Donnerstag, 31. Dezember 2009

Das war das Jahr 2009

Das Jahr 2009 liegt in den letzten Zügen. Der gestrigen Knallerei nach zu urteilen, müsste es eigentlich sogar schon tot sein. Heute um Mitternacht beginnt das letzte Jahr des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends. Irgendwie hört sich das zwar alles ziemlich phantastisch an, aber eigentlich bleibt unser persönliches Leben von diesen kalendarischen Maßstäben ja eher unberührt.

Die wirklichen Einflüsse auf unser Leben ergeben sich eher aus den Lebensbedingungen am dem Ort, an dem wir das Licht der Welt erblickten und denen der Gesellschaft in die wir hineingeboren wurden. Die Einteilung der Ereignisse, die uns berühren, in Jahresabschnitte hilft uns jedoch, den Überblick zu behalten. Hier ist mein Rückblick auf das Jahr 2009 in "juwi's welt":


juwi's welt


In das Problem mit den am schlimmsten verwahrlosten Immobilien in Bremerhaven kommt aufgrund eines neuen Ortsgesetzes Bewegung. Für einige der alten Gründerzeithäuser, die die Bombenangriffe des Jahres 1944 überstanden und jetzt das Opfer von Immobilienspekulanten wurden, wird diese Bewegung leider aber wohl ihr Ende bedeuten. Ich hoffe jedoch sehr, dass die meisten von ihnen auch diese bedrohliche Krise überstehen werden. Der Verlust jedes einzelnen Hauses im Süden Lehes reißt eine tiefe Narbe in das gründerzeitlich geprägte Stadtbild.

Mit dem Verkauf des Wilhelm-Kaisen-Platzes an einen Investor, der auf dem Bremerhavener Festplatz einen OBI-Baumarkt errichten will, bereitete die Große Koalition den Boden für die Fortsetzung des verhängnisvollen Wildwuchses von Discountern, Super- und Baumärkten in Bremerhaven. Auch der Verkauf des Phillips-Fields für den Bau eines Kaufland Vollversorgers ist noch nicht vom Tisch. Die CDU hatte jedenfalls vorsorglich angekündigt, das Thema "Kaufland auf dem Phillips-Field" nach der nächsten Bürgerschaftswahl erneut in Angriff zu nehmen.

Hoffnung besteht hingegen für das ehemalige Kistner-Gelände mit dem vom Landesdenkmalpfleger als schützenswert eingestuften Industriedenkmal Kalksandsteinwerk. Die Große Koalition hat das Grundstück europaweit ausgeschrieben, mit der Auflage, dass der Käufer zumindest den Kern des Kalksandsteinwerks - die Tonnedachhalle und den Schornstein - erhält und in seine Planungen einbezieht.

Positiv für die Entwicklung im Süden Lehes sind auch die vielen Renovierungen und Instandsetzungsarbeiten privater Hausbesitzer. Einige der im Jahre 2009 begonnenen Arbeiten werden sich noch bis in das neue Jahr 2010 hineinziehen. Ihnen allen gilt mein Dank für die - oft sicherlich sehr kostspielige - Pflege unseres gemeinsamen Wohnumfelds. Auch die Gründung der Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe (ESG-Lehe), die nach der Vereinsgründung ihre Arbeit aufgenommen hat, gibt Anlass zur Hoffnung für die "Altstadt der Seestadt" Bremerhaven.

Im Sommer wurden mit der Eröffnung des "Klimahaus 8° Ost" die Havenwelten weitestgehend fertig gestellt. Auch die gläserne Brücke über den Alten Hafen funktioniert inzwischen, so dass die Museumsschiffe den Weg ins Dock antreten konnten, wo lange überfällige Erhaltungsarbeiten durchgeführt wurden.

Der Bund hat die Mittel für einen Tunnel zur Anbindung der Überseehäfen an die Autobahn von 100 auf 120 Millionen Euro aufgestockt. Es fehlen jedoch weiterhin 40 Millionen Euro an der veranschlagten Summe für den Bau des Mammutprojektes. Kritiker befürchten, dass der prognostizierte Zuwachs im Lkw-Güterverkehr schon bald nach der Fertigstellung des Tunnels neue Maßnahmen erforderlich machen wird. Spätestens dann wird erneut über eine Nordumgehung zum Hafen nachgedacht werden müssen, die bisher von der Stadt Langen im Norden Bremerhavens kategorisch abgelehnt wird. Möglicherweise wird der geplante Tunnel aber auch nach seiner Fertigstellung überhaupt nicht mehr benötigt, falls es aufgrund der notwendigen Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung zu einer massiven Verlagerung des Güterfernverkehrs von der Straße auf die Schiene kommen sollte.

Nach dem Fehlstart des Baubeginns für die neue Eissporthalle Anfang 2009 zog die SPD Ende August mit ihrer Zustimmung zur Finanzierung auf Pump den Schlussstrich unter den vorangegangenen Streitigkeiten zwischen der Stadt und dem Land Bremen um die ungesicherte Finanzierung des Projekts.

Der Verkauf der Luneplate von Niedersachsen an das Land Bremen, der sich wegen des Widerstands von Cuxhaven lange verzögerte, wurde beschlossen. Damit wurde im Süden der Stadt der Weg frei für die Ansiedlung von Firmen aus der Windenergiebranche. Weiterhin ungeklärt ist jedoch der Bau eines für die Verschiffung der Anlagen notwendigen Schwerlasthafens und dessen Anbindung an das neue Gewerbegebiet.


Blick über den Tellerrand

Seit dem Regierungswechsel nach der Bundestagswahl im September 2009 wissen wir es endlich genau: Deutschland ist 65 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wieder aktiv an einem Krieg beteiligt. Der neue Verteidigungsminister, Herr zu Guttenberg, sagte das, was sein Amtsvorgänger immer in peinlichster Weise geleugnet hatte: Deutsche Soldaten befänden sich in Afghanistan in einer "kriegsähnlichen Situation". Das er nicht den Begriff "Krieg" verwendet, begründet er damit, dass "Krieg" als eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen den Armeen verfeindeter Staaten definiert ist. Das ändert jedoch nichts an den Fakten: Deutsche Soldaten starben wieder den Heldentod und ihre Kameraden stehen schon auf der Warteliste, weil ihre Vorgänger ja nicht umsonst gestorben sein dürfen. Deutsche Soldaten töten in diesem Krieg Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, ohne dass diese Deutschland zuvor angegriffen hätten. Deutschland hat deshalb in diesem Krieg nichts verloren. Es wird Zeit, dass die plötzlich zu ganz gewöhnlichen Soldaten mutierten "Aufbauhelfer in Uniform" endlich aus Afghanistan abgezogen werden.

Obwohl inzwischen auch dem letzten Menschen klar sein sollte, das der Lebensstil in den westlichen Industriestaaten die Welt in den Abgrund führt, wenn nicht umgehend Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung beschlossen und umgesetzt werden, lässt die schwarz-gelbe Wespenkoalition den Bau neuer Kohlekraftwerke zu. Den Vogel schoss diesbezüglich die Regierung des Landes Nordrhein-Westfahlen ab, als sie kurzerhand einen Paragrafen ersatzlos aus dem Landesgesetz strich, der den aufgrund eben dieses Gesetzes gerichtlich verfügten Baustopp eines EON-Kraftwerkes zur Folge gehabt hatte. Bei derartigen Vorbildern ist es kein Wunder, dass die Klimakonferenz in Kopenhagen zum Scheitern verurteilt war.

Ein weiterer umweltpolitischer Wespenstich: Aufgrund der von der Schwarz-gelben Koalition beschlossenenen Laufzeitverlängerungen für die deutschen Atomkraftwerke werden die für Jahrmillionen gefährlich strahlenden Atommüllberge weiterhin anwachsen. Die durch diesen Wespenstich verursachte Schwellung wird noch unzähligen Generationen unserer Nachkommen Schmerzen bereiten. Nach dem der GAU im Salzstock des als "Versuchsendlager" missbrauchten ehemaligen Bergwerks Asse-II endlich auch der Öffentlichkeit weitgehend bekannt geworden ist, denken die Wespen jedoch weiterhin fröhlich über die Versenkung hochradioaktiven Atommülls im Salzstock bei Gorleben nach. Ihr Motto: "Aus den Augen, aus dem Sinn." Die Suche nach etwas sichereren "End"-Lagerstätten steht jedoch nicht auf ihrem Programm.

Neben diesen für die langfristige Sicherheit zukünftiger Generationen wichtigen Themen stehen uns noch viele weitere - vorwiegend von der gelben Komponente des Wespenkostüms vorangetriebenen - Änderungen bevor, mit deren finanziellen Belastungen die heutigen Elterngenerationen unseren Kindern und Enkeln ein schweres Erbe aufbürden werden. Vermutlich haben Wespen gelbe Stacheln.

Während die Stadt Dresden im Sommer ihren Status "Weltkulturerbe" mit dem Bau einer Brücke über die Elbe leichtfertig verspielte, beschloss die Welterbekommission der UNESCO, das deutsch-niederländische Wattenmeer in die Liste der weltweit rund 200 Naturdenkmäler aufzunehmen. Angesichts des aufgrund der Klimaerwärmung beschleunigten Anstiegs des Meeresspiegels ist jedoch auch dieses Erbe der Menschheit lediglich ein Erbe auf Zeit, von dessen bevorstehendem Untergang nachfolgende Generationen nur noch aus Erzählungen und aus Büchern etwas erfahren werden.


Jenseits des Tellerrands ...

... hat der Untergang der ersten Inselstaaten im Pazifik bereits begonnen. Während vom Verlust der Eisflächen im Nordpolarmeer auf den ersten Blick scheinbar "nur ein paar Eisbären" betroffen sind, bedroht das Schmelzen der Gletscher in den Hochgebirgen die Lebensgrundlagen mehrerer Hundertmillionen Menschen. Allein in Indien ist durch den rapiden Rückgang der Eismassen im Quellgebiet des heiligen Flusses der Inder, dem Ganges, die Existenz einer halben Milliarde Menschen bedroht.

Nach dem Desaster der ergebnislosen Klimakonferenz in Kopenhagen ist die Zeit für die Menschheit noch knapper geworden. Jede weitere Verzögerung des Beginns ihres Kampfes gegen die drohende Klimakatastrophe bedeutet, dass die notwendigen Maßnahmen radikaler ausfallen und schneller umgesetzt werden müssen. Jede Verzögerung bedeutet daher vor allem für uns, in den bisher privilegierten Industriestaaten, tiefere Einschnitte in unsere Lebensgewohnheiten. Wenn es noch eine Hoffnung für die Zukunft des Lebens auf der gemeinsamen Heimat aller Menschen sowie aller Tiere und Pflanzen geben soll, dann gibt dazu jedoch keine Alternative.

Vor dem Hintergrund der auf uns zukommenden globalen Katastrophe sind absolut unnötige Kriege um unbedeutende machtpolitische oder nationale Vorteile lächerlich gering anmutende Gemetzel. Ebenso, wie Kriege noch nie eine dauerhafte Lösung bestehender Probleme geschaffen haben, sind auch terroristische Aktivitäten letztlich zum Scheitern verurteilt. Diese gewalttätigen Auseinandersetzungen verursachen immer wieder neues Leid, schüren immer wieder neuen Hass zwischen den Völkern und schaden damit der dringend notwendigen Bewusstseinsveränderung bezüglich des Umgangs der Menschen untereinander und ihres gemeinsamen, verantwortungsvollem Umgangs mit ihrer gemeinsamen Umwelt und ihren Mitgeschöpfen.


Ausblick

Ich hoffe, dass es im Laufe des Jahres 2010 doch noch zu einem gerechten, ehrgeizigen und verbindlichen Abkommen der Weltgemeinschaft zur Bekämpfung der Klimakatastrophe kommen wird. Große Hoffnungen setze ich diesbezüglich auf den Einfluss einer hoffentlich weiter wachsenden weltweiten Bürgerbewegung als Gegengewicht zu den großen, finanzstarken Lobbys diverser Wirtschaftszweige, die es bisher erfolgreich verstanden haben, weltweit die entscheidenden Politiker in ihrem Sinne zu beeinflussen. In den Demokratien dieser Welt handeln solche Politiker dann gegen die Interessen ihrer Wähler. Dabei sind sie eigentlich dafür gewählt worden, die Interessen ihrer Wähler gegen schädliche Einflüsse zu verteidigen - auch gegen die auf kurzfristige Gewinnmaximierung fixierten Interessen der Lobbyisten!

Als der gemeinsame Gott der Juden, Christen und Muslime den Menschen damals seine Schöpfung anvertraute, indem er sie aufforderte: "... und macht euch die Erde untertan.", hat er ihnen eine große Verantwortung übertragen. Ich hoffe, dass diese großen monotheistischen Weltreligionen sich in nicht allzuferner Zukunft auf einen fairen, toleranten Umgang miteinander verständigen werden. Die absurden Gemetzel der Vergangenheit und der Gegenwart, die unter dem Vorwand religiöser Differenzen stattfanden und auch heute noch stattfinden, müssen endlich ein Ende haben.


Als einzelner Mensch kann man natürlich nicht alle Probleme der Welt lösen. Ebenso wie jeder einzelne von uns persönliche Prioritäten setzen muss, kann auch ich nur über den kleinen Ausschnitt aus der Vielfalt der Welt schreiben, der mir wichtig ist. Daher erhebt dieser kleine persönliche Jahresrückblick selbstverständlich auch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Außerdem gibt es für jeden von uns ja auch noch ein Leben abseits der großen weltpolitischen Ereignisse, das auf keinen Fall zu kurz kommen darf.

Im Leben meiner Familie wird es im neuen Jahr 2010 zur ersten von zwei bevorstehenden großen Veränderungen kommen. Nach ihrem Abitur wird meine Tochter Jana sich um einen Studienplatz in einer Stadt bemühen, deren Universität ihr die Möglichkeit für die Grundlage ihres beruflichen Lebens bieten kann. Damit wird sie den ersten entscheidenden Schritt in ihre Selbstständigkeit vollziehen, und unser Haushalt wird um ein Familienmitglied ärmer werden.


Mögen alle euere persönlichen
Hoffnungen und Wünsche
für die nähere Zukunft sich erfüllen.


Kommt gut ins neue Jahr,
juwi



Mittwoch, 30. Dezember 2009

Kipp-Punkte


Tipping Point: The Point of no return - Kipp-Punkte ...

Nach dem Desaster von Kopenhagen wird die Zeit eng, die der Menschheit noch bleibt, um wenigstens die schlimmsten Auswirkungen der auf uns zukommenden Klimakatastrophe abzuwenden. Es ist nämlich nicht so, dass nur ein paar Eisberge und Gletscher geschmolzen sein werden wenn wir alle fossilen Energieträger ausgebeutet und verbrannt haben. Es ist auch eine hoffnungslose Annahme, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre würde im gleichen Zeitraum wieder abnehmen, in dem sie sich vorher aufkonzentriert hatte und der Kühlschrank der Erde an den Polen und in den Hochgebirgen würde dann schon wieder anspringen. Das Problem ist nämlich nicht das CO2 allein.

Es ist zwar der hauptsächliche - von der Menschheit zu verantwortende - Auslöser für die verhängnisvolle Entwicklung, aber weitere Gefahren lauern zum Beispiel in Form von in Permafrostböden gebundenem Methan. Wenn die CO2-Konzentration in der Athmosphäre so weit ansteigen sollte, dass die Permafrostböden tauen, dann werden große Methan freigesetzt und beschleunigen die Klimaerwärmung, was wiederum dazu führt, dass weitere Permafrostgebiete tauen usw. Den Beginn eines solchen, sich selbst verstärkenden Prozesses nennt man "Kipp-Punkt". In Russland sind nördlich des Polarkreises bereits erste Anzeichen für eine solche Entwicklung erkennbar.

Selbst wenn es danach schlagartig zu einem drastischen Abbau der CO2-Konzentration in der Atmposphäre käme, was jedoch völlig illusorisch ist, würde allein das freiwerdende Methan die mittlere Temperatur auf der Erde weiter ansteigen lassen. Dann würde die Katastrophe mit technischen Mitteln nicht mehr aufzuhalten sein. Hinzu käme aufgrund der Erwärmung des Meere eine größere Wasserdampf-Konzentration in der Atmosphäre - und Wasserdampf wirkt ebenfalls als Treibhausgas, das sich zusätzlich auf die immer weiter steigende Klimaerwärmung auswirken würde.
  • Das Video zeigt diese Gefahren sowie weitere Zusammenhänge auf und macht deutlich, dass wir uns beeilen müssen, bevor der Punkt überschritten ist, ab dem es keine Rückkehr mehr geben wird.

Selbst wenn jeder von uns in seinem Haushalt alle Möglichkeiten zur Energieeinsparung nutzen würde, wäre das noch nicht ausreichend. Es ist daher wichtig, den Druck auf die Politiker aufrechtzuerhalten, damit diese Entscheidungen treffen, die schnellstmöglich zum Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger führen, wobei gleichzeitig ein dichtes Netz aus dezentralen CO2-neutralen Kraftwerken aufgebaut werden muss. Wenn die Regierungen weltweit die gleiche Richtung vorgeben, dann haben die Energiemultis und die Automobilhersteller keine Möglichkeit mehr zum Ausweichen und sind gezwungen alternative Kraftwerke und Antriebe zu bauen.


Klimakiller verklagen Klimaschützer

Vor kurzem haben einige junge Klima-Aktivisten mit finanzieller Unterstützung durch das internetionale demokratische Netzwerk AVAAZ die einflussreichste Gruppe von Umweltverschmutzern und deren Lobbyisten herauszufordern: die Amerikanische Handelskammer. Sie halfen dabei, eine satirische Pressekonferenz abzuhalten, in der angekündigt wurde, dass die Handelskammer entschieden hatte, sich im Kampf gegen den Klimawandel zu engagieren.

Daraufhin verklagten die Lobbyisten die jungen Aktivisten, die nun womöglich eine enorme Summe zahlen müssen. Die Lobbyisten der amerikanischen Handelskammer beabsichtigen mit dieser drastischen Maßnahme eindeutig, die weltweite Bürgerbewegung zum Schweigen zu bringen. Die Botschaft: Ihr könnt uns nicht daran hindern, die Welt in den Ruin zu treiben. Wenn ihr es trotzdem versucht, landet ihr vor Gericht.

Dabei sind es eigentlich die Klimakiller und ihre Helfershelfer, die auf die Anklagebank gehören, und nicht die Klimaschützer. Hier wäre ein "Kipp-Punkt in den Köpfen der Gesetzgeber" angezeigt, der sie dazu veranlasst, Gesetze, welche die Unterstützer des Opfers in die Täterrolle drängen, unverzüglich zu ändern, damit solche Absurditäten zukünftig von vornherein unterbunden werden. Den Klimakillern muss die Möglichkeit genommen werden, sich unangemessenerweise in eine Opferrolle flüchten zu können.

AVAAZ bittet jetzt um Spenden, um die Klima-Aktivisten wenigstens vor den finanziellen Ruin zu bewahren.


"The earth is not dying. It is being killed,
and the people killing it have names and addresses."
*)

Utah Phillips


*) Update 30.12.2009, 17:00 Uhr: "Die Erde stirbt nicht. Sie wird ermordet, und die Menschen, die sie ermorden, haben Namen und Anschriften." (Utah Phillips)

(Quellen: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), AVAAZ, Carbon down to Zero)

Dienstag, 29. Dezember 2009

Wintergeister




Die Kälte kracht in diesen Tagen.
Den Tieren geht es an den Kragen.
Im weißen Wald
ist's bitterkalt,
so kalt, dass selbst die Bäume klagen.




Die sprudelnde Fontaine verharrt
und Wassergeister, zu Eis erstarrt,
sehnen herbei
den warmen Mai. -
Ein Bild nur, das die Gedanken narrt?





Doch die Nymphe träumt seelig vertraut
und trotzt dem Frost mit steinerner Haut.

Schnee schmilzt dahin
mit leichtem Sinn. -
Selbst jeder kalte Gedanke taut.





Schon singen, unter dünnem Eise,

Nixen leise die alte Weise

der hellen Zeit.

Macht euch bereit:

Auf geht's zur neuen Jahresreise.


© Jürgen Winkler


Die Fotos, die ich nach den Schneefällen vor Weihnachten aufgenommen habe, zeigen Skulpturen der Brüder Gustav (1877-1968) und Georg (1886-1968) Thiele, mit denen sie den Garten auf ihrem Grundstück im heutigen Bremerhavener Stadtteil Leherheide, in den Jahren ab 1923 in ein Idyll mit Teichen, künstlichen Ruinen, Grotten und Felsatrappen, Rasenflächen, Bäumen und Sträuchern verwandelten.

Die Brüder hatten ihr grünes Paradies ursprünglich nur für den eigenen Bedarf angelegt. Später machten sie ihren Skulpturengarten jedoch auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Viele der Figuren entstammen der Welt der Mythen und Märchen. So trifft man beim Gang durch den Garten zwischen Sträuchern und Säulen, an Brunnen oder unter Bäumen immer wieder auf sagenhafte Götter, Kobolde und andere Fabelwesen.

Nach dem Tode der Brüder schloss Georg's Frau Grete (1905-1990) den Garten und nachdem auch sie gestorben war, versank der Garten für lange Zeit in einen Dornröschenschlaf. Während dieser Jahre verwilderte der Garten und einige der Skulpturen wurden das Opfer von Vandalismus oder wurden gestohlen.

Nachdem die Stadt Bremerhaven das Anwesen im Jahre 1985 erworben, und das Gartenbauamt die Anlagen und Skulturen renoviert hatte, wurde "Thieles Garten" im Frühjahr 1990 wieder eröffnet. Heute betreut der Förderverein Thieles Garten e.V. die Anlage und organisiert dort regelmäßig kulturelle Veranstaltungen.


Ein Beitrag zu Katinka's Projekt
"Schöne Momente im Herbst und Winter".

(Quelle: Thieles Garten)

Montag, 28. Dezember 2009

Täter begnadigt - Opfer kaltgestellt

Kurze Zeit vor Ablauf des vom Millitär-Regime Birmas gegen sie verhängten Hausarrests war der Friedensnobelpreisträgerin August 2009 vorgeworfen worden, sie habe den US-Bürger John Yettaw bei sich beherbergt. Dieser hatte sich zuvor ungebeten Zutritt zu dem Gelände ihres Hauses verschafft. Aung San Suu Kyi wurde daraufhin zu drei Jahren Haft mit Zwangsarbeit verurteilt. Auf Anordnung des Chefs des Millitär-Regimes war das Urteil unmittelbar darauf in 18 Monate Hausarrest umgewandelt worden.

Damit hatten die Generäle ihre Absicht in die Tat umsetzen können, die vierundsechzigjährige Oppositionsführerin bis nach den für 2010 angekündigten Wahlen kaltzustellen. Herr Yettaw war ebenfalls angeklagt und zu sieben Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden. Er war jedoch bereits fünf Tage nach seiner Verurteilung nach einer Intervention des US-Senators Jim Webb wieder freigelassen und in die USA ausgewiesen worden.


Europa und die USA haben von dem Millitär-Regime in Birma wiederholt die bedingungslose Freilassung Aung San Suu Kyis gefordert.

Im Rahmen des Gipfels der Gemeinschaft südostasiatischer Nationen (Asean) hatte Herr Obama (USA, Präsident) als erster Präsident der USA seit 43 Jahren auch einen Vertreter der birmanischen Militärdiktatur getroffen. Bei dem Treffen forderte er die Freilassung von Aung San Suu Kyi sowie weiterer politischer Gefangener. Herr Obama sagte er sei offen für den Dialog mit dem Regime, machte aber auch klar, dass eine Aufhebung der Sanktionen gegen Birma aber nur in Frage komme, wenn deutliche Fortschritte bei der Demokratisierung des Landes sichtbar seien.

Noch Anfang Oktober hatte ein Berufungsgericht den Einspruch der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi gegen ihre Verurteilung abgelehnt und das vorherige Urteil, nach dem die Friedensnobelpreisträgerin weitere 18 Monate unter Hausarrest bleiben muss, bestätigt.


Vor einer Woche hat Aung San Suu Kyi vor dem Obersten Gerichtshof des Landes die Verlängerung ihres Hausarrests angefochten. Ihre Anwälte argumentierten, die Verurteilung zu weiteren 18 Monaten Hausarrest Anfang August sei nicht rechtmäßig gewesen. Am 21.12.2009 hatten sie die Gelegenheit ihre Argumente vor dem obersten Gerichtshof Birmas vorzutragen. Bisher habe ich jedoch noch keinerlei Informationen darüber gefunden, ob Aung San Suu Kyi in einer Verhandlung vor Birmas oberstem Gerichtshof die Gelegenheit erhalten wird, gegen die Verlängerung des gegen sie verhängten Hausarrests zu kämpfen.

Sollte das Gericht entscheiden, dass das Verfahren fortgeführt wird, müsste die Staatsanwaltschaft zu einem späteren Zeitpunkt ihre Argumente vorbringen. Sollte ihre Beschwerde hingegen zurückgewiesen werden, bleibt Aung San Suu Kyi nur noch die Möglichkeit eines direkten Einspruchs beim Militär-Regime Birmas.

Aung San Suu Kyi hat 14 der letzten 20 Jahre im Gefängnis oder unter Hausarrest verbringen müssen und es besteht die Gefahr, dass mindestens noch einmal ein weiteres Jahr hinzukommen wird, sollte sie vor dem Obersten Gerichtshof scheitern. Der für die erneute Verlängerung des Hausarrests gegen Aung San Suu Kyi verantwortliche Herr Yettaw, gegen den wegen seines myteriösem Schwimmausflugs eine bedeutend höhere Strafe verhängt worden war, durfte jedoch nach wenigen Tagen in die USA ausreisen: Das Schmierentheater, welches das Millitär-Regime in Birma da vor der Weltöffentlichkeit aufführt, stinkt doch zum Himmel!


ZDF Video:

(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 22.12.2009, Die Zeit vom 15.11.2009, Deutschland-Radio vom 02.10.2009, N24 vom 04.12.2009, Der Standard vom 21.12.2009, Frankfurter Rundschau vom 16.08.2009)

Sonntag, 27. Dezember 2009

Wie Bitte?


Gestern waren wir bei meiner Mutter zum Mittagessen, zu Kaffee und Kuchen und zum Abendessen eingeladen. Nach dem üppigen Mittagessen wäre die Sahnetorte am Nachmittag eigentlich wirklich nicht mehr nötig gewesen. Im Laufe der vielen Jahre hat man jedoch eines verinnerlicht: "Widerstand ist zwecklos." Da wird aufgetischt nach dem Motto

Weihnacht ist, wenn jeder Christ,
doppelt säuft und doppelt frisst.


Nachdem die erste gefräßige Stille an der Kaffeetafel im Esszimmer verebbt war, entwickelte sich die übliche Konversation. Irgendwann hörten wir meine Mutter erzählen: "... In dem anderen Verein werden wir auch immer weniger. In diesem Jahr sind vier von uns gestorben - wir schrumpfen!" Die neben meiner Mutter sitzende Mutter meines Schwagers meinte zustimmend: "Ja wir werden auch immer kleiner. Meine Nachbarin ist nur noch einsdreiundsechzig."

Die Mutter meines Schwagers kann nicht mehr so gut hören.


Später, nach dem Umzug ins Wohnzimmer, wurden kalte Getränke serviert: Alkoholfreies Bier für die beiden Autofahrer und Mineralwasser, Säfte oder normales Bier für den Rest der Familie. Die mit Mineralwasser oder Säften versorgte Verwandschaft war gut dran ... - nicht so diejenigen, die eine verschlossene Bierflasche vor sich auf dem Tisch stehen hatten.

"Mutti, wo finde ich denn einen Flaschenöffner?" ...
- Keine Antwort.

"Mutti?" ...
- Funkstille!

"Hallo?" ...

Meine Schwester versuchte, die Situation zu retten: "Ich glaube, oben links im Schrank findest du einen." Alles mögliche war da oben links im Schrank, aber kein Flaschenöffner.

"Da ist kein Flaschenöffner."

Meine Schwester versuchte es noch einmal: "Dann oben im Schrank hinter der Tür rechts daneben." Nicht dass ich behaupten könnte, dieses Schrankfach sei leer gewesen - aber wieder war kein Flaschenöffner dabei.

"Da ist auch kein Flaschenöffner."

Meine Mutter, inzwischen auf unsere Suchaktion aufmerksam geworden, fragte mich: "Was suchst du denn?"

"Einen Flaschenöffner."

Zielstrebig ging sie ins Esszimmer und holte das heiß ersehnte Werkzeug aus einer Schublade ihres Sideboards: "Frag mich doch einfach. Dann bekommst du auch einen Flaschenöffner."

Meine Mutter kann nicht mehr so gut hören.


Diese Gespräche sorgen immer für Heiterkeit bei den anderen Gästen am Tisch - vor allen Dingen deshalb, weil die beiden älteren Damen der Meinung sind, ihr Gehör sei ja noch ganz gut in Ordnung und weil keine der beiden Lust hat, mit den lästigen Hörgeräten herumzutüdeln. Das Problem sei lediglich, dass alle anderen es nicht für nötig halten, sich in einer vernünftigen Lautstärke mit ihnen zu unterhalten - so wie auch im letzten Jahr während der Kaffeetafel anlässlich der Konfirmation meines Neffen, als seine beiden Omas sich wieder einmal angeregt miteinander unterhielten.

Oma 1:
"... Was hast du gesagt? Ich habe dich gerade nicht verstanden."

Oma 2:
"Ich glaube, du brauchst ein Hörgerät."

Oma 1:
"Brauche ich nicht. Wenn du mich ansiehst, und laut und deutlich mit mir sprichst verstehe ich alles. Mein Arzt sagt auch immer, die meisten Höhrgeräte älterer Leute liegen sowieso nur in den Nachttisch Schubladen herum; und du trägst dein Hörgerät ja auch nicht."

Oma 2:
"Was hast du gesagt?"

Oma 1 (jetzt etwas lauter):
"Hab' ich doch gerade gesagt: Du benutzt dein Hörgerät ja auch nicht."

Oma 2:
"Brauch' ich eigentlich ja auch nicht. Wenn alle laut und deutlich sprechen, dann bekomme ich auch alles mit ..."


Ich hoffe, dass ich mich an die Gespräche zwischen den beiden Damen erinnern werde, falls meine Kinder eines Tages der Meinung sein sollten, ich würde wohl ein Hörgerät benötigen.

Freitag, 25. Dezember 2009

Alle Jahre wieder ...

..., so um Weihnachten herum, gibt es seit neuestem bestimmt irgend jemanden, der eine tolle Idee zur Rettung der "Institution Kirche" parat hat. Nach dem Motto "Zutritt nur für Clubmitglieder" vom letzten Jahr gibt es in diesem Dezember eine neue Folge mit dem Titel

"Ethiksteuer"

"Wer aus der Kirche austritt und keine Kirchensteuer zahlt, sollte eine andere Abgabe an eine soziale Einrichtung wie das Rote Kreuz entrichten."

Ulrich Blum
(Institut für Wirtschaftsforschung Halle, Ökonom)

Herr Blum schlägt zur Eindämmung der Austrittswelle aus der Kirche eine "Ethiksteuer" vor - einzuziehen von all denjenigen Steuerzahlern, die nicht Mitglied einer kirchlichen Institution sind, und somit keine Kirchensteuer zahlen. Er glaubt wohl, mit einer solchen Strafsteuer könne er die Ungläubigen unter den Bundesbürgern zum wahren Glauben bekehren. Bei denen, die nie einer Kirche angehörten, oder die aus der Kirche ausgetreten sind (sicher nicht immer nur des lieben Geldes wegen), kommt dieser Vorschlag garantiert nicht so besonders gut an. Sollte der Vorschlag für eine solche Steuer von politischer Seite aufgegriffen werden, dann hielte ich das für einen weiteren Versuch des Staates, ungerechtfertigter Weise in die Taschen seiner Bürger zu greifen (ich zahle übrigens Steuern an die evangelische Kirche).


Das Handeln unserer Gesellschaft und das der Bundesregierung, werden immer weniger von ethischen Maßstäben bestimmt, sondern vom Streben nach Macht und materiellem Reichtum auf Kosten "des Rests der Welt". Solange sich daran nichts ändert, ist es absurd die "Ethik" besteuern zu wollen. Man kann nur auf etwas Steuern erheben, was es auch gibt, und das einen greifbaren Wert in einer Gesellschaft darstellt. Sonst macht man sich unglaubwürdig.

Wenn die Bundesregierung zum Beispiel mit der Fortsetzung ihrer Atompolitik das Leben und die Gesundheit unzähliger Generationen unserer Nachkommen gefährdet, dann handelt sie alles andere als ethisch. Das gleiche gilt in Anbetracht der drohenden Klimakatastrophe für den Bau neuer Kohlekraftwerke, dessen CO2-Emissionen die Lebensgrundlagen aller nachfolgenden Generationen der Menschheit gefährden werden. Die Aufrechterhaltung des Lebensstils in den Industriestaaten ist nur dann ethisch vertretbar, wenn sie ihren Energiebedarf nicht länger zu Lasten des um ein vielfaches größeren Rests der Menschheit decken, sondern ihre Energieversorgung innerhalb kürzester Zeit auf alternative, CO2-neutrale Energiequellen umstellen.

Auch das Hineinpfuschen in die natürliche Entwicklung des Lebens mit genveränderten Pflanzen und Tieren, auf die dann auch noch Patente an multinationale Konzerne vergeben werden, steht im krassen Widerspruch zur menschlichen Ethik. Wenn es auch nicht möglich ist, die "Gentechniker" in anderen Ländern an ihren Zielen zu hindern, dann hat ein deutscher Staat, der sich die Ethik auf seine Fahnen schreibt, spätestens dann einzuschreiten, wenn ein Konzern seine gentechnisch veränderten Pflanzen auf deutschem Territorium anbauen will.

Völlig absurd ist es auch, den Einsatz militärischer Mittel mit ethischen Werten begründen zu wollen. Das gilt in besonderer Weise für die Beteiligung Deutschlands am Krieg in Afghanistan, die uns durch die "ethische Hintertür" untergeschoben wurde: Krieg hat mit Ethik überhaupt nichts zu tun!

Allerdings würde das Ansinnen, eine so genannte "Ethiksteuer" einführen zu wollen, mit der dann möglicherweise Hilfsorganisationen unterstützt werden, die anschließend die Opfer des Krieges versorgen, ganz gut in die Logik der Bundesregierung passen. Sie müsste das nur entsprechend gut verpackt verkaufen. Ich habe jedoch wenig Zweifel daran, dass ihr das auch gelingen würde.

Mit der Entsendung deutscher "Aufbauhelfer in Uniform" nach Afghanistan, die inzwischen zu kämpfenden Soldaten mutiert sind, die in "kriegsähnlichen Situationen" in einem Land töten und getötet werden, dessen Einwohner den in Deutschland lebenden Menschen nie etwas antaten, haben ja inzwischen bereits mehrere Bundesregierungen gezeigt, dass sie derartige Täuschungsmanöver perfekt beherrschen.


Wenn es um die Integration ausländischer Mitbürger geht, dann werden von politischer Seite gerne die christlichen Grundwerte unserer Gesellschaft bemüht. Im täglichen Leben vermisst man diese in Deutschland jedoch immer mehr. Wenn dem Staat also wirklich daran gelegen wäre, dass die Zahl der Kirchenmitglieder wieder deutlich anwächst, dann müssten seine Politiker die christlichen Werte auch vorleben. Wasser predigen und Wein trinken ginge dann allerdings gar nicht mehr. Auch gewählte "Volksvertreter", die wirtschaftliche Interessen von ausschließlich auf die eigene Gewinnmaximierung ausgerichteten Konzernen zu Lasten der Interessen "ihres Wahlvolks" vertreten, dürfte es dann nicht mehr geben.

Ein ethisch verantwortlich handelnder Staat würde eine sozial gerechte und nachhaltige Politik auf das Wohl seiner Bürger und das Wohl aller Generationen seiner Nachkommen ausrichten, anstatt kurzsichtige Profit-Interessen international miteinander verstrickter Wirtschafts-Lobbys zu bedienen. Wäre die Bundesrepublik Deutschland ein solcher ethisch verantwortlich handelnder Staat, dann gäbe es vielleicht auch eine Rechtfertigung für eine "Ethiksteuer" zur Stärkung sozialer Einrichtungen. Daran müsste dann jedoch jeder Steuerzahler beteiligt werden - nicht nur diejenigen, die kein Mitglied einer Kirche sind.


(Quelle: TAZ vom 22.12.2009)

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Lichterbaum



Blüh und leuchte, goldner Baum

Blüh denn, leuchte, goldner Baum,
Erdentraum und Himmelstraum;
blüh und leuchte in Ewigkeit
durch die arme Zeitlichkeit!

Sei uns Bild und sei uns Schein,
dass wir sollen fröhlich sein,
fröhlich durch den süßen Christ,
der des Lebens Leuchte ist.

Sei uns Bild und sei uns Schein,
dass wir sollen tapfer sein
auf des Lebens Pilgerbahn,
kämpfend gegen Lug und Wahn.

Sei uns Bild und sei uns Schein,
dass wir sollen heilig sein,
rein wie Licht und himmelsklar,
wie das Kindlein Jesus war!

Ernst Moritz Arndt (1769-1860)


Seit Mitte des 16. Jahrhunderts gibt es erste urkundliche Belege für die Existenz des Weihnachtsbaums. Seit Anfang des 17. Jahrhunderts wird das Aufstellen des Weihnachtsbaums als allgemeiner Brauch beschrieben. Ich weiß noch ganz genau, das es früher der Weihnachtsmann war, der uns einen Weihnachtsbaum mitbrachte. Dann muss der also vor ungefähr vierhundert Jahren auf die Idee gekommen sein, den Menschen in den europäischen Ländern mit diesem immergrünen Sinnbild des Lebens etwas Licht in ihre Stuben zu bringen. Nachdem ursprünglich wohl nur Naschwerk, Früchte und Nüsse an den Zweigen hingen, soll im Jahre 1611 die Herzogin Dorothea Sibylle von Brieg damit begonnen haben, den Weihnachtsbaum mit Kerzen zu schmücken.

Als wir Kinder dann größer waren, und zur Schule gingen, teilten uns meine Eltern eines Tages mit, dass wir unseren Weihnachtsbaum jetzt selbst kaufen müssten und dass sie jetzt für unsere Weihnachtsgeschenke zuständig seien. Der Weihnachtsmann habe so viele Kinder auf der Welt zu beschenken, dass er unmöglich alle Kinder an einem einzigen Tag beschenken könne. Deshalb könne er nur den kleineren Kindern einen Weihnachtsbaum und Geschenke mitbringen. Das hörte sich eigentlich ganz logisch an, und ich glaube meine Schwester und ich haben die Mitteilung damals relativ gut verkraftet.

Möglicherweise war dieser tiefgehende Einschnitt in unserer familiären Weihnachtstradition aber auch nur so eine Art Vorwärtsverteidigung meiner Eltern, mit der sie geschickt unsere peinlichen Fragen vermieden haben, die wir garantiert spätestens dann gestellt hätten, wenn die anderen Kinder versucht hätten, uns weis zu machen, dass der Weihnachtsmann nur eine Erfindung der Erwachsenen ist.


Auch wenn die Bescherung für die Kinder immer noch das größte am Weihnachtsfest ist - ohne eigenes Einkommen kommt man ja sonst zu nichts - kam dann irgendwann die Erkenntnis, dass noch weit mehr hinter Weihnachten steckt:



Ich wünsche allen unter euch die heute die Geburt Jesu feiern, eine gesegnete Weihnacht und ein Frohes Fest - und allen anderen einfach einige ruhige, freie Tage nach der Hektik der vergangenen Wochen.


(Quelle: Wikipedia)

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Es tut sich was in Lehe

Unter diesem Motto habe ich in der Vergangenheit von Zeit zu Zeit über Renovierungsarbeiten im Gründerzeitviertel im Süden des Bremerhavener Stadtteils Lehe berichtet - so auch heute, obwohl das Ergebnis dieses Mal leider wirklich keinen Anlass zur Freude bietet.


Eupener-, Ecke Potsdamer Straße (März 2007, Februar 2008)

An der Ecke Eupener-, Potsdamer Straße steht eines der seit Jahren unbewohnten und vom Eigentümer dem Verfall preisgegebenen Gründerzeithäuser. Lange Zeit gab es noch Hoffnung, dass das Gebäude eines Tages wieder instand gesetzt werden könnte. Nach dem Gutachten eines Statikers, das zu dem Ergebnis kam kam, die Erker des Eckhauses seien einsturzgefährdet, musste die Stadt Maßnahmen zum Schutz der Öffentlichkeit ergreifen und ließ die Erker abreißen. Die öffentliche Sicherheit ist jetzt zwar wiederhergestellt, aber mit seinen zur Zeit nur notdürftig von Spanplatten verschlossenen Wunden bietet das Haus jetzt einen noch schlimmeren Anblick als vorher.



Der Staat hält seine Gesetzgebung für ausreichend: So sehen die Folgen aus!
Oben: August 2009, November 2009 - Unten: Dezember 2009


Auch wenn Bremerhaven stark davon betroffen ist, sind auch andere Städte und Gemeinden von verwahrlosten Immobilien betroffen. Leider gibt es bisher nur äußerst stumpfe Waffen im Kampf gegen den Verfall in den Städten. Es heißt zwar immer: "Eigentum verpflichtet.", aber es gibt nach meiner Kenntnis kein Gesetz, mit dem diese Verpflichtung notfalls auch durchgesetzt werden könnte. Dafür wäre ein entsprechendes Bundesgesetz notwendig, das es so nicht gibt. Bevor die Gemeinden die Möglichkeit zum Eingreifen haben, ist es für die Rettung der Gebäude in der Regel schon zu spät.


Letzte Spuren an der Fassade künden vom Glanz vergangener Zeiten

Ich würde es begrüßen, wenn es ein Gesetz gäbe, mit dem Gebäude vor ihren Eigentümern geschützt werden könnten. Wer nach mehrfacher Aufforderung innerhalb eines gesetzlich festgelegten Zeitraumes nicht bereit ist, sein Eigentum in Absprache mit der Bauverwaltung instand zu setzen, sollte enteignet werden dürfen. Damit zahlungsunfähigen Opfern von Immobilienspekulanten die Instandhaltung ermöglicht wird, sollte es einen staatlichen Unterstützungsfond geben. Dieser würde dann zwar aus öffentlichen Mitteln finanziert werden müssen, aber andererseits ist es auch im Sinne der Öffentlichkeit, dass sich ihr Wohnumfeld in einem guten Zustand befindet. Weiterhin sollte es eine rechtliche Möglichkeit geben, Spekulanten, die sich in krimineller Weise mit der Schädigung der Öffentlichkeit eine "Goldenen Nase" verdienen, zu verfolgen und für den Schaden, den sie angerichtet haben, zur Kasse zu bitten. Damit könnten die Steuerzahler bezüglich der Aufrechterhaltung des Unterstützungsfond etwas entlastet werden.

Dienstag, 22. Dezember 2009

Atomangriff

Atomkraft? Nein Danke!
Ohne die Nordsee-Zeitung überhaupt aufgeschlagen zu haben, sprang mir heute morgen beim ersten Blick auf das noch zusammengefaltete Blatt die Schlagzeile


"Kernkraft prima fürs Klima"

in die Augen. - Autsch!


Der Tag hätte so schön werden können. Stattdessen frage ich mich jetzt schon den ganzen Tag immer wieder, wie Herr Sander (FDP, Niedersachsen, Umweltminister), der diesen kernigen Werbeslogan laut Nordsee-Zeitung von sich gegeben hat, sich allen Ernstes mit dem Titel "Umweltminister" schmücken kann. Eigentlich sollte nur dort "Umweltminister" draufstehen dürfen, wo auch "Umweltminister" drin ist.

Der Herr Sander meint ernsthaft, man solle die Atomkraft weltweit ausbauen, um das Klima zu schützen. Ob er auch darüber nachgedacht hat, wer die Menschen in der Umgebung der Atomkraftwerke schützt, falls es zum Super-GAU kommt, und wer unsere Nachkommen vor den Gefahren der über Zeiträume von einigen Millionen Jahren strahlenden Hinterlassenschaften schützt? Und überhaupt: Wer schützt uns eigentlich endlich einmal vor solchen gemeingefährlichen Kamikaze Politikern?

Hat der Herr Sander überhaupt überlegt, wo das ganze Rohmaterial für die Unmengen von Brennstäben herkommen soll, wenn weltweit wirklich jede Menge neue Atomkraftwerke gebaut würden? Der strahlende Stoff, aus dem die Alpträume sind, ist nämlich auch nur begrenzt verfügbar. Je mehr Atomkraftwerke es gibt, desto schneller ist er verbraucht - Und desto größer werden am Ende die Atommüllberge sein, für die es weltweit keine sichere Lösung gibt, mit der die Umwelt vor ihrer Strahlung geschützt werden kann.

Wenn der Herr "Umweltminister" sich einmal die Mühe gemacht hätte, sich anzusehen, was Radioaktivität nach dem Super-GAU aus der Umwelt rings um Tschernobyl und den dort zur Zeit des Super-GAUS lebenden Menschen gemacht hat, dann wüsste er, was für einen Blödsinn er mit seinem Werbeslogan von sich gegeben hat.


Dieser neue Atomangriff ist nicht der erste Anschlag gegen den Umweltschutz, den der Herr "Umweltminister" sich während seiner Amtszeit geleistet hat.

"Sander ist der erste Umweltminister in Deutschland, der den Kampf gegen die Natur und gegen alle Naturschützer zwischen Lüchow-Dannenberg und Brüssel anscheinend für seine Kernaufgabe hält", sagte Anfang 2007 Herr Baake (Deutsche Umwelthilfe e.V., DUH, Bundesgeschäftsführer), nachdem Herr Sander damals eigenhändig bei der von ihm inzenierten Abholzung ufernaher Auwälder im Biosphärenreservat niedersächsische Elbtalaue Hand angelegt hatte. Die EU-Kommission hatte daraufhin Schritte in Richtung eines Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet.

Bei einer anderen Gelegenheit wurde aufgrund seiner naturfeindlichen Politik das Angebot einer Schirmherrschaft Herrn Sanders im Naturschutzbund Deutschland (NABU) zurückgenommen. Herr Sander hatte sich unvorsichtiger Weise während einer Veranstaltung in Mulmshorn (Landkreis Rotenburg) als erklärter Gegner der Umweltverbände geoutet als er dort sagte, er nehme die Kritik von Umweltverbänden nicht Ernst. Berater für ihn als Umweltminister seien vielmehr die Wirtschaft, Landwirtschaft und Industrie. Da hatte der NABU wohl den Bock nicht zum Gärtner machen wollen.


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 22.12.2009, Pressemappe Deutsche Umwelthilfe e.V., Wikipedia)

Montag, 21. Dezember 2009

Winteranfang


Winter in Bremerhaven: Leherheide, Wasserwerkswald

Es geht wieder aufwärts. Heute ist der astronomische Winteranfang, der Tag der Wintersonnenwende. Auch wenn wir es nicht gleich merken werden, so werden die Tage ab heute doch wieder länger, die Nächte kürzer und das Ende der dunklen Zeit ist abzusehen.

Für unsere Altvorderen war dieser Tag ein wichtiges Datum im Jahreskreis. Die Germanen feierten die Wintersonnenwende mit dem Julfest. Nach der Zeit der Einführung des Julianischen Kalenders fiel die Wintersonnenwende auf den 25. Dezember, und damit auf die die Geburt Jesu, welche von den Christen in der Heiligen Nacht vom 24. auf den 25. Dezember gefeiert wird. Das christliche Weihnachtsfest liegt damit zeitlich etwas hinter der tatsächlichen Wintersonnenwende, steht aber trotzdem symbolisch in engem Zusammenhang mit diesem astronomischen Datum. So gesehen führen die Christen mit dem Weihnachtsfest die Tradition des Julfestes der Germanen aus heidnischer Zeit fort.


(Quelle: Wikipedia)

Sonntag, 20. Dezember 2009

Beißende Kälte


Weihnacht am Meer: Winterliche Impressionen aus Bremerhaven


Beißende Kälte


Kalt beißt der Winter in die Ohrn
und in die armen Hände.
Muss in die warmen Wände.
Schlüssel ist fort, hab ihn verlorn.

Wo ist er hin? Bin bald erfrorn! ...
Man öffnet mir die Türe,
hat Mitleid weil ich friere:
Jetzt geht's mir gut, wie neu geborn.

© Jürgen Winkler


In diesem Jahr hat uns der Winter im Norden zur rechten Zeit besucht. Das gab es schon lange nicht mehr. Gestern schneite es den dritten Tag in Folge. Es ist beißend kalt und die Welt sieht so aus, wie die Leute es zu Weihnachten hierzulande gerne hätten. Bei den Älteren werden Erinnerungen an früher wach, als es noch "richtige Winter" gab. Jetzt hoffen alle, dass uns der Schnee über die Feiertage noch erhalten bleibt.

Ich persönlich mag die Kälte nicht so gerne, zumal bei uns oft noch hohe Luftfeuchtigkeit hinzukommt, welche die gefühlte Temperatur noch um einige Grade tiefer erscheinen lässt. Aber solange es so kalt ist, dass der Schnee sich nicht in Matsch verwandeln kann, nehme ich auch die Kälte gern in Kauf.

Dies ist gleichzeitig mein letzter Beitrag zum Abschluss von Katinka's Projekt "Schöne Momente im Herbst und Winter". Auch dafür kam der Schnee ja gerade noch rechtzeitig :o)

Euch allen wünsche ich einen ruhigen, besinnlichen vierten Advent.


PS:
Der Schlüssel ist übrigens immer noch dort, wo er hingehört: Die Geschichte für das Gedicht erforderte für den Übergang zu zweiten Strophe lediglich ein Wort, das sich auf "Ohren" und "erfroren" (bzw. Ohrn/erfrorn) reimt. Da hat es sich halt so ergeben ...


Samstag, 19. Dezember 2009

Ein erbärmliches Ergebnis!

Das war's!

Eine Spitzenrunde aus Staats- und Regierungschefs sowie der EU und der UNO hatte in Kopenhagen bis spät in den Abend um eine Abschlusserklärung für den Klimagipfel gerungen. Herausgekommen ist dabei ein erbärmliches Minimalgerüst als Basis für weitere Konferenzen.




Übergabe der ersten 10 Millionen Stimmen für die Petition: IGNORIERT ! ...

Bis dahin verliert die Menschheit Zeit zum Handeln, die sie nicht mehr hat! Die Chance, zügig mit dringemd notwendigen, weltweit koordinierten Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe zu beginnen, wurde jetzt in Kopenhagen fahrlässig vertan.
  • Jede weitere Verzögerung wird weitere landwirtschaftliche Flächen vernichten - hauptsächlich in wirtschaftlich ohnehin benachteiligten schwachen Entwicklungs- und Schwellenländern.
  • Jede weitere Verzögerung wird den Level erhöhen, bis zu dem sich der Anstieg des Meeresspiegel fortsetzen wird. Als Folge davon werden ganze Inselnationen von der Landkarte verschwinden, weil ihr Land unter der steigenden Meeresoberfläche versinken wird. Technisch machbare Küstenschutzmaßnahmen werden irgendwann nicht mehr ausreichen, um die Überflutung der Küstengebiete - auch diejenigen der Industriestaaten - zu verhindern: Städte wie Amsterdam, Kopenhagen oder Bremerhaven werden aufgegeben werden müssen.
  • Jede weitere Verzögerung erhöht den Grad des Verlustes an "ewigem Eis", dem "Kühlschrank der Erde", und trägt zu einer zusätzlichen Beschleunigung der Klimaerwärmung bei. Das Abschmelzen der Gletscher in den Hochgebirgen der Welt bedroht die Wasserversorgung, und damit die Lebensgrundlagen von vielen Hundert-Millionen Menschen.
  • Jede weitere Verzogerung lässt größere Flächen der Permafrostböden in den Polarregionen der Landflächen Asiens und Nordamerikas tauen. Die dabei zusätzlich freiwerdenden Methanmengen werden als zusätzlicher Beschleunigungsfaktor zu einer schnelleren Klimaerwärmung führen, die wiederum zum weiterem Abtauen vom Permafrostböden beiträgt. In der Folge wird sich die Menge der Treibhausgase in der Atmosphäre so weit erhöhen, dass für weiteres CO2 aus fossilen Brennstoffen (Kohle, Erdöl, Erdgas) kein Platz mehr übrig bleiben wird, wenn das "nicht mehr als 2°C"-Ziel noch erreicht werden soll - ein weiterer Faktor im fahrlässigen Umgang mit der "nicht mehr als 2°C"-Marke! Wahrscheinlich würde beim völligen Abtauen der Permafrostgebiete, die sich dann in riesige Sumpfgebite verwandeln werden, sogar so viel Methan freigesetzt, dass die mittlere Temperatur auf der Erde um weit mehr als nur 2°C ansteigen wird - auch ohne, dass die Industrie- und Schwellenländer die Athmosphäre unseres Planten mit weiterem CO2 vergiften.

Stimmen zum Ergebnis der Klimakonferenz
  • Zum Abschluss der Klimakonferenz sagte Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin), sie sehe das Ergebnis mit gemischten Gefühlen. "Wir sind einen Schritt vorangekommen, ich hätte mir aber mehr Schritte gewünscht". Am Ende sei es nur noch um die Frage gegangen, ob der ganze Prozess abgebrochen werde oder ob man versuche, doch noch irgendwann zu einem Ergebnis zu kommen.
  • Herr Obama (USA, Präsident) sagte kurz vor seiner Abreise, es sei eine Einigung erzielt worden. Er sprach von einem "bedeutenden und beispiellosen Klimaabkommen".
  • Herr Dorkowitsch (Russland, Klimareferent des russischen Präsidenten Dimitri Medwedjew) übte scharfe Kritik an der Organisatoren des Gipfels: "Im Grunde müssen die Führer hier selbst den Text schreiben und ihn auch noch redigieren." Es handele sich um eines der "erfolglosesten Treffen auf höchster Ebene" überhaupt und es gebe allenfalls eine Chance, eine politische Erklärung abzugeben. Herr Medwedjew selbst habe die schlechte Vorbereitung von Dokumenten für die Staats- und Regierungschefs kritisiert.
  • Herr Fry (Delegierter des Inselstaats Tuvalu) sagte bei der nächtlichen Sitzung im Konferenzplenum, sein Land werde dieses Dokument nicht akzeptieren. Aufgrund fehlender ehrgeiziger Klimaziele in der Übereinkunft bedeute das Ergebnis der Klimakonferenz in Kopenhagen das Ende von Tuvalu.
  • Herr Di-Aping (Sprecher der Entwicklungsländer "G77" und Chef-Unterhändler des Sudan) sagte, sein Land könne dem in Kopenhagen vorgelegten Entwurf für eine Vereinbarung nicht zustimmen: "Dieser Gipfel ist gescheitert, weil die Industrieländer nicht an die Demokratie glauben."
  • Frau Salerno Caldera (Vertreterin Venezuelas) warf Herrn Rasmussen (Dänemark, Konferenzpräsident) vor, er unterstütze einen Staatsstreich gegen die Vereinten Nationen.
  • Ein Vertreter Boliviens bemängelte das Fehlen ausreichender Transparenz und warf dem dänischen Regierungschef Verstöße gegen die Regeln von Demokratie und und diktatorisches Verhalten vor.
  • Ein kubanischer Delegierter sagte, Herr Obama habe über die Medien eine Übereinkunft verkündet, die nicht existiert, und fügte hinzu: "Er benimmt sich wie ein Kaiser".
  • Die Delegation Nicaraguas machte darauf aufmerksam, dass die noch zu unterzeichnende Übereinkunft von Kopenhagen im Widerspruch zu früheren Beschlüssen von Klimakonferenzen steht und nannte als Beispiel die 2007 beschlossene "Bali Roadmap".
  • ...

Noch gibt es keinerlei Erfolg zu vermelden

Die ausgehandelte, zwölf Punkte umfassende, Abschlusserklärung ist bisher nichts weiter als ein inoffizielles Stück Papier. Wenn nicht alle 193 Teilnehmerstaaten der Erklärung zustimmen sollten, ist die Klimakonferenz in Kopenhagen nicht nur mit einem erbärmlichen Ergebnis zu Ende gegangen, sondern obendrein auch noch restlos gescheitert.

Bestandteil der Erklärung sind wohl auch die Klimaziele der Industrieländer, die sie bereits vorgelegt hatten:
  • EU: Reduzierung der Emissionen von 1990 um 20 bis 30 Prozent bis 2020
  • Japan: Reduzierung der Emissionen von 1990 um 25 Prozent bis 2020
  • USA: Reduzierung der Treibhausgase von 2005 um 14 bis 17 Prozent bis 2020. Dabei handelt es sich bisher jedoch um nichts weiter, als um einen unverbindlichen Vorschlag.
  • China: Senkung der Treibhausgasemissionen um 40 bis 45 Prozent bis 2020 im Vergleich zum Wirtschaftswachstum ...

... will heißen:

"Wenn unsere Wirtschaft weiter schön so rasant wächst, wie in den letzten Jahren, dann werden wir die Treibhausgase stärker reduzieren. Also sorgt mal alle zusammen dafür, dass wir ganz schnell noch viel reicher werden. Dann werden wir weiter sehen ..." - Das ist der Gipfel der Anmaßung und nichts anderes, als der in grünes Reispapier verpackte Versuch Chinas, das Wachstum seiner Wirtschaft noch möglichst lange auf Kosten der Umwelt fortzusetzen!

Herr Obama nennt das Ergebnis der Verhandlungen in Kopenhagen ein "bedeutendes und beispielloses Klimaabkommen". Da muss ich ihm leider uneingeschränkt Recht geben: Das Versagen der Weltgemeinschaft, nicht zuletzt aufgrund der tagelangen Blockade der Verhandlungen durch sein Land und durch China, ist wirklich ohne Beispiel in der Geschichte der Menschheit. Beispielhaft ist hingegen die Petition an die Regierungschefs in Kopenhagen, der sich inzwischen die beispiellose Zahl von über 15 Millionen Menschen angeschlossen haben. Sie wurde zwar gehört ... - aber unglücklicherweise ebenso ignoriert, wie die physikalisch-/chemischen Gesetzmäßgkeiten des Klimageschehens.

Ob die Kritik Herrn Medwedjews an der Vorbereitung der Dokumente für die Staats- und Regierungschefs berechtigt ist kann ich nicht nachprüfen. In Anbetracht der Konsequenzen für das gesamte Leben auf unserem Planeten teile ich jedoch die Einschätzung seines Klimareferenten Arkadi Dorkowitsch, es handele sich um eines der "erfolglosesten Treffen auf höchster Ebene" überhaupt.


Die Bedrohung hat zugenommen


... aber niemand wird verschont werden

Die Folgen des Misserfolgs von Kopenhagen werden sich in unterschiedlichen Regionen der Erde in unterschiedlicher Weise bemerkbar machen. Während Staaten im Pazifik oder Regionen in Afrika bereits jetzt um ihr nacktes Überleben kämpfen, streiten sich die - bisher noch kaum wahrnehmbar vom Klimawandel betroffenen - Länder in den Industrienationen und Schwellenländern wie kleine Kinder um ein Quietsche Entchen. Am Ende wird aber niemand ungeschoren davon kommen.

Denn gleichzeitig pocht der Delegierte des Planeten Erde - das Klima - auf die Einhaltung der Naturgesetze. Unter den 110 Regierungschefs aus aller Welt, die in Kopenhagen versammelt waren, gab es jedoch nur einige wenige, die dem Vertreter von Mutter Erde zuhörten anstatt ihn schlicht zu ignorieren. Zu ihnen gehört unter anderem Herr Nasheed (Präsident des Inselstaates Malediven). Er machte deutlich, dass es bei den Klimaverhandlungen, im Gegensatz zu sonstigen politischen Verhandlungen, nicht um Kompromisse geht, sondern um Physik. Er hatte dafür geworben, die wissenschaftlichen Vorgaben im Kampf gegen den Klimawandel zu akzeptieren und treffend bemerkt:

"Mit Mutter Natur kann man keinen Handel schließen."


Frau Merkel sagte gestern, im Sommer 2010 sei eine Klimakonferenz in Bonn geplant. Das Ergebnis von Kopenhagen solle die Grundlage für ein verbindliches neues Weltklimaabkommen bilden. Das Abkommen werde jedoch erst im kommenden Jahr fertig werden.

Im Schlussdokument sollten dann aus deutscher Sicht bereits alle wichtigen Ziele festgeschrieben werden. Dazu zählen neben dem Zwei-Grad-Ziel auch Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase für Industrie- und Schwellenländer sowie Hilfszusagen von reichen an arme Länder. Genau das war Anfang des Jahres jedoch bereits für das Ergebnis des jetzt zu Ende gegangenen Weltklimakonferenz in Kopenhagen angekündigt worden.


Wie viele Konferenzen sollen denn nach Bonn noch folgen?

Werden die letzten "Sitzungen" als "Stehungen" durchgeführt werden müssen, weil allen Beteiligten dann dass Wasser schon bis zum Hals steht?

Das darf nicht passieren. Darum:


Im nächsten Sommer geht's nach Bonn!




- Die Welt fordert weiterhin ein echtes Abkommen -
tcktcktck - The World Wants a Real Deal


(Quelle: ARD Nachrichten vom 18./19.12.2009)

Freitag, 18. Dezember 2009

Der letzte Tag, die letzte Chance ...

... um das Scheitern der Weltklimakonferenz in Kopenhagen noch abzuwenden:

Herr Brown (Großbritannien, Premierminister) appelierte an die AVAAZ-Mitglieder und -Anhänger den Druck für ein echtes Abkommen zu erhöhen, damit die katastrophale Klimaerwärmung nicht um mehr als weitere 2°C ansteigen kann. In einer Telefonkonferenz mit mehr als 3000 Avaaz-Mitgliedern erklärte er gestern:

  • "Was Ihr mit Hilfe des Internets in Bewegung setzt, hat entscheidenden Einfluss auf die Tagesordnung hier beim Klima-Gipfel. Unterschätzt niemals den Einfluss den Ihr auf die Entscheidungsträger hier in Kopenhagen haben könnt."

Die letzten Stunden dieses Tages sind die entscheidenden Momente für die Menschen überall auf der Welt. Sie bieten die letzte Chance, den Druck auf die Verhandlungen noch einmal zu erhöhen, damit es zum Abschluss eines echten, rechtlich verbindlichen und fairen Abkommen kommen kann. Es geht ums Ganze!

Nach Auskunft des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ hat eine Gruppe junger Klimaaktivisten im Konferenzzentrum - und eine weitere im Büro des kanadischen Premierministers - damit begonnen, die Namen sämtlicher Unterzeichner laut vorzulesen. Gerüchten zufolge seien für heute noch weitere Aktionen geplant.

Bereits 13 Millionen Menschen haben sich der von der TckTckTck-Kampagne und AVAAZ gemeinsam initiierten Petition an die Staats- und Regierungschefs auf dem Klimagipfel in Kopenhagen angeschlossen. Diese Petition kann weiterhin jeder online auf der Internetseite von AVAAZ unterzeichnen. Der Text lautet:

Petition an die 110 verhandlungsführenden Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen

Wir fordern jeden Einzelnen von Ihnen auf, die notwendigen Zusagen zu machen, um Ihrer historischen Verantwortung in dieser Krise gerecht zu werden. Die reichen Länder müssen eine faire Finanzierung anbieten, und alle Länder müssen bezüglich der Emissionen ambitionierte Ziele setzen. Verlassen Sie Kopenhagen nicht ohne ein gerechtes, ehrgeiziges und verbindliches Abkommen, das die Welt vor der katastrophalen Erwärmung um 2 Grad bewahrt.

Die Petition kann hier unterzeichnet werden.


Wenn ihr die Informationen über die Petition an die Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen in euren eigenen Blogs veröffentlicht oder per E-Mail eure Freunde weitergebt, dann gebt ihr vielen weiteren Blog-Lesern die Chance, sich der Petition anzuschließen. Die Namen aller Unterzeichner werden im Konferenzzentrum vorgelesen.

Unabhängig davon, wie das Ergebnis nach Abschluss der Verhandlungen in Kopenhagen auch immer aussehen mag:
  • Wir Unterzeichner der größten Petition in der Geschichte;
    wir, die wir weltweit an den Mahnwachen und ähnlichen Veranstaltungen teilgenommen haben;
    wir, die wir unsere Politiker mit unseren E-Mails dringend dazu aufgefordert haben, dafür Sorge zu tragen, dass in Kopenhagen ein faires, ehrgeiziges und verbindliches Abkommen realisiert wird;
    wir alle sind ein Teil der Menschheitsgeschichte, die in diesen Tagen in Kopenhagen geschrieben wird.

Nach dem Frust der letzten Tage wäre es das größte Weihnachtsgeschenk an die Welt, an unsere Kinder, an unsere Enkel und an alle kommenden Generationen der Menschheit, wenn entweder heute noch oder - nach einer zusätzlichen Verhandlungsnacht - morgen aus Kopenhagen die Nachricht käme, es werde ein "gerechtes, ehrgeiziges und verbindliches Abkommen" geben, das diesen Titel verdient, und dessen Umsetzung die Klimaerwärmung unterhalb eines weiteren Anstiegs von 2°C stabilisieren wird.


"Die Eine Generation baut die Straße, auf der die nächste fährt."

chinesisches Sprichwort
(gesehen im Klimahaus in Bremerhaven)




- Die Welt will ein echtes Abkommen -
tcktcktck - The World Wants a Real Deal


(Quelle: E-Mail Verteiler von AVAAZ.org)

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Winterhafen


Bremerhaven: Havenwelten, Alter Hafen mit "Seute Deern" und Columbus-Center

Über Nacht hat es in Bremerhaven geschneit, und die weiße Pracht liegt sogar noch. Beides ist für Bremerhaven um diese Jahreszeit eher ungewöhnlich. Der Normalfall ist eigentlich der, dass die Flocken tauen, sobald sie den Boden erreichen.



Blick über den Alten Hafen beim Deutschen Schiffahrsmuseum zur Weser

Auch die Schiffe des Deutschen Schiffahrtsmuseums haben einige dezente, dekorative Spuren vom ersten Schnee dieses Jahres abbekommen.

Im Vordergrund ist der Hochsee-Bergungsschlepper "Seefalke" zu sehen, der im Jahre 1924 auf der Tecklenborg Werft in Bremerhaven für die Reederei W. Schuchmann gebaut wurde. Das Schiff war bis kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges im aktiven Einsatz. Während des Krieges wurde der Schlepper der Kriegsmarine unterstellt und 1945 bei einem Luftangriff in Kiel versenkt.

Angehörige der Reederei bargen den Seefalken und versenkten ihn an anderer Stelle erneut, um ihn vor der endgültigen Vernichtung durch die Allierten zu bewahren. Nachdem er später gehoben, instand gesetzt, und moderner ausgerüstet worden war, wurde er 1950 für weitere 20 Jahre in Dienst gestellt. Zu seiner Zeit war der "Seefalke" der größte und stärkste Bergungsschlepper der Welt, und der erste mit Dieselmotorenantrieb.

Im Sommer 1970 übergab die Reederei den Seefalken als Geschenk an das Deutsche Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven. Die Funkanlage des Seefalken wird vom Bremerhavener Ortsverband des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC) e.V. in Betrieb gehalten. Für den Seefalken waren leistungsfähige Funkeinrichtungen besonders wichtig. Über Funk hörte die Besatzung die Notrufe und Meldungen über Havarien, die die Hilfeleistung des Schleppers erforderten. Die für ein Motorschiff außergewöhnlich hohen Masten sind die Träger für die verschiedenen Antennen. Die Höhe, in der die Antennen angebracht sind, beeinflusst die Sende- und Empfangsleistung.


(Quellen: Deutsches Schiffahrtsmuseum, Jan-Maat sien Homepage)

Stunden der Entscheidung

Die nächsten Stunden entscheiden über das Schicksal des Lebens auf der Erde. Morgen endet die wohl entscheidendste Konferenz der Menschheit in Kopenhagen. Es geht nicht nur um die Zukunft der Menschheit, sondern um das Leben auf der Erde - so wie wir es bisher kannten - insgesamt.

Jetzt treffen die Staats- und Regierungschefs zur sogenannten "heißen Schlussphase" ein. Sie haben 60 Stunden Zeit, um in Direktverhandlungen zu einem Ergebnis zu kommen, das der Menschheit die Hoffnung auf eine Zukunft auf dem Planeten Erde gibt.

Das ist die größte Herausforderung in der Geschichte: Die Vertreter der Weltgemeinschaft müssen die wohl größte Bedrohung, der die Menschheit jemals gegenüberstand, aufhalten. In diesen Tagen wird Geschichte geschrieben!

  • Als Kind habe ich habe meine Eltern und meine Großeltern
    einmal gefragt, warum ihre Generationen den millionenfachen
    Mord an den Juden zugelassen haben.

    Können wir unseren Kindern und Enkeln
    einmal sagen, wir hätten alles versucht,
    um die Klimakatastrophe aufzuhalten?


Desmond Tutu (Friedensnobelpreisträger) sagte am 12. Dezember in Kopenhagen: "... - wir werden ein ECHTES Abkommen erzielen!" Wir alle - jeder einzelne Mensch auf diesem Planeten - können nur hoffen, dass er damit recht behält. 48 Stunden vor dem Ende des Kopenhagener Klimagipfels standen die Verhandlungen in Kopenhagen gestern nämlich eher vor dem Scheitern, als vor einem Erfolg.


Ohne massiven öffentlichen Druck für ein echtes Abkommen, wird keine Bewegung mehr in die Verhandlungen kommen. Ohne massiven öffentlichen Druck wird es nicht gelingen, die Verhandlungsteilnehmer dazu zu bewegen, die katastrophale Klimaerwärmung auf einem Level von weniger als 2 Grad Celsius mehr als heute zu stabilisieren.

Die TckTckTck-Kampagne und AVAAZ haben gemeinsam eine Petition an die Staats- und Regierungschefs auf dem Klimagipfel in Kopenhagen vorbereitet. Diese Petition kann jeder online auf der Internetseite von AVAAZ unterzeichnen. Aktuell wird die Petition von 11,8 Millionen Unterzeichnern unterstützt (Ticker im Kopf der Internetseite von TckTckTck). Der Text lautet:

Petition an die 110 verhandlungsführenden Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen

Wir fordern jeden Einzelnen von Ihnen auf, die notwendigen Zusagen zu machen, um Ihrer historischen Verantwortung in dieser Krise gerecht zu werden. Die reichen Länder müssen eine faire Finanzierung anbieten, und alle Länder müssen bezüglich der Emissionen ambitionierte Ziele setzen. Verlassen Sie Kopenhagen nicht ohne ein gerechtes, ehrgeiziges und verbindliches Abkommen, das die Welt vor der katastrophalen Erwärmung um 2 Grad bewahrt.


Die Petition kann hier unterzeichnet werden. Ein Avaaz-Team trifft sich täglich mit Verhandlungsführern auf dem Gipfel und organisiert die wohl spektakulärste Petitionsübergabe an Staats- und Regierungschefs, sobald sie eintreffen.

Unterstützer von AVAAZ bauen einen riesigen Stapel mit Kisten mit den Namen der Unterzeichner auf - und jeder Name wird laut vorgelesen. Die bisher größte Petition in der Geschichte der Menschheit wird den Entscheidungsträgern keinen Zweifel lassen:
  • Die Weltöffentlichkeit sieht zu!


"Wir protestierten in Berlin und die Mauer fiel.
Wir protestierten in Kapstadt und beendeten Apartheid.
Wir protestierten in Kopenhagen ...
- und wir werden ein ECHTES Abkommen erzielen!"


Desmond Tutu (Friedensnobelpreisträger)

vor Hunderten Verhandlungsführern und Kindern
während der Mahnwache am 12.12.2009
auf dem Konferenzgelände in Kopenhagen.




- Die Welt will ein echtes Abkommen -
tcktcktck - The World Wants a Real Deal


Mittwoch, 16. Dezember 2009

Eine gute- und eine schlechte Nachricht

Ich habe eine gute, und eine schlechte Nachricht für euch. Welche wollt ihr zuerst hören?
  • Die Gute? Na gut:

    Frau Hedegaard (Dänemark, Umweltministerin und Präsidentin der UN-Klimakonferenz) hat das Verhalten der Verhandlungsführer einiger Staaten nicht mit dem Niveau von Kindern in einem Kindergarten verglichen.
  • Jetzt kommt aber die schlechte Nachricht:

    Die Tagesschau berichtete gestern, bei Frau Hedegaard habe vor allem das Verhalten von China und den USA Kopfschütteln ausgelöst. "Ich denke, mit den Leuten in diesem Verhandlungsprozess ist es genau wie mit Schulkindern." Auch wenn eine Hausaufgabe lange im Voraus gestellt werde, gelte: "Erst wenn du weißt, dass die Zeit abläuft und du nicht mehr ausweichen kannst, tust du es."

    Da bleibt wohl nur noch zu hoffen, dass die Ignoranten unter den Verhandlungsführern noch rechtzeitig dahinter kommen, dass die Zeit schon lange abgelaufen ist, und dass sie dann tatsächlich noch rechtzeitig vor dem Ende der Klimakonferenz "tun" werden, was getan werden muss.

Bisher lehnen die beiden größten Klimasünder der Welt jegliche weitergehende Verpflichtungen für ihre Staaten kategorisch ab. Die kommunistischen Machthaber in Peking, die bis vor kurzem noch jegliche Notwendigkeit abstritten, das umweltzerstörende Verhalten ihres Landes zu überdenken, haben inzwischen immerhin erkannt, dass die Umwelt und das Weltklima real existierende, schützenswerte Güter sind, und dass China nicht ganz unschuldig an der Klimaerwärmung ist. Sozusagen im Schnellstart ist China im Vorfeld der Klimakonferenz in Kopenhagen vermeintlich an die Spitze aller Klimaschützer vorgeprescht, und wirft jetzt den USA und anderen reichen Staaten Rückschritte bei deren Maßnahmen zum Schutz des Klimas vor. China hält daran fest, dass die entwickelten Staaten die Pflicht haben, finanzielle Hilfe bereitzustellen. Bis dahin stimme ich der chinesischen Position voll und ganz zu.

China meint jedoch weiter, ein neuer Klimaschutzvertrag müsse das jeweilige Entwicklungsniveau eines jeden Staates berücksichtigen. Das soll wohl heißen: "Wir armen Chinesen, die unglücklicherweise aufgrund staatlich verordneter Ignoranz umweltschutztechnisch auf der Entwicklungsstufe der Neandertaler stehen geblieben sind, wollen jetzt erst einmal ordentlich Dollars bei euch absahnen. Danach können wir denn ja mal weitersehen, ob wir uns irgendwann einmal auch unserer eigenen Verantwortung stellen."

In der Weltwirtschaft führt offensichtlich kein Weg mehr an China vorbei. Wirtschaftlich gesehen steht China daher aus meiner Sicht inzwischen mit den Staaten Nordamerikas, Europas oder mit Australien auf der gleichen Stufe. Daher hat China - ebenso wie die USA und die Europäer - die Verpflichtung gegenüber den wirklich armen Entwicklungsländern, sein Geld entsprechend seines Anteils an den emittierten Treibhausgasen in die gemeinsame Kasse zur Finanzierung des Kampfes gegen die Klimakatastrope einzahlen.

Die chinesischen Verhandlungsführer werfen Europa und den USA vor, sie würden die Klimaverhandlungen blockieren. Solange China seine Verantwortung im gemeinsamen Kampf der Menschheit nicht eingesteht, ist es jedoch unter anderem auch China, das die Verhandlungen in Kopenhagen derzeit blockiert.

Die Position der USA ist allerdings ebensowenig akzeptabel. Ich möchte nicht in der Haut von Herrn Obama (USA, Präsident) stecken. Wenn er so könnte, wie er sagt, dass er gerne wollte, dann würde er wohl mindestens die gleichen Forderungen stellen und mindestens die gleichen Ziele setzen, wie die Europäer. Er muss jedoch auf die kindischen, innenpolitischen Befindlichkeiten der Vertreter in den demokratischen Institutionen der Regierung seines Landes Rücksicht nehmen die mit Sicherheit von diversen Lobbys beeinflusst werden.

Die Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Großbritanien haben wohl versucht, Herrn Obama während einer Videokonferenz auf ihre Seite zu ziehen. Selbst wenn ihnen das gelungen sein sollte, werden die Zusagen von Herrn Obama aber nicht das Papier wert sein, auf das sie dann geschrieben werden - wenn es denn, wie erhofft, noch zu einer gemeinsamen Position in Kopenhagen kommen sollte - solange er dafür bei sich zu Hause keine Zustimmung erhält. Das könnte dann damit enden, dass die USA zum wiederholten Male ein Dokument zum Klimaschutz nicht unterschreiben würden.

Und wenn sich die drei Blöcke (Europa, China, USA) irgendwann doch einmal auf ihre gemeinsamen Verantwortungen einigen sollten, dann müssten sie außerdem noch gemeinsam erkennen, dass das bisher anvisierte Ziel, die Erwärmung des Klimas nicht mehr als um 2°C ansteigen zu lassen, ein äußerst riskantes Ziel ist, und ihre Zielsetzung und Maßnahmen entsprechend anpassen. Bei einem Überschreiten dieser Grenze würde die gestörte Balance der Treibhausgase in der Atmosphäre das System nämlich endgültig zum Kippen bringen. Währenddessen läuft die Zeit in Kopenhagen ab ...


"Mit Mutter Natur kann man keinen Handel schließen."

Mohamed Nasheed
(Malediven, Präsident)



Herr Nasheed hatte sich mit einem dramatischen Appell zur Rettung der Inselkette seiner Heimat an die Delegierten auf der Klimakonferenz in Kopenhagen gewandt.

Bei allen politischen Abkommen gehe es um Verhandlungen, um Bereitschaft zum Kompromiss. Beim Klimawandel gehe es jedoch um Physik. Mit Mutter Natur könne man keinen Handel schließen.

Mit Herrn Nasheed gibt es immerhin einen Politiker, der die Zeichen der Zeit erkannt hat. Er warb dafür, die wissenschaftlichen Vorgaben im Kampf gegen den Klimawandel zu akzeptieren. Bereits ein Anstieg des Meeresspiegels um 18 bis 59 Zentimeter könnte die flachen Inseln der Malediven nach Schätzungen des UN-Klimarats weitgehend unbewohnbar machen. Ebensowenig, wie in der Haut von Herrn Obama möchte ich in der Haut von Herrn Nasheed und den Menschen in seiner Heimat stecken.




- Die Welt will ein echtes Abkommen -
tcktcktck - The World Wants a Real Deal


(Quellen: Tagesschau vom 15.12.2009, 19:19 Uhr und 13:53 Uhr)