So einfach war es dann wohl doch nicht, Herrn Wullf mal eben schnell zum Bundespräsidenten zu wählen. Ein "glatter Durchmarsch" sieht anders aus.
600 Stimmen im ersten Wahlgang reichten wohl nicht für die absolute Mehrheit des Kandidaten der Regierungskoalition. Herr Gauck, der Kandidat von SPD und Grünen, erhielt beim ersten Versuch 499 Stimmen. Nach dem zweiten Wahlgang (Wulff: 615, Gauck: 490) ist die Bundesversammlung zur Zeit vor dem dritten Wahlgang erneut für eine Beratungspause unterbrochen. Die Kandidaten der Linken wird im dritten Wahlgang nicht mehr antreten. Sie hatte im ersten 126 und im zweiten Wahlgang 123 Stimmen bekommen.
Am Ende wird's dann wohl doch auf Herrn Wulff hinauslaufen. Bundespräsident wird im dritten Wahlgang der Kandidat, der die realtive Mehrheit der Stimmen bekommt. Als strahlender Sieg wird der heutige Tag allerdings nicht in die Analen der Schwaz-Gelben eingehen. Nachdem sie sich anfangs so sicher waren, sind die Ereignisse von heute eine fette Watsche für die Wespen.
Mittwoch, 30. Juni 2010
Kommerzieller Walfang bleibt verboten
Springender Buckelwal
Foto: (c)Wanetta Ayers (Public Domain)
Die diesjährige Tagung der Internationalen Walfangkommission (IWC), die am 21. Juni in Agadir begann, ist am 25. Juni zu Ende gegangen. Dieses Jahr stand sie aufgrund des Antrags der drei Walfangnationen auf die Wiederzulassung der kommerziellen Jagd im Fokus der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Das zeigt unter anderem auch die Anzahl von zur Zeit 1,28 Millionen Unterzeichnern der Petition des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ an die Mitglieder der Internationalen Walfangkommission (IWC), die sicher auch die Entscheidung so manches IWC-Mitglieds beinflusst haben wird.
Sofern man denn überhaupt von einem Erfolg der Tagung sprechen kann, ist das wichtigste Ergebnis der Tagung aus meiner Sicht, dass die kommerzielle Jagd auf Wale weiterhin verboten bleibt. Damit ist der Vorschlag für den faulen Kompromiss, die kommerzielle Jagd auf Wale für 10 Jahre zuzulassen, die Jagdquoten aber gringer auszulegen als diejenigen für die Jagd auf Wale zu wissenschaftlichen Zwecken, vorerst vom Tisch. Wäre es zur Kommerzialisierung der Jagd gekommen, dann wäre auch den Begehrlichkeiten anderer Nationen Tür und Tor geöffnet worden, die heute keine Jagd auf Wale mehr betreiben.
Der Vorschlag der Waljäger, bei Wiedereinführung des kommerzielles Walfang geringere Fangquoten als für den "wissenschaftlichen" zu akzeptieren, entpuppt sich bei genauerem hinsehen schnell als hinterhältige Falle. Die Aufrechterhaltung des japanischen Walfangs auf hoher See steht und fällt mit dem Walfang-Fabrikschiff. Die Jagdboote allein könnten nur noch in der Nähe der Küsten Japans operieren. Das 23 Jahre alte Fabrikschiff "Nisshin Maru" wurde bei einem Brand im Februar 2007 stark beschädigt und nur provisorisch repariert. Eine legitime kommerzielle Fangquote hätte die Entscheidung der japanische Regierung zugunsten des Baus eines neuen Fabrikschiffes bedeutet. Damit wäre Japans Jagd auf die Wale für viele weitere Jahrzehnte besiegelt gewesen. Wäre die kommerzielle Jagd auf Wale wieder zugelassen worden, dann wäre damit auch das auf dem Jagdverbot basierende Handelsverbot des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (WA, engl.: CITES) für Walfleisch zu Fall gebracht worden. Außerdem war im Kompromiss kein Szenario für das endgültige Ende des Gemetzels unter den Walen vorgesehen. Die "Nisshin Maru" wird jedoch mittelfristig bei einem Abwrackunternehmen enden.
Island drängt in die EU. Bei den anstehenden EU-Beitrittsverhandlungen haben es die europäischen Staaten in der Hand, dem Beitritt Islands zuzustimmen - oder ihn abzulehnen. Als EU-Mitglied wird Island auf den kommerziellen Walfang verzichten müssen. Schließlich will Island etwas von der EU, und nicht umgekehrt.
Wäre Norwegen Mitglied der EU, dann gäbe es das Problem der kommerziellen Walfangs Norwegens nicht mehr. Dieser Wal-Jäger wird also nur mit anderen Mitteln zu überzeugen sein. Denkbar wären diplomatische Aktivitäten seitens der UNO, da Norwegen mit seiner illegalen Jagd offen gegen das WA verstößt. Ein Druckmittel der UNO wäre zum Beispiel ein Handelsembargo. Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass dem Artenschutz generell weltweit endlich eine längst überfällige höhere Priorität beigemessen würde. Davon, dass die Regierungen der IWC Mitgliedsländer, der EU oder der UNO immer nur mit strafenden Blicken "du, du, du!" sagen, haben sich die brutalen Wal-Jäger noch nie beeindrucken lassen. Da werden auf die Dauer nur Sanktionen weiter helfen.
Zunächst bleibt also mehr oder weniger alles beim alten. - Aber ...
- Norwegen und Island werden weiterhin Wale jagen und das Walfangmoratorium weiterhin nicht anerkennen
- Japan wird weiter Wale aus "wissenschaftlichen Gründen" jagen und das Walschutzgebiet in den antarktischen Gewässern dabei weiterhin ignorieren
Klage gegen Japan's "wissenschaftliche" Jagd
Inwischen gibt es mehr als genug Beweise dafür, dass die japanische Walfangflotte seit Inkrafttreten des Walfangverbots im Jahre 1986 unter dem Deckmäntelchen "wissenschaftlicher Walfang" Wale umbringt, deren Fleisch dann - alles andere als wissenschaftlich - in japanischen Restaurants für teueres Geld auf den Tellern japanischer "Feinschmecker" angeboten wird. Dass Japan unter dem Vorwand seines zweifelhaften wissenschaftlichen Programms seit dem Inkrafttreten des Moratoriums gegen den kommerziellen Walfang ein ungeheueres blutiges Gemetzel unter den Walen veranstaltete, belegen neben Filmdokumenten und Statistiken von Umweltschützern unter anderem auch Zahlen der Regierung Australiens.
Demnach fielen Japans "Wissenschaft" allein in der Antarktis während der ersten 18 Jahre des Moratoriums der IWC 6800 Minkwale zum Opfer die dann in Japan kommerziell vermarktet wurden. In den 31 Jahren zuvor waren weltweit "nur" 840 Minkwale getötet worden. Nur so, und mit Subventionen der japanischen Regierung, konnte die Walfangflotte Japans die 24 Jahre seit Inkrafttreten des Walfangmoratoriums überstehen. Australien hat deshalb Anfang Juni beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag eine Klage gegen Japan wegen dessen unzulässiger Duldung der Jagd auf Wale eingereicht.
Kommerzieller Missbrauch der Sonderrechts für indigene Völker
Ein weiterer fader Beigeschmack der Verhandlungen während der IWC-Tagung ist die Aufhebung des Schutzes für Buckelwale (Megaptera novaeangliae, engl. Humpback whale). Der Antrag Dänemarks, Grönland die Jagd auf Buckelwale zu erlauben wurde angenommen. Grönland gehört zwar als autonomes Außengebiet Dänemarks offiziell nicht zur EU, aber Dänemark vertritt mit dem Antrag eindeutig eigene Interessen, die denen der EU widersprechen.
Hintergrund für den Antrag ist die offizielle Ausnahme einiger weniger indigener Völker vom weltweiten Walfangverbot, deren traditionelle Lebensweise seit jeher von der Jagd auf Wale abhängig ist. Der Buckelwal wird auf dem Anhang-I des WA gelistet. Die verschiedenen Buckelwal-Populationen gelten als gefährdet. 1956 wurden die Bestände des Nordatlantik unter internationalen Schutz gestellt. Eine Ausnahme bestand bis Ende 1985 für die Inuit, denen bis dahin die Jagd vor Westgrönland auf zehn Tiere pro Jahr erlaubt war. Seit dem Inkrafttreten des Walfangmoratoriums der IWC im Jahre 1886 wurden den Innuit jährlich 178 Zwergwale, 19 Finnwale und zwei Grönlandwale zugestanden. Jetzt kommen wieder 9 Buckelwale pro Jahr hinzu. Dafür wurde die Genehmigung für die Jagd auf Zwergwale im Gegenzug um 9 Tiere auf 169 reduziert.
Ein Team der "Whale and Dolphin Conservation Society" (WDCS, Wal- und Delfin Schutz-Gesellschaft) erlangte nach einer Undercover-Recherche in Grönland Beweise die Jagd auf Wale im Auftrag von verarbeitenden Firmen und Supermärkten. Walfleisch tauchte in teuren Luxusrestaurants in Touristenstädten auf - weitab von den Siedlungsgebieten der Innuit. Die WDCS stellte klar, dass sie den Walfang indigenener Volker grundsätzlich nicht infrage stellt. Das Sonderrecht sei jedoch verwirkt, wenn unter seinem Deckmantel Geschäfte mit Walfleisch gemacht würden. Grönland nutze das Sonderrecht für einen streng limitierten Walfang zu kommerziellen Zwecken aus.
(Quellen: Pro Wildlife, Greenpeace vom 10.11.2007 und vom 31.05.2008, Der Standard vom 01.06.2010, und vom 23.06.2010, CITES [englisch], Wikipedia, WDCS, Terra Human)
Dienstag, 29. Juni 2010
Auf Teufel komm raus
Golf von Mexiko: Die Opfer der Schwarzen Pest - Ölverschmierte Pelikane
Foto: (c) International Bird Rescue Research Center, CC Attribution 2.0
Eine Ölpest unvorstellbaren Ausmaßes nach einer Explosion auf einer Tiefsee-Ölbohrplattform: Undenkbar? Seit dem Desaster im Golf von Mexiko wissen wir es besser - sollte man meinen.
Das dachten sich auch Herr Obama (USA, Präsident) und die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika. Herr Obama verhängte deshalb ein befristetes Verbot für Tiefsee-Ölbohrungen, um die anderen Plattformen und ihre Ausrüstung auf Schwachstellen zu untersuchen. Immerhin kann man nach der Explosion und dem Untergang der "Deepwater Horizon" davon ausgehen, dass der Super-GAU der Mineralöl-Industrie nicht der einzige bleiben wird.
Mit der Begründung, das zuständige Innenministerium habe das Moratorium der Regierung nicht ausreichend begründet, gab ein Bundesrichter in Louisiana dem Antrag von 32 Öl-Unternehmen gegen das sechsmonatige Regierungsverbot von Tiefseebohrungender statt. Außerdem sei eine Aufhebung des Moratoriums im öffentlichen Interesse. Was lernen wir daraus? Die Definition für "öffentliches Interesse" lautet in den USA also "die Interessen von 32 klagenden Öl-Firmen". Die US-Regierung kündigte umgehen Revision an. Derweil strömt das Öl weiterhin aus dem Bohrloch ins Meer. Die Natur setzt sich gnadenlos über alle Gesetze der Menschheit hinweg ...
Irgendwie pervers finde ich in diesem Zusammenhang auch die Argumentation des Anwalts, der mehrere der klagenden Unternehmen vertritt. Er sagte, im Golf von Mexiko gebe es "ein ganzes Ökosystem von Unternehmen, die durch dieses Moratorium jeden Tag geschädigt" würden. Das Kürzel "Ökosystem" steht bekanntlich für den Begriff "ökologisches System", also für ein komplexes System wechselseitig voneinander abhängiger Lebewesen in einem jeweils von den dort vorherrschenden Umweltfaktoren abhängigen Lebensraum. In dem Zusammenhang, in dem der Anwalt das Kürzel "Ökosystem" verwendet, beschreibt er damit die profitorientierten Interessen der klagenden Unternehmen, welche mit ihren Tiefsee-Ölbohrungen die marinen Ökosysteme weiterhin in verantwortungsloser Weise gefährden. Mit diesem Missbrauch der Sprache sollen wohl die schutzbedürftigen Ökosysteme im Meer und an den Küsten in den Köpfen der Menschen durch den Schutz der Ölkonzerne ersetzt werden. Die Fischer und die vom Tourismus abhängigen Küstenbewohner sind dann am Ende bedauerliche Kollateralschäden: Die Schlacht der Worte ist eröffnet!
Ölförderung auf Teufel komm raus
Der wirtschaftliche Schaden für die Küstenbewohner ist bereits jetzt verheerend - für den ökölogischen gibt es im Vergleich mit den Erfahrungen aus der Havarie der "Exxon Valdez" vor der Küste Alsakas in keiner Sprache der Welt einen Begriff, mit dem man die Folgen der Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko noch in Worte fassen könnte. Selbst "Super-GAU" klingt da schon irgendwie harmlos. Und da klagen 32 Unternehmen, deren einer Mitbewerber zuvor unzählige Existenzen an der Küste vernichtet hat, gegen die Sicherheitsmaßnahmen der US-Regierung? Damit, dass die auf Teufel-komm-raus weiterbohren wollen, riskieren sie den endgültigen Exitus des marinen Ökosystems, der umliegenden Küstengebeite und Inseln.
Und machen wir uns nichts vor: Selbst wenn nach einem sechsmonatigen Bohrverbot und der technischen Überprüfung der Bohranlagen festgestellt werden würde, dass die Ölbohrplattformen "sicher" sind, ist das überhaupt keine Garantie dafür, dass nicht bald die nächste Katastrophe ins Haus steht. Was bisher (angeblich) undenkbar war, muss spätestens seit dem 20. April 2010 als ständige Gefahr betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund reicht ein befristetes Tiefsee-Bohrverbot nicht aus. Da Unfälle offensichtlich nicht beherrscht werden können, sind weitere Tiefseebohrungen angesichts der ökologischen und wirtschaftlichen Folgen unverantwortlich. Sie müssen deshalb weltweit verboten und geächtet werden.
Nach der Explosion auf der "Deep Water Horizon" und den anschließenden Vertuschungsversuchen des BP-Krisenmanagements sowie dem Offenbarungseid bezüglich der Unmöglichkeit, das Bohrloch mit technischen Mitteln zu verschließen, gab es ja bereits von verschiedenen Seiten Aufrufe, den BP-Konzern zu boykottieren und an anderen Tankstellen zu tanken. Ich fürchte aber, dass sich das Problem gemeingefährlicher Tiefseebohrungen mit solchen Maßnahmen leider nicht grundlegend bekämpfen lassen wird. Eigentlich müssten diejenigen, die dazu aufrufen BP zu boykottieren, ihren Aufruf ehrlicherweise auch auf all diejenigen Firmen ausweiten, die weiterhin mit ihren Tiefseebohrungen oder anderen Offshore Förderanlagen sensible Ökosysteme gefährden. Ich fürchte nur, dass dann nicht mehr sehr viele Tankstellen übrig bleiben werden, an denen sie noch tanken könnten. Konsequenterweise müssten sie sich also von ihren Autos trennen. Nicht nur für den Schutz der Meere, sondern auch für die Eindämmung der Folgen des Klimawandels wäre das ein großer Fortschritt.
Die Geschichte droht sich zu wiederholen
Und noch etwas lehrt die Erfahrung aus den Folgen der von der "Exxon Valdez" verursachten Ölpest: Bevor die Ölkonzerne auch nur einen Cent mehr an die Geschädigten zahlen, als sie unbedingt müssen, werden sie eher viele Hundertmillionen ihrer Dollars in die Manipulation des Rechtssystems investieren, um die Opfer der Ölpest so fertig zu machen, dass diese für den Rest ihres Lebens nicht mehr froh werden. Die Fischer an der Küste von Louisiana, die immer hofften, den Versprechen von BP glauben zu können, sind inzwischen nur noch wütend. Selbst einen der von BP bezahlten Jobs beim Reinigen der Strände haben die wenigsten von ihnen bekommen. Die meisten stehen kurz vor der Pleite.
Frau Brockovich, eine in den USA bekannte Umwelt-Aktivistin, organisierte ein Treffen bei dem sie die Geschädigten zu einer Sammelklage aufrief. Unterstützung erhielt sie dabei von der ebenfalls im ganzen Land bekannten Frau Ott aus Alaska, die an dem Treffen teilnahm, um den Fischern und den anderen geschädigten Küstenbewohnern am Golf von Mexiko klar zu machen, was den Menschen in Alaska mit dem Exxon-Konzern passierte. Es sei wichtig, dass sie verstünden, dass das, was BP jetzt mit ihnen mache, für sie genauso ausgehen könne, wie für ihre Leute in Alaska.
130 Kutter, die gesamte Heringsflotte ihres Dorfes, sei innerhalb kürzester Zeit arbeitslos gewesen, und Exxon sei vor Gericht gegen deren Ansprüche zu Felde gezogen. Bis zur Verhandlung hätten die Anwälte der Fischer in Alaska 40 Millionen Dollar investiert. Währenddessen habe Exxon für 400 Millionen Dollar einfach alle Rechtsanwälte in der Gegend "aufgekauft". Da diese dann befangen gewesen seien, habe keiner von ihnen mehr von den Fischern beauftragt werden können. Exon habe die Entschädigungssumme von fünf Milliarden Dollar vor Gericht auf gerade einmal ein Zehntel herunterhandeln können. Einige ihrer Leute bekämen gerade einmal 6 Cent Entschädigung im Monat. Frau Ott sagt, die Heringsbestände hätten sich auch nach fast 20 Jahren nicht einmal ansatzweise erholt. Es bestünde für die Fanggebiete im Golf von Mexiko in Anbetracht des vielfachen der Ölmenge und der Rekordmengen von Chemikalien die Gefahr eines ganz großen Fischsterbens. Dagegen sei das Leck der "Exxon Valdez" eher ein kleiner Betriebsunfall gewesen.
Die Täter versuchen sich im Rampenlicht der Öffentlichkeit immer wieder gerne als Opfer ihrer eigenen Habgier darzustellen. Aber die Täter bleiben in der Regel die Täter, die Opfer bleiben die ewigen Opfer, und die Geschichte scheint sich ein weiteres Mal zu wiederholen. Exxon existiert nach wie vor. Im Mittelalter wurden Brunnenvergifter noch von den Gerichten zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die Brunnenvergifter der Neuzeit brauchen sich davor nicht mehr zu fürchten: Sie stehen unter dem Schutz des "öffentlichen Interesses". Es ist zu befürchten, dass die Täter wohl auch dieses Mal wieder nahezu unbeschädigt davonkommen könnten.
(Quellen: Weltspiegel vom 13.06.2010, Stern vom 22.06.2010, Der Standard vom 22.06.2010, Tagesschau vom 23.06.2010, Wikipedia)
Montag, 28. Juni 2010
Sieben Wochen Sommer ?
Der Siebenschläfer bei der Arbeit
Foto: (c) Michael Hanselmann (Attribution-Share Alike 3.0)
Gestern war der Tag des Siebenschläfers. Der Volksmund sagt diesen possierlichen Tierchen ja nach, das Wetter bliebe sieben Wochen lang so, wie es am 27. Juni, dem Siebenschläfertag ist. Sollte das zutreffen, dann bedanke ich mich schon einmal im Voraus bei den kleinen Wetterzauberern. Obwohl: Hin und wieder etwas Regen, könnte natürlich auch nicht schaden ... - am liebsten nachts ;o)
Aber wie so oft, ist auch mit dem Siebenschläfertag angeblich gar nicht alles so, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Mit den oben erwähnten Nagetieren verbindet ihn demnach eigentlich - gar nichts. Vielmehr geht der Name des Tages laur Wikipedia auf eine christliche Legende zurück. Sieben junge Christen sollen in der Zeit der Christenverfolgung unter Kaiser Decius (249–251) in einer Berghöhle nahe Ephesus Zuflucht gesucht haben, und dann dort entdeckt und lebendig eingemauert worden sein. Angeblich sollen sie, anstatt zu sterben, lieber erst einmal 195 Jahre lang geschlafen haben, bis sie am 27. Juni 446 zufällig entdeckt wurden. Es heißt, sie seien dann aufgewacht und wenig später gestorben.
Na ja: Ich bleibe jedenfalls lieber bei der Version mit den kleinen Siebenschläfern. Die klingt in meinen Ohren immer noch glaubwürdiger, als diejenige mit den 7 Schläfern, die 446 Jahre lang vergessen haben zu sterben.
Euch allen wünsche ich eine schöne Woche
(Quelle: Wikipedia)
Sonntag, 27. Juni 2010
Fanblöcke auf dem Sofa
Bremerhaven: Fensterdekoration zur Fußballweltmeisterschaft 2010
Dieser Familie steht heute bestimmt ein aufregender Nachmittag bevor. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Fanblöcke auf dem Familiensofa rechtzeitig zum Beginn des Weltmeisterschaftsspiels "England/Deutschland" in Südafrika bereits abgesteckt worden sind. Nach dem Anpfiff trötet dann vielleicht die Vuvuzela auf der linken Seite des Sofas wenn die englische Mannschaft den Ball in Richtung des deutschen Tors manövriert, und auf der rechten Sofaseite diejenige für Deutschland, wenn es in Richtung des englischen Tors geht.
Mein Nachmittag wird mit Sicherheit ruhiger verlaufen (ihr wisst schon: Fußball ist nicht meine Welt).
Samstag, 26. Juni 2010
Ein Jahr Klimahaus 8° Ost in Bremerhaven
Bremerhaven: Klimahaus 8° Ost
Axel Werner hinterlässt noch mal eben schnell eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter: "Ich bin dann mal weg. Zurück in ungefähr einem Jahr ...", und macht sich mit seinem Alu-Expeditionskoffer im Schlepp auf die abenteuerliche Reise in Richtung Süden entlang des 8. Längengrades rund um den Globus durch alle Klimazonen dieser Welt. 800000 Besucher des Klimahauses haben ihn bisher auf seiner Reise begleitet ...
"Im Klimahaus sind wir auf dem 8. Längengrad um die Welt gereist. Dort sind wir an vielen Kontinenten und auch Ländern vorbeigekommen. Wir kamen in die Schweiz, nach Sardinien, Niger und nach Kamerun, dann haben wir eine Pause gemacht. Anschließend ging es weiter in die Antarktis, nach Samoa über Alaska zurück nach Deutschland. Auf Langeness in Deutschland waren schon viele Sturmfluten. Deshalb werden die Häuser sehr hoch gebaut und daneben immer Steine gestellt. An den großen Steinen soll das Wasser abprallen."
So schildert ein Kind die Reise um die Welt in einem Artikel mit weiteren "Weltreiseberichten" im Blog einer Schulklasse 4b, die das Klimahaus im März 2010 besucht hatte. - Wer die Welt einmal wieder durch Kinderaugen sehen möchte, der sollte sich das Blog unbedingt einmal ansehen ;o)
Das Klimahaus lebt
Heute ist das erste Jahr für das Klimahaus erfolgreich zu Ende gegangen. Gleich nach meinem ersten Besuch am Eröffungstag stand für mich fest: Eine Jahreskarte muss her! Mit ungefähr acht Stunden für "Die Reise" um die Welt hatte ich erheblich mehr Zeit im Klimahaus verbracht, als vor der Eröffnung in der Presse angegeben worden war - und ich hatte ja lange noch nicht alles gesehen. Außerdem waren aufgrund der vorangegangenen Verzögerungen beim Bau auch noch nicht alle Teile der Ausstellung fertig geworden.
Sardinien: Auf Insektengröße geschrumpft
Im Laufe des ersten Jahres ihres ersten Bestehens habe ich die Entwicklung der Ausstellung miterleben können. Mit der Fertigstellung der "Chancen" und des Wetterstudios sind jetzt alle Bereiche zugänglich. Anders als in einem klassischen Museum, gibt es im Klimahaus auch viele ständige Bewohner. In Sardinien wird der Besucher zum Insekt unter Insekten. Auf Käfergröße geschrumpft betritt er eine Welt mit völlig ungewohnten Dimensionen. Immer wieder Spaß macht es, den Leuten dabei zuzsehen, wie sie sich die Nasen an den Terrarien platt drücken. Vor einer der Glasscheiben sehe ich oft ratlose Gesichter: "Da ist ja gar nichts drin!". Wenn ich die Leute anspreche, und ihnen erkläre, worauf sie achten sollten, dann verwandelt sich das bis dahin leblose Terrarium vor ihren Augen von einem Moment auf den anderen in eine von großen Gespensterschrecken bevölkerte Welt.
Kamerun: Ein Waran beim Sonnenbaden ...
Im flachen Wasser der Flusslandschaft in Kamerun konnte ich einmal beobachten, wie einige Fische ihre Jungen gegen aufdringliche Artgenossen verteidigten. Den winzigen Nachwuchs hatte ich zuerst kaum als eine Art Wolke wahrgenommen, und nur bemerkt, dass die erwachsenen Fische immer darum herumschwammen. Einige Tage später waren die Kleinen dann schon als richtige winzige Fische zu erkennen.
Samoa: Vom Regenwald auf den Bergen ins Dorf
Besonders deutlich haben sich aus meiner Sicht die Veränderungen in Samoa bemerkbar gemacht. In der ersten Zeit nach der Eröffnung wurde man bei der Ankunft im Regenwald auf den Bergen von Samoa mit "von den Bäumen tropfendem Wasser" empfangen, das in einen kleinen, tiefergelegenen Teich regnete, weiter unten als flaches Rinnsal den Weg kreuzte und im "Dickicht der rankenden Pflanzen" verschwand. Diese perfekte Illusion gab es dann leider irgendwann nicht mehr. Der ehemalige Teich ist ausgetrocknet und verleitet immer wieder Kinder und Jugendliche zu Klettertouren an den steilen ehemaligen Uferböschungen. Dafür rankeln im Dickicht des anfangs ausschließlich künstlichen Blättervorhangs jetzt mehr und mehr lebende Pflanzen. Wenn man Samoa wieder verlässt, dann taucht man in die Unterwasserwelt der Lagune und der Korallenriffe Samoas ab. Anfangs waren in den riesigen Aquarien nur wenige Fische zu sehen. Da sich in der künstlichen Unterwasserwelt ein möglichst natürliches Gleichgewicht einstellen sollte, konnten Tiere und Pflanzen nur nach und nach eingesetzt werden. Inzwischen sind dort neben Korallen, Seeannemonen oder Schwämmen auch viele unterschiedliche Fische, Krebse und andere Tiere zu sehen.
Samoa: Rifflandschaft unter Wasser
Dass in einer in vielen Bereichen interaktiven Ausstellung, die immer wieder zum Mitmachen anregt, auch einmal Schäden auftreten, liegt wohl in der Natur der Sache. Die Mitarbeiter des Klimahauses haben solche Ausfälle aber eigentlich immer sehr schnell wieder beheben können. Da tagsüber der "Reisebetrieb" nicht gestört werden durfte, haben die Techniker dafür wohl schon so manche Nachtschicht einlegen müssen.
Ein vorbildlicher Gastgeber
Ich habe das Klimahaus als ein sehr gastfreundliches Haus kennengelernt. Die Mitarbeiter in der Ausstellung sind jederzeit allen Fragen gegenüber offen. Wenn sie etwas nicht nicht sofort beantworten konnten, machten sie sich entweder kundig und beantworteten meine Frage bei einem späteren Besuch, oder sie verwiesen mich an fachkundige Kollegen. Anfragen per E-Mail wurden immer zeitnah beantwortet. In diesem Zusammenhang möchte ich mich insbesondere noch einmal für die schnelle Nachricht nach dem Tsunami bedanken, der am 29. September 2009 unter anderem die Küstengebiete Samoas verwüstet hatte. Die Bewohner der Orte an den verschiedenen Etappenzielen der "Reise" sind ja wirkliche Menschen, die von ihrem wirklichen Alltag berichten. Auch wenn ich sie alle nie persönlich kennengelernt habe, entwickelte sich bei meinen vielen Besuchen im Laufe des Jahre eine Art persönlicher Verbindung zu ihnen. Als ich dann in den Nachrichten von den Zerstörungen und den vielen Toten und Verletzten nach dem Tsunami in Samoa hörte, war ich deshalb sehr besorgt um sie.
Samoa: Dorf am Strand
Obwohl ein Tsunami keine klimatischen, sondern geologische Ursachen hat, beschäftigte sich die erste Sonderausstellung im frei zugänglichen Bereich neben dem Haupteingang des Klimahauses mit den Folgen der Tsumamikatastrophe von Samoa. Neben knappen Informationen über den Alltag der Bürger Samoas vor der Katastrophe, gab es geologische Informationen über die Entstehung und die Auswirkungen von Tsunamis, sowie über das Leben in Samoa unter dem Eindruck der Verwüstungen und dem Verlust so vieler Menschenleben nach der Katastrophe.
Niger: Die Bäume sind tot. Die Landschaft ist leer.
Zur Zeit findet an gleicher Stelle gerade eine Sonderausstellung über das Leben der Tuareg in Niger statt. Der Klimawandel hat auf das Leben der Menschen am Rande der Sahara besonders drastische Auswirkungen.
Es macht betroffen, wenn man während der Reise, auf dem Weg aus einem ausgetrockneten Flussbett in die offene Wüste, an der Leinwand vorbeikommt, auf der eine alte Tuareg Frau in einem Film über das Leben in ihrer Jugend berichtet - und darüber, wie sie jetzt lebt. Drastischer lassen sich die Veränderungen aufgrund des Klimawandels, die im Verlaufe eines einzigen Menschenlebens eintraten, nicht darstellen!
Die Frau spricht davon, dass sie damals Giraffen, Strauße, Schildkröten, Antilopen, Rehe, Panther, Hyänen und Löwen gesehen hat. Es habe viel Wasser und einen Fluss zwischen den Dünen gegeben. Manchmal habe es eine ganze Woche lang geregnet, und dann seien viele Pflanzen und Bäume gewachsen. Sie sagt, zu jener Zeit hätten sie viel Milch, Fleisch und Getreide gehabt. Das Leben sei leicht gewesen zu dieser Zeit.
"Nun, anstelle von Wasser, haben wir den Wind. Der Wind.", sagt sie. "Er kommt und bläst alles weg. Wenn du etwas Futter für die Tiere gefunden hast, kommt der Wind und bläst es weg. Gott!" In ihrer Jugend habe es keinen Wind wie diesen gegeben.
"Die Menschen sind heute nicht glücklich. Wie könnten wir glücklich sein? Wir haben nicht einmal genug zu essen. Ohne Nahrung und hungrig? Wie können wir hier glücklich sein?" Heute, sagt sie, gäbe es nichts mehr:
"Jetzt sind die Bäume tot.
Die Landschaft ist leer!"
Vandalen und Diebe
Antarktis: Eislandschaft bei minus 13 Grad Celsius
Verärgert war ich immer wieder über "Gäste" der Ausstellung, welche die Gastfreundschaft des Klimahauses nicht zu schätzen wussten. Die Ärgernisse betrafen die Missachtung einfacher Bitten, die dem Schutz der Tiere in einigen Bereichen "Der Reise" dienen, mutwillige Zerstörungen und gestohlene Ausstellungsgegenstände. In Alaska ist zum Beispiel zur Verdeutlichung der krassen Gegensätze zwischen der traditionellen Lebensweise der indigenen Bevölkerung, und derjenigen der weißen Einwanderer ein Supermarktregal aufgebaut, in dem die dort üblichen Konsumgegenstände zu sehen sind. Scheinbar waren unter den Gästen wohl auch einige auf Supermärkte spezialisierte Ladendiebe, und haben einige der leeren(!) Verpackungen "mitgehen" lassen. Dort, wo die Verpackungen einmal in den Regalen befestigt waren, sind jetzt nur noch Klebespuren im Lack der Regalböden zu sehen.
Mit Blick auf die vielen kleinen Details und den fundierten wisssenschaftlichen Hintergrund der seiner Meinung nach "schier unglaublichen Ausstellung" hatte Bob Geldorf in seiner Rede zur Eröffnung des Klimahauses gesagt:
Ich hoffe, dass auch die wenigen "Schwarzen Schafe", die mit ihrem unsozialen Verhalten der großen Mehrheit der Gäste des Klimahauses Schaden zufügen, irgendwann erkennen, dass sie sich mit ihrem Verhalten selbst aus der Gesellschaft ihrer Mitmenschen ausschließen. Auf Dauer macht das einsam ... - und eine Liebeserklärung tritt man nicht mit Füßen!
Was man mit nach Hause nimmt ...
Aber auch wer nicht zu den vorgenannten Ladendieben gehört, wird das Klimahaus mit mehr im Gepäck verlassen, als er beim Betreten der Ausstellung dabei hatte.
Während eines Gesprächs sagte mir eine Mitarbeiterin des Klimahauses einmal, die Ausstellung habe nicht den Anspruch, die Besucher zu belehren. Das entspricht auch meiner Erfahrung. Diejenigen Besucher, die bei ihrem Besuch im Klimahaus etwas lernen wollen, die müssen schon selbst aktiv werden. Wer "Die Reise" um den Planeten mit oberflächlichem Blick innerhalb von vielleicht zwei Stunden "absolviert" der wird sicherlich seinen Spaß gehabt haben, aber nicht viel mehr als einen groben Eindruck aus den Bildern von der Dekoration und der Wirkung der Klimasimulationen auf sein Befinden mit nach Hause nehmen. Er wird jedoch nicht das Gefühl haben, belehrt worden zu sein.
Wer sich aber unter dem Eindruck der jeweiligen Klimasimulation die Zeit nimmt, den Menschen in den Video-Interviews aufmerksam zuzuhören, die Info-Texte zu lesen und das Erfahrene zu verarbeiten, der wird die Auswirkungen, die der Klimawandel bereits jetzt auf das Leben der Menschen an den verschiedenen Etappenzielen entlang des 8. Längengrades hat, quasi am eigenen Leibe erfahren. Belehrt fühlen wird er sich jedoch dennoch nicht. Was jeder Besucher für sich selbst an neuen Erkennnissen mitnimmt, wird abhängig von seiner subjektiven Wahrnehmung der Welt jeweils völlig individuell ausfallen. Das wird auch anhand der Einträge in den Gästebüchern des Klimahauses deutlich, wenn die Besucher von ihren individuellen Standpunkten aus über das gleiche Thema schreiben.
In Anbetracht der drohenden Klimakatastrophe wünsche ich dem Klimahaus, dass der Besucherstrom nie abreißen wird, und möglichst viele der Gäste die Erkenntnis mit nach Hause nehmen, dass uns der Klimawandel nicht erst dann bevorsteht, wenn die mittlere globale Erwärmung noch um mehr als zwei Grad Celsius zunehmen sollte. Es ist wichtig für uns zu begreifen, dass viele Menschen auf der Welt schon heute vom Wandel betroffen sind. Irgendwann werden seine Auswirkungen jeden von uns, beziehungsweise jeden unserer Nachkommen, mit voller Wucht treffen - es sei denn, es gelingt der Menschheit nach dem Desaster des Klimagipfels von Kopenhagen im Dezember 2009 doch noch ein gemeinsamer Schulterschluss zur Abwehr zumindest der schlimmsten zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels.
Dem Planeten Erde - der einzigen(!) Heimat aller Tiere, Pflanzen und der Menschheit - wünsche ich, dass die Besucher des Klimahauses, denen die Gefährdung des Lebens auf der Erde bewusst geworden ist, Druck auf unsere Politiker und auf diejenigen aller Nationen der Welt ausüben, diesen aufrechterhalten und möglichst noch erhöhen, um sie zu wirksamen Maßnahmen gegen den Klimawandel zu drängen. Der von der bisherigen Landesregierung Nordrhein-Westfahlens angestrebte Neubau von Kohlekraftwerken oder die von der gelb-schwarzen Bundesregierung geplante Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke führen in die Sackgasse. Die einzige Chance die wir haben, um unseren Nachkommen einen bewohnbaren Planeten übergeben zu können, besteht nach meiner Überzeugung in der konsequenten Einsparung von Energie und im Umbau der Energieversorgung und des Stromnetzes auf dezentrale, CO2-neutrale und regenerative Energiequellen.
(Quellen: Radio Bremen vom 28.12.2009, Regenbogenschule, Nordsee-Zeitung vom 25.06.2010, Klimahaus 8° Ost)
Freitag, 25. Juni 2010
Schiffsparkplatz
Donnerstag, 24. Juni 2010
Abendstimmung an der Weser
Abendstimmung ...
Nachdem an den vergangenen Tagen zwar die Sonne geschienen hatte, es aber doch noch "recht kühl" dabei gewesen war, hatten wir gestern endlich wieder einmal einen angenehm warmen Sommertag. Den habe ich mir jedoch leider nur mit einem gelegentlichen kurzen Blick aus dem Bürofenster ansehen können. Für viele unter euch war gestern nach Feierabend wohl "Fußballweltmeisterschaft mit Vuvozelas und dem Spiel Ghana/Deutschland" angesagt. Ich habe stattdessen aber lieber den warmen Sommerabend genutzt und bin mit dem Fahrrad an die Weser bei Weddewarden gefahren.
... an der Weser ...
Weddewarden ist der nördlichste Stadtteil von Bremerhaven, der sich aber bisher seinen dörflichen Charakter bewahren konnte. In dem "Dorf hinter dem Deich" gibt es noch Landwirtschaft und urige reetgedeckte Häuser. Seitdem der Containerterminal mit der vierten Ausbaustufe bis vor den Weserdeich bei Weddewarden vorgerückt ist, existiert hinter dem Deich zwar immer noch das dörfliche "Stadtbild" und vor dem Deich hat man nördlich von Weddewarden weiterhin den weiten Blick entlang der Wurster Küste und über die Wesermündung vor Augen, aber im Hintergrund ist leider ständig der Geräuschpegel des Betriebs auf dem Containerterminal präsent, der gestern Abend mit den Stimmen zahlreicher Seevögel konkurierte.
... bei Weddewarden.
Wenn man dann bei auflaufendem Wasser so am Ufer sitzt, die Gedanken über die endlos scheinende Wasserfläche treiben lässt, dabei das Treiben der Möven, Gänse oder Austernfischer auf sich wirken lässt und im Hintergrund so langsam die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, dann sind der Alltag und die rastlose Welt dahinter schnell vergessen. Das ist Entspannung pur ...
Am Ende eines schönen Sommertages: Das letzte Glühen am Horizont ...
Auf dem Weg zurück durch das Hafengebiet war es dann mit der Ruhe allerdings bald wieder vorbei. Schon kurz nachdem ich das Zolltor im Norden des Hafens passiert hatte, war der Lärm aus Richtung der Stadt zu hören, der mich über den - für die deutsche Nationalmannschaft offensichtlich erfolgreichen - Ausgang des Fußballspiels in Kenntnis setzte. Das kurze Wegstück vom Zolltor "Roter Sand" entlang der Rickmersstraße bis zur Pestalozzistraße war die Hölle: Links war die Fahrbahn verstopft mit dicht an dicht fahrenden, laut hupenden Autos, die mit aus den offenen Fenstern grölenden Fans besetzt waren, und rechts auf dem Fußweg pöbelten mit den unterschiedlichsten Krachinstrumenten bewaffnete, bierflaschen- und fahnenschwenkende Fußgänger. Mit zunehmendem Abstand zur Rickmersstraße war es zwar immer noch laut, doch der Lärmpegel ging deutlich zurück und das Spießrutenfahren war überstanden.
Mittwoch, 23. Juni 2010
Wer stört, landet in der Psychatrie
ARD-Tagesthemen vom 22.06.2010, China: Wer stört, landet in der Psychatrie
In China sind die Menschenrechte je nach Bedarf Auslegungsache. Chinesische Bürger, die in ihrer Heimat auf die Missachtung der Menschenrechte aufmerksam machen, leben gefährlich. Sie werden bedroht, gedemütigt, unter Hausarrest gestellt oder ins Gefängnis gesperrt.
Oft erfährt die Weltöffentlichkeit nichts davon. Die Zensur des chinesischen Staatsapparats ist diesbezüglich immer noch sehr erfolgreich. Lediglich im Vorfeld der Olympischen Spiele in Peking, als China im Rampenlicht der internationalen Gemeinschaft stand, erwies sie sich als nicht ganz so wirkungsvoll. Bekannteren Menschenrechtlern, wie dem Sacharow-Preisträger von 2008, Herrn Hu Jia Hu Jia, hilft das letztlich jedoch auch nicht gegen die Willkür des chinesischen Systems. Die Schlagzeilen der internationalen freien Presse sind viel zu kurzlebig, um nachhaltig wirken zu können. Hausarresten oder Verurteilungen zu Gefängnisstrafen - auch denen unter irgendeinem Vorwand mit fadenscheinigen Begründungen - haftet aber immerhin wenigstens noch ein Anschein von Rechtmäßgkeit an.
Am 22.06.2010 wurde in den Tagesthemen über eine weitere Variante berichtet, mit der China politisch unbequeme Kritiker seit Jahren mundtot macht. Wer zum Beispiel Korruption am Arbeitsplatz oder in der Lokalregierung aufdeckt, oder auch nur als einfacher Bittsteller gegen erlittenes Unrecht protestiert, der wird zwangsweise in geschlossene psychatrische Anstalten eingewiesen und landet damit in einem völlig rechtlosen Raum.
Die Tagesthemen berichteten beispielhaft über den vor kurzem bekannt gewordenen Fall eines Opfers chinesischer Behördenwillkür, das erst vor zwei Monaten wieder frei gekommen war. Der Bauer Xu Lindong war vor sechseinhalb Jahren aus dem Dorf in seiner Provinz nach Peking gereist, um dort bei der Zentralregierung für eine kranke Nachbarin um Hilfe zu bitten, der die Provinzbehörden Land weggenommen hatten.
Behördliche Willkür gegen das eigene Volk? In der "Volksrepublik"? Das kann aus Sicht der chinesischen Obrigkeit offensichtlich nur ein Irrer behaupten. Die Provinzbehörden sperrten Herrn Xu Lindong nach seiner Rückkehr aus Peking in die Psychatrie, stellten ihn immer wieder mit Medikamenten ruhig, "behandelten" ihn mit Elektroschocks und folterten ihn. Für die Menschen in seinem Dorf war er verschollen und seine Familie war machtlos, denn niemand wusste, wohin der Bauer verschwunden war. Seine Freiheit verdankt er chinesischen Journalisten, die in der Psychatrie heimlich Aufnahmen gemacht hatten. Diese Bilder haben Herrn Xu Lindong wahrscheinlich das Leben gerettet.
Auch die chinesischen Journalisten sind mit ihrer Aufdeckung des Schicksals des Herrn Xu Lindong und seiner Nachbarin ein hohes persönliches Risiko eingegangen. Sie hätten ebenso spurlos verschwinden können, wenn das Ergebnis ihrer Arbeit zu früh bekannt geworden wäre.
Neben anderen Berichten, z.B. über das Schicksal praktizierender Falun Gong Anhänger, ist auch nach Aussage des Sprechers im Bericht der Tagesthemen das Schicksal des Bauers kein Einzelfall: Schätzungen zufolge säßen in China tausende von Menschen zu Unrecht in Psychatrien ein. Und was machen unsere politischen Vertreter und die gesamte freie westliche Welt, die dafür unterschrieben haben, dass sie die Menschenrechte achten und verteidigen werden? Legen sie bei China's Machthabern Protest gegen die fortwährende Missachtung der Menschenrechte in der sogenannten "Volks"-Republik ein?
Wir wissen natürlich alle, dass sie das tunlichst vermeiden. Statt dessen hofierten sie China's Machthaber lieber mit der untertänigsten Bitte, sie möchten die Olympischen Spiele 2008 doch in ihrer Hauptstadt Peking auszurichten. Schließlich will man ja am kräftig chinesischen Wirtschaftswunder mitverdienen. Jedes Mal, wenn ich davon höre, wie deutsche Politiker wieder einmal des schnöden Mammons wegen vor Chinas Machthabern zu Kreuze kriechen oder deutsche Konzerne mit dem Abschluss eines neuen Vertags mit China sich von dessen billigen chinesischen Arbeitskräften fetten Profit versprechen, bitte ich die Menschen in China angesichts der damit verbundenen Heuchelei und Verlogenheit in Gedanken um Entschuldigung für meine eigene Ohnmacht gegenüber diesem unmenschlichen System.
Was kümmert es die mächtigen, international verflochtenen Konzerne schon, wenn die aufstrebende Wirtschaft in China das eine oder andere Opfer kostet? Die potentiellen Käufer chinesischer Produkte in den freien Demokratien dieser Welt wissen zwar vielleicht inzwischen, dass ihre chinesischen Mitmenschen in ihrer Heimat haarsträubendem Unrecht ausgesetzt sind, aber sie wissen ja (
Zum Weiterlesen:
(Quelle: Tagesthemen vom 22.06.2010, Falun Dafa Informationszentrum)
Gesucht:
Geeigneter Hausherr für's Schloss Belvue
Wenn wir Bürger unseren Bundespräsidenten selbst wählen dürften, sähe das Ergebnis wahrscheinlich anders aus, als es sich die Wespen in Berlin wünschen würden. Auch wenn wir also keinen direkten Einfluss darauf haben, ob Herr Wullf oder Herr Gauck unser nächster Bundespräsident sein wird, können wir doch zumindest sagen, wem wir den Vorzug geben.
Eine Gelegenheit sich für Herrn Gauck auszusprechen gibt es auf der Internetseite "Wir für Gauck", auf die ich durch einen Artikel im Blog April Showers aufmerksam geworden bin. Dort gibt es auch ein Zitat von Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) aus einer Rede anlässlich des 70. Geburtstags von Herrn Gauck:
Schade eigentlich, dass die eigenen Worte unserer Bundeskanzlerin in ihrem Gedächtnis eine so kurze Halbwertzeit haben. Während Herr Gauck für die Aufarbeitung unserer gemeinsamen Geschichte und das Zusammenwachsen der beiden ehemals getrennten deutschen Saaten steht, versinnbildlicht Herr Wulff die Vertiefung des Grabens zwischen dem Teil der Bevölkerung, der noch Arbeit und Einkommen hat, und denen am Rande der Gesellschaft, deren große Mehrheit zufällig immer noch im Osten Deutschlands zu finden ist. Angesichts der harten Auswirkungen des angekündigten 80-Milliarden-Euro Sparpakets, gerade auf die Arbeitslosen und Hartz-IV Abhängigen, sehe ich im persönlichen Einsatz Herrn Wulffs für die Erhöhung der Diäten der Abgeordneten des Landtags von Niedersachsen einen gefährlichen Anachronismus, der alles andere als eine besondere Sensibilität für die Nöte und Ängste der Schwächsten in unserer Gesellschaft erkennen lässt.
Unser zukünftiger Bundespräsident sollte die Fähigkeit haben, unsere Gesellschaft zusammenzuhalten. Er sollte Missstände, die das Zusammenleben der Menschen in Deutschland belasten, offen ansprechen und er sollte Visionen für ein zukünftiges harmonisches Zusammenleben unserer Kinder und Enkel in unserem Land aufzeigen. Auch nach Meinung von Frau Merkel (s.o.) hat Herr Gauck bereits bewiesen, dass er dazu willens und in der Lage ist.
Keine Frage also, welchen der beiden Kandidaten ich lieber als neuen Hausherrn im Schloss Belvue sehen würde.
Wenn wir Bürger unseren Bundespräsidenten selbst wählen dürften, sähe das Ergebnis wahrscheinlich anders aus, als es sich die Wespen in Berlin wünschen würden. Auch wenn wir also keinen direkten Einfluss darauf haben, ob Herr Wullf oder Herr Gauck unser nächster Bundespräsident sein wird, können wir doch zumindest sagen, wem wir den Vorzug geben.
Eine Gelegenheit sich für Herrn Gauck auszusprechen gibt es auf der Internetseite "Wir für Gauck", auf die ich durch einen Artikel im Blog April Showers aufmerksam geworden bin. Dort gibt es auch ein Zitat von Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) aus einer Rede anlässlich des 70. Geburtstags von Herrn Gauck:
- "Weil wir immer wieder Debatten brauchen, weil wir uns immer wieder miteinander austauschen müssen, ist es so gut, dass wir Sie, Herr Gauck, haben. Denn Sie legen den Finger in die Wunde, wenn Sie eine Wunde sehen, aber Sie können auch Optimist sein und sagen: Es geht voran. Beides brauchen wir. Danke, dass es Sie gibt. Danke, dass Sie weiter da sind."
Schade eigentlich, dass die eigenen Worte unserer Bundeskanzlerin in ihrem Gedächtnis eine so kurze Halbwertzeit haben. Während Herr Gauck für die Aufarbeitung unserer gemeinsamen Geschichte und das Zusammenwachsen der beiden ehemals getrennten deutschen Saaten steht, versinnbildlicht Herr Wulff die Vertiefung des Grabens zwischen dem Teil der Bevölkerung, der noch Arbeit und Einkommen hat, und denen am Rande der Gesellschaft, deren große Mehrheit zufällig immer noch im Osten Deutschlands zu finden ist. Angesichts der harten Auswirkungen des angekündigten 80-Milliarden-Euro Sparpakets, gerade auf die Arbeitslosen und Hartz-IV Abhängigen, sehe ich im persönlichen Einsatz Herrn Wulffs für die Erhöhung der Diäten der Abgeordneten des Landtags von Niedersachsen einen gefährlichen Anachronismus, der alles andere als eine besondere Sensibilität für die Nöte und Ängste der Schwächsten in unserer Gesellschaft erkennen lässt.
Unser zukünftiger Bundespräsident sollte die Fähigkeit haben, unsere Gesellschaft zusammenzuhalten. Er sollte Missstände, die das Zusammenleben der Menschen in Deutschland belasten, offen ansprechen und er sollte Visionen für ein zukünftiges harmonisches Zusammenleben unserer Kinder und Enkel in unserem Land aufzeigen. Auch nach Meinung von Frau Merkel (s.o.) hat Herr Gauck bereits bewiesen, dass er dazu willens und in der Lage ist.
Keine Frage also, welchen der beiden Kandidaten ich lieber als neuen Hausherrn im Schloss Belvue sehen würde.
Dienstag, 22. Juni 2010
Mehr als eine Million Menschen gegen Walfang
Time to say goodbye again? Stopp Whaling!
In dieser Woche stimmt die Internationale Walfangkommission (IWC) auf ihrer Tagung im Agadir (Marokko), über einen Vorschlag ab, der die Jagd auf Wale zu kommerziellen Zwecken erstmals seit 1986 wieder erlauben würde.
Die Weltöffentlichkeit weist den Vorschlag deutlich zurück: Mehr als 1 Million Menschen haben das mit ihrer Unterzeichnung der Petition des internationalen demokratischen Netzwerks dokumentiert, und es werden immer noch mehr. Doch die Walfangländer wollen den Vorschlag trotzdem durchsetzen.
Ein AVAAZ-Team in Agadir errichtete große Plakatwände, schaltete Zeitungsanzeigen und baute einen überdimensionalen Zähler auf, der den Delegierten die Anzahl der Unterzeichner in der Petition in Echtzeit anzeigt.
Wer sich noch für die Fortsetzung des weltweiten Schutzes der Wale einsetzen möchte, und die Petition noch nicht unterzeichnet hat, kann das auf der Internetseite von AVAAZ noch nachholen.
Zum Weiterlesen:
- Von Walen und Menschen
- Walfang-Moratorium gefährdet
- Kommerzieller Walfang
- Kommerzieller Walfang: Update
(Quellen: AVAAZ, Tagesschau vom 21.06.2010, Tagesschau Video vom 21.06.2010)
Sonntag, 20. Juni 2010
Die Maske fällt
Was haben die schwarz-gelben Wespen in Berlin eigentlich erwartet, wenn jetzt sogar schon die "kleinen Leute" auf die Straße gehen, um sich gegen das sozial unausgewogene Sparpaket zu wehren? Haben die etwa geglaubt, die Atomindustrie mit ihrer starken Lobby würde sich die geplante Brennelementesteuer einfach so kampflos auf's Auge drücken lassen?
Jetzt lassen die Atomkonzerne ihre Maske fallen:
Bei etwas geringfügiger ausfallenden Gewinnen könnten die vier großen Energiekonzerne, die sich den Markt in Deutschland teilen, schließlich nicht mehr in die Zukunft der Atomkraft in Deutschland investieren. Ihre Aktionäre schwören sie schon mal auf die Kürzung der Dividenden ein. Der Protest der Atomlobby und der Atom-Aktionäre gegen die Pläne der Wespen dürfte der Atomindustie damit schon mal sicher sein. Wie den Berichten vieler Zeitungen und Fernsehnachrichten vom Wochenende zu entnehmen ist, haben die Atomkonzerne angekündigt, sie würden ihre Gewinne aus dem Weiterbetrieb ihrer alten Atomreaktoren auch vor Gericht verteidigen.
Die Atomkonzerne führen dabei unter anderem an, eine Brennelementesteuer würde die Atomenergie einseitig belasten. Angesichts der Steuerbelastungen für alle anderen Energiequellen ist dieses Argument ja wohl der blanke Hohn! Jeder Autofahrer und jeder Betreiber einer Ölheizung, dem bei jedem Füllen seines Tanks angesichts der Mineralölsteuer die Augen tränen, kann davon ein Lied singen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Allein seit den Jahren der rot-grünen Regierung unter Herrn Schröder bis heute wird die Atomenergie nur aufgrund der Steuerbefreiung jährlich mit 5 bis 7 Milliarden Euro subventioniert. Schon bis zum Jahr 2000 wurden laut Angaben des Netzwerks Regenbogen aufgrund der Steuerfreiheit umgerechnet rund 20 Milliarden Euro vom Staat verschenkt. Selbst beim Abzug der angekündigten 2,3 Milliarden Euro Brennelementesteuer bliebe den Atomkonzernen noch ein ebenso fettes wie ungerechtfertigtes jährliches "Steuergeschenk" in Höhe von 2,3 bis 4,7 Milliarden Euro.
Sollten sich die Atomkonzerne gegen die Bundesregierung durchsetzen, dann würden im Sparpaket der Wespen 2,3 Milliarden Euro fehlen. Nicht dass mit den Einnahmen aus der Brennelementesteuer der Deckungssumme für den Schadensfall ein weiterer Tropfen auf den heißen Stein hinzugefügt werden würde, oder dass ein wenig mehr Geld für die Beseitigung der ohnehin noch anfallenden Folgekosten aus ca. 60 Jahren Atomkraft (Atommüll, Abriss und Endlagerung außer Betrieb genommener Atomanlagen etc.) übrig wäre: Es geht dabei nur um das Stopfen der aktuellen Haushaltslöcher.
Ein Rechtsstreit darüber wäre unter Umständen langwierig und würde die Steuerzahler zusätzliches Geld kosten. Ich sehe schon die Köpfe der Wespen rauchen: Ob sich die paar Milliarden nicht vielleicht noch irgendwie bei den Rentnern, den Arbeitslosen und den den Hartz-IV-Abhängigen kürzen lassen?
(Quellen: TAZ vom 03.09.09, Focus vom 16.06.2010, Süddeutsche Zeitung vpm 19.06.2010, Tagesschau vom 19.06.2010, Netzwerk-Regenbogen)
Jetzt lassen die Atomkonzerne ihre Maske fallen:
- Ohne Steuerbefreiung, Quasi-Befreiung von der Haftpflichtversicherung sowie weiteren versteckten und offenen Atomkraft-Subventionen wäre die Verlängerung der Laufzeiten ihrer Atomkraftwerke in Deutschland unwirtschaftlich.
Bei etwas geringfügiger ausfallenden Gewinnen könnten die vier großen Energiekonzerne, die sich den Markt in Deutschland teilen, schließlich nicht mehr in die Zukunft der Atomkraft in Deutschland investieren. Ihre Aktionäre schwören sie schon mal auf die Kürzung der Dividenden ein. Der Protest der Atomlobby und der Atom-Aktionäre gegen die Pläne der Wespen dürfte der Atomindustie damit schon mal sicher sein. Wie den Berichten vieler Zeitungen und Fernsehnachrichten vom Wochenende zu entnehmen ist, haben die Atomkonzerne angekündigt, sie würden ihre Gewinne aus dem Weiterbetrieb ihrer alten Atomreaktoren auch vor Gericht verteidigen.
Die Atomkonzerne führen dabei unter anderem an, eine Brennelementesteuer würde die Atomenergie einseitig belasten. Angesichts der Steuerbelastungen für alle anderen Energiequellen ist dieses Argument ja wohl der blanke Hohn! Jeder Autofahrer und jeder Betreiber einer Ölheizung, dem bei jedem Füllen seines Tanks angesichts der Mineralölsteuer die Augen tränen, kann davon ein Lied singen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Allein seit den Jahren der rot-grünen Regierung unter Herrn Schröder bis heute wird die Atomenergie nur aufgrund der Steuerbefreiung jährlich mit 5 bis 7 Milliarden Euro subventioniert. Schon bis zum Jahr 2000 wurden laut Angaben des Netzwerks Regenbogen aufgrund der Steuerfreiheit umgerechnet rund 20 Milliarden Euro vom Staat verschenkt. Selbst beim Abzug der angekündigten 2,3 Milliarden Euro Brennelementesteuer bliebe den Atomkonzernen noch ein ebenso fettes wie ungerechtfertigtes jährliches "Steuergeschenk" in Höhe von 2,3 bis 4,7 Milliarden Euro.
Sollten sich die Atomkonzerne gegen die Bundesregierung durchsetzen, dann würden im Sparpaket der Wespen 2,3 Milliarden Euro fehlen. Nicht dass mit den Einnahmen aus der Brennelementesteuer der Deckungssumme für den Schadensfall ein weiterer Tropfen auf den heißen Stein hinzugefügt werden würde, oder dass ein wenig mehr Geld für die Beseitigung der ohnehin noch anfallenden Folgekosten aus ca. 60 Jahren Atomkraft (Atommüll, Abriss und Endlagerung außer Betrieb genommener Atomanlagen etc.) übrig wäre: Es geht dabei nur um das Stopfen der aktuellen Haushaltslöcher.
Ein Rechtsstreit darüber wäre unter Umständen langwierig und würde die Steuerzahler zusätzliches Geld kosten. Ich sehe schon die Köpfe der Wespen rauchen: Ob sich die paar Milliarden nicht vielleicht noch irgendwie bei den Rentnern, den Arbeitslosen und den den Hartz-IV-Abhängigen kürzen lassen?
(Quellen: TAZ vom 03.09.09, Focus vom 16.06.2010, Süddeutsche Zeitung vpm 19.06.2010, Tagesschau vom 19.06.2010, Netzwerk-Regenbogen)
Samstag, 19. Juni 2010
Sparpaket ... - Nachtrag
Ich höre auch von anderen Menschen, sie würden sich sehr darüber wundern, dass die Wespen-Koalition in Berlin das Geld für ihr Sparpaket bei dem Teil unserer Gesellschaft holen will, dem ohnehin schon nur noch wenig bis nichts mehr zum Leben geblieben ist. Da höre und lese ich dann auch, das sei eine "sonderbare Strategie" oder "Kamikazepolitik" und manche stellen sich Fragen wie zum Beispiel, ob die Wespen damit etwas bezwecken wollen oder ob sie vielleicht bereits nach neun Monaten insgeheim das Ende ihrer Legislaturperiode herbeisehnen.
Das mit "sonderbare Strategie" bezeichnete Sparpaketverschärft wird die soziale Schieflage Deutschlands noch einmal deutlich verschärfen - und zwar nicht nur nach meiner Einschätzung. Wenn das der Zweck der Aktion sein sollte, dann würden die Wespen damit gerade bewusst einen sozialen Sprengsatz legen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit mittelfristig explodieren würde. In diesem Fall könnte man sie nur noch als gemeingefährlich bezeichnen. Wenn man ihnen aber zugute halten will, dass sie die wahrscheinliche Explosion ihres sozialen Sprengsatzes "lediglich" sehenden Auges billigend in Kauf nehmen (vielleicht in der Hoffnung, die Proteste und der rapide verfallende Rückhalt aus der Bevölkerung würden ihnen einen gesichtswahrenden Grund für den Weg zu Neuwahlen liefern?), dann wäre das immer noch grob fahrlässig.
Nach den ersten Demonstrationen ist es inzwischen jedenfalls nicht mehr zu übersehen, dass sich
überall im Land Widerstand gegen den unsozialen Aderlass regt. Das wird auch amhand der Ergebnisse des ARD-Deutschlandtrends oder des ZDF-Politbarometers deutlich. Wenn der Druck auf die Regierung aus der Bevölkerung bezüglich der unsozialen Lastenverteilung zunehmen würde, dann könnte das Sparpaket möglicherweise doch noch einmal neu gepackt werden. Erste Anzeichen dafür könnten diejenigen Wespen-Politiker sein, die in dem Sparpaket lediglich eine Diskussionsgrundlage sehen, oder die Kritiker aus den eigenen Reihen der CDU und der FDP sein, die bereits Forderungen nach einem höheren Spitzensteuersatz und nach weiteren Korrekturen zur Einbindung des besserverdienenden und reichen Teils der Gesellschaft fordern.
Um der Bundesregierung klar zu machen, dass die ungerechte soziale Verteilung ihrer Sparmaßnahmen großen Unmut in der Bevölkerung hervorruft, hat das demokratische Netzwerk Campact eine Petition mit dem folgenden Text verfasst:
(Quellen: Campact, Tagesschau vom 08.06.2010 und vom 12.06.2010, ARD-Deuschlandtrend vom 15.06.2010, ZDF-Politbarometer vom 18.06.2010, Süddeutsche Zeitung vom 09.06.2010)
Das mit "sonderbare Strategie" bezeichnete Sparpaketverschärft wird die soziale Schieflage Deutschlands noch einmal deutlich verschärfen - und zwar nicht nur nach meiner Einschätzung. Wenn das der Zweck der Aktion sein sollte, dann würden die Wespen damit gerade bewusst einen sozialen Sprengsatz legen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit mittelfristig explodieren würde. In diesem Fall könnte man sie nur noch als gemeingefährlich bezeichnen. Wenn man ihnen aber zugute halten will, dass sie die wahrscheinliche Explosion ihres sozialen Sprengsatzes "lediglich" sehenden Auges billigend in Kauf nehmen (vielleicht in der Hoffnung, die Proteste und der rapide verfallende Rückhalt aus der Bevölkerung würden ihnen einen gesichtswahrenden Grund für den Weg zu Neuwahlen liefern?), dann wäre das immer noch grob fahrlässig.
Nach den ersten Demonstrationen ist es inzwischen jedenfalls nicht mehr zu übersehen, dass sich
überall im Land Widerstand gegen den unsozialen Aderlass regt. Das wird auch amhand der Ergebnisse des ARD-Deutschlandtrends oder des ZDF-Politbarometers deutlich. Wenn der Druck auf die Regierung aus der Bevölkerung bezüglich der unsozialen Lastenverteilung zunehmen würde, dann könnte das Sparpaket möglicherweise doch noch einmal neu gepackt werden. Erste Anzeichen dafür könnten diejenigen Wespen-Politiker sein, die in dem Sparpaket lediglich eine Diskussionsgrundlage sehen, oder die Kritiker aus den eigenen Reihen der CDU und der FDP sein, die bereits Forderungen nach einem höheren Spitzensteuersatz und nach weiteren Korrekturen zur Einbindung des besserverdienenden und reichen Teils der Gesellschaft fordern.
Um der Bundesregierung klar zu machen, dass die ungerechte soziale Verteilung ihrer Sparmaßnahmen großen Unmut in der Bevölkerung hervorruft, hat das demokratische Netzwerk Campact eine Petition mit dem folgenden Text verfasst:
Das von Ihnen vorgelegte Sparpaket belastet vor allem Erwerbslose und Familien. Ich lehne diese zutiefst unsoziale Politik ab und fordere Sie auf: Verzichten Sie auf die angekündigten Kürzungen im Sozialressort!
Beteiligen Sie stattdessen Spitzenverdiener/innen und Vermögende über einen höheren Spitzensteuersatz und eine Vermögenssteuer an der Sanierung des Bundeshaushalts. Die Verursacher/innen der Krise müssen über eine Finanztransaktionssteuer deutlich stärker als geplant an den Kosten beteiligt werden. Nehmen Sie zudem die Mehrwertsteuerentlastung für Hotelübernachtungen als teures und unnötiges Geschenk an Hoteliers zurück.
- Diese Petition kann auf der Internetseite von Campact online unterzeichnet
(Quellen: Campact, Tagesschau vom 08.06.2010 und vom 12.06.2010, ARD-Deuschlandtrend vom 15.06.2010, ZDF-Politbarometer vom 18.06.2010, Süddeutsche Zeitung vom 09.06.2010)
Da habe ich gestern ja Glück gehabt ...
..., dass ich mit Fußball nichts am Hut habe.
"Public Viewing"-Impressionen von der Fußballweltmeisterschaft 2010:
Bremerhaven, Theodor-Heuss-Platz (Mitte rechts) und Neuer Hafen
Meine Kollegen hatten sich an einem anderen unserer Standorte hinter einem Beamer vor einer Leinwand versammelt, um den vermeintlich so sicheren Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen die der Serben zu erleben. Da die Teilnahme daran ja keine Pflicht war, hatte ich die knapp zwei ruhigen Stunden lieber genutzt, um ohne die sonst üblichen Unterbrechungen mit meiner Arbeit voranzukommen und hatte meine Mittagspause auf die Zeit gegen Ende des Spiels gelegt.
Es ist ja nicht so, dass die bunten Bilder der weltweiten Fußball-Euphorie spurlos an mir vorbeigehen, und die Vuvuzela-Geräuschkulisse war auch durch die geschlossenen Bürofenster noch deutlich zu hören. Im Vorbeigehen zu meiner gestrigen "Futterquelle" habe ich die Gelegenheit genutzt, um mit der Kamera einige Bilder vom Rande der beiden "öffentliches Gucken"-Veranstaltungen (auf Neudeutsch "Public Viewing") in der Bremerhavener Stadtmitte einzufangen und anschließend meine "zum mitnehmen"-Pizza am Weserdeich gegessen (ich hoffe, das sagt man noch so ... - bei Kaffee heißt es ja neuerdings "Coffee to go"). Oben ist zum Trost für die Fans der gestern geschlagenen deutschen Nationalelf eine kleine Collage aus einigen der Fotos zu sehen.
Auch wenn der eine oder andere mich dafür jetzt vielleicht als "unpatriotisch" (oder als noch etwas gemeineres) bezeichnen wird, fände ich es toll, wenn eines der an der Fußballweltmeisterschaft teilnehmenden afrikanischen Länder es zumindest bis in die Endrunde schaffen würde. Das typische Merkmal eines Fußball-Turniers ist ja, dass es bei jedem Spiel immer nur einen Gewinner gibt. Das gilt somit natürlich auch für das Endspiel. Zwar will am liebsten jede Nationalmanschaft Weltmeister werden, aber am Ende kann es nur einen Gewinner geben. In diesem Sinne: Möge die beste Mannschaft gewinnen.
(Quelle Vuvuzela: Wikipedia)
"Public Viewing"-Impressionen von der Fußballweltmeisterschaft 2010:
Bremerhaven, Theodor-Heuss-Platz (Mitte rechts) und Neuer Hafen
Meine Kollegen hatten sich an einem anderen unserer Standorte hinter einem Beamer vor einer Leinwand versammelt, um den vermeintlich so sicheren Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen die der Serben zu erleben. Da die Teilnahme daran ja keine Pflicht war, hatte ich die knapp zwei ruhigen Stunden lieber genutzt, um ohne die sonst üblichen Unterbrechungen mit meiner Arbeit voranzukommen und hatte meine Mittagspause auf die Zeit gegen Ende des Spiels gelegt.
Es ist ja nicht so, dass die bunten Bilder der weltweiten Fußball-Euphorie spurlos an mir vorbeigehen, und die Vuvuzela-Geräuschkulisse war auch durch die geschlossenen Bürofenster noch deutlich zu hören. Im Vorbeigehen zu meiner gestrigen "Futterquelle" habe ich die Gelegenheit genutzt, um mit der Kamera einige Bilder vom Rande der beiden "öffentliches Gucken"-Veranstaltungen (auf Neudeutsch "Public Viewing") in der Bremerhavener Stadtmitte einzufangen und anschließend meine "zum mitnehmen"-Pizza am Weserdeich gegessen (ich hoffe, das sagt man noch so ... - bei Kaffee heißt es ja neuerdings "Coffee to go"). Oben ist zum Trost für die Fans der gestern geschlagenen deutschen Nationalelf eine kleine Collage aus einigen der Fotos zu sehen.
Auch wenn der eine oder andere mich dafür jetzt vielleicht als "unpatriotisch" (oder als noch etwas gemeineres) bezeichnen wird, fände ich es toll, wenn eines der an der Fußballweltmeisterschaft teilnehmenden afrikanischen Länder es zumindest bis in die Endrunde schaffen würde. Das typische Merkmal eines Fußball-Turniers ist ja, dass es bei jedem Spiel immer nur einen Gewinner gibt. Das gilt somit natürlich auch für das Endspiel. Zwar will am liebsten jede Nationalmanschaft Weltmeister werden, aber am Ende kann es nur einen Gewinner geben. In diesem Sinne: Möge die beste Mannschaft gewinnen.
(Quelle Vuvuzela: Wikipedia)
Freitag, 18. Juni 2010
Sparpaket verschärft soziale Schieflage
Wenn "Die Welt" am 16.06.2010 einen ihrer Artikel mit dem Titel: "Fast jeder fünfte Deutsche ist wohlhabend" eröffnet, und man die Zeitungsseite nur mal so überfliegt, dann könnte schon in etwa der flüchtige Eindruck: "Was geht es uns doch gut." entstehen. Im Umkehrschluss heißt die Aussage des Titels jedoch, dass offensichtlich ja wohl mehr als 80 Prozent der Deutschen nicht wohlhabend sind.
Die Tagesschau berichtete am 15.06.2010 über eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zur Einkommensverteilung in Deutschland. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland wächst. Demnach ist aber nicht nur die Anzahl der armen und reichen Haushalte in absoluten Zahlen gestiegen, sondern seit zehn Jahren werden ärmere Haushalte gleichzeitig auch immer ärmer und weniger als zwei Drittel der Gesellschaft lassen sich heute noch der schrumpfenden Mittelschicht zurechnen, die seit dem Jahre 2000 bis heute von 66,5 auf 61,5 Prozent zurückgegangen ist.
Wenn also mehr als 80 Prozent der Deutschen nicht wohlhabend sind und weniger als 60 Prozent der Mittelschicht angehören, dann heißt das , dass mehr als 20 Prozent der Bundesbürger arm sind. Aus diesen Informationen lässt sich die Verteilung des Vermögens in unserem Land nicht genau bestimmen. Wenn aber vielleicht 21 bis 22 Prozent einer Gesellschaft arm sind - Tendenz laut DIW-Studie steigend - dann nähert sich der Anteil der Armut in Deutschland langsam aber sicher der 25 Prozent Marke. Wenn ein Viertel einer Gesellschaft als arm gilt, der Anteil der Mittelschicht nur noch etwas mehr als die Hälfte beträgt und die 20 Prozent der Reichen dabei immer reicher werden, dann birgt diese Entwicklung eine große Portion gesellschaftlichen Sprengstoffs in sich.
Das hat wohl sogar der Herr Friedrich (CSU, Landesgruppenchef) erkannt. Jedenfalls nannte er die DIW-Studie immerhin besorgnis erregend. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, zu verkünden, dass die Sparvorhaben in allen Punkten umgesetzt werden würden. Da gäbe es nichts zu wackeln.
Dieser Mentalität scheint momentan die geamte Bundesregierung verfallen zu sein. Wer bis zum Jahre 2015 angesichts der sich beschleunigenden sozialen Schieflage in diesem Land 80 Milliarden Euro im wesentlichen auf dem Rücken des als arm geltenden Anteils unserer Gesellschaft einsparen will, während er den wohlhabenden Anteil der Bürger verschont und sich bisher auch durch Proteste von Sozialverbänden, von Gewerkschaften, aus der Opposition und von ersten Demonstrationen der Bürger auf der Straße nicht von diesem verhängnisvollen Kurs abbringen lässt, der handelt in meinen Augen schlicht und einfach unverantwortlich! Wenn die Bundesregierung ungehindert so weitermachen kann, dann fährt sie den sozialen Frieden in Deutschland noch sehenden Auges mit Karacho gegen die Wand.
Dafür, dass ein großer Teil der Bundesbürger ähnliche Vorbehalte gegen den Kurs der Bundesregierung hat, sprechen unter anderem auch Ergebnisse des ARD-Deutschlandtrends vom 15.06.2010. Nur noch 23 Prozent der Befragten befürworten es, dass die schwarz-gelb gestreifte Wespenkoalition bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahre 2013 weiter regiert. Den Wechsel der CDU von der Wespen- zu einer Großen Koalition mit der SPD wünschen sich 24 Prozent. Der größte Teil der Befragten, nämlich 47 Prozent, ist jedoch für Neuwahlen.
(Quellen: Tagesschau vom 12.06.2010 und vom 15.06.2010, Die Welt vom 16.06.2010, ARD-Deutschlandtrend vom 15.06.2010)
Die Tagesschau berichtete am 15.06.2010 über eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zur Einkommensverteilung in Deutschland. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland wächst. Demnach ist aber nicht nur die Anzahl der armen und reichen Haushalte in absoluten Zahlen gestiegen, sondern seit zehn Jahren werden ärmere Haushalte gleichzeitig auch immer ärmer und weniger als zwei Drittel der Gesellschaft lassen sich heute noch der schrumpfenden Mittelschicht zurechnen, die seit dem Jahre 2000 bis heute von 66,5 auf 61,5 Prozent zurückgegangen ist.
Wenn also mehr als 80 Prozent der Deutschen nicht wohlhabend sind und weniger als 60 Prozent der Mittelschicht angehören, dann heißt das , dass mehr als 20 Prozent der Bundesbürger arm sind. Aus diesen Informationen lässt sich die Verteilung des Vermögens in unserem Land nicht genau bestimmen. Wenn aber vielleicht 21 bis 22 Prozent einer Gesellschaft arm sind - Tendenz laut DIW-Studie steigend - dann nähert sich der Anteil der Armut in Deutschland langsam aber sicher der 25 Prozent Marke. Wenn ein Viertel einer Gesellschaft als arm gilt, der Anteil der Mittelschicht nur noch etwas mehr als die Hälfte beträgt und die 20 Prozent der Reichen dabei immer reicher werden, dann birgt diese Entwicklung eine große Portion gesellschaftlichen Sprengstoffs in sich.
Das hat wohl sogar der Herr Friedrich (CSU, Landesgruppenchef) erkannt. Jedenfalls nannte er die DIW-Studie immerhin besorgnis erregend. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, zu verkünden, dass die Sparvorhaben in allen Punkten umgesetzt werden würden. Da gäbe es nichts zu wackeln.
Dieser Mentalität scheint momentan die geamte Bundesregierung verfallen zu sein. Wer bis zum Jahre 2015 angesichts der sich beschleunigenden sozialen Schieflage in diesem Land 80 Milliarden Euro im wesentlichen auf dem Rücken des als arm geltenden Anteils unserer Gesellschaft einsparen will, während er den wohlhabenden Anteil der Bürger verschont und sich bisher auch durch Proteste von Sozialverbänden, von Gewerkschaften, aus der Opposition und von ersten Demonstrationen der Bürger auf der Straße nicht von diesem verhängnisvollen Kurs abbringen lässt, der handelt in meinen Augen schlicht und einfach unverantwortlich! Wenn die Bundesregierung ungehindert so weitermachen kann, dann fährt sie den sozialen Frieden in Deutschland noch sehenden Auges mit Karacho gegen die Wand.
Dafür, dass ein großer Teil der Bundesbürger ähnliche Vorbehalte gegen den Kurs der Bundesregierung hat, sprechen unter anderem auch Ergebnisse des ARD-Deutschlandtrends vom 15.06.2010. Nur noch 23 Prozent der Befragten befürworten es, dass die schwarz-gelb gestreifte Wespenkoalition bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahre 2013 weiter regiert. Den Wechsel der CDU von der Wespen- zu einer Großen Koalition mit der SPD wünschen sich 24 Prozent. Der größte Teil der Befragten, nämlich 47 Prozent, ist jedoch für Neuwahlen.
(Quellen: Tagesschau vom 12.06.2010 und vom 15.06.2010, Die Welt vom 16.06.2010, ARD-Deutschlandtrend vom 15.06.2010)
Donnerstag, 17. Juni 2010
Die da oben & Die da unten
Bremerhaven-Lehe, Ernst-Reuter-Platz: Die Lessingsschule
Ist das Ergebnis eines neuen Namens für eine alte Schule eine neue Schule? Darüber wurde während der Stadtteilkonferenz Lehe am 11. Februar 2010 in der neuen Mensa der nicht mehr ganz so neuen "Integrierten Stadtteilschule Lehe" (ISL, Arbeitstitel), die mit Beginn des nächsten Schuljahres die Lessingschule komplett übernehmen wird, zum Teil sehr kontrovers diskutiert.
Die Befürworter einer Namensänderung wollten der Lessingschule mit dem Ende der bisherigen Schulform auch namentlich eine neue Identität verpassen. Die Gegner traten überwiegend für die Beibehaltung des Namens "Lessingschule" ein. Letztlich stellte Herr Frost (ISL, Schulleitung) jedoch klar, dass die neue Schulleitung bereits bei ihrer Einstellung von politischer Seite die Vorgabe erhalten hatte, einen neuen Namen für die Schule zu finden. Egal, wie sie in Zukunft heißen würde, habe sie diese Vorgabe zu erfüllen. Eine ergebnisoffene Diskussion könne unter anderem natürlich auch dahin führen, dass es bei dem Namensgeber "G. E. Lessing" bleibe.
Verschaukelt
Gestern berichtete die Nordsee-Zeitung, die Lessingschule solle nach dem Willen von Schülern, Eltern und Lehrern künftig „Schule-am-Ernst-Reuter-Platz“ heißen, doch die Politik wolle davon nichts wissen. Die CDU dränge jetzt darauf, es bei dem alten Namen Lessingschule zu belassen, die SPD hülle sich in Schweigen und die Betroffenen würden sich von der Politik verschaukelt fühlen.
Das kann ich denen nicht verdenken. Bürgerbeteiligung predigen, so tun als ob ... - um dann die Bürger - in diesem Falle die Schüler - kalt im Regen stehen zu lassen und die eigenen Pläne durchzuboxen: Das ist symptomatisch für die politische "Kultur" der Großen Koalition in Bremerhaven.
Irritationen
Allerdings halte auch ich es für vernünftig, den für alle Generationen Bremerhavener Bürger geläufigen Namen der Schule beizubehalten. Namensänderungen führen nämlich im Allgemeinen dazu, dass bekannte Schulen, an denen oft drei Generationen einer Familie ihre Schulzeit verbrachten, plötzlich zu Irritationen in Gesprächen - zum Beispiel zwischen Schülern und Großeltern - führen.
- Opa: "Du wirst in der Astrid-Lindgren-Schule eingeschult? Die kenne ich gar nicht. Wo ist die denn?"
- Enkel: "In Lehe. Körnerstraße."
- Mutter: "Früher hieß die mal Körnerschule."
- Opa: "Oh, da bin ich doch auch schon zur Schule gegangen ..."
Gelebte Demokratie ...
Schüler, Eltern, Lehrer und Leher Bürger denken seit dem Winter 2009 intensiv über das für und wider einer Namensänderung nach. Laut Auskunft von Herrn Frost gegenüber der Nordsee-Zeitung, sind nach einem öffentlichen Aufruf mehr als 20 Vorschläge bei der Schulleitung eingegangen und diskutiert worden. Darunter befänden sich auch Namensgeber wie Lale Andersen und die verstorbene Bremerhavener Senatorin Hilde Adolf. Am Ende habe jedoch das Votum der Schülerinnen und Schüler den Ausschlag gegeben, die sich für die Bezeichnung Schule am Ernst-Reuter-Platz ausgesprochen haben. Auch der Elternbeirat und die Schulkonferenz hätten sich darauf geeinigt.
Für mein Gefühl klingt "Schule-am-Ernst-Reuter-Platz" allerdings ebenso holperig wie "Integrierte Stadtteilschule Lehe". "Ernst-Reuter-Schule" wäre wohl zu einfach gewesen. Der Konsens der Schülerinnen und Schüler würde allerdings immerhin einen engen Bezug der Schule zum Stadtteil ausdrücken. Wenn die Große Koalition sich jetzt mit ihrer Ignoranz gegenüber Schülern, Lehrern und Eltern wieder einmal unbeliebt macht, dann hat sie das einmal mehr sich selbst zuzuschreiben.
... und Politikverdrossenheit
Mit einem neuen Namen lassen sich unschöne Ereignisse, wie die, mit denen die Lessingschule vor einigen Jahren in die Schlagzeilen der Lokalpresse geriet, nicht ungeschehen machen. Der Name Gotthold Ephraim Lessings steht jedoch genau für das Gegenteil dessen, was sich damals an der Schule ereignet hatte. Es wäre also von Anfang an das Vernünftigste gewesen, genau die Tugenden in den Vordergrund zu rücken, die für den Namensgeber der Schule stehen. Das ganze Gezerre um einen neuen Namen für die Lessingschule war aus meiner Sicht so überflüssig, wie ein Kropf.
Nachdem sich das jetzt aber nicht mehr ungeschehen machen lässt, wäre es klüger, das Votum der Schüler ernst zu nehmen, als die nächste Generation von Nichtwählern heranzuzüchten, die sich von Beginn an den Gang zur Wahlurne sparen, "weil die da oben" ja ohnehin machen, was sie wollen. Aber eine ausgeprägte Sensibilität gegenüber "denen da unten" kann man "denen da oben" in Bremerhaven ja nun wirklich nicht nachsagen.
(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 16.06.2010)
Mittwoch, 16. Juni 2010
Gebundene Hände oder plumper Täuschungsversuch?
Bremerhaven, Elbe-/Rheinstraße (Feb. 2010): Supermarkt im Bau
Am 10.06.2010 war in der Nordsee-Zeitung zu lesen, dass der Geestemünder Turnverein (GTV) seine Sporthalle an der Elbestraße verlieren wird. Die Halle steht auf dem Gelände der abgerissenen Hermann-Löns-Schule.
Das Gelände im Bereich zwischen der Straßengabelung Elbestraße/Rheinstraße erwarb der Investor "Dieckell Vermögensverwaltung", der darauf einen Lidl-Supermarkt errichten ließ. Lidl betrieb bis dahin einen Supermarkt auf der gegenüberliegenden Seite der Rheinstraße, der nach dem Umzug in das neue Gebäude aufgegeben wurde. Im Zusammenhang mit dem Supermarkt-Wildwuchs in Bremerhaven hatte die Stadt damals bedauernd auf Kritik aus der Bevölkerung reagiert. Der Stadt seien in diesem Falle die Hände gebunden. Man könne nichts dagegen unternehmen, da das Gelände einem privaten Investor gehöre. Was dieser mit seinem Eigentum vorhabe sei dessen Privatangelegenheit. Die Nordsee-Zeitung berichtete am 10.06.2010, die Dieckell Vermögensverwaltung habe der Stadt ein Kaufangebot gemacht, um die vom GTV genutzte Sporthalle der ehemaligen Hermann-Löns-Schule abreißen zu lassen und eine größere Zufahrt zum neuen Supermarkt auf dem Areal zu bauen.
Fiese Pläne eines gemeinen Investors?
Die Sporthalle auf dem Gelände der abgerissenen Hermann-Löns Schule
Herr Behrens (CDU, Sportdezernent) hatte der Nordsee-Zeitung gegenüber bestätigt, dass ein Kaufangebot vorliegt. Er würde einem Verkauf nicht im Wege stehen, da die Halle sehr sanierungsbedürftig sei. Vor allem die Wärmedämmung lasse zu wünschen übrig. Falls eine Sanierung aus Kostengründen nicht möglich sein sollte, müsse aber gesichert sein, dass dem Verein Ersatz angeboten wird. Man bemühe sich um eine Lösung und sei mit allen Beteiligten im Gespräch.
Das scheinen die Sportler, welche die Halle nutzen, "etwas differenzierter" zu sehen. Wo sie in Zukunft ihren sportlichen Aktivitäten nachgehen können, stehe noch nicht fest. Die Nordsee-Zeitung zitierte Herrn Schramm (GTV, Karate-Abteilungsleiter) mit den Worten: "Es kann ja wohl nicht sein, dass ein weiterer Supermarkt den Breitensport verdrängt". Verärgert seien die Sportler auch darüber, dass sie erst so spät von dem geplanten Verkauf erfahren haben. Erst als sie gerade dabei waren, die Halle in Eigenarbeit neu zu streichen, und fast damit fertig waren, erhielten sie die Nachricht dass sie mal besser damit aufhören sollten, da die Halle wohl verkauft werde.
Politische Tricks zur Täuschung der Bürger?
Gestern war ich jedoch sehr überrascht, als ich die Fortsetzung der Geschichte der Nordsee-Zeitung las: Weder Lidl noch der Investor hätten jemals die Absicht gehabt, die GTV-Halle an der Elbestraße abreißen zu lassen. Beide hätten klargestellt, dass die Initiative zum Verkauf des Geländes und dem Abriss der Sporthalle von der Stadt Bremerhaven ausgegangen sei.
Der stadteigene Betrieb Seestadt Immobilien habe den Investor gebeten, zusätzlich zum Gelände der früheren Hermann-Löns-Schule auch das Grundstück mit der Sporthalle darauf zu erwerben. Nach den Vorbesprechungen solle es geräumt übergeben werden. Eine endgültige Entscheidung darüber müsse im Magistrat gefällt werden.
Herr Gollücke (Lidl) nannte es der Nordsee-Zeitung gegenüber völlig unfair und daneben, wenn die Stadt jetzt versuchen sollte, Lidl jetzt als Buhmann hinzustellen. Lidl habe überhaupt nichts dagegen, wenn die Halle stehen bleibe. Die Nordsee-Zeitung zitiert ihn in ihrer Ausgabe vom 15.06.2010 mit den Worten: "Im Gegenteil. Die Sportler kaufen schließlich bei uns ein, das sind unsere Kunden." Auch verkehrstechnisch stehe die Halle nicht im Weg. Die Zufahrt von der Elbestraße könne problemlos daran vorbei geführt werden. Die Nordsee-Zeitung schrieb weiter, der Investor habe sich jedoch dahingehend geäußert, dass er sich dem Wunsch der Stadt, das Grundstück zu erwerben, nicht verschließen wolle. Nur für einen Abriss der GTV-Sporthalle wolle er nicht verantwortlich gemacht werden.
Wahrheit oder Vertuschung?
Der "alte" Supermarkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite
Nach den mir jetzt vorliegenden Informationen stellt sich mir die ganze Angelegenheit so dar, als würden sich die Politiker mit einem plumpen Täuschungsversuch hinter den "fiesen Absichten eines privaten Investors" verstecken, um den Bürgern nicht klar ins Gesicht sagen zu müssen, dass die Pläne zum Abriss der Sporthalle auf ihrem eigenen Mist gewachsen sind. Das ließe immerhin Rückschlüsse auf eine gewisse Sensibilisierung der Bremerhavener Politiker bezüglich der Stimmung in der Bevölkerung angesichts des Supermarkt-Wildwuchses zu. Statt den Wildwuchs einzudämmen, sieht es jetzt jedoch irgendwie danach aus, als würden sie versuchen, ihre Supermarkt-Pläne unter falschen Etiketten zu verwirklichen: Wo "Lidl-Abriss" draufsteht, ist in Wirklichkeit "Stadt-Abriss" drin. Vor diesem Hintergrund drängt sich mir irgendwie der Gedanke auf, ob sich die Supermarkt-Ansiedlung auf dem ehemals repräsentativen Grundstück im Zentrum der wichtigsten Nord-Süd-Verkehrsachse Bremerhavens nicht vielleicht doch hätte verhindern lassen.
Vor allem aber steht mit der Angelegenheit "Abriss der GTV-Sporthalle" wieder einmal die Schieflage der Sportförderung in Bremerhaven im Rampenlicht. Während nur einen Kilometer nördlich der vom GTV genutzten Sporthalle mindestens 15,7 Millionen Euro im Neubau der Eissporthalle für die Mitglieder des örtlichen Eishockey-Clubs und seine Fans verschwinden, für den die Stadt Bremerhaven sich auf Jahre hinaus verschuldet, fehlt das Geld für die Sanierung und die Wärmedämmung einer bestehenden Sporthalle des Bremerhavener Breitensports! Ich würde es begrüßen, wenn die politisch Verantwortlichen bei der Wahl zur Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung am 22. Mai 2011 unter anderem auch dafür ihre Quittung bekommen würden.
(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 10.06. und vom 15.06.2010)
Dienstag, 15. Juni 2010
Eine neue Lücke im Gedächtnis der Stadt
Bremerhaven (Mai 2010): Kiesanlage und Betonwerk am Neuen Hafen
"Alles was Sie an historischer Substanz vernichten,
ist für das Gedächtnis der Stadt verloren."
Diese eindringliche Warnung hatte der Freiraumplaner Tilman Latz an führende Politiker der Stadt Bremerhaven im Rahmen eines Stadtgesprächs über die Zukunft am Alten und Neuen Hafen im Januar 2010 gerichtet. Neben Herrn Latz hatten sich damals auch weitere Fachleute dafür ausgesprochen, den fast 50 Jahre alten Kran der Kies-Anlage am Nordende des Neuen Hafens als Industriedenkmal zu erhalten. Herr Schulz (SPD, Oberbürgermeister) hatte daraufhin versprochen, sich für den Erhalt der Krananlage einzusetzen.
Am 11.06.2010 berichtete die Nordsee-Zeitung, Herr Schulz habe den Stadtverordneten am 10.06.2010 im vertraulichen Teil der Stadtverordnetenversammlung mitgeteilt, bei einem Grundstücksverkauf würde die Stadt 250000 Euro weniger einnehmen und für die Sanierung des Verladekrans würde mit weiteren 200 000 Euro zu rechnen sein. Weiterhin müssten Gutachter bezahlt, die Gleise auf der Kaje neu gebaut und jedes Jahr rund 50000 Euro für den Unterhalt kalkuliert werden.
Wie diese Zahlen zustande kommen kann ich leider nicht nachvollziehen. Ich bezweifle jedoch, dass tatsächlich jährlich 50000 Euro für den Unterhalt des Krans aufgebracht werden müssten. Wenn alle paar Jahre einmal Rost zu entfernen ist und die betroffenen Stellen neue Farbe brauchen, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass dabei solche Summen zustande kommen. Schließlich soll der Kran ja nicht mehr betrieben werden und ist es ja auch möglich, andere Industriedenkmäler zu erhalten, wie zum Beispiel den Rickmerskran, dessen Instandhaltung sicherlich auch nicht ohne finanzielle Mittel möglich ist.
Währendessen ist von dem ehemaligen Betonwerk auf dem Gelände schon kaum noch etwas zu sehen. Bereits Ende Juni soll die letzte Industriefläche am Neuen Hafen dem Erdboden gleich gemacht worden sein. Im letzten Monat konnte ich noch beobachten, wie dort Beton produziert wurde und auf der Anlage Betrieb herrschte.
Ich hoffe jedenfalls, dass mit der Krananlage nicht auch noch das letzte Stück des authentischen Hafenflairs im Gebiet der "Havenwelten" in der Schrottpresse landet. Sollte sich die bekannte rigorose Abrissmentalität der Bremerhavener Politiker, mit der es in der Vergangenheit schon so manche leidvolle Erfahrung in dieser Stadt gab, auch am Neuen Hafen bis zum bitteren Ende durchsetzen, dann werden sich die Touristen irgendwann fragen, wo denn in dieser alten Hafenstadt noch das typische Hafen-Flair zu finden ist, das sie bei ihren Besuch der Bremerhavener "Havenwelten" zu erleben hofften.
Auch der ehemalige Betreiber der Kies-Anlage und des Betonwerks wäre erfreut, wenn wenigstens der Kran erhalten bliebe. 1964 sei auf dem Gelände Bremerhavens erstes Betonwerk entstanden. Die Anlage sei damals an einem günstigen Standort errichtet worden. Das träfe auch auf die Stadt Bremerhaven zu, der dadurch, dass der Beton auf der Kaje gemischt werden konnte, 15000 Lkw-Touren erspart geblieben seinen.
In meinem Video ist die Kies-Anlage wohl das letzte Mal in Aktion zu sehen. Möglicherweise war es ja so eine Art Vorahnung, als mir eines Morgens im Mai der Gedanke kam, den Betrieb auf der Kies-Anlage im Video festzuhalten. Man kann ja schließlich nie wissen, wie schnell die nächste typisch Bremerhavener Einrichtung im Dunkel der Geschichte verschwindet ... - Damit, dass diese Ahnung so schnell zur Realität werden würde, hatte ich vor einem Monat allerdings noch nicht gerechnet. Zu sehen sind der Kran beim Entladen eines Binnenschiffes, die Förderbandanlage und jede Menge Betonmischer-Verkehr: Arbeitsalltag eben ... - bis vor kurzem jedenfalls.
Mit dem Ende des letzten Industriebetriebs hat der Neue Hafen seine ursprüngliche Funktion verloren. Was bleibt ist eine große rechteckige Wasserfläche, eine Marina sowie die Traditionssegler der "Schiffergilde" und die Oldtimer der "Schiffahrts-Compagnie Bremerhaven".
(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 26.01. und vom 11.06.2010)
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