Am letzten Wochenende war unter dem Titel "Mit dem Bus zur Demo" ein größerer Bericht von Herrn Buttler (Sonntagsjournal, freier Mitarbeiter) über die Anti-Atomkraft-Demonstration vom 18.09.2010 in Berlin im Sonntagsjournal der Nordsee-Zeitung abgedruckt. Bei der Lektüre des Artikels war ich plötzlich ziemlich überrascht, über die Worte, die mir da in den Mund gelegt wurden: Ich sei enttäuscht gewesen, dass es anscheinend nicht möglich war, einen Bus für Interessierte aus der Seestadt zu organisieren.
Na ja, das wäre ja ganz nett gewesen, aber eine Mitfahrgelegenheit ab Stotel war schon in Ordnung. Eigentlich hatten mich jedoch ganz andere Sorgen dazu veranlasst, nach Berlin zu fahren. Das Thema "Bus ab Bremerhaven" war eigentlich von Herrn Buttler ins Gespräch eingebracht worden. Er war erstaunt darüber gewesen, das ein Bremerhavener im Bus mit Start in Stotel nach Berlin fährt, und hatte mehrmals gefragt, ob denn wirklich kein Bus von Bremerhaven aus fahren würde, was ich dann im Verlauf des Gesprächs mehrmals verneint hatte.
Eigentlich hatte ich Herrn Buttler erzählt, dass ich das Gefühl habe, die Bundesbürger hätten sich von der Aussicht auf ein absehbares, festgelegtes Ende der Atomkraftwerke in Deutschland einlullen lassen, und dass ich sehr aufgebracht darüber bin, dass die derzeitige Bundesregierung den unter der Bezeichnung "Atomkonsens" bekannten Vertrag zwischen den Atomkaftwerksbetreibern und der Gesellschaft ohne Not aufkündigen will.
Bei einer Pause auf einem Rastplatz habe ich den Bogen dann noch etwas weiter gespannt. Seit dem IPCC Klimabericht von 2007 - das ist schon wieder 3 Jahre her! - sollte auch der letzte Hinterbänkler unter den politisch Verantwortlichen der Welt verstanden haben, dass der Menschheit die Zeit davonläuft, die ihr noch bleibt, um wenigstens die schlimmsten Auswirkungen der Klimakatastrophe noch zu verhindern. Wenn das dafür notwendige Ziel, die globale Erwärmung auf einem Level unterhalb von "plus zwei Grad" zu stabilisieren, noch erreicht werden soll, dann muss jetzt sofort gehandelt werden.
Jetzt müssen die über das gesamte Land verteilten dezentralen Wind-, Wasser-, Sonne-, Biogas oder Biomasse-Kraftwerke entwickelt, gebaut und in einem intelligenten Stromverteilungsnetz zusammengefasst werden, und nicht erst dann, wenn das letzte Gramm Uran gespalten wurde und das letzte Stückchen Kohle verheizt worden ist.
Mit der von der Bundesregierung angestrebten Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke und dem geplanten Bau neuer Kohlekraftwerke verspielt diese Regierung die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder! Die veraltete Technologie der Energieerzeugung mit Großkraftwerken ist unfähig, flexibel auf Lastschwankungen im Stromnetz zu reagieren. Atom- und Kohle-Großkraftwerke lassen sich nur bis zu einem gewissen Lastpegel herunterregeln. Danach müssen sie ganz abgeschaltet werden. Das Wiederanfahren ist dann sehr zeitaufwändig. Für die Übernahme der Rolle der von der Bundesregierung beworbenen "Brückentechnologie" sind sie daher völlig ungeeignet.
Geld, das jetzt dringend zur Investion in die Nutzbarmachung regenerativer Energiequellen gebraucht würde, wird durch die langfristige Subventionierung der Kohle- und Atomkraftwerke gebunden.
Solange Atom- und Kohlekraftwerke in Betrieb sind, überfluten sie mit ihrer laufend erzeugten Grundstrommenge die Stromnetze und behindern so den Ausbau der Nutzung regenerativer Energiequellen, die einzig und allein je nach Bedarf schnell ab- und wieder zugeschaltet werden können. Das hat heute schon zur Folge, dass heimische, CO2-neutrale und klimaschonende Energiequellen zugunsten von klimaschädlichen Kohlekraftwerken und mit Uran aus Australien betriebenen, Atommüll erzeugenden Atomkraftwerken abgeschaltet werden müssen. Und diese beispiellose Dummheit wollen die uns dann auch noch als revolutionäres Energiekonzept verkaufen. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, könnte man über diesen Versuch herzlich und ausgiebig lachen.
Dass dieser Bogen den Rahmen des Artikels von Herrn Buttler im Sonntagsjournal gesprengt hätte ist mir schon klar. Die anderen Mitreisenden, die er während der Fahrt nach Berlin interviewt hatte, mussten ja schließlich auch zu Wort kommen. Aber zumindest wäre es nicht notwendig gewesen, mir ein konstruiertes Zitat in den Mund zu legen. Mein Ärger über die angestrebte Aufkündigung des Atomkonsens, und über die Art und Weise wie das mit Hilfe von Geheimverträgen vorangetrieben wird, wäre da schon bedeutend näher an der Realität gewesen. Ich hoffe nur, die anderen Mitreisenden haben tatsächlich das gesagt, was in der Zeitung zu lesen ist.
(Quelle: Sonntagsjournal vom 26.09.2010)
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