Mittwoch, 7. Dezember 2011

Mit Höchstgeschwindigkeit in den Abgrund

Das Auto ist vollgetankt. Der Fahrer startet die Maschine und lässt sie zwei, dreimal kurz aufheulen. Dann gibt er Gas und schaltet einen Gang nach dem anderen hoch. In rasendem Tempo fliegt die Landschaft am Fahrer und seinem Auto vorbei. Er nimmt um sich herum kaum noch etwas wahr: Geschwindigkeitsrausch ...

Die Tankanzeige bewegt sich zusehends auf die Reservemarke zu. Jetzt bloß nicht anhalten. Der Fahrer braucht seinen Rausch. Er greift zum Mobiltelefon und ordert den Tankwagen - den mit der Rennmaschine, den schnellsten des weltgrößten Ölkonzerns "Ölmulti".

Kurz darauf rasen beide nebeneinander her: Der Renntanker und der Fahrer in seinem Auto, dessen Tankanzeige sich langsam wieder der Voll-Marke nähert. Bei ungedrosselter Geschwindigkeit wird der Tank seines Autos gefüllt: Es lebe die Technik! Sie macht den Fahrer zum Herrscher über den Geschwindigkeitsrausch, über die Welt, über die Naturgesetze
- und über Gott.
Nichts kann ihn jetzt noch aufhalten.

Bald rast er wieder allein dahin. Die Klippe am Ende der Straße kommt in Sicht. Da muss doch noch "etwas gehen", bevor der Rausch der Geschwindigkeit nachlässt. Der Fahrer schaltet den Nachbrenner zu. Sein Auto beschleunigt noch einmal - ein letztes Mal. Der Fahrer wird regelrecht in den Sitz gepresst: Ahh ... - der Geschwindigkeitsrausch hat ihn wieder voll im Griff. Das Auto fliegt über den Klippenrand hinweg. Seine Flugbahn neigt sich immer mehr. Kurz darauf prallt es auf den heißen Wüstensand ... - dort, wo noch vor vier Jahren die Brandung des Meeres die Klippen umspülte - und geht in Flammen auf.


Der "Fahrer"

So in etwa steht es um die Verhandlungen bei der Weltklimakonferenz in Durban (Südafrika) über ein Nachfolgeabkommen für das Ende nächsten Jahres auslaufende "Kyoto-Protokoll". Wie schon seit vielen Jahren, gefallen sich die USA auch in diesem Jahr wieder in ihrer Rolle als "Fahrer im Geschwindigkeits-Ölrausch". Auch wenn Herr Obama (USA, Präsident) bei seinem Amtsantritt treffend festgestellt hat, dass die USA sich am gemeinsamen Kampf der Menschheit gegen den Klimawandel aktiv und in führender Position beteiligen müssen: Gegen seine Gegner aus den Reihen der Republikaner und ihrer Anhänger, die weiterhin dem Ölrausch multinationaler Konzerne verfallen sind, kann offenbar selbst er mit seinem Motto "Ja, wir können es" (yes, we can), das während seines Wahlkampfs von Menschen aller Bundesstaaten der USA begeistert aufgegriffen worden war, nichts ausrichten.

Ebenso wie einige andere Länder befindet sich auch die "demokratische Weltmacht USA" fest im Griff der Diktatur multinationaler Ölkonzerne, die auf diese Weise das dringend notwendige, für alle Vertragspartner bindende Abkommen über einen weltweit koordinierten Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe blockieren.


Die Welt am Abgrund

Vier Jahre ist es jetzt schon her, seit der IPCC-Klimareport 2007 die politisch Verantwortlichen der Welt aus ihrem Schlaf riss. Nachdem anfangs viel geredet worden war, ist so gut wie nichts passiert. Sehenden Auges steuert die Menschenheit ihren Planeten mit Höchstgeschwindigkeit in den Abgrund. Mit wachsender Geschwindigkeit zerstören wir unsere Lebensgrundlagen auf der Erde, unserer Heimat im All. Wir haben nur diesen einen Planeten, diese eine Heimat, in der wir für die kurze Zeitspanne unseres Lebens zu Gast sind.

Die Erde und ihre Schätze gehören uns nicht. Wir haben sie zusammen mit all ihren Schätzen und Wundern von unseren Vorfahren in einem bewohnbaren Zustand übernommen. Am Ende unseres Weges durch das Leben müssen auch wir sie in einem intakten, bewohnbaren Zustand an die nachfolgenden Generationen übergeben. Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Wenn wir zusammen mit den natürlichen Grundlagen für das Leben auf dem Planeten Erde gleichzeitig auch die Lebensgrundlage unserer Kinder, Enkel und deren Kinder und Kindeskinder zerstören, dann zerstören wir damit ebenso unsere eigene Zukunft, wie die Zukunft der Menschheit insgesamt - und diejenige aller unserer Mitgeschöpfe, mit denen wir unsere Heimat im All teilen.


Petition an die Entscheidungsträger

Damit es den Ölkonzernen und den Ölförderländern, die nur ihre kurzfristigen Profite im Sinn haben, nicht gelingt, den Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe zu blockieren, muss der Rest der Staatengemeinschaft jetzt unbedingt zusammenhalten.

Wie das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ in einer E-Mail an seinen Verteiler mitteilte, sind Europa, Brasilien und China derzeit noch unentschieden. Sie seien zwar nicht im gleichen Maße wie die USA von Ölkonzernen eingenommen, müssten aber mit einem weltweiten Aufruf zum Handeln ermutigt werden, damit sie tatsächlich politisch und finanziell eine Führungsrolle in den Verhandlungen über den Abschluss eines Nachfolgeabkommens zum Kyoto-Protokoll übernehmen. China hat aber immerhin, anders als noch im letzten Jahr, grundsätzlich seine Bereitschaft erklärt, verbindliche Vereinbarungen mitzutragen.

Der weltweite Protest gegen die Klimakiller hat die Delegierten der Weltklimakonferenz schon einmal beeindruckt. Ich stimme dem AVAAZ-Team zu: Wir müssen unsere Politiker "laut und deutlich" auffordern, den Ölkonzernen die Stirn zu bieten und unseren Planeten wenigstens noch vor den schlimmsten Auswirkungen der Klimakatastrophe zu bewahren. Dafür hat AVAAZ eine Petition vorbereitet, die ein Avaaz-Team direkt vor Ort in Durban an die Adressaten übergeben wird.

Der Text der Petition lautet:
An die Entscheidungsträger Brasiliens, Chinas und der EU:

Als besorgte Bürger fordern wir Sie an der Seite von Afrika zu stehen und den USA und anderen, die die Klimagespräche und unseren Planeten zerstören wollen, die Stirn zu bieten. Bitte retten und stärken Sie das Kyoto-Protokoll und setzen Sie sich für das Zustandekommen eines ehrgeizigen und bindenden Abkommens bis spätestens 2015 ein. Unser Klima steckt in der Krise und unsere Zukunft hängt von Ihrem Führungsverhalten ab.


Der kurzsichtige Fokus auf schnelle Gewinne ist absolut inakzeptabel. Es geht um das Überleben der Menschheit, um den Fortbestand des Lebens auf der Erde, so wie wir sie noch kennengelernt haben. Uns bleiben nur noch zweieinhalb Tage bis zum Abschluss der Verhandlungen.

Jeder, der sich an der Petition an die Teilnehmer der Klimakonferenz beteiligen möchte, kann diese auf der Internetseite von AVAAZ online unterzeichnen.


"Erst wenn der letzte Baum gerodet,
der letzte Fluss vergiftet,
der letzte Fisch gefangen ist,
werdet ihr merken,
dass man Geld nicht essen kann."


Weissagung der Cree

  • Auch wenn diese "zusammengebastelte" Erkenntnis der "Grünen Spinner" aus den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht wortwörtlich so von Menschen aus dem Volk der Cree oder der Hopi gesagt worden ist, so ist sie heute erschreckenderweise aktueller als vor noch vor 30 Jahren - oder als vor 160 Jahren, als die Angehörigen der indigenen Völker Nordamerikas die europäischen Eroberer vor dem unachtsamen Umgang mit den Resourcen des Landes und ihren Lebensgrundlagen gewarnt haben. Leider haben die "gläubigen Christen" damals den "wilden Ureinwohnern" des nordamerikanischen Kontinents nicht zugehört. Hätten sie sich das Wissen der Völker, deren Lebensraum sie eroberten, zu eigen gemacht, dann müssten wir uns heute um die Zukunft des Planeten mit Sicherheit nicht solche Gedanken machen.


(Quellen: Die Zeit vom 07.12. vom 06.12. und vom 01.12.2011, Süddeutsche Zeitung vom 06.12.2011, Deutsche Welle vom 06.12.2011, Spiegel vom 05.12.2011, Tagesschau-Blog vom 01.12.2011, AVAAZ)

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