen hat, freut sich die Gemeinde allerdings um eine kleine Spende, die zur Erhaltung des Turms verwendet wird. Die Turmführer erwarten ihre Gäste im Kirchencafé, das während der Marktzeiten geöffnet ist.




Das Programm im Park wird begleitet von Drehorgeleien, und natürlich ist auch die Versorgung mit Speisen und Getränken sichergestellt.


(Quelle: u.a. Stadtportal Bremerhaven)

Freitag, 10. September 2010

Das setzt dem Fass die Krone auf!


ARD Magazin Monitor vom 09.09.2010: Etikettenschwindel Laufzeitverlängerung

Als Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) am 06.09.2010 verkündete: "... dass die Unternehmen auch in den nächsten Jahren noch erhebliche Summen in die Sicherheit investieren müssen. Denn Sicherheit geht vor und wir haben heute schon die sichersten Kernkraftwerke der Welt.", da hat sie - wie sich jetzt herausstellt - wohl "etwas geflunkert".

Ich bin schockiert über die Dreistigkeit, mit der die Bundesregierung einerseits von der Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke schwafelt, wie sie uns weismachen will, dass die Sicherheitsauflagen noch drastisch verschärft werden sollen, und damit die geplante Verlängerung der Atomkraftwerke begründet, hintenherum aber den Atomkonzernen das Leben noch mehr erleichtert, gerade auch in Bezug auf die Sicherheit der Atomkraftwerke, als es ohnehin schon war! Das ARD Politmagazin "Monitor" berichtete gestern Abend über ein der Reaktion vorliegendes Schreiben, das die Inhalte der Verhandlungen über Laufzeitverlängerungen im Kanzleramt vom Sonntag, 05.09.2010 dokumentiert. Was dabei jetzt zutage kommt, dass setzt dem Atomfass die Krone auf!

Bei der Verkündung des Abschlusses des Atomkompromisses am Sonntag sprach Frau Merkel von einer energiepolitischen "Revolution". Als ich das hörte, da hatte ich schon die schlimmsten Befürchtungen. Die Offenbarungen über die wirkliche Tragweite dessen, was sie da in den höchsten Tönen lobte, übertreffen meine Befürchtungen noch bei weitem: Diese Revolution der politischen Handlanger der Atomkonzerne richtet sich gegen die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland!


Die sichersten Atomkraftwerke der Welt

Keines der 17 deutschen Atomkraftwerke
  • bietet baulichen Schutz vor Terroranschlägen mit Passagierflugzeugen.
  • bietet im Falle einer Kernschmelze Schutz vor der Verstrahlung der Umwelt.
  • wäre nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik genehmigungsfähig.
Wenn vor diesem Hintergrund Frau Merkel behauptet: "... und wir haben heute schon die sichersten Kernkraftwerke der Welt.", dann frage ich mich ernsthaft, wie es weltweit wohl um die Sicherheit vor einer erneuten Atomkatastrophe à la "Tschernobyl" steht. Wenn ich so darüber nachsinne, dann wird mir übel!

Um die Atomkraftwerke auch nur annähernd auf den aktuellen Stand zu bringen, wären - selbst nach Berechnungen des Bundesumweltministeriums - Investitionen in Höhe von 20 Milliarden Euro notwendig. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat Störfälle in den deutschen Atomanlagen untersucht. Die Erkenntnis aus diesen Untersuchungen ist erschreckend: Der Anteil der Störfälle, der auf auf die Ermüdung und den Verschleiß von Komponenten und Bauteilen zurückzuführen ist nimmt in den letzten Jahren rasant zu. Für den Fall, dass uns nicht über kurz oder lang eines der sichersten Kernkraftwerke der Welt um die Ohren fliegt, werden wir nur von großem Glück reden können.

Für die Bundesregierung ist das aber alles wohl kein Problem. Die Laufzeit der Atomkraftwerke werde - ohne Abstriche bei der Sicherheit (?!) - verlängert. Dafür habe man bereits vorgesorgt ...


Der Ausverkauf an Sicherheit

Aha, man hat also bereits Vorsorge getroffen. Herr Renneberg (ehem. Abteilungsleiter Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium) beurteilt die sicherheitsrelevanten Anforderungen, die in dem Schreiben, das Monitor vorliegt, genannt werden weitaus weniger optimistisch: "Hier werden als kurzfristige Maßnahmen nur solche vorgeschlagen, die sehr einfach zu machen sind, die sowieso aufsichtlich, unabhängig von der Laufzeitverlängerung, zum Geschäft der Atomaufsicht gehören. Dabei werden die grundlegenden Maßnahmen auf die lange Bank geschoben und nicht weiterverfolgt. Und das finde ich skandalös."
  • Für die Atomkonzerne ergibt sich daraus ein Milliarden-Geschenk.
  • Für die Menschen in diesem Land verschlechtert sich die Sicherheit vor einer Atomkatastrophe noch einmal erheblich.

Bereits mit dem "Atomkonsens" wurden die Atomkonzerne - mit Blick auf die ohnehin nur noch kurzen Betriebszeiten (!) - von der Pflicht befreit, dringend notwendige Nachrüstungen an den Uralt Atommeilern vorzunehmen. Da laut der Bund-Länder-Liste wichtige Nachrüstungen erst mittel- bis langfristig erfolgen müssen, und die Uralt-Reaktoren nach dem Willen der Bundesregierung weitere acht Jahre laufen dürfen, werden dringend notwendige Nachrüstungen weiterhin verschoben!

Das ist nicht zu fassen! Mit der Aufkündigung des Atomkonsens verliert die Begründung für die ohnehin viel zu laschen Sicherheitsvorschriften für die alten Atommeiler - die nur noch kurzen Laufzeiten - jegliche Grundlage. Diese sind deshalb nach meinem Verständnis unverzüglich entsprechend des Stands von Wissenschaft und Technik aufzurüsten ... - oder aber - besser noch - sofort stillzulegen!

Aber das Gegenteil ist der Fall. Auf irgendwann einmal verschoben wurde
  • die Vergrößerung der Flutbehälter. Das ist eine wichtige Maßnahme für den Fall, dass das Kühlsystem des Reaktors ausfällt.
  • die Trennung von Sicherheitssystemen, die im Notfall unabhängig voneinander funktionieren müssen.
  • der Austausch der Rohrleitungen.

Die Rohrleitungen: Dass die mehr verkörpern, als nur ein paar Meter Stahl, das stellte gestern Herr Renneberg in dem Monitor-Beitrag klar: "Die Rohrleitungen sind ganz entscheidend für die Störfallvermeidung. Sie müssen halten. Sie müssen aus dem bestmöglichen und stabilsten Stahl aufgebaut sein. Das sind sie bei den alten Anlagen aber nicht. Da haben die alten Anlagen einen großen Nachholbedarf. Deswegen muss das jetzt ausgetauscht werden. Soll aber nicht passieren, sondern erst mittel- bis langfristig. ... Nach diesem Papier mit diesen Fristen fallen diese hohen Nachrüstungskosten praktisch für die alten Anlagen nicht an. Die alten Anlagen werden weiter betrieben, so wie bisher. Ganz wesentlich so wie bisher, ohne dass die wesentlichen Nachrüstungen durchgeführt werden."

Aber selbst dort, wo sie um Nachrüstungen nicht herumkommen, haben die Atomkonzerne sich in der Vereinbarung mit der Bundesregierung weitreichende Schutzklauseln zusichern lassen. Die Kosten für mögliche Nachrüstungen werden zum Beispiel auf 500 Millionen Euro pro Atomkraftwerk begrenzt. Alles was darüber liegt, wird mit den Steuern und Abgaben verrechnet. Die Zahlungen der Konzerne für den neuen Ökostrom-Fonds reduzieren sich, wenn eine künftige Regierung die 2016 auslaufende Atomsteuer verlängern oder erhöhen will.


Woher der Wind weht

Die Vorlage für eine Novellierung des Atomgesetzes, die der Umweltminister in den höchsten Tönen preist, stammt nach Auskunft von Monitor aus der Abteilung des Herrn Hennenhöfer, der jahrelang als Spitzenmanager für die Atomindustrie gearbeitet habe, und der jetzt Herrn Röttgens Mann für die Reaktorsicherheit sei. Er sei auch mitverantwortlich für die Bund-Länder-Liste. Im Entwurf zur Novellierung des Atomgesetzes, gibt es laut Monitor den neuen Paragraphen 7d - "Weitere Vorsorgen gegen Risiken". Darin sind einige Ungeheuerlichkeiten zu finden:
  • Ursprünglich sollten die deutschen Meiler gegen Terrorangriffe aus der Luft geschützt werden. Dieser Passus wurde laut Monitor aus dem aktuellen Entwurf gestrichen. Der Schutz der Bürger vor dieser Strahlengefahr hätte Milliarden gekostet. Aus meiner Sicht ist das russisches Roulette mit dem Atomrevolver - nur dass es dabei zu erheblich mehr als einem Opfer kommt, falls die Kammer mit dem Atomrekator vor dem Abzug liegt.
  • Die Rechte der Bundesbürger werden in drastischer Weise beschnitten. Sollte der Paragrapen 7d jemals in Kraft treten, dann werden bestimmte sicherheitsrelevante Nachrüstungen nicht mehr vor Gericht einklagbar sein. Das würde für sämtliche Bereiche gelten, die künftig dem sogenannten "Restrisiko" zugerechnet werden sollen, wie zum Beispiel der Schutz vor Flugzeugabstürzen.
  • Während bis heute alle Nachrüstungen nach dem "Stand von Wissenschaft und Technik" erfolgen müssen, soll für einige sicherheitsrelevante Bereiche zukünftig nur noch eine "Sorgepflicht" der Betreiber gelten.

Im Zusammenhang mit Kriegen habe ich schon des öfteren auf den Missbrauch der Sprache hingewiesen, wenn es darum geht, wie Militär und Politik versuchen, die Dinge zu verharmlosen. Für diejenigen unter uns, die damit nicht vertraut sind, kann im Zusammenhang mit den Pflichten für die Betreiber der Atomkraftwerke auch die Verwendung der Begriffe "nach Stand von Wissenschaft und Technik" und "Sorgepflicht" zu falschen Schlussfolgerungen führen (auch wenn ich in diesem Falle aufgrund meiner bisherigen Erkenntisse keinen vorsätzlichen Missbrauch unterstellen will). Herr Roßnagel (Universität Kassel, Atomrecht) erklärte den Begriff "Sorgepflicht" im Monitor-Beitrag folgendermaßen: "Die Sorgepflicht begründet nur die Verpflichtung, sich zu bemühen. Sie verpflichtet nicht zu einem Erfolg. Das heißt, erste Aktivitäten reichen aus, um diese Pflicht zu erfüllen."


Im Anschluss an den Filmbeitrag sagte Frau Mikich (Monitor, Moderatorin), das Umweltministerium habe auf die Schlagzeilen von gestern mit einem Schreiben reagiert: Der geschilderte Sachverhalt sei komplett falsch und die bisherigen gesetzlichen Pflichten würden vollständig unangetastet bleiben. Frau Mikich schlug vor, der Herr Röttgen sollte die Dokumente doch vielleicht einmal Zeile für Zeile selbst prüfen.


Zum Weiterlesen:

www.campact.de

(Quelle: Monitor vom 09.09.2010, Tagesschau vom 09.09.2010)