Sonntag, 22. März 2009

Birma - ein Land mit vielen Namen

Seit 1962 wird das in Südostasien gelegene Birma von Militär-Diktaturen beherrscht. Im Jahre 1989 benannte die Militär-Regierung das Land in "Myanmar" um. Die Vereinten Nationen übernahmen den neuen Landesnamen wenige Tage nach der Verkündung durch das Militär. Viele Staaten haben sich der UNO inzwischen angeschlossen. Im Zuge der Umbenennung des Landes wurde auch die offizielle Schreibweise vieler Ortschaften neu bestimmt, indem die Ortsnamen entsprechend ihrer aktuellen Aussprache im lateinischen Alphabet dargestellt und Veränderungen aus der Kolonialzeit entfernt wurden.

Die birmanische Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi sprach sich 1996 in einem Interview für die Beibehaltung des alten Landesnamens Burma aus. Sie bemängelt unter anderem die fehlende Mitwirkung des Volkes bei der Umbenennung. Darin wird sie auch von vielen anderen Kritikern des Militär-Regimes unterstützt.

Die USA, Australien sowie weitere Staaten und nichtstaatliche Organisationen halten als Zeichen ihrer Missbilligung des Militär-Regimes am Namen Burma fest. In der deutschen Presse wird überwiegend die Variante "Birma" des früheren Landesnamens verwendet. Einige deutsche Medien, darunter Spiegel und FAZ, verwenden ebenso wie die deutschschweizerischen und österreichischen Zeitungen die alte Bezeichnung "Burma".

Die Bamar, die größte Bevölkerungsgruppe im Vielvölkerstaat Birma, verwendet in ihrer eigenen Sprache für sich selbst und für ihr Land seit langer Zeit die Bezeichnungen "Bama" und "Myanma". Der Landesname "Myanma" soll bis ins ausgehende 11. Jahrhundert zurückgehen und von König Kyanzittha geprägt worden sein. Bama - wovon sich die Bezeichnungen Burma und Birma ableiten - wird im allgemeinen umgangssprachlich verwendet.


Königreich, britische Kolonie, Demokratie, Militärdiktatur

Im 11. Jahrhundert gründete König Anawrahta das erste birmanische Reich. Im 19. Jahrhundert fiel Birma nach mehreren Kriegen unter britische Herrschaft. Der letzte König von Birma wurde mit seiner Familie durch die britische Besatzung ins Exil nach Indien geschickt. Birma wurde Teil von Britisch-Indien.

Im Zweiten Weltkrieg kämpfte der am 13. Februar 1915 in Natmauk geborene Birmane Aung San nach einer militärischen Ausbildung in Japan als Kommandeur der Burma Independence Army (BIA) an der Seite Japans gegen die britischen Besatzer seines Landes. Die britischen Kolonialherren unterlagen und Birma wurde von Japan okkupiert. Kurz vor dem Rückeroberungsfeldzug der Amerikaner wechselte Aung San die Seiten. Im Jahre 1945 wurde das Land erneut von den Briten besetzt und in ihr Kolonialreich integriert. Nach dem Krieg verhandelte Aung San mehrere entscheidende Verträge, die Birma am 4. Januar 1948 in die Unabhängigkeit von Großbritannien führten.

Am 19. Juli 1947 wurde Aung San während einer Kabinettssitzung Opfer eines Attentats. Die Unabhängigkeit Birmas von Großbritannien, für die er sein ganzes Leben lang gekämpft hatte, erlebte er nicht mehr. Die fünf Schützen sowie der Rädelsführer U Saw, Premierminister der früheren Kolonialregierung, wurden im Januar 1948 hingerichtet. Aung San wird als birmanischer Nationalheld verehrt.

Der Kampf ethnischer Minderheiten für mehr Autonomie oder Unabhängigkeit führte in einigen Landesteilen während der folgenden Jahre immer wieder zu bewaffneten Konflikten. Nach einer kurzen demokratischen Phase bis 1962 wurde Birma bis heute von verschiedenen Militär-Regimen beherrscht.


Aung San Suu Kyi

Am 19. Juni 1945 wurde Aung San Suu Kyi als drittes Kind von Aung San und seiner Frau Daw Khin Kyi geboren. Nach dem Highschool-Abschluss in Neu-Delhi ging sie nach England und studierte an der Universität Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaft. Von 1969 bis 1971 arbeitete sie in New Yorker UN-Sekretariat.

1972 heiratete sie den Briten Michael Aris mit dem sie 1974 nach Oxford zog. Aung San Suu Kyi begann Details über das Leben ihres Vaters Aung San zusammenzutragen und schrieb ein Buch über sein Leben, das 1984 erschien. Von 1985 bis 1986 bezog sie ein Stipendium in Kyoto, Japan, wo sie Nachforschungen über den Aufenthalt ihres Vaters in Japan anstellte. Weitere Veröffentlichungen über Birma folgten.

Im Jahre 1988 reiste Aung San Suu Kyi von Oxford nach Birma, um ihre kranke Mutter zu besuchen. Sie geriet dort in den Volksaufstand gegen das kommunistische Militär-Regime, der am 8. August 1988 nach monatelangen Unruhen mit dem gewaltsamen Vorgehen der Armee gegen die Demonstranten in der früheren Hauptstadt Rangun beendet wurde. Das Militär schoss in die Menge der Demonstranten. Tausende Menschen verloren dabei ihr Leben. Der damalige starke Mann Birmas, Ne Win, trat zurück. Eine neue Generation von Militärs unter der Führung von General Saw Maung putsche sich an die Macht und beendete die kommunistische Ära in Birma. Das neue Militär-Regime gab sich den Namen "Staatsrat für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung (SLORC)".

Aung San Suu Kyi wurde zur Wortführerin der demokratischen Opposition. Im Mai 1990 gab das Militär dem internationalen Druck nach und ließ eine Wahl durchführen. Diese war jedoch alles andere als frei. Trotz massiver Behinderungen errang die Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi mit einem Erdrutschsieg 82 Prozent der Parlamentssitze. Das Militär-Regime wurde von dem Wahlsieg förmlich überrumpelt. Da die Militärs Aung San Suu Kyi zum Zeitpunkt der Wahl zum ersten Mal "vorsorglich unter Hausarrest" gestellt hatte, meinten sie wohl, sie hätten die Demokratiebewegung handlungsunfähig gemacht. Das Militär-Regime ignorierte jedoch trotz aller internationalen Proteste das Wahlergebnis. Es kam zu einer blutigen Niederschlagung von friedlichen Studentenprotesten. Die Diktatur hielt sich weiterhin an der Macht.

Für ihren Einsatz für die Menschenrechte und für ihren gewaltfreien Kampf für Demokratie in Birma erhielt Aung San Suu Kyi 1991 den Friedennobelpreis. Da sie befürchtete, ihr würde die Wiedereinreise nach Myanmar verweigert werden, fuhr sie nicht selbst zur Preisverleihung. Deshalb nahmen ihre Söhne den Preis in ihrem Namen an. In den folgenden Jahren wurden hunderte von Mitgliedern der NLD verhaftet. Trotz oder gerade wegen ihrer Popularität im Lande war man immer wieder besorgt um die Gesundheit und das Leben von Aung San Suu Kyi. Trotz aller Repressalien erlaubte das Militär-Regime Journalisten und UN-Mitgliedern mehrfach Besuche bei Aung San Suu Kyi. Ihrem inzwischen an Krebs erkrankten Mann blieb seine Bitte an das Militär-Regime, seine Frau ein letztes Mal zu sehen, jedoch bis zu seinem Tod im Jahre 1999 verwehrt.

Die am 9. Januar 1993 erstmals einberufene Nationale Versammlung, die eine neue Verfassung erarbeiten sollte, wurde nach mehreren Sitzungen am 31. Mai 1996 endgültig ausgesetzt. Die NLD war nach Protesten gegen die vom Militär vorgegebenen Verfahrensvorschriften am 29. November 1995 von der Nationalen Versammlung ausgeschlossen worden.


Menschenrechtsverletzungen und Zensur
  • Die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi wurde willkürlich freigelassen und erneut unter Hausarrest gestellt. Ein trauriger Höhepunkt in der Serie von Festnahmen war der blutige Überfall auf ihre Wagenkolonne im Mai 2003.
  • Die Militär-Regierung verfügt willkürlich über Besitz und Einkünfte des Volkes und bereichert sich auf Kosten der Bürger des Landes.
  • Menschenrechtsorganisationen werfen dem Regime und der Armee Menschenrechtsverstöße wie Zwangsarbeit, Zwangsräumung von Dörfern, Folter und Vergewaltigungen vor. Der Vorwurf, die Konfliktparteien würden Kindersoldaten rekrutieren und in den bis heute andauernden Kämpfen zwischen der Regierung und Aufständischen, sowie gegen ethnische Minderheiten wie die Karen einsetzen, richtet sich sowohl gegen die Militär-Regierung wie auch gegen einige Rebellengruppen.
  • Um den Bau einer Gaspipeline von Myanmar nach Thailand (Yadana-Projekt) vor Überfällen zu schützen sollen die Dörfer entlang der Pipeline-Trasse weiträumig zerstört und die Bevölkerung zwangsumgesiedelt worden sein. Die belegten Fälle von Zwangsarbeit, Vertreibung und Mord führten zu Prozessen gegen die beiden für den Bau verantwortlichen Ölkonzerne Total und Unocal.
  • Ende Juni 2007 warf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) dem Regime öffentlich schwere Menschenrechtsverletzungen wie die Misshandlung von Gefangenen und die Verfolgung der Minderheit der Karen vor. Damit wich das IKRK von der sonst üblichen Verfahrensweise ab, Kritik vertraulich auszusprechen. Da die Machthaber Myanmars jedoch nicht auf die Vorwürfe reagierten, entschloss sich das IKRK in diesem besonderen Fall dazu, die Vorwürfe publik zu machen.
  • Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ führt eine Rangliste zur Lage der Pressefreiheit. In der Liste von 2008 belegt Myanmar den Platz 170 von insgesamt 173.

Proteste in Birma 2007

Im September 2007 begannen die Bürger in Birma gegen die drastischen Preissteigerungen für Treibstoffe zu protestieren, die Preissteigerungen in allen Bereichen des Lebens nach sich zogen. Daraus entwickelten sich Demonstrationen die sich später gegen das Regime im Allgemeinen richteten. Buddhistische Mönche und Nonnen schlossen sich den Demonstranten an und wurden kurze Zeit später zur führenden Kraft der Proteste. Am 24. September wurden bereits über 100000 Demonstranten gezählt.

Anders als in der Vergangenheit ließ das Militär die Demonstranten zunächst gewähren. Am 25. September ging es jedoch mit Waffengewalt gegen die Demonstranten vor. Nach offiziellen Angaben kamen zehn Menschen ums Leben, darunter der japanische Journalist Kenji Nagai. Inoffizielle Beobachter sprechen von bis zu 200 Toten. Mehrere Hundert Menschen wurden verletzt. Zahlreiche Klöster in Rangun wurden von den Soldaten gestürmt. Im ganzen Land wurden hunderte Oppositionspolitiker und Regimegegner inhaftiert. Am 29. September 2007 verkündeten die Generäle den Aufstand als beendet.

Vom 28. September bis zum 8. Oktober 2007 war die birmanische Internetdomäne ".mm" nicht erreichbar - angeblich wegen des Bruchs eines Unterseekabels. Die Opposition bewertet die Unterbrechung jedoch als Vertuschungsversuch der Regierung, die der Welt Informationen über die gewalttätige Unterdrückung der Demonstrationen im Land vorenthalten wollte.

Im Februar 2008 setzte das Militär-Regime ein Referendum über die neue Verfassung im Mai 2008 an. Nach dem Terminplan sollen demokratische Wahlen 2010 stattfinden.

In der Nacht zum 3. Mai 2008 wurden Teile des Landes durch den Tropensturm Nargis verwüstet. Es starben nach Regierungsangaben vom 24. Juni 2008 84537 Menschen, 53836 gelten als vermisst. Nach UNO-Schätzungen vom 9. Mai 2008 starben 63000 bis 101000 Menschen und rund eine Million Menschen wurden obdachlos. Die Militärs verweigerten Helfern den Zugang zum Irrawaddy-Flussdelta und beschlagnahmten Hilfsgüterlieferungen aus dem Ausland.

Abgesehen davon, dass sie sich auf Kosten der Opfer der Naturkatastrophe an den Hilfsgütern bereichern konnte, verschaffte der Tropensturm der Militär-Regierung einen weiteren Vorteil. Das Regime führte das Verfassungsreferendum, trotz der durch den Sturm verursachten chaotischen Zustände im Land, wie geplant am 10. Mai 2008 durch. Obwohl das Wahlergebnis international wegen massiver Wahlfälschung und Einschüchterung der Wähler nicht anerkannt wird, teilte die Militär-Regierung mit, dass 92 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung der neuen Verfassung zugestimmt hätten.


Petition an die UNO

Aung San Suu Kyi steht unter Hausarrest und über 2000 Mönche und Aktivisten, die für eine Demokratisierung des Landes eintraten, werden unter menschenunwürdigen Bedingungen in Birmas Gefängnissen gefangen gehalten. Obwohl sie sich damit bewusst in Gefahr begeben, haben Anhänger der Demokratiebewegung in Birma in der letzten Woche die Freilassung von Aung San Suu Kyi sowie aller anderen politischen Gefangenen gefordert und dazu die Welt um Hilfe gebeten. Sie hoffen als Unterstützung für ihre Forderung auf 888888 Unterschriften.

AVAAZ unterstützt sie dabei und wird dem Generalsekretär der UNO, Herrn Ban Ki Moon, eine Petition übergeben, und ihn bitten, sich für die Freiheit der politischen Gefangenen in Birma einzusetzen. Laut AVAAZ spielt die Zahl 8 in der birmanischen Kultur eine wichtige Rolle. Daher werde diese symbolträchtige Zahl sicher Wirkungen zeigen!

Im Dezember 2008 unterzeichneten 112 ehemalige Präsidenten und Premierminister einen Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, um den Druck auf das Regime in Birma zu erhöhen. Nachdem daraufhin ein UNO-Sondergesandter im Februar 2009 Birma besuchte, wurden etwa 20 politische Häftlinge freigelassen.

AVAAZ berichtet, verlässlichen Berichten zufolge schaue das Regime in Birma besorgt auf den massiven Internetaufruf von AVAAZ an die UNO. Über 160 birmanische Exil- und Solidaritätsgruppen aus 24 Staaten unterstützen diese Kampagne.

Wer möchte, kann die Petition von
AVAAZ an die UNO hier unterzeichnen.



Zum Weiterlesen:
  • BBC-News:
    Profile: Aung San Suu Kyi (englisch)

Audio- und Video-Medien:

(Quellen: Wikipedia: Aung San, Wikipedia: Birma, Tagesschau vom 22.09.2007, Tagesschau vom 23.09.2007, AVAAZ, Friedensnobelpreis)

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