Freitag, 24. August 2012

In das Weite

Die "Oceana" und die "Sedov" an der Seebäderkaje in Bremerhaven
Gebt mir einen Stab von festem Holz,
Daß ich dran durch die Länder schreite;
Gebt mit einen Segler mastenstolz,
Daß ich drauf durch die Wellen reite.

Gebt mir das Roß aus dem Märchenland,
Daß ich drauf um die Erde jage;
Gebt mir des Adlers Federgewand,
Daß es mich in den Himmel trage.

Und ob ich nun segle durchs Wellengebraus,
Ob ich fliege, wandele, reite:
Nur laßt mich hinaus, nur laßt mich hinaus
Aus dem Engen hinaus in das Weite!

Die Erde, sie ist so lang und breit,
Das Meer ist noch viel breiter,
Der Himmel, er ist so hoch und weit
Und rückt mir täglich weiter.

Was frommt mir die Erde, was frommt mir das Meer,
Wenn ich drinnen nicht darf mich ergehen?
Was frommt mir des Himmels Sternenheer,
Wenn ich’s darf nicht näher besehen?

Drum ob ich nun segle durchs Wellengebraus,
Ob ich fliege, wandele, reite:
Nur laßt mich hinaus, nur laßt mich hinaus
Aus dem Engen hinaus in das Weite!

Moritz Graf von Strachwitz
(1822 - 1847)


Ich bin dann auch mal für ein paar Tage unterwegs ...


Mittwoch, 22. August 2012

Atom-Umschlagsplatz Nordenham?

Atomkraft? Nein Danke!Am 25.07.2012 hatte die "Oceanic Pintail" der "International Nuclear Services" (INS) mit ihrer aus deutschem Atommüll bestehenden Fracht den Hafen von Nordenham verlassen und war weserabwärts in Richtung ihres Zielhafens Charleston (USA) ausgelaufen. Seit die Bremer Seehäfen für Atom-"Brennstoffe" und den dabei anfallenden hochradioaktiven Atommüll gesperrt sind, droht jetzt der von der "Rhenus Midgard GmbH und Co. KG" privat betriebene Hafen in Nordenham zum primären Atommüll-Umschlagsplatz Deutschlands zu werden.

Bereits Mitte bis Ende September sowie im November werden Atomtransporte aus der englischen Aufbereitungsanlage "Sellafield" (früher "Windscale") in Nordenham erwartet, die dort entladen und weiter zum Atomkraftwerk "Grohnde" transportiert werden sollen. Die Fracht wird dieses Mal aus "wiederaufbereiteten" atomaren Brennelementen bestehen. Während der Atommülltransport vom Juli 2012 in die USA klammheimlich organisiert und durchgeführt wurde und erst bekannt wurde, als sich die hochradioaktive Fracht bereits im Hafen befand, liegen über die neuen Atomtransporte bereits jetzt Informationen vor.

Für Dienstag, den 28.08.2012, 20 Uhr, laden die "Aktion Z" und der "Arbeitskreis Wesermarsch" zum Informationsaustausch und zu Diskussionen um Aktionsformen, Anträge, Veranstaltungen etc. gegen den Brennelement-Umschlag nach Nordenham in das "Haus Weserstrand" ein. Die beiden Initiativen haben darum gebeten, die Einladung weiterzugeben.

Diesem Wunsch komme ich hiermit gerne nach und gebe die Einladung im Folgenden im Wortlaut wieder:
Aktion Z
Hinrich Brader,
Jürgen Janssen
kuik-janssen-janssen@t-online.de

Arbeitskreis Wesermarsch
Werner Groß,
Hans-Otto Meyer-Ott
ott.meyer-ott@ewetel.net

Brake, den 15.08.12

E I N L A D U N G
Infoaustausch und Diskussion um Aktionsformen , Anträge, Veranstaltungen

MOX-Brennelemente 2.Hälfte September und November 2012
(je 8 bzw je 2 CASTOREN)
von WAA Sellafield zum Midgard-Hafen Nordenham.
Von dort wohl per LKW zum AKW Grohnde.
Soll dies der Einstieg in kontinuierlichen Atomumschlag sein?

Bitte kommt aus der gesamten Unterweser-Region und gebt Einladung weiter .

Wann: Dienstag , 28.08.12 , 20.00 Uhr
Wo: Nordenham, Haus Weserstrand
Strandallee 20, Großensieler Hafen
Zufahrt über B 212, Abfahrt Großensiel, bis Deichschaart


Liebe MitstreiterInnen gegen das Atomprogramm,
dieses erste Treffen soll den wohl nötigen Widerstand gegen den Brennelemente-Transport über den Nordenhamer Privathafen aufbauen helfen. Daher bitten wir um eine große Teilnahme.

Anträge hierzu (z.B. an Stadtrat, Kreistag, Landtag) und Anhörungen (z.B. mit BFS und „unserem Physiker“ Wolfgang Neumann) laufen positiverweise jetzt an ...
Die Aktionsform Straße (mit Straße, Schiene, Wasser)  muß hinzukommen. Hierzu sind Informationseinholung (z.B. RORO Anlage Einswarden oder/und Hafen neben Bahnhof) und Abstimmung wer was macht und wie schaffen wir eine große Beteiligung auf den Weg zu bringen. Die Forderung nach sofortiger und endgültiger Stillegung
(z.B. mit wirklicher Öffentlichkeitsbeteiligung zum Rückbau des AKW Esenshamm) aller Atomanlagen und Einstellung dieser Transporte (Hexafluorid – Gronau, Brennelemente aus/nach AKWs und von Forschungsreaktoren,..) gehört dazu.
Kommet zu Hauf.

i.A. Hinrich Brader, Werner Groß, Jürgen Janssen, Hans-Otto Meyer-Ott


Wenn es heißt, Deutschland sei aufgrund von Atomkraftwerken unabhängig von Kohle- und Ölimporten, dann ist das nicht einmal die halbe Wahrheit. Die Atomkonzerne und deren politische Handlanger "vergessen" nämlich allzu gerne zu erwähnen, dass auch der "Brennstoff" (Uran, Yellowcake), ohne den kein Atomkraftwerk in Deutschland Strom erzeugen könnte, aus dem Ausland importiert werden muss. Während die Transporte hochradioaktiven Atommülls in die Atommülllager bei Gorleben, Lubin etc. von Beginn an von heftigen Protesten der Bevölkerung begleitet wurden, erfolgte der Nachschub neuen atomaren "Brennmaterials" in der Regel still und heimlich, ohne großes Aufsehen  zu erregen - unter anderem immer wieder auch über die Bremer Seehäfen in Bremerhaven.

Wer einerseits vorgibt, er nähme den Schutz der Bürger vor den Auswirkungen eines jederzeit möglichen Super-GAUs in einem der verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland ernst, der macht sich unglaubwürdig, wenn er andererseits - unter Inkaufnahme der Gefährdung seiner Bevölkerung - den Transport des für den Betrieb der Atomkraftwerke notwendigen radioaktiven Nachschubs über sein Territorium unwidersprochen hinnimmt. Dem hat die grün-rote Bremer Landesregierung zu Beginn dieses Jahres mit der Sperrung ihrer Seehäfen für den Umschlag vom Atom-"Brennstoffen" und von Atommüll Rechnung getragen.

Unter dem Vorwand "freier Handel" wird sie dafür von den Oppositionsparteien CDU und FDP, die offenbar kein Problem damit haben, womit in den Bremer Häfen eigentlich Geld verdient wird, scharf kritisiert. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass insbesondere die CDU erfreut darüber ist, dass die EU jetzt prüfen will, ob das Land Bremen mit seinem Atom-Umschlagsverbot gegen EU-Recht verstößt. Auch der daraus möglicherweise folgende internationale Eingriff in die lokalen Sicherheitsinteressen Bremens und Bremerhavens ist auf den großen Einfluss der Atom-Lobby in Brüssel zurückzuführen.

Mit Herrn Oettinger (CDU, EU-Kommissar für Energie), einem der beiden politischen "Väter" der wespenfarbenen "Laufzeitverlängerung" und Mitverfasser des "Strategie- und Schrittfolgepapiers Kernenergie", hat diese dort außerdem einen wichtigen Fürsprecher. Beispielsweise heißt es in einer auf seiner Internetseite bei der EU verlinkten Pressemitteilung vom 15.12.2011, mit dem Titel "Energiefahrplan 2050: Ein sicherer, wettbewerbsfähiger und CO2-armer Energiesektor ist möglich", unter anderem (Zitat): ".. Die Szenarios zeigen ebenfalls, dass Strom eine größere Rolle als bisher spielen muss. Auch Gas, Erdöl, Kohle und die Kernenergie sind in allen Szenarios in unterschiedlichen Anteilen vorhanden, .."

Wie in der Einladung der beiden Initiativen "Aktion Z" und "Arbeitskreis Wesermarsch" bereits anklingt, wäre es schön, wenn sich Menschen aus der gesamten Küstenregion an Protesten gegen den Atom-"Brennstoff" und -Müll Umschlag in Nordenham beteiligen würden. Die Befürworter der Nutzung der Atomkraft aus Politik und Wirtschaft verstehen es hervorragend, Keile zwischen die verschiedenen Kommunal- und Landesregierungen der Hafenstädte sowie deren Bevölkerung zu treiben. Deshalb ist es wichtig zu zeigen, dass der Umschlag aufbereiteter "Brennelemente" bzw. des für die Produktion neuer "Brennelemente" benötigten Materials, sowie des nach deren Gebrauch anfallenden hochradioaktiven Atommülls von der Bevölkerung aller Hafenstädte an der deutschen Nord- und Ostseeküste gleichermaßen abgelehnt wird.


(Quellen: Weser-Kurier vom 18.08.2012, contrAtom vom 17.08.2012, Radio Bremen vom 17.08.2012, taz vom 16.08.2012, contrAtom vom 11.08.2012, INS, Rhenus Midgard, EU-Kommissar für Energie, Greenpeace, Aktion Z, Arbeitskreis Wesermarsch, Wikipedia)

Dienstag, 21. August 2012

Konsequent inkonsequent

Atomkraft? Nein Danke!Der sogenannte "Atomausstieg" der schwarz-gelben
Bundesregierung dient ihrem Machterhalt: Da die
weitere Nutzung der Atomkraft in Deutschland mit
dem widerspenstigen Volk
leider nicht mehr zu
machen ist, war sie gezwungen, ihre "Laufzeit-
verlängerung" wieder zurückzunehmen. Hinter dem Rücken lästiger
Bürger geht aber noch so einiges: Hermesbürgschaften sollen den
Einfluss der Atomlobby und der Politik zugunsten des weltweiten
Ausbaus der Atomkraft und der Profite deutscher Atomkonzerne
stärken.


Wer einerseits den Anschein erweckt, er wolle - geläutert durch die Super-GAUs in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" und daher vorgeblich aus tiefster Überzeugung - aus der Nutzung der Atomkraft aussteigen, andrerseits aber den Bau neuer Atomkraftwerke - unter anderem an erdbebengefährdeten und damit auch von Tsunamis bedrohten Küsten - finanziell absichert, der macht sich unglaubwürdig.

Konsequent inkonsequent war die wespenfarbene Bundesregierung in Sachen Atomkraft allerdings ja schon immer. Um diesem Laster hemmungslos frönen zu können, hatte sie das von der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2001 eingeführte Ausschlusskriterium für Atomexporte eigens wieder aufgehoben und gewährt deutschen Unternehmen seither Hermes-Bürgschaften um deren Geschäfte in "schwierigen Märkten", insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern, gegen die Zahlungsunfähigkeit lokaler Besteller abzusichern.

Ihre "sorgfältige Vorarbeit" ermöglicht es der Bundesregierung unter anderem auch, den geplanten Bau eines dritten Atomreaktors in der brasilianischen Atomkraftanlage "Angra" abzusichern. Ein Gutachten im Auftrag der Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisation "Urgewald" bescheinigt den Atomreaktoren der Anlage massive Sicherheitsmängel, aufgrund derer sie einem Tsunami praktisch schutzlos ausgeliefert wäre.

Neben der "Dauerprüfung" der Bürgschaft für "Angra 3", ist die Bundesregierung grundsätzlich bereit, Bürgschaften im Zusammenhang mit den Atomkraftwerken "Jaitapur" (Indien), "Temelin" (Tschechien), "Wylfa" (Großbritannien) und "Pyhäjoki" sowie "Olkiluoto" (beide Finnland) zu prüfen. Das berichtet "Urgewald" in einer Pressemitteilung vom 11.08.2012. Ihre Absicht habe die Bundesregierung potentiellen Antragstellern in Form von sogenannten "Letters of Interest" bestätigt. Darüber hinaus werde ein solcher Letter of Interest gerade für deutsche Exporte zum rumänischen Atomkraftwerk "Cernavoda" angefragt. Für Zulieferungen zum Atomkraftwerksneubau "Hainan" (China) liege bereits ein Antrag auf eine Bürgschaft vor.

Urgewald zitiert in seiner Pressmitteilung Frau Richter (Urgewald, Energieexpertin) mit den Worten: "..Wenn es um die Interessen deutscher Atomkonzerne geht, tut die Bundesregierung so als hätte es Fukushima niemals gegeben. Kein Projekt ist schlimm genug, dass die Bundesregierung es kategorisch ablehnen würde. Das ist unverantwortlich!“ - Hier sind einige aus Informationen der Organisation "Urgewald" und des Umweltinstituts München zusammengestellte Kostproben:

Atomkraftwerk "Jaitapur"
  • Standort in Erdbeben-Hochrisikozone
  • Indien hat den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet
  • Erbitterte Proteste der Bevölkerung werden mit Polizeigewalt unterdrückt. Im April 2011 wurden mehrere Demonstranten verletzt und ein Mensch wurde von der Polizei erschossen, als diese wahllos in die Menge schoss.

Atomkraftwerk "Cernavoda"

  • Standort in Erdbebenregion
  • Planung mit veralteter CANDU Technik geht noch auf Diktator Ceaucescu zurück
  • Emissionen gefährliche Mengen Tritium aus den existierenden Reaktoren 1 und 2
  • Aufgrund zahlreicher Probleme und Unsicherheiten haben sich internationale Investoren bereits im Januar 2011 aus dem Projekt zurückgezogen.

Atomkraftwerk "Temelin"

  • Seit Jahrzehnten Streitthema zwischen Tschechien, Österreich und Deutschland.
  • Projekt aus Sowjetzeiten, das bereits mehrfach gestartet, aber jedes Mal wieder gestoppt wurde.
  • Tschechische Atomaufsichtsbehörde kritisiert die regelmäßige Freisetzung von Radioaktivität aus den Reaktoren 1 und 2.
  • Vorliegendes Gutachten zu geplanten Reaktoren 3 und 4 verharmlost Unfallszenarien sowie das Problem der Entsorgung des anfallenden Atommülls.
  • Die neuen Reaktorblöcke sollen vor allem Atomstrom nach Deutschland exportiern.

Atomkraftwerk "Wylfa"

  • Ersatz-Neubau für die beiden gasgekühlten, grafit-moderierten Magnox Uralt-Atomreaktoren
  • Ein Jahr nach Fukushima und dem deutschen Atomausstieg, im März 2012, gaben RWE und E.ON ihren Rückzug aus dem Projekt bekannt. Nur EdF (Frankreich) zeigt noch Interesse.

Atomkraftwerk "Olkiluoto"

  • "Vorzeigeprojekt" Druckwasserreaktor EPR seit 2005 in Bau
  • Fertigstellung 2009 scheiterte an etlichen Pannen und Schlampereien
  • Das führte zu Kostenexplosion (ursprünglich 3 Mrd. Euro, hat sich inzwischen mehr als verdoppelt). 
  • Rückzug von Siemens aus ursprünglichem Konsortium
  • Auch aktueller Inbetriebnahmetermin 2014 wird infrage gestellt.
  • Beteiligung der Bayern LB mit zinsgünstigen Kredit über 1,95 Mrd. Euro
  • Vierter Reaktorblock ist geplant.
  • Ob  Hermesbürgschaft Block 3 oder 4 betrifft, ist nicht klar.

Atomkraftwerk "Pyhäjoki"

  • Standort inmitten eines Naturschutzgebietes an der Westküste Finnlands
  • Antragsteller: Deutscher Atomkonzern E.ON.
  • Bürgerproteste und anhängige Klagen verzögern den für 2013 geplante Baubeginn auf unbestimmte Zeit.

Atomkraftwerk "Hainan"

  • Standort: Insel Hainan (China).
  • Seit 2010 zwei Atomreaktoren im Bau.
  • Druckwasserreaktoren "der Marke Eigenbau".
  • Sicherheitsstandards werden heftig kritisiert.


Zum Weiterlesen:

Urgewald-Gutachten


(Quellen: Urgewald - Pressemitteilung vom 11.08.2012, Umweltinstitut München im August 2012, Spiegel vom 04.03.2012, Campact, Wikipedia)

Montag, 20. August 2012

Ein heißer Sommertag am Deich

Der erhöhte Weserdeich zwischen Strandhalle und Sail City Turm
Die Deichbauarbeiten sind seit dem Frühjahr gut vorangekommen. Ein Problem im Zusammenhang mit der Deicherhöhung gab es im Bereich der Strandhalle (hinten rechts) zu lösen. Das Gebäude ließ sich natürlich nicht einfach so anheben und höher setzen. Deshalb wurde hier die Steigung der Außendeichböschung flacher gestaltet, so dass sich auflaufende Wellen bei Sturmflut (hoffentlich) "totgelaufen" haben werden, bevor sie die Deichkrone erreichen. Zur zusätzlichen Sicherheit gibt es jetzt auf der Deichkrone eine Mauer, die verhindern soll, dass Wasser über den hier niedrigeren Deich schwappen und ihn von hinten aufweichen kann.


Blick vom Sail City Turm in Richtung Süden
Die Anlieferung des Kleibodens ist inzwischen abgeschlossen und die Außendeichböschung ist in Form gebracht worden. Auch im Bereich des Binnendeichs zwischen dem Schiffahrtsmuseum und dem "Radarturm" (hinten links) ist schon zu erkennen, wie es dort zukünftig einmal aussehen wird ...


Junge Silbermöwe
Endlich ist der Sommer angekommen. Nach einigen Tagen mit angenehmen Temperaturen zeigte das Thermometer im Garten (Nordseite: Schatten!) gestern plötzlich 30 Grad Celsius. Das war dann allerdings sogar für Leute, die es gerne warm haben, etwas zu viel des Guten auf einmal. Die wenigen schattigen Plätze am Wasser waren offenbar heiß begehrt.

Selbst die junge Möwe zog es immer wieder zurück in den Schatten des Sail City Turms. Es wird jetzt nicht mehr lange dauern, bis sie ihre Jugendfarben gegen das weißgraue Federkleid der Erwachsenen Silbermöwen eingetauscht haben wird.

So wie es bisher aussieht, könnte es auch zum heutigen Start meines Urlaubs wieder ein sonniger, hoffentlich aber nicht allzu heißer, Sommertag werden ...

Sonntag, 19. August 2012

"Geschenk der Jugend" im Bremerhaven

"Dar Młodzieży" am Ende der Lloydstraße (Bremerhaven, Neuer Hafen, 19.08.2012)
Ab heute ist das Dreimast Vollschiff "Dar Młodzieży" für einige Tage zu Besuch im "Neuen Hafen" von Bremerhaven. Sie hat an dem Platz festgemacht, an dem sonst die Bremerhavener Hansekogge "Ubena von Bremen" liegt. Beim Blick von der Volkshochschule in der Lloydstraße sieht es so aus, als läge die "Dar Młodzieży" mitten in der Stadt.

Auch wenn es auf den ersten Blick den Anschein hat, als sei es ein "alter Windjammer", ist das Schiff ein Neubau, der im Jahre 1981 auf der Danziger "Leninwerft" vom Stapel lief. "Dar Młodzieży" bedeutet "Geschenk der Jugend". Während der Sail Bremerhaven 1986 habe ich das Schiff zum ersten Mal zu sehen bekommen. Seit dem ist die "Dar Młodzieży" immer wieder ein gern gesehener Gast in Bremerhaven.


"Dar Młodzieży" im "Neuen Hafen" (Bremerhaven 19.08.2012)
Einer der Gründe für ihre häufigen Besuche ist die Kooperatin zwischen der Hochschule Bremerhaven und der polnischen Universität Akademia Morska Gdynia, die das "Geschenk der Jugend" als Schulschiff für die Ausbilung angehender Offiziere der polnischen Handelsmarine einsetzt.

Anlässlich des 30. Geburtstag der "Dar Młodzieży" hält Prof. Hans Rummel (ehemals Hochschule Bremerhaven), in der Science-Lounge der Hochschule Bremerhaven einem kurzen Vortrag  über Barrieren, politische Hürden und besondere Momente sowie über neue Impulse. Im Anschluss haben die Besucher des Vortrags die Gelegenheit zur Teilnahme an einer Schiffsführung. Der Kapitän und die Besatzung werden dabei Einblicke in das Schiff bieten, die es während eines regulären "Open Ship" nicht zu sehen gibt.


(Quellen: Pressemitteilung der Hochschule Bremerhaven vom 13.08.2012, Wikipedia)

Freitag, 17. August 2012

Mit chemischen Kampfstoffen gegen winzige Feinde

Giftiger Regen ("Weltspiegel" vom05.08.2012)

Wenn die Helikopter kamen fiel giftiger Regen auf die Felder und auf die Menschen. Mindestens 6000 Menschen sind unheilbar erkrankt und hunderte sind schon gestorben. Unverhältnismäßig viele Kinder wurden mit spastischen Lähmungen, Missbildungen und geistigen Behinderungen geboren ...

Das ist nicht etwa ein Horrorszenario aus der dunklen Vergangenheit des Vietnam-Kriegs und es ist auch nicht die Rede vom berüchtigten dioxinhaltigen Entlaubungsmittel "Agent Orange", das die US-AirForce dort über den Wäldern versprühte, um den Soldaten Nordvietnams die Deckung zu nehmen. Dennoch handelt es sich gewissermaßen um einen Krieg mit einem chemischen Kampfstoff.

Die Rede ist von einem Krieg gegen winzig kleine Feinde. Bildlich gesehen, wurde in diesen Krieg mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Sofern sie sich überhaupt zu einem Schuldeingeständnis hinreißen ließen, würden heutige Generäle die menschlichen Opfer in ihrem Sprachgebrauch wohl bestenfalls als "bedauerliche Kollateralschäden" rechtfertigen. Erschreckenderweise ist dieser verharmlosend gemeinte Ausdruck scheinbar aber auch im Sprachgebrauch der Agrarfliegerei nicht unüblich.

Die Folgen der jahrzehntelangen chemischen Insektenbekämpfung sind bittere Realität im Alltag vieler Familien in Kerala, einem Bundesstaat von Indien. Mehr als 20 Jahre lang wurde das Schädlingsbekämpfungsmittel "Endosulfan" aus der Luft auf Cashew-Nuss Plantagen versprüht. Einen Schutz für die Bevölkerung gab es nicht. Es dauerte lange, bis sich der Widerstand formierte. Jetzt protestieren seit einigen Monaten die Mütter kranker, missgebildeter Kinder vor der Regierung, die sie für die Endosulfan-Vergiftung verantwortlich machen. Darüber berichtete der Weltspiegel der ARD in einem seiner Beiträge vom 05.08.2012.


Anwendungsverbot
- mit mehrjährigen Übergangsfristen

In einer Mitteilung des Agrar-Presseportals heißt es, Endosulfan sei ein nervenschädigender Wirkstoff der in der Umwelt nur schwer abgebaut wird und insbesondere für die Schädlingsbekämpfung beim Anbau von Tee, Kaffee, Soja und Baumwolle Verwendung fände.

Das Gift reichere sich im Fettgewebe, in der Leber und den Nieren von Menschen und Tieren an und schädige die Gesundheit. Erst während ihrer Tagung vom 25. bis zum 29.04.2011 in Genf stimmte die fünfte Vertragsstaatenkonferenz zum Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe dem Verbot von Endosulfan für den Einsatz im Pflanzenschutz zu. Es tritt jedoch mit mehrjährigen Übergangsfristen in Kraft. Es ist also zu befürchen, dass wider besseres Wissen auch weiterhin mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden wird und dass weitere, neue "Kollateralschäden" der Agrarfliegerei zu bedauern sein werden.

Endosulfan stammt aus der Giftküche des deutschen Chemiekonzerns "Hoechst". In Indien wurde es von den dortigen Unternehmen "Excel Industries" und "Hindustan Chemicals" unter der Patentlizenz der deutschen Firma "Bayer Cropscience" produziert. Endosulfan wird der Gruppe der "persistenten organischen Schadstoffe" (POPs, persistent organic pollutants) zugeordnet. Darunter versteht man organische Chemikalien, die sich im Körper vom Menschen, Tieren und Pflanzen anreichern und die ein hohes Potential zum weiträumigen Transport aufweisen. Aufgrund dieser Eigenschaften stellen POPs ein globales Problem dar, das nur mit international verbindlichen Abkommen in den Griff zu bekommen ist. Wie unberechenbar Endolulfan sich verbreitet lässt sich zum Beispiel daran erkennen, dass Spuren davon in der gesamten Bio-Sojaernte brasilianischer Kleinbauern festgestellt wurden. Die Bauern setzen seit mehr als dreißig Jahren auf biologische Landwirtschaft. - Die Anwendung von Endosulfan gehört dabei gewiss nicht zu ihren Methoden. - Aber jetzt bedroht das Gift ihre Existenz. Dass Endosulfan in der Atmosphäre in weit entfernte Gebiete transportiert wird, ist durch in der Arktis nachgewiesene Spuren belegt.

In Europa ist Endosulfan bereits seit 2005 verboten. In Indien existierten dem Weltspiegel zufolge zum Zeitpunkt des Verbots noch mehr als 1000 Tonnen Endosulfan. Trotz des weltweiten Anwendungsverbots habe Indiens Oberstes Gericht den Export von Endosulfan für rechtens erklärt. Große Mengen seien schon nach Bangladesch, Argentinien, Brasilien und Ecuador geliefert worden. Wer aber gibt schon viel Geld für den Import eines chemischen Insektenbekämpfungsmittels aus, wenn er es nicht anwenden will?


Fehlernährung: Es ist nicht, was nicht sein darf

Für die von der großflächigen, systematischen Vergiftung ihrer Umwelt betroffenen Menschen in Kerala kommt das Verbot jedoch viel zu spät. Dem Weltspiegel zufolge hat die Natur derart gelitten, dass es Generationen dauern wird, bis sie sich von der Vergiftung erholt haben wird. Dabei sind die weitergehenden Spätfolgen überhaupt noch gar nicht absehbar. Das Umweltinstitut München zitiert dazu Herrn Dr. Mohanan Kumar (Arzt, Bundesstaates Kerala, Indien) mit den Worten (Zitat): "Es gibt keine Hilfen für die Spätfolgen. Das Gift wirkt sich auf das Erbgut aus und wird in den nächsten Generationen weiterhin wirken. Die dann auftretenden Symptome wird niemand mehr in Zusammenhang mit Endosulfan stellen. Es wird die Betroffenen zu einem Leben als Bettler auf die Straße zwingen."

Trotz alledem klagen indische Pflanzenschutzmittel-Produzenten gegen das Endosulfan-Verbot. Wenn sie mit ihrer Klage Erfolg haben (wovon sie wohl ausgehen), wollen sie die Produktion wieder aufnehmen: In ihren Lagern horten sie noch Grundstoffe für die Produktion von vier Millionen Litern Endosulfan!

Wie dem Beitrag des Weltspiegels zu entnehmen war, hält ihr Präsident das Verbot für ein großes Unrecht. Schließlich sei Endosulfan für Mensch und Umwelt ungefährlich. Daher seien die Menschen in Kerala auch nicht durch das Pflanzenschutzmittel erkrankt. Herr Pradeep Dave (Chemische Industrie Indiens, Präsident) meint, er habe eine Menge Symphatie für die Menschen in Kerala. Es sei jedoch nicht zu akzeptieren, dass die Erkrankungen auf den langjährigen, großflächigen Endosulfan-Einsatz zurückgeführt werden; (Zitat): "Ich bin kein Techniker, aber ich kann sagen: Fehlernährung und Inzucht. Das sind die Gründe." Er hätte genausogut sagen können: "Ich bin kein Techniker, aber ich kann sagen: Es ist nicht, was nicht sein darf!"

Wenn Herr Pradeep Dave bei "Fehlernährung" an mit Endosulfan kontaminierte Lebensmittel denkt, dann wird er damit sicherlich nicht falsch liegen. Möglicherweise hält er aber "Inzucht" für die wahrscheinlichere Ursache der Erkrankungen ...


Zum Weiterlesen:


„Endosulfan ist ein tödliches Gift. Im Einsatz tötet es,
was immer kriecht und fliegt. Es ist erfunden worden,
um zu töten."

(Dr. Mohanan Kumar im ARD-Weltspiegel)
 

(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 14.06.2012, Weltspiegel vom 05.08.2012, Agrar-Presseportal vom 04.05.2011, CBG-Network vom Januar 2011, Greenpeace vom 11.08.2010, ARD-Mediathek "Giftiger Regen", Umweltinstitut München, Wikipedia, UBA)

Donnerstag, 16. August 2012

Beinahe so etwas, wie eine Behinderung

Da besucht ein infolge einer schweren Muskelerkrankung behinderter Mensch mit seiner Assistentin die Filiale einer Hamburger Sparkasse, in der er seit Jahren Kunde ist. Hinter seinem Rücken beschwert sich eine Sparkassenangestellte bei seiner Assistentin darüber, dass er manchmal auch ohne sie mit dem Rollstuhl in die Filiale fährt.

Aufgrund seiner eingeschränkten Motorik fällt es ihm sehr schwer, Formulare zu unterschreiben, so dass er dabei die Unterstützung des Sparkassenpersonals benötigt. Wie die Sparkassenangestellte seiner Assistentin mitteilte, sei das ihren Kollegen und ihr selbst nicht zuzumuten, da dasSparkassenpersonal großen Ekel vor seiner Behinderung empfände. Für seine Assistentin sei das wohl nicht so schlimm. Schließlich habe diese sich "so einen Beruf" ja selbst ausgesucht ...

Ich finde das Verhalten des Personals der Sparkasse einfach nur widerlich. Aufmerksam bin ich auf diesen skandalösen Vorfall durch einen Artikel von Frau Momo geworden. Ich habe daraufhin den Beitrag in "gerlefs blog" durchgelesen und bin bestürzt darüber, dass so etwas in der heutigen, "aufgeklärten" Zeit noch möglich ist.

Der eigentliche Skandal ist jedoch, dass es erst einer "Ausbildung" der Sparkassenangestellten bedarf, damit diese lernen, menschlich mit ihren behinderten Mitmenschen umgehen. Nach Feierabend steht es ihnen dann aber wieder frei, ihrem Ekel gegenüber Menschen, die nicht ihren irrealen Verständnis von Normalität entsprechen, freien Lauf zu lassen.

Nein, mit einem simplen Seminar à la "Wie verstelle ich mich glaubwürdig gegenüber Krüppeln" ist diesem Problem mit Sicherheit nicht beizukommen. Dafür wäre eine Eingliederung behinderter Menschen in alle Bereiche unserer Gesellschaft und ein selbsverständliches alltägliches Miteinander notwendig. Bis das aber eines Tages vielleicht Wirklichkeit geworden sein könnte, sollten sich Menschen, zu deren Arbeitsalltag der Umgang mit anderen Menschen gehört, "so einen Beruf" nicht aussuchen, wenn sie sich vor dem Kontakt mit ihren behinderten Mitmenschen ekeln.

Ich habe als Jugendlicher einmal mit behinderten Jugenlichen aus meiner Heimatstadt einen Urlaub in Dänemark verbringen dürfen. Für mehrere Tage haben wir auf mehrere Fereinäuser verteilt mit - je nach Grad ihrer Behinderung - ein bis zwei behinderten Jugendlichen gemeinsam unter einem Dach gelebt, haben zusammen eingekauft, gekocht und haben unseren spastisch gelähmten Kameraden im Rollstuhl an den Strand und durch die Dünen geschoben.

Wir haben uns oft und lange über alles Mögliche mit ihm unterhalten - lange unter anderem auch deshalb, weil er aufgrund seiner Krankheit nicht so schnell und nicht sehr deutlich sprechen konnte. Aber wir hatten ja Zeit. Beim Umgang mit diesen ganz besonderen Menschen lernt man bald, dass zu einem Gespräch vor allem auch das Zuhören dazugehört.

Und wir haben ihn bei all seinen alltäglichen Verrichtungen zwischen "morgens aufstehen" und "abends zu Bett gehen" unterstützt, die für gesunde Menschen selbstverständlich sind. Seidem nehme ich vieles nicht mehr einfach so als selbstverständlich hin. Für diese Erfahrung bin ich heute noch dankbar - und ich bin froh, dass ich das Glück habe, gesund geboren und - zumindest bisher - gesund geblieben zu sein.

Auch wenn mich das Verhalten der Sparkassenangestellten anwidert, empfinde ich irgendwie doch so etwas wie Mitleid für sie. Ob sie es nun einmal verloren haben, oder ob es nie ein Teil ihrer Identität war: Auf jeden Fall fehlt ihnen ein wichtiges Stück von ihrer Menschlichkeit ... - und vielleicht ist das ja auch beinahe so etwas, wie eine Behinderung.


Zum Weiterlesen:

Die Sonnenblume


Du Blume, die sich hold zur Sonne wendet,
Ich wollte einstens Deinem Wesen gleichen,
In mir die Sonnenzukehr fromm erreichen,
Doch etwas sagte mir: Du bist verblendet!

Ich habe alle Blüthenkraft verschwendet,
Ich fühlte samend meinen Glanz erbleichen,
Die Luft den Duft von meiner Jugend streifen,
Und heute sind die Lust, die Macht verendet.

Doch seh ich Blumen tief aus sich erstrahlen,
An jedem Morgen sich zur Sonne neigen
Und fast mit Hingebung zum Lichte prahlen.

Ich aber mußte rasch herniedersteigen.
Verloren sind ja alle Sehnsuchtsqualm;
Mein Wesen wurde Niemandem zu eigen.

Theodor Däubler
(17.08.1876 - 13.06.1934)


Um es mal mit etwas weniger pathetischen Worten zu sagen: Die "große Schwester" und Namensgeberin der Sonnenblume hat uns an den letzten Tagen ja etwas für den "gefühlten Dauerregen" des bisherigen Sommers entschädigt.

Heute Morgen regnet es wieder. Aber ohne Regen gäbe es ja auch keine Sonnenblumen. So wie ich es sehe, kommt es auf die richtige Mischung an.

Mittwoch, 15. August 2012

Das endlose Land

Große Wildtierherden durchstreifen die Serengeti auf ihren saisonalen Wanderungen
Die Serengeti ist eine Savanne, die östlich des Victoria-Sees im Süden Kenias und im Norden Tansanias etwa 30000 Quadratkilometer umfasst. 14763 Quadratkilometer davon entfallen auf den Serengeti-Nationalpark, der seit 1981 Teil des Weltnaturerbes der UNESCO ist. Die zentrale Savanne ist nahezu baumlos. Im Südosten der Serengeti liegt das nach dem gleichnamigen Vulkan benannte Ngorongoro-Schutzgebiet, das seit 1979 zum Weltnaturerbe gehört.

Die Serengeti ist ebenfalls das angestammte Seidlungsgebiet der Massai, einem Nomadenvolk, dass traditionell von der Viehzucht lebt. Der Name der Savanne entstammt ihrer Sprache. Serengeti bedeutet: "Das endlose Land".

Mehr als 2500 Jahre lang bot "das endlose Land" Raum für die Wildtiere der Savanne und für die Landwirtschaft der Massai. Das änderte sich erst mit dem Eindringen europäischer Siedler im 19. Jahrhundert und der infolge ihrer Lebensweise notwendig gewordenen Einrichtung von Wildschutzgebieten im vergangenen Jahrhundert.

Mitte des letzen Jahrhunderts hatte die Regierung Tanganyikas, aus dessen Zusammenschluss mit dem Inselstaat Sansibar im Jahre 1964 das heutige Tansania hervorging, die Massai aus dem Gebiet des Ngorongoro-Schutzgebiets vertreiben wollen, beugte sich dann aber dem Druck der Unabhängigkeitsbewegung. Infolgedessen sollte Wildtieren und jeder Bevölkerungsgruppe der Serengeti ein eigenes Gebiet zugewiesen werden. Der Ostteil der Serengeti sollte abgetrennt und den Massai überlassen werden. Damit hätte sich die Größe des Nationalparks auf weniger als die Hälfte der ursprünglichen Fläche verkleinert.

Der in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts duch seine Fersehsendung "Ein Platz für Tiere" bekannt gewordene Verhaltensforscher und Tierarzt Bernhard Grzimek und sein Sohn Michael setzten sich jedoch dafür ein, den Nationalpark in seiner bisherigen Einheit zu erhalten. Sie hatten die Wanderbewegungen der Wildtierherden in der Savanne untersucht und waren aufgrund ihrer Forschungsergebnisse zu dem Schluss gekommen, dass der Nationalpark zu klein werden würde, was in der Folge unweigerlich zur Zerstörung der Herdenwanderungen geführt hätte. International bekannt wurden Bernhard und Michael Grzimek durch ihren Dokumentarfilm "Serengeti darf nicht sterben" aus dem Jahr 1959, mit dessen Hilfe sie auf die zunehmende Zerstörung eines der letzten Wildparadiese Afrikas aufmerksam machen wollten.

Noch bevor Bernhard und Michael Grzimek ihre Forschungsergebnisse veröffentlicht hatten, beschloss die damalige britische Kolonialverwaltung Tanganyikas, die nördlichen Ebenen zum Serengeti Nationalpark hinzuzufügen. Zum Ausgleich sollte den Massai das Ngorongoro-Schutzgebiet angeboten werden und es sollte ihnen erlaubt werden ihre Herden im Wildschutzgebiet zu weiden. 1975 fand dieses Übereinkommen ein Ende, als die Regierung Tansanias das ursprüngliche Vorhaben der damaligen Regierung Tanganyikas in die Tat umsetzte und die gesamte Agrarkultur aus dem Ngorongoro-Schutzgebiet verbannte.


Der Ausverkauf des "Endlosen Landes"

Männer vom Volk der Massai im Ngorongoro-Schutzgebiet (Tansania)
Schon seit längerer Zeit leiden die Massai unter der Einschränkung ihrer traditionellen Lebensweise ... - nicht nur aufgrund der Einrichtung der Nationalparks, sowie der Wild- und Naturschutzreservate. Das endlose Land ist heute von Staatsgrenzen zerteilt. Zunehmend kommt es durch die Regierungen afrikanischer Staaten, deren Gebiete heute Teile des angestammten Lebensraumes der Massai bedecken, zu Landverkäufen an private Investoren. Infolgedessen wird das Volk der Massai wird  in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und aus seinen Territorien vertrieben.

Auch der Ausbau des Straßennetzes durch die Regierungen Kenias und Tansanias in und um die Savanne erschweren ihre traditionelle Lebensweise. die unter anderem in der Vergangenheit auch die große genetische Vielfalt ihrer Viehherden garantierte. Diesen droht möglicherweise das gleiche Schicksal der meisten in Gefangenschaft gehaltenen Rinder, die ohne Antibiotika nicht mehr überleben können und immer häufiger an genetisch bedingten Ursachen erkranken.

Im Juni 2010 machte die "Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e.V." (ZGF) auf Presseberichte aus Tansania aufmerksam, denenzufolge die tansanische Regierung den Bau einer Fernstraße direkt durch die Wildnis der Serengeti plante. Die ZGF zeigte sich besorgt über die verheerende Auswirkungen der geplanten Straße auf das gesamte Ökosystem der Serengeti und schlug eine alternative Trassenführung für eine neue Straße vor. Mehrjährige internationale Proteste bewegten die Regierung Tansanisas, das Straßenbauprojekt zu stoppen.


Vertreibung aus dem endlosen Land

Frauen und Kinder der Massai im Osten der Serengeti
Dank der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit konnte der Lebensraum der großen Wildtierherden und  "das Erbe der Grzimeks" vor der Zerstörung bewahrt werden. Jetzt benötigen die Menschen unsere Unterstützung. Vertreter der Massai haben das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ eindringlich gebeten, weltweit Alarm zu schlagen und ihr Land zu retten.

Bis zu 48000 Menschen in Tansania sind von der Vertreibung von ihrem Land bedroht, weil die Regierung Tansanias Platz für von Konzernen gesponserte Großwildjagden Platz schaffen will. Ein Landverkauf, der die Massai von ihrem Land vertreiben würde, damit reiche, zahlungskräftige Großwildjäger ungestört ihrem blutigen Hobby nachgehen können, wäre nicht nur für die betroffenen Gemeinschaften schlimm, sondern auch für die Tierwelt vor Ort. In Kenia und Tansania spielt die Agrarkultur der nomadisierenden Massai eine wichtige Rolle beim Schutz des empfindlichen Ökosystems der Serengeti.

Es ist nicht das erste Mal, dass Angehörige der Massai zugunsten reicher Jäger brutal aus ihrer angestammten Heimat vertrieben wurden. Am 20.08.2009 berichtete die Organisation "Survival International", die sich für die Rechte indigener Völker einsetzt, über die Zerstörung von acht Dörfern der Massai in der Region Loliondo (Tansania). Nachdem die Dörfer am 4. Juli 2009 von schwer bewaffneten tanzanianischen Bereitschaftspolizisten niedergebrannt worden seien, seien die 3000 Bewohner der ehemaligen Dörfer - ohne Nahrung, Wasser oder Obdach - ihrer Lebensgrundlage beraubt gewesen und ihr Vieh habe unter der Dürre gelitten.

Survival erreichten ebenfalls Besorgnis erregende Berichte über Vergewaltigungen und körperlich schweren Misshandlungen von Maasai-Frauen während der Vertreibungen. Als misshandelte Frauen der Maasai in Loliondo gegen die gewaltsame Vertreibung demonstrierten, sei ihnen gesagt worden, sie hätten kein Recht zu protestieren. Gegenüber den Führern der örtlichen Gemeinschaften habe es anonyme Drohungen gegeben und viele Maasai, die ihr Vieh innerhalb des OBC-Jagdgebietes weideten, seien inhaftiert worden.

Der "Geschäftspartner" der Regierung Tansainias, zu dessen Gunsten die Massai vertrieben wurden sei die "Otterlo Business Corporation" (OBC) gewesen, die bereits seit 1992 exklusive Safari- und Jagdrechte in Loliondo im nördlichen Tanzania besitze. Infolge der Jagdkonzession sei der Zugang der Maasai zu Weideland für ihr Vieh stark eingegrenzt worden, was zu anhaltenden Spannungen zwischen den Maasai und der OBC geführt habe. Berichten zufolge gebe es Verbindungen zwischen der OBC und den königlichen Familien der Vereinigten Arabischen Emirate. Im September 2010 erschien auf der Internetseite der Organisation "TourismWatch" ein mit dem Bericht von "Survival International" übereinstimmender Artikel über die Vertreibungen der Massai und deren Hintergründe von Ulrich Delius ("Gesellschaft für bedrohte Völker", Asien- und Afrikareferent).


Petition für die Rechte der Massai

Eine wichtige Einnahmequelle Tansanias ist der Tourismus. AVAAZ verweist darauf, dass die Missachtung von Menschenrechten, Gewalt gegen die eigene Bevölkerung und deren Vertreibung aus ihren angestammten Lebensräumen durch die Regierung nicht gut ankommen. Herr Kikwete (Tansania, Präsident) versuche deshalb das Thema von der Öffentlichkeit fernzuhalten. Bis die Massai sich jetzt mit ihrem Hilferuf an die Weltöffentlichkeit gewandt haben, scheint im das offensichtlich recht gut gelungen zu sein. Wie AVAAZ berichtet, geht es auch im Falle der aktuell drohende Vertreibung von bis zu 48000 Angehörigen der Massai um ein geplantes "Geschäft" zwischen der Regierung Tansanias und der OBC bzw. den königlichen Familien der Vereinigten Arabischen Emirate.

Nachdem der zuvor erwähnte Landraub im Jahre 2009 über die Medien bekannt geworden war und weltweit für Empörung gesorgt hatte, habe Herr Kikwete das Ruder herumgerissen und die Massai in ihre Heimat zurückkehren zu lassen. Um auch im aktuellen Fall wieder den notwendigen internationalen Druck herzustellen, der Herrn Kikwete veranlassen könnte, auch diesen Angriff auf die Rechte der Massai zu stoppen, hat AVAAZ eine Petition an die Regierung Tansanias initiiert.

Jeder, der sich für den Schutz der Rechte der Maasai und den für die Tiere der Serengeti zugunsten der Touristen einsetzen möchte, die Fotos schießen wollen anstelle von Trophäen, kann die Petition auf der Internetseite von AVAAZ online unterzeichnen.

Die Petition im Wortlaut:
An Präsident Jakaya Kikwete:

Als Bürger der Welt rufen wir Sie dazu auf, jeglichen Versuch, die Massai von ihrem Stammesland zu vertreiben oder sie umzusiedeln, um Platz für ausländische Jäger zu schaffen, abzulehnen. Wir zählen darauf, dass Sie sich für die Rechte Ihrer Bürger einsetzen und Versuche, deren Landrechte gegen ihren Willen zu ändern, aufhalten.


Übrigens ...

... leben die Massai in ihrem bedrohten Paradies nicht "nur so vor sich hin". Sie bemerken sehr wohl, dass auch die Rechte anderer indigener Völker verletzt werden und treten auch für deren Rechte ein. So protestierten die Massai zum Beispiel gemeinsam mit den Innu, einem indigenen Volk aus dem Osten Kanadas, im Jahre 2004 vor dem Hochkommissariat von Botswanain in London für die Rechte der "Buschmänner" (richtiger: San) in der Kalahari, einer Halbwüste im Süden des afrikanischen Kontinents.

„Diese letzten Reste des afrikanischen Tierlebens sind ein kultureller Gemeinbesitz der ganzen Menschheit, genau wie unsere Kathedralen, wie die antiken Bauten, wie die Akropolis, der Petersdom und der Louvre in Paris. Vor einigen Jahrhunderten hat man noch die römischen Tempel abgebrochen, um aus den Quadern Bürgerhäuser zu bauen. Würde heute eine Regierung, gleich welchen Systems, es wagen, die Akropolis in Athen abzureißen, um Wohnungen zu bauen, dann würde ein Aufschrei der Empörung durch die ganze zivilisierte Menschheit gehen. Genau so wenig dürfen schwarze oder weiße Menschen diese letzten lebenden Kulturschätze Afrikas antasten. Gott machte seine Erde den Menschen untertan, aber nicht, damit er sein Werk völlig vernichte.
(Filmkommentar aus "Serengeti darf nicht sterben")


Fotos: Copyright by David Dennis, David Berkowitz und Steve Pastor

(Quellen: AVAAZ vom 12.08.2012, taz vom 24.06.2011, Tourism Watch vom September 2010, Die Zeit vom 22.07.2010, Zoologische Gesellschaft Frankfurt vom 15.06.2010, Survival International vom 20.08.2009, vom 29.09.2009 und vom 20.05.2004, Gesellschaft für bedrohte Völker, Wikipedia )

Sonntag, 5. August 2012

Nabucco in den Havenwelten

Giuseppe Verdis Oper "Nabucco" unter freiem Himmel ...
Gestern war der Tag, an dem ich, zusammen mit meiner Frau, eines meiner Geburtstagsgeschenke einlösen konnte: "Nabucco" unter freiem Himmel. Ich hatte mich schon lange darauf gefreut. Tagsüber hatte es immer wieder geregnet, Aber gegen Abend versprach ein strahlendblauer Himmel bestes "Ope(r)n-Air Wetter".


... in maritimer Umgebung am "Neuen Hafen" in Bremerhaven, ...
Klassische Musik mit Orchester, Chor und Solisten im maritimen Ambiente der "Havenwelten" bekommt man nicht oft geboten. Einlass war eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung. Schon lange vorher hatte eine schnell länger werdende Menschenschlange vor dem Eingang zum Gelände gewartet.


... mit dazu passender Inszenierung am Himmel: Das gibt es nur bei uns an der Nordseeküste.
Noch während des ersten Akts zogen die ersten Wolken einer Gewitterfront am Himmel auf. Während des ganzen Abends waren immer wieder Blitze zu sehen. Aber das Gewitter zog in weitem Bogen um uns herum. Irgendwie passte das Geschehen am Himmel perfekt zur Dramatik der Handlung auf der Bühne.


Chor und Solisten der "Festspieloper Prag"
So konnten wir die von der "Festspieloper Prag" aufgeführte Oper in vollen Zügen genießen. Eigentlich bin ich nicht gerade der große Opern-Fan. Aber ich mag Opern wie "Nabucco" oder "Don Carlos" von Giuseppe Verdi mit ihren Chorgesängen, die - oft im Wechselgesang mit den Solisten - sowohl ein wichtiger Bestandteil der Musik, wie auch des Bildes auf der Bühne sind.


Zaccharias (Jurij Kruglov), Hohepriester der Hebräer
Nachdem der letzte Ton auf der Bühne verklungen war gab es lang anhaltenden, immer wieder von "Bravo"-Rufen übertönten Applaus und stehende Ovationen. Die Künstler der "Festspieloper Prag" bedankten sich dafür, indem sie als Zugabe noch einmal den "Gefangenenchor" (Va, pensiero, sull'ali dorate) sangen.

Alles in allem war es ein wunderschöner Abend. Ich bedanke mich bei den Künstlern der "Festspieloper Prag" und sage noch einmal "Danke" für dieses außergewöhliche Geschenk.

Donnerstag, 2. August 2012

Heimlicher Atommülltransport in die USA

Atomkraft? Nein Danke!Man kann's ja mal versuchen: Klammheimlich sind abgebrannte Brennelemente aus Berlin und Geesthacht sowie Plutonium aus Braunschweig nach Nordenham (Unterweser) gekarrt und Nachts auf das britische Frachtschiff für Atomtransporte "Oceanic Pintail" (IMO: 8601408) verladen worden. Am 25.07.2012 verließ die "Oceanic Pintail" den Hafen von Nordenham. Zielhafen für den Atommülltransport ist Charleston (USA).

Die radioaktive Fracht der "Oceanic Pintail" besteht aus 25 abgebrannten Brennelementen aus dem Forschungsreaktor FRG-1 der "GKSS" in Geesthacht (BfS-Beförderungsgenehmigung Nr. 7198), abgebrannten Brennelementen aus dem Forschungsreaktor "BER II" des "Helmholtz-Zentrums Berlin" (BfS-Beförderungsgenehmigung Nr. 7200) und einer Plutonium-Beryllium-Strahlenquelle der Firma "Eckert + Ziegler Nuclitec" in Braunschweig (BfS-Beförderungsgenehmigung Nr. 7215). Antragssteller für die drei vorangegengenen Straßentransporte, den Umschlag und den Seetransport war die NCS (Nuclear Cargo + Service GmbH). Empfänger des Atommülls aus den Forschungsreaktoren des "Helmholtz-Zentrums" ist das "US-Department of Energy" in Aiken (USA).

Der Beförderungsgenehmigung des "Bundesamts für Strahlenschutz" (BfS) zufolge ist die Strahlenquelle mit dem Plutonium für die Adresse der "NSSI Sources and Services" in Houston (USA) bestimmt. Wie die "Nordwest Zeitung" (NWZ) am 30.07.2012 schrieb, ist das Atomforschungszentrum "Los Alamos National Laboratory" (LANL) in New Mexico das Ziel des Plutoniums (das ist dort, wo die USA unter größter Geheimhaltung an ihrer Atombombe gebastelt hatten). Frau Schaar (Umweltministerium Niedersachsen, Sprecherin) habe bestätigt, dass einige Spezialcontainer mit Plutonium aus der ehemaligen DDR in die USA verschifft worden sind. Dabei handle sich um die letzten Reste einer Plutonium-Beryllium-Quelle, die bisher bei "Eckert + Ziegler Nuclitec" in Braunschweig gelegen hätten.

47 dieser Strahlenquellen seien schon vor zwei Jahren über einen ihr nicht bekannten Hafen in die USA verschifft worden. Die letzte sei jetzt über Nordenham in die USA transportiert worden. Im niedersächsischen Umweltministerium halte man den Transport von Plutonium durch bewohnte Gebiete und Städte für unbedenklich.

Zuvor hatte Frau Kortner (Grüne, Abgeordnete) kritisiert, dass der Umschlag des Atommülls in derart geringer Enfernung zur Stadt Nordenham erfolgte. Frau Schaar sieht das etwas lässiger. Im dicht besiedelten Deutschland liege jeder Hafen dicht an Wohnhäusern. - Na, wenn das so ist, dann müssen Plutoniumtransporte wohl tatsächlich absolut ungefährlich sein: Anderenfalls gäbe es der Logik von Frau Schaar zufolge schließlich keinen Hafen, über den sich der strahlende Mist in die USA schaffen ließe.


Deutsche Atommülllager für deutschen Atommüll

Soviel also zum offiziell immer wieder verkündeten Grundsatz "Deutscher Atommüll muss in deutschen Atommülllagern verwahrt werden". Das gilt scheinbar nur dann, wenn es um Atommüll geht, der in Gorleben oder in Lubmin eingelagert werden soll. Aber wenn man nichts nachsagt, dann merkt das ja niemand. - Bis auf manchmal; so wie bei diesem Mal. Und irgendwann ist die Nachricht über den erfolgten Atommülltransport dann sogar auch den Verantwortlichen des Nordenhamer Stadtrats zu Ohren gekommen.

Wie die NWZ am 30.07.2012 berichtete, hätte Herr Wreden (CDU, Fraktionsvorsitzender) im Nachhinein wohl gerne weitere Einzelheiten über den Transport und den Umschlag erfahren, um wirklich beurteilen zu können, ob die Bürger gefährdet waren. Als ehemaliger Mitarbeiter im Atomkraftwerk (siehe NWZ) meint er wohl, er könne die Sicherheit von Atomanlagen und -transporten "fachgerecht" beurteilen (solange die beteiligten Firmen und ihre Mitarbeiter nur exakt nach den Vorschriften des Bundesamtes für Strahlungsschutz arbeiten und alle zuständigen Behörden informiert werden, wird schon nichts schiefgehen). Daran, dass Atommülltransporte und deren Umschlag "bei Nacht und Nebel" stattfinden, hat Herr Wreden allerdings nichts auszusetzen. - Das sei schließlich "gang und gäbe".

Herr Krüger (Grüne, Fraktionsvorsitzender) ist davon überzeugt, dass es richtig ist, den strahlenden Müll aus Deutschland herauszuschaffen. Die NWZ zitiert ihn mit den Worten: "Hier liegt wirklich genug von dem Zeug herum – beispielsweise im Zwischenlager in Kleinensiel." Recht hat der Mann. Lasst mich mal kurz überlegen: In Gorleben liegt, glaube ich, auch noch genug von dem Zeug herum ... - Das ist nicht zu fassen! Zudem rät Herr Krüger davon ab, die Bürger über bevorstehende Atommüll-Transporte zu informieren. Das könne nämlich größere Demonstrationen anlocken, die für die Polizei schwer zu kontrollierende Situationen heraufbeschwören könnten. - Ach, so ist das ...

Herr Thöle (SPD, stellvertretender Fraktionsvorsitzender) habe sich der NWZ gegenüber sehr überrascht darüber gezeigt, dass hochradioaktives Plutonium über Nordenham transportiert worden ist und weder Stadtverwaltung noch Landrat darüber informiert gewesen waren. Seiner Auffassung nach hätten zusätzlich auch der Stadtrat und die Bürger informiert werden müssen. Da der Hafen viel zu nahe an der dicht besiedelten Stadt liegt, sei Nordenham der falsche Ort für den Umschlag hochradioaktiven Atommülls. Bis hierzulande eine akzeptable Lösung für die Atommüll-"End"-Lagerung gefunden worden, halte Herr Thöle es aber für eine gute Idee, die strahlenden Hinterlassenschaften der Atomindustrie aus Deutschland herauszuschaffen anstatt sie in Deutschland zu lagern.

Näher betrachtet, hieße das dann wohl "für die Ewigkeit". Wenn man den Gedanken einmal zu Ende denken würde, dann käme man schnell zu dem Schluss, dass Herr Thöle sicher auch damit einverstanden wäre, wenn der Atommüll aus den vielen deutschen "Zwischen"-Lagern, sowie aus den "Zentralen Atommülllagern" Lubmin, Gorleben, Asse-II, Morsleben etc. über Nordenham in die USA verschoben werden würde.


Dieses Mal nicht über Bremerhaven ...

Nach Auskunft der "Helmholtz-Zentrums" wurde dieser Atommüll nicht wie vorhergegangene Transporte über Bremerhaven verschifft. Nachdem die Bremische Bürgerschaft im Januar 2012 mit den Stimmen von SPD und Grünen das Hafenbetriebsgesetz geändert, und die Bremer Seehäfen für Atomtransporte gesperrt hatte, habe man jetzt nach Nordenham ausweichen müssen. Der Transport per Lastwagen sei nicht öffentlich gemacht worden, um Behinderungen zu vermeiden. - Wobei man allerdings wissen muss, dass die "vorangegangenen Atomtransporte" ebenso vor der Öffentlichkeit verheimlicht worden sind, wie derjenige vom 25. Juli über den Hafen von Nordenham.

Wegen der Sperrung der bremischen Seehäfen für Atomtransporte gab es Kritik aus Hannover. Bremen habe sich aus "ideologischen Gründen" der Verantwortung entzogen. Man sei aber nicht auf die Solidarität Bremens angewiesen, um Atommüll aus dem Land zu bekommen. Komisch: Ich habe nie davon gehört, dass Niedersachsen sich je darum gerissen hätte, "vorangegangene Atommülltransporte" aus Solidarität mit der Bevölkerung Bremerhavens über niedersächsische Häfen außer Landes zu schaffen.

Im Übrigen stünde es der Regierung des Landes Niedersachsen jederzeit frei, sich mit den Städten, die ihre Häfen für den Umschlag von Atommüll und Atom-"Brennstoffen"gesperrt haben (bzw. entsprechende, bisher leider nur "symbolische", Beschlüsse gefasst haben), zu solidarisieren, indem sie die Häfen von Nordenham, Cuxhaven, Wilhelmshaven etc. ebenfalls für Atom-"Brennstoffe" und Atommüll sperrt. Würde sie diesen Weg gehen, dann hätte sich das Problem mit der getarnten Laufzeitverlängerung für die restlichen 9 Atommeiler und den damit witerhin produzierten Atommüll nämlich sehr bald von selbst erledigt.

Auch andere norddeutsche Hafenstädte, wie z.B. Lübeck, Cuxhaven oder Wilhelmshaven, hatten in der Vergangenheit schon politische Beschlüsse gefasst, die Atomtransporte über ihr Gebiet verhindern sollten. Aus Sorge, damit vor Gericht nicht bestehen zu können, wurden diese Beschlüsse jedoch nie in geltendes Hafenrecht umgesetzt. Gäbe es hier eine Solidarität unter den Bundesländern mit Häfen an Nord- und Ostsee, dann könnte es sich wohl kaum eine Bundesregierung leisten, mit einer Klage dagegen vorzugehen. Sie würde damit unter Umständen eine Dauerblockade im Bundesrat und Großdemonstrationen bis hin zu Blockaden der Hafenzufahrtswege riskieren.


(Quellen: NWZ vom 31.07.2012, vom 30.07.2012 - Bericht 1 und Bericht 2 -, NWZ vom 28.07.2012 - Bericht 1 und Bericht 2 -, vom 27.07.2012 und NWZ-Inside vom 30.07.2012, Kreiszeitung Wesermarsch vom 28.07.2012 und vom 26.07.2012, Radio Bremen vom 30.07.2012, Buten un Binnen vom 30.07.2012, Buten un Binnen Magazin vom 30.07.2012, Hamburger Abendblatt vom 27.07.2012 und vom 25.07.2012, Lübecker Nachrichten vom 26.07.2012, Landeszeitung Lüneburger Heide vom 26.07.2012 und vom 25.07.2012, oekonews.at vom 26.07.2012, NDR vom 25.07.2012, CityNewsTV vom 25.07.2012, Greenpeace Magazin vom 25.07.2012, BBU - Pressemitteilung vom 25.07.2012, AKW Grohnde – Nein Danke! vom 28.07.2012 und vom 25.07.2012, taz vom 25.01.2012, BfS-Beförderungsgenehmigungen, GKSS, Helmholtz-Zentrum Berlin, Eckert + Ziegler Nuclitec, NSSI Sources and Services, US-Department of Energy, Wikipedia)