Gefährliche Gier - riskante Erdgassuche in Deutschland (ZDF zoom vom 09.11.2011)
Mit ihrem Beitrag in ihrem Blog vom 30. November hat Frau Momo mich an ein Thema erinnert, über dass ich vor längerer Zeit schon einmal etwas darüber gehört hatte. Dabei geht es um die Erschließung der letzten fossilen Gasreserven unseres Planeten.
Kleine Erdgaseinlagerungen in winzigen Holräumen von Gesteinen und in den Spalten zwischen Schiefer-Schichten, sogenannte unkonventionelle Erdgasvorkommen, lassen sich aber nicht so ohne weiteres erschließen. Das technische Verfahren, mit dem es trotzdem möglich wird, auch noch diese letzten fossilen Brennstoffvorkommen auszubeuten, nennt sich "Fracking" (aufreißen). Über die Bohrsonde wird eine Flüssigkeit unter sehr hohem Druck in eine Gesteinsformation gepresst, in deren Zwischen- und Hohlräumen Erdgas eingelagert ist. Dabei entstehen winzige Risse im Gestein, durch die hindurch das Gas aus den Einschlüssen entweichen und über die Sonde gefördert werden kann.
Bis hier her hört sich das ja noch recht harmlos an. Bei der "Flüssigkeit", die durch die Sonde in das Gestein gepresst wird, handelt es sich um Wasser ... - um sehr viel Wasser, das mit Sand und Chemikalien vermischt ist. Einem Beitrag des ARD-Magazins "Report-München" vom 29.11.2011 zufolge werden pro Bohrung hunderttausende Liter Wasser in das Gestein gepresst. Der Chemikalien-Mix besteht unter anderem aus trinkwasser- und gesundheitsgefährdenden Stoffen. Genehmigungen werden nach Bergbaurecht erteilt. Die großen multinationeln Erdölkonzerne stecken bereits ihre Claims ab. "Unkonventionelle" Gasvorkommen gibt es wohl unter einem Drittel der Fläche Deutschlands.
In den USA, wo Fracking schon massenweise angewendet wird, gibt es inzwischen die ersten Verbote. Wenn die Menschen dort den Wasserhahn aufdrehen, dann kommt in einigen Regionen zusammen mit dem Wasser immer wieder jede Menge Methan aus der Leitung. Wenn man ein Feuerzeug neben den Wasserstrahl hält, gibt es eine große Flamme, weil ausströmendes Methan verbrennt. Es ist aber nicht nur so, dass mit dem Aufdrehen des Wasserhahns die Brandgefahr in den Häusern steigt. Methan zählt neben dem vielzitierten CO2 zu den gefährlichsten Klimakillern.
Auf eine "Report-München"-Anfrage antwortete das Bundesumweltministerium, es sehe Risiken für das Grundwasser und die Trinkwassergewinnung aufgrund des Eindringens von Schadstoffen und radioaktiv belastetem "Lagerstättenwasser". Dieses kontaminierte "Lagerstättenwasser" wird wieder in die Erde gepumpt. Das Landesamt für Bergbau in Hannover habe "Report-München" mitgeteilt, für das Lagerstättenwasser und die meisten der für das "Fracking" geeigneten Chemikalien seien keine Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgeschrieben, da sie im Bergrecht nicht berücksichtigt würden. Die Behörde könne daher für solche Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangen.
Wer jetzt glaubt, er sei im falschen Film, und schlimmer könne es ja wohl kaum noch kommen, der irrt gewaltig. Anstatt das riesige klaffende Loch im Gesetz schleunigst zu stopfen, passiert das genaue Gegenteil. "Report-München" zeigte in seinem Filmbeitrag einen Antrag für ein Gesetz für die Anwendung des Fracking-Verfahrens in Deutschland. Darin heißt es (Zitat): "Darin können auch Regelfälle benannt werden, in denen der Einsatz von Fracking nicht als umweltgefährdend anzusehen ist."
- Anstatt die Bevölkerung vor den Machenschaften und den Giften der Ölmultis zu schützen, kuschelt die wespenfarbene Bundesregierung mit der Öl- und Gas-Lobby ebenso herum, wie mit den Atomkonzernen.
Wissenschaftliche Forschung bleibt bei den Entscheidungen der verantwortlichen Politiker völlig außen vor. Herr Krischer (Bündnis 90/Die Grünen, MdB) sagte in der "Report-München"-Sendung (Zitat): "Die Bundesregierung hat uns eine Vorlage geliefert, in der sie auf die Werbebroschüren der Öl- und Gasindustrie hinweist. Das wurde da als wissenschaftliche Literatur angegeben. Das ist schon relativ ungewöhnlich und muss ich sagen, habe ich in der Zeit hier noch nicht erlebt, dass man in offiziellen Ausschussvorlagen, in Regierungsvorlagen, dann auf Werbebroschüren der Industrie verweist."
Die Brunnenvergifter der Neuzeit
genießen staatlichen Schutz
Im Mittelalter wurden Brunnenvergifter
gnadenlos verfolgt, verurteilt und hingerichtet.
Die Brunnenvergifter der Neuzeit bewegen sich hingegen quasi im rechtsfreien Raum. In der Filmdokumentation "Gefährliche Gier" des ZDF-Magazins ZOOM vom 09.11.2011 sagte Herr Herr Scholle (Gelsenwasser AG, Vorstand, im Film ab 15m4s), im Versorgungsgebiet von "Gelsenwasser" sei durch das Fracking die Trinkwasserversorgung von fünf Millionen Menschen gefährdet. Er habe sich anfangs nicht vorstellen können, dass Fracking mit toxischen Chemikalien in einem Trinkwasserschutzgebiet durch unsere Gesetze gedeckt sein könnte (Zitat): "Ich habe mir zuerst gedacht, das kann doch rechtlich gar nicht möglich sein, dass solche Bohrungen, mit diesen tiefen Eingriffen, durch Bergrecht gedeckt sind und in Wasserschutzgebieten ablaufen können. Ich musste dann feststellen, dass das Bergrecht, was aus dem letzten Jahrtausend kommt, tatsächlich dieses vorsieht."
Dafür ist im Bergrecht allerdings keinerlei Information der Bevölkerung oder anderer betroffener Behörden, Institute etc. - wie zum Beispiel die für die Trinkwasserversorgung verantwortlichen - vorgesehen. Im Dunkel der Erde Deutschlands können multinationale Öl- und Gas-Konzerne mit ihren gefährlichen Chemiecocktails immer genau das machen, was gerade den meisten Profit in ihre Kassen spült. Und damit ihnen auch ja niemand an den Karren fahren kann, werden die Gesetze hierzulande passend auf ihre kriminellen Anliegen zugeschnitten!
Auf die Gefährdung der Bevölkerung und des Trinkwassers durch beim Fracking eingesetzte chemische Substanzen angesprochen, schwafeln sie von Essigsäure, die ja auch in Salaten ("Essig") verwendet werde. Über die ebenfalls eingesetzten Chemikalien, die Krebs auslösen können oder hormonaktiv sind, schweigen sie sich lieber aus. Wenn explizit danach gefragt wird, dann 'werden die Bohrungen mit Zement abgedichtet'. Angeblich werde damit sichergestellt, dass die beim Fracking eingesetzten toxischen Substanzen keinen Kontakt zum Grundwasser haben. Aber auch Zement und Beton sind nicht davor sicher, dass sich Risse darin bilden. Geologische Vorgänge haben Gebirge und Grabenbrüche geformt. Erdbeben lassen den Gebäudebestand ganzer Städte einstürzen. Und da wollen die Vertreter der Öl- und Gas-Konzerne mir weismachen, so eine Betonröhre sei in der Lage, auf Dauer diesen mächtigen Bewegungen unseres Planeten zu widerstehen?
In Frankreich wird das Thema Fracking anders angegangen. Herr Scholle sagt in "Gefährliche Gier" (ab 15m56s): "... Frankreich hat innerhalb von zwei Monaten ein Gesetz zum Verbot von Fracking durchgesetzt, durchs Parlement, mit genau den Argumenten, die auch wir sehen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass in der Bundesrepublik Deutschland, dass die Bürger das hinnehmen dass wir sagen, ja wir verschandeln unsere Landschaft, und wir gefährden unser Wasser."
- Das ist alles nicht zu fassen:
Aufgrund des Anstiegs der mittleren globalen Temperatur infolge des von uns Menschen verursachten, rapide voranschreitenden Klimawandels schwinden mit den Gletschern in den Hochgebirgen unseres Planeten die verfügbaren Süßwasserreserven. Im Hochland des Himalaya entspringen einige der größten Flüsse unseres Planeten, wie der Indus, der Ganges, der Brahmaputra, der Yangtse Kiang oder der Mekong. Ihre Wassermassen werden seit tausenden von Jahren auf natürliche Weise durch die Gletscher des Himalaya reguliert.
In seiner Filmdokumentation "Machtfaktor Erde" macht Claus Kleber darauf aufmerksam, dass China im Himalaya gerade dabei ist, einen Staudamm zu errichten, der größer werden wird, als derjenige in den "Drei Schluchten". Der Damm werde in der Lage sein, den Brahmaputra umzuleiten. Indien und Bangladesh würde damit eine Lebensader abgeschnürt werden. Entdeckt worden sei das chinesische Wasserbauprojekt erst im Jahre 2010 auf Satellitenaufnahmen.
Während in anderen Regionen der Welt also bereits abzusehen ist, dass dort die nächsten Kriege möglicherweise um die letzten versiegenden Wasserquellen geführt werden, wird das Wasser hierzulande, wo es bisher noch genug davon gibt, mit gesundheitsschädlichen Chemikalien vergiftet.
Vergiftetes Wasser - Verbrannte Erde
Auch mit Blick auf die seit vorgestern in Durban (Südafrika) stattfindende 17. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP17) kommt noch ein weiterer brisanter Aspekt hinzu: Große fossile Gasreserven verbrennen nicht CO2-neutral. Ihre Verbrennung wirkt sich vielleicht nur ein bischen weniger schädlich aus, als die Verbrennung von Öl oder Kohle. Deshalb werden erdgasbefeuerte Blockheizkraftwerke in den Szenarien der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) für die Energiewende lediglich für eine kurze Übergangszeit als "Brückentechnologie" betrachtet - und zwar als das kleinere Übel gegenüber Öl- oder Kohlekraftwerken.
Es geht nicht darum, auch noch das letzte in der Erde gebundene CO2 mit großem technischen Aufwand in die Atmosphäre zu blasen, sondern darum, dass es der Menschheit in einer großen gemeinsamen Kraftanstrengung innerhalb kürzester Zeit gelingen muss, den globalen mittleren Temperaturanstieg unterhalb der im IPCC-Klimareport 2007 genannten "maximal plus 2 Grad"-Marke zu stabilisieren. Verbindliche Verträge für dieses wichtigste aller Projekte der Menschheit gibt es jedoch nicht. Das nur noch bis Ende 2012 geltende Kyotoprotokoll ist von den großen Klimasündern, allen voran China und die USA, nie anerkannt worden. Und auch "Durban" könnte wieder daran scheitern, dass jeder für sich den größten Vorteil und die geringsten Verpflichtungen herauszuschinden versucht.
So muss man sich auch nicht darüber wundern, dass die weltweiten CO2-Emissionen nicht ab-, sondern zunehmen. Angesichts einer Studie, die ausgerechnet von den USA in Auftrag gegeben wurde, steigt in mir so langsam ein Gefühl ohnmächtiger Wut auf. Die Studie kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass die Atmosphäre unseres Planeten im vergangenen Jahr mit 33,5 Milliarden Tonnen C02 aufgeheizt wurde ... - sechs Prozent mehr als im Jahre 2009!
- Wenn wir, die Bürger dieser Welt, unsere Regierungen nicht dazu bringen, die multinationalen Konzerne weltweit in ihre Schranken zu verweisen, dann werden sie unsere Welt - und diejenige aller nachfolgenden Generationen(!) - sehenden Auges in die Klimakatastrophe steuern, so wie sie sich in den "Worst-Case"-Szenarien der IPCC abzeichnet.
Sollte jetzt plötzlich auch noch "massenweise frisches Erdgas" zur Verfügung stehen, dann bestünde durchaus die Gefahr, dass sich Erdgas-Kraftwerke als ein nicht zu unterschätzender Bremsklotz bezüglich der Erschließung regenerativer, CO2-neutraler Energiequellen entpuppen. Deshalb muss den kriminellen Machenschaften der Brunnenvergifter unserer Zeit ein Riegel vorgeschoben werden. Das Erdgas muss dort bleiben, wo es keinen Schaden anrichten kann: In den Einschlüssen tiefliegender Gesteinsformationen unter der Erde.
(Quellen: Report München vom 29.11.2011, Mensch lebt nur einmal vom 29.11.2011, ZDF ZOOM vom 09.11.2011, Tagesschau vom 04.11.2011, Wikipedia, Machtfaktor Erde)
2 Kommentare:
Hallo Jürgen,
gerade heute las ich im Netz einen Bericht über die neuen Möglichkeiten sich via Fonds an der Wasserindustrie zu beteiligen. Überall wird hier die Möglichkeit gesehen Kohle zu machen. Meiner Einschätzung nach, die ich schon sehr lange habe, wird Wasser einmal so teuer wie Gold werden. Und der nächste Krieg wird ums Wasser geführt werden. Davon gehen Experten aus. Danke, daß du dieses Thema aufgegriffen hast.
@Helmut: Wasser ist DAS Grundnahrungsmittel überhaupt! Ohne Wasser geht gar nichts. Ich finde, Wasser und Grundnahrungsmittel wie z.B. Brot dürften gerade so viel kosten, dass die Herstellungs- bzw. Aufbereitungskosten gedeckt sind. Klar muss der Bäcker am Brot etwas verdienen - schließlich lebt er davon. Aber einige grundlegende Sorten Brot müssen für jeden erschwinglich sein. Das Gleiche gilt analog für andere Grundnahrungsmittel in anderen Gegenden der Welt (Reis, Mais etc.). Wenn ich höre, dass die Zocker und Spekulanten inzwischen die Preise für Grundnahrungsmittel dermaßen in die Höhe getrieben haben, dass viel Menschen deswegen zusätzlich hungern müssen, dann platzt mir der Kragen.
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