Sonntag, 22. Mai 2016

Marode Kajen bei den Weserterassen

Wohngebäude Weserterassen auf der Halbinsel ...
Die Nordsee-Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 21.05.2016 über Schäden an den Bremerhavener Kajen. Dabei ging es unter anderem auch um die Kaje rund um die Weserterrassen. Dort seien die vor die alten Kajen gerammten Spundwände nicht nur - wie in anderen Breichen - korrodiert, sondern stellenweise komplett durchgerostet. Das Brackwasser setze dem Stahl dort besonders aggressiv zu.

Die Kosten für eine neue Spundwand, die vor die schadhafte gerammt werden müsste, werden der Nordsee-Zeitung zufolge mit 13 Millionen Euro veranschlagt. In der Sitzung des Bauausschusses habe Herr Grantz die Sanierung der Kaje mit einer Straßensanierung verglichen und laut darüber nachgedacht, dass die Anwohner demzufolge möglicherweise an den Kosten zu beteiligen seien.


... zwischen dem ehemaligen Schleusenvorhafen und der Geeste
Aus meiner Sicht ist es fraglich, ob die Sanierung der Kaje nur der Sicherung der Weserterassen, oder vielmehr auch der Sicherung der Wasserstraße "Geeste" dient. Die Wasserstraße wäre dann wohl - da sie überwiegend dem durchgehenden innerörtlichen oder überörtlichen Durchgangsverkehr dient - eine Hauptverkehrsstraße. Wasserstraßen sind im Bremerhavener Straßenbaubeitragsortsgesetz allerdings kein Thema. Neben Hauptverkehrsstraßen ist im §5 des Straßenbaubeitragsortsgesetzes noch von Anliegerstraßen und Haupterschließungsstraßen die Rede.


Gepflasterter Bereich zwischen dem Gebäude und den Kajen
Anliegerstraßen dienen der Definition im Gesetz zufolge ausschließlich oder überwiegend der Erschließung der angrenzenden Grundstücke. In "sonstigen Baugebieten" werden die Anwohner mit 75 Prozent der Kosten je sieben Meter Fahrbahn zur Kasse gebeten. Haupterschließungsstraßen dienen der Erschließung von Grundstücken und zugleich dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen. Dort wäre eine Beteiligung der Anwohner in Höhe von 40 Prozent der Kosten je acht Meter Fahrbahn fällig.


Blick vom Liegeplatz des Seenot Rettungskreuzers "Hermann-Rudolf-Meyer"
Ich bin einmal an dem betreffenden Kajenbereich entlang gegangen und habe nachgeschaut, wieviele Wohnungen es in den Weserterassen gibt. Dabei habe ich festgestellt, dass der in der Nordsee-Zeitung markierte Kajenabschnitt etwa 250 Meter lang ist. In dem Gebäude gibt es 35 Wohnungen. Da die gepflasterte Straße zwischen Kaje und den Weserterassen nur von den Anwohnern genutzt wird, vermute ich, dass es sich um eine Anliegerstraße handeln wird. Wenn ich das Gesetz richtig interpretiert habe, läge die Anwohnerbeteiligung dann überschlagsmäßig irgendwo zwischen sieben und achttausend Euro pro Wohnung.


Ehemaliger Vorhafen zur Schleuse ...
Das ist viel Geld für den einzelnen Wohnungseigentümer, aber nur "ein Tropfen auf den heißen Stein" für die Stadt. Die müsste dann nämlich immer noch rund 12,6 Millionen Euro für die Sanierung der Kaje aufbringen. Bezogen auf die Gesamtkosten für alle dringend sanierungsbedürftigen Kajen in Höhe von 43 Millionen Euro fiele eine Beteiligung der Weserterassen Bewohner erst recht nicht ins Gewicht. Im Bericht der Nordsee-Zeitung heißt es, Herr Grantz habe auf seine Überlegungen keine Antwort erhalten. Angesichts dieser Dimensionen wäre wohl auch jeder Kommentar überflüssig gewesen.


... des "Alten Hafens"
Ich habe den Eindruck, dass die "modernen" Spundwandkajen längst nicht so lange gehalten haben, wie die ursprünglichen, auf hölzernen Pfahlgründungen gemauerten Ziegelkajen. Dem Bericht der Nordsee-Zeitung ist zu entnehmen, dass anscheinend das - im Verhältnis zum Wasser der Weser - aggressivere Brackwasser ein Problem für den Stahl der Spundwände im Bereich der im Mündungsbereich der Geeste gelegenen Weserterassen darstellt. Demnach wäre bereits jetzt abzusehen, wann die nächste Sanierung fällig wäre. Ich habe leider keine Ahnung, ob es Alternativen gibt. Aber spontan stellte sich mir beim Lesen des Berichts in der Nordsee-Zeitung die Frage, ob der standardmäßig verwendete Stahl überhaupt das am besten geeignete Baumaterial für die Sanierung der Kaje rund um die Weserterassen ist.


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 21.05.2016, Straßenbaubeitragsortsgesetz )

Samstag, 21. Mai 2016

Landgang - Saisonstart vor der Saison

Führung an Bord der "Dar Młodzieży" (Bremerhaven, August 2012)
Unter dem neuen Namen "SeeStadtFest - Landgang Bremerhaven 2016" wird die bisherige "Bremerhavener Festwoche" mit überarbeitetem Konzept und erweitertem Programm bereits in der kommenden Woche starten.

Unter Einbeziehung der Fußgängerzone in der "Bürger" haben die Veranstalter das maritime Festival bewusst aus dem Sommer in die Vorsaison verlegt. Aufgrund der Häufung derartiger Veranstaltungen an den Küsten von Nord- und Ostsee gibt es im Sommer für die Großsegler immer einen dicht gedrängten Terminplan. Die Verlegung des "SeeStadtFests" in die Vorsaison soll dazu beitragen, den Termindruck, unter dem die Betreiber der Schiffe stehen, etwas zu entlasten. Das "SeeStadtFest" wurde außerdem in das Netzwerk "Maritime Feste an Deutschlands Küsten" aufgenommen. Insgesamt erhofft man sich davon, dass attraktive Groß- und Traditions-Segler leichter Zeit für einen Abstecher nach Bremerhaven finden.

Im Rahmen des "Landgangs Bremerhaven 2016" laden Dampf- und Motorschiffe, Traditions- und Großsegler zum täglichen Open-Ship ein. Dabei sind unter anderem Dampfschiffe wie der Bereisungsdampfer "Welle" oder der Eisbrecher "Wal", sowie Motorschiffe wie beispeilsweise der Seenot-Rettungskreuzer "Hermann Rudolf Meyer", das "Börteboot No. 3", das Vermessungsschiff "Seeadler" oder die "Quarantäne", die als ehemaliges Dienstboot des Bremerhavener Hafenarztes im Notfall als schwimmende Isolierstation für erkrankte Seeleute zum Einsatz gekommen wäre.
Mit der "Welle" verbindet mich ein persönliches Erlebnis, das mit der Seefahrt und der ursprünglichen Verwendung des Schiffes allerdings nichts zu tun hat. Einmal beschlossen meine Frau und ich während eines abendlichen Spaziergangs in Bremen auf der "Welle", die damals an der als Restaurantschiff "Schlachte" lag, einen Kaffee zu trinken. Wir waren die einzigen Gäste und wurden gleich nachdem wir Platz genommen hatten nach unseren Wünschen gefragt. Wir bestellten ein Kännchen Kaffee - also eines dieser kleinen Kaffeekännchen, in die ziemlich genau zwei Tassen Kaffee hineinpassen. Eigentlich gäbe es nur Kaffee in Tassen im Angebot, erhielten wir zur Antwort, aber man wolle sehen, was sich machen ließe. Nach kurzer Zeit wurde uns das größte "Kännchen" Kaffee serviert, das wir jemals erhalten hatten: Es war eine ausgewachsenen Kaffeekanne, die bis an den Rand mit Kaffee gefüllt war - zum Preis eines normalen Kännchens Kaffee. Nach diesem Erlebnis war die Welle so etwas wie "unser Schiff" ...



Für den "malerischen Rahmen" sorgen Großsegler wie das deutsche Schulschiff  "Alexander von Humboldt II", das Vollschiff "Dar Mlodziezy" aus Polen, die Viermastbark "Krusenstern" aus Russland, die portugisische "Santa Maria Manuela" oder die holländischen Segler "Mercedes" und "Artemis".

Ein interessantes Schiff ist auch die - neben den großen Seglern eher unscheinbare - "Cementesse": Auf den ersten Blick vielleicht nicht unbedingt zu erkennen ist, dass der Rumpf des von der Bremerhavener Schiffergilde betriebenen Stagsegelschoners aus Beton hergestellt wurde.


Für die Augen, die Ohren und das leibliche Wohl


Zum ersten Mal in Bremerhaven: Das Street Food Festival (Video: Street Food Festival)

Neu im Programm der Bremerhavener Festtage ist das "Hein-Mück Festival" mit Straßenmusikanten und Gauklern. Musiker, Zauberer, Akrobaten, Jongleure etc. aus ganz Deutschland werden nachmittags während des gesamten Wochenendes um die Gunst des Publikums buhlen.

Ebenfalls zum ersten mal ist das "Street Food Festival" dabei. Auf dem Theodor-Heuss-Platz werden "Straßenköche" kulinarische Spezialitäten aus aller Welt präsentieren.

Für die Ohren bietet das bewährte Rahmenprogramm wieder viel Musik aus den verschiedensten Stilrichtungen. Ein - im wahrsten Sinne des Wortes - Highlight wird das am Samstag, 28.05.2016 auf dem Plan stehende Höhenfeuerwerk mit Lasershow sein. Los geht es um 23 Uhr am Weser-Strandbad.


Mit der räumlichen Erweiterung des Festivals soll auch der Einzelhandel in der Fußgängerzone, im Columbus-Center und im Mediterraneo stärker eingebunden werden. Dafür werden die Geschäfte
im Columbus Center, in der Fußgängerzone und im Mediterraneo am Sonntag, dem 29.05.2016, geöffnet sein.
  • Aber mal unter uns gesagt: Wenn ich ein maritimes Festival besuche, dann werde ich meine Zeit bestimmt nicht in irgendwelchen Geschäften vertrödeln, in denen ich auch während der regulären Öffnungszeiten einkaufen kann. Aus meiner Sicht hat das eine mit dem anderen nichts zu tun.


SeeStadtFest - Landgang Bremerhaven
- Vom 26. bis zum 29. Mai 2016 -
Offizielle Eröffnung
  • Am: 26.05.2016
  • Um: 19:00 Uhr
    vor der Großen Kirche

Das Programm zum "Landgang Bremerhaven 2016"
kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.


Montag, 16. Mai 2016

Da kann man doch nachts nicht auf die Straße gehen

Beleuchtung des Altstadtrundwegs im Goethe-Quartier (Bremerhaven Lehe)
Diese und ähnliche Meinungen hört man auch immer wieder über das Leher Goethe-Quartier. Im Rahmen ihrer nächsten Arbeitssitzung will die "Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe e.V." (ESG-Lehe) belastbare Fakten zur Kriminalität im Goethe-Quartier aufzuzeigen, statt weiterhin überholte Vorurteile zu "pflegen".

Dazu hat die ESG-Lehe eine Expertin eingeladen, die sich auskennt. Unter TOP 2 der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung wird als Gastrednerin Frau N. Laue (Polizeioberrätin) über "die Situation der Kriminalität im Goethe-Quartier im Vergleich zu den anderen Bremerhavenern Stadtteilen" referieren.

Dieses Referat bildet den Auftakt zu einer neuen Vortragsreihe der ESG-Lehe zum Zwecke der "Image-Pflege im Goethe-Quartier". Anhand belegbarer Fakten und Vergleiche (engl. Benchmark) will die Eigentümer-Gemeinschaft auch mit anderen Vorurteilen "aufräumen", die sich im Laufe der Jahre in den Köpfen der Menschen verfestigt haben.

Hierzu lädt die ESG-Lehe alle Mitglieder und Immobilien-Eigentümer aus dem Goethe-Quartier ein.


Öffentliche Arbeitssitzung der ESG-Lehe
Themenschwerpunkt
"Kriminalität in Bremerhaven"
  • Am: 19.05.2016
  • Um: 19:00 Uhr

    Im Seniorentreff "Kogge"
    Goethestraße 23
    (Ecke Goethe-, Meidestraße)

(Quelle: Pressemitteilung der ESG-Lehe)

Samstag, 14. Mai 2016

Bundesregierung will Bürger-Windkraft abwürgen

Windkraftanlagen hinter dem Weserdeich bei Weddewarden (Bremerhaven)
Der Bundesregierung geht der Ausbau der Windenergie an Land zu schnell. Wenn der zügige Umbau der Energieversorgung auf Strom aus den klimaschonenden regenerativen Energiequellen Sonne, Wind und Wasser dafür sorgen würde, dass die Umsetzung der Energiewende früher zum Abschluss käme, als es der fossilen Industrie und ihrer politischen Handlanger lieb ist, dann würde es das frühere Aus der Braunkohle bedeuten, die aufgrund politischer Fehlentscheidungen der letzten Jahre gerade eine Renaissance erlebt.

Die Bundesregierung bereitet deshalb gerade die nächste Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor. Im Ursprünglichen EEG gab es keine Obergrenze für den Ausbau der regenerativen Energiequellen. Das änderte sich mit der Einführung von Obergrenzen (EEG-Novelle 2014: 2500 Megawatt pro Jahr). Bis 2025 sollen maximal 45 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Zur Zeit liegt deren Anteil bei 33 Prozent.

Zulasten des Klimaschutzes und der Schaffung von Arbeitsplätzen infolge des Ausbaus erneuerbarer Energien, soll der Anteil des klimaschonenden Stroms künstlich klein gehalten werden. Weitere Einschränkungen sollen jetzt mit der Umstellung von den bisher garantierten festen Einspeisevergütungen auf Ausschreibungen erreicht werden. Der günstigste Anbieter soll künftig den Zuschlag für neue Wind- oder Photovoltaik-Anlagen erhalten.

Wenn es die vielen kleinen privaten Initiativen oder Bürger-Genossenschaften nicht gegeben hätte, dann wäre die Energiewende noch längst nicht so weit fortgeschritten, wie sie es heute ist. Sie sind der Motor, der den Umbau des Energieversorgungssystems zum Vorzeigemodell für die ganze Welt gemacht haben. Mit der beabsichtigten Umstellung würde das Ende dieser Energiewende in Bürgerhand eingeläutet werden. Ausschreibungsverfahren sind langwierig und teuer. Am Ende bekommt einer der Anbieter den Zuschlag. Naturgemäß gehen deshalb die meisten Anbieter leer aus und bleiben auf ihren Kosten, die sie für die Ausschreibung aufgewendet haben, sitzen. Große, finanzstarke Konzerne können mit diesem Risiko leben - kleine Bürger-Genossenschaften können das nicht.

Dabei ist es aber gerade das in Deutschland marktbeherrschende Energieoligopol (Vattenfall, Eon, RWE und EnBW), das die Energiewende verschlafen hat und weiterhin auf fossile Energieträger und Atomstrom setzt. Während der Anteil an Kohle- und Atomstrom dieser vier großen Konzerne immer noch bei 83,9 Prozent*) liegt, haben sie inzwischen zumindest registriert, dass die Akzeptanz der Bürger für diese schmutzige, klimaschädigende Art der Stromerzeugung auf Kosten der Lebensbedingungen der nachfolgenden Generationen rapide zurückgeht. In der Werbung setzen sie deshalb zu 100 Prozent auf ihre "kleinen grünen Feigenblätter", deren Anteil an ihrem Strommix aber gerade einmal 14,2 Prozent*) ausmacht. Auf "neudeutsch" wird diese Art der Kundentäuschung gelegentlich auch als "Greenwashing" (sich grün /rein waschen) bezeichnet.


Anpassung der Ausbauziele ?!

Herr Gabriel (SPD, Bundeswirtschaftsminister) hat kürzlich gesagt, das Engagement der vielen kleinen Bürger-Genossenschaften für den Klimaschutz sei eine ernstzunehmende Konkurenz für die kleinen grünen Feigenblätter der des deutschen Energieoligopols. Deshalb sollten sie sich künftig im Rahmen von Ausschreibungsverfahren dem Wettbewerb stellen. Damit versucht Herr Gabriel von der Tatsache abzulenken, dass die geplante erneute Novelle des EEG lediglich dem Schutz und der Förderung der Braunkohleindustrie, sowie dem weiteren Hinauszögern des - aus Gründen des Klimaschutzes - ohnehin unausweichlichen Untergangs der fossil befeuerten Kraftwerke in Deutschland dienen soll.

Herrn Gabriel ist ausschließlich daran gelegen, dass die 'Ausbauziele für Wind, Sonne und Biomasse so angepasst werden, dass der festgelegte Korridor für den Ausbau nicht überschritten wird.' Um die "hohe Ausbaudynamik bei Wind an Land wieder auf den Ausbaupfad zurückzuführen", soll im ersten Quartal 2017 - zusätzlich zu den bereits genannten neuen Hürden - auch der garantierte Abnahmepreis für Strom aus Windenergieanlagen einmalig um 7,5 Prozent gesenkt werden.

Auf Drängen der CDU garantiert die geplante Novelle des EEG nicht einmal mehr, dass überhaupt noch Windanlagen an Land zugebaut werden dürfen. Eine so genannte "Mindestausschreibungs-Menge", die sicherstellen würde, dass die Zahl der im Gegensatz zu den Offshore Windparks kostengünstigeren Windkraftanlagen an Land noch zunimmt, ist nicht mehr vorgesehen. Bisher gab es zumindest eine garantierte Obergrenze.
  • Welch ein Irrsinn:
    Da soll die Zunahme des Anteils des klimafreundlichen Stroms aus regenerativen Energiequellen mit allen Mitteln der "politischen Kunst" abgewürgt werden, damit die besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke noch möglichst lange zur Beschleunigung der globalen Erwärmung beitragen können.
Richtig und notwendig wäre es, die Ausbauziele für Wind, Sonne und Biomasse so anzupassen, dass die Energiewende in Deutschland schnellstmöglich zum Abschluss kommt!

Ein Hoffnungsschimmer

Auch wenn es im Bundesrat unterschiedliche Ansichten darüber gibt, besteht dennoch Hoffnung: In elf der sechzehn Bundesländer gibt es ernsthafte Vorbehalte gegen die Pläne der Bundesregierung. Die zehn Bundesländer, in denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind, werfen der Bundesregierung vor, mit dem Ausbremsen der regenerativen Energien die Vereinbarungen des Weltklimagipfels von Paris zu torpedieren. "Die Zeit" zitiert beispielsweise Herrn Habeck (Die Grünen, Schleswig-Holstein, Umweltminister) in einem Artikel auf ihrer Internetseite vom 12.05.2016 mit den Worten (Zitat):
"Bei allem Einigungswillen hat die Bundesregierung keinen Blankoscheck für die EEG-Novelle. Substanzielle Nachbesserungen der Vorschläge sind notwendig."

Herr Ramelow (Die Linke, Thüringen, Ministerpräsident) lehnt die bislang bekannt gewordenen Pläne der Bundesregierung zur Novelle des EEG generell ab. Die "Thüringische Landeszeitung" zitiert ihn in einem Artikel auf ihrer Internetseite vom 12.05.2016 mit den Worten (Zitat):
"Schon der Geist des Gesetzes ist falsch." 
Bezüglich der geplanten Regelungen zur Biomasse, mit denen die Landwirtschaft massiv benachteiligt werde, weil nur noch Förderungen bei Neubauten vorgesehen sind, sei er mit Bayern einer Meinung und würde mit Ministerpräsident Horst Seehofer gemeinsam darum streiten, dass Altanlagen nicht ausgeschlossen werden.

In einem Bericht des "Tagesspiegels" vom 24.04.2016 heißt es, Herr Untersteller (Die Grünen, Baden-Württemberg, Umweltminister) habe das Öko-Institut beauftragt zu berechnen, welchen Einfluss verschiedene Ausbaukapazitäten von Windkraftanlagen auf die EEG-Umlage hätten. Dabei sei herausgekommen, dass die Bürger dadurch kaum entlastet würden. Der Ausbau der Windenergie würde jedoch empfindlich beschränkt werden. Die Einsparung für einen Haushalt, der im Durchschnitt 3500 Kilowattstunden pro Jahr verbraucht, läge allenfalls bei etwa zwölf Euro. Dafür falle der Zuwachs der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen bis 2025 um ein Drittel geringer aus - "mit allen Konsequenzen für den Klimaschutz". Der Tagesspiegel zitiert Herrn Untersteller mit den Worten (Zitat):
"Wir haben das Weltklimaabkommen in Paris unterzeichnet und damit versprochen, weniger Treibhausgase zu produzieren. Dieses Versprechen, das wir künftigen Generationen gegeben haben, können wir nur mit Hilfe der Erneuerbaren einlösen. Es wegen 12 Euro zu riskieren, ist kaum nachvollziehbar. Was die Bundesregierung für die Novelle des EEG plant, die massive Einschränkung der Windkraft und damit der kostengünstigsten Technologie, ist ein Irrweg."


Appell
an die Ministerpräsidenten der Länder


Um den Ministern der Bundesländer den Rücken zu stärken, hat das demokratische Netzwerk Campact einen Online-Appell initiiert. Darin heißt es (Zitat):
An die Ministerpräsident/innen der Länder

Die Pläne der CDU für ein neues Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bedrohen die Energiewende - im Interesse der Kohle- und Atomkonzerne. Der Ausbau der Windenergie soll dort ausgebremst werden, wo er kostengünstig ist und häufig in Bürgerhand erfolgt: an Land.

Sorgen Sie dafür, dass jährlich weiterhin deutlich mehr als 2.500 Megawatt Windenergie an Land hinzugebaut werden dürfen. Nehmen Sie Bürgerenergieprojekte bis zu 18 Megawatt von der Ausschreibungs-Pflicht aus. Retten Sie die Bürgerenergiewende!

Der Appell kann auf der Internetseite von Campact online unterzeichnet werden ...

Damit die Bürgerenergiewende weiterhin eine Chance gegen die finanzstarken Konzerne hat, einigte sich der Bundesrat im April darauf, dass bürgerliche Bieter sich ohne Angabe eines Gebotspreises an den jeweiligen Ausschreibungsrunden beteiligen können und die Garantie eines Zuschlags erhalten. Der jeweilige Gebotspreis und damit die Förderhöhe würden sich dann nach dem höchsten Gebot bestimmen, das neben ihnen noch einen Zuschlag erhalten hat. Das Handelsblatt schreibt am 13.05.2016 auf seiner Internetseite, ein knapp dreistündiges Gespräch der Ministerpräsidenten mit Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) sei ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Ende Mai wolle sich die Runde erneut treffen, um über die EEG-Novelle zu verhandeln.


Kosten für Klimakiller kontra Klimaschutz
 (Quelle: Josef Göppel, CSU, MdB)
Die Preistreiberrei des deutschen Energie-Oligipols unter Verweis auf die EEG-Umlage ist so alt wie das EEG. Dazu lohnt sich ein Blick zurück in die Vergangenheit. Bereits vor etwa vier bis fünf Jahren schrieb Herr Göppel (CSU, MdB) in einem offenen Brief an "alle Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion" (Zitat):
"Liebe Kolleginnen und Kollegen,

bei der Debatte über Strompreiserhöhungen lohnt es sich, einen Blick auf die Entwicklung der letzten zwölf Jahre zu werfen. Im Jahr 2000 betrug der durchschnittliche Haushaltsstrompreis 14 Cent, bei einer EEG-Umlage von 0,2 Cent. Bis 2009 erhöhte er sich auf 23 Cent, obwohl die EEG-Umlage nur bei 1,3 Cent lag. Aktuell haben wir ein Verhältnis von 26 zu 3,6 Cent pro kWh (siehe Grafik “Haushaltsstrompreis und EEG-Umlage”). Der Großteil der Strompreiserhöhung fand also unbeeinflusst von der EEG-Umlage statt. ..."

(weiterlesen ...)

Daran hat sich bis heute nichts geändert - auch daran nicht, dass uns seitens der seit 2005 von der CDU/CSU dominierten Bundesregierung das EEG und die erneuerbaren Energien als Sündenbock für die steigenden Strompreise verkauft werden. Zur Erinnerung: Unter anderem wurde unter diesem Vorwand im Oktober 2010 mit tatkräftiger Unterstützung seitens der FDP die "Laufzeitverlängerung" für Atomkraftwerke durchgesetzt. Und heute ist es die SPD - in persona Herr Gabriel - die dafür verantwortlich ist, dass die derzeitige schwarz-rote Bundesregierung der Braunkohle-Industrie und den Betreibern der fossil befeuerten Großkraftwerke mithilfe von Milliardensubventionen eine Zukunft beschert, die - wenn die eigentlich dringend notwendigen Maßnahmen zum Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe ernst genommen und politisch tatsächlich durchgesetzt werden würden - eigentlich schon längst Vergangenheit sein müsste.

In einem Bericht der "Mittelbayerischen" vom 25.04.2016 beziffert Herr Kurzmann (Bund Naturschutz, Kreisgruppe Cham, Vorsitzender) die Subventionen für die Braunkohle mit sechs Milliarden Euro - das sind Steuergelder, die für die Bekämpfung des Klimawandels nicht mehr zur Verfügung stehen. Herr Kurzmann präsentiert in dem Bericht eine weitere Rechnung (Zitat):
"Effektiver Klimaschutz bis zum Jahr 2030 würde 30 Milliarden kosten. Wenn wir nichts tun, dann kostet es 800 Milliarden Euro."

Wären die sechs Milliarden Euro nicht in die Subventionen für die Braunkohle, sondern in nachhaltige Maßnahmen für einen effektiven Klimaschutz investiert worden, dann müssten dafür bis 2030 nur noch 24 statt 30 Milliarden Euro aufgebracht werden!


Zum Weiterlesen



*) Statista.com, Stand: 2015

(Quellen: Handelsblatt vom 13.05.2016, Thüringische Landeszeitung vom 12.05.2016, die Zeit vom 12.05.2016, Mittelbayerische vom 25.04.2016, Tagesspiegel vom 24.04.2016, Nachdenkseiten vom 09.08.2012, Josef Göppel, Campact - Windkraft und -5-Minuten-Info, Wikipedia )

Sonntag, 8. Mai 2016

Das musste mal gesagt werden ...

Ein Frühlingsspaziergang im südlichen Lehe (2010, Jürgen Winkler)

Beim Blättern in - mangels Zeit zum Lesen - liegen gebliebenen und daher eigentlich schon uralten Nordsee-Zeitungen, fiel mein Blick auf einen kurzen Artikel, in dem Herr Christoph Reiprich über den Bremerhavener Stadtteil Lehe schreibt.

Die Worte Herrn Reiprichs sprechen mir, wie man so sagt, aus der Seele. Deshalb gebe ich sie hier einfach mal im Wortlaut wieder:
Lehe ist kriminell. Lehe ist unsicher. Lehe ist dreckig. Lehe ist arm. Lehe, Lehe, Lehe. Ich kann die einseitig gefärbten Negativ-Berichterstattungen der überregionalen Medien nicht mehr lesen, hören und sehen. Es mag ja sein, dass der Stadtteil in diversen Statistiken schlecht abschneidet. Aber sind Zahlen wirklich alles? Als ich vor einem Jahr angefangen habe, bei der NORDSEE-ZEITUNG zu volontieren, war mir Lehe weitestgehend unbekannt. Seitdem laufe ich beinahe täglich durch die Straßen und treffe auf sympathische Menschen aus Lehe. Mein Eindruck: Sie sind stolz darauf, hier zu wohnen. Sie fühlen sich sicher. Sie lieben ihren Stadtteil mit all seinen Macken und schönen Plätzen. Davon liest man in den Boulevardmedien jedoch nichts. Das wäre wohl schlicht zu langweilig.

Genau: So ist es!
Das musste mal gesagt werden.

(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 14.04.2016)

Mittwoch, 4. Mai 2016

Deshalb: Religionsfreiheit

Während ihres Parteitags am vergangenen Wochenende hat die AfD ihr beabsichtigtes Vorgehen gegen den Islam in Deutschland in ihr neues Grundsatzprogramm aufgenommen. Herr Tillschneider (AfD, Sachsen, Mitglied des Landesvorstands) sagte während des Parteitags (Zitat): "Der Islam ist 'uns' fremd. .."

Welch eine Erkenntnis. Einem Menschen, der an das glaubt, was ihm die Religion vermittelt, der er sich zugehörig fühlt, wird das eine oder andere dessen, woran Menschen glauben, die sich einer anderen Religion oder einer anderen Weltanschauung verbunden fühlen, wohl immer etwas "fremd" vorkommen.


Deshalb?

Aus seiner wenig überraschenden Erkenntnis leitet Herr Tillschneider in seinem darauf folgenden Satz her (Zitat): ".. Deshalb kann er sich nicht in gleichem Umfang auf die Religionsfreiheit berufen wie das Christentum."

Damit spricht sich Herr Tillschneider eindeutig gegen die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerte Religionsfreiheit aus. Diese Tatsache müsste zumindest denjenigenen durchaus bekannt sein, die am vergangenen Wochenende einem ihrer Parteikollegen zugehört haben. Die "Zeit" berichtet auf ihrer Internetseite in einem Beitrag vom 01.05.2016, ein Parteivertreter habe darauf hingewiesen, dass sich die AfD mit ihren Aussagen zum Islam gegen das Grundgesetz stellt.

Möglicherweise werden die meisten Parteitagsteilnehmer diesen "nicht ganz unwichtigen Hinweis"
aber erfolgreich ignoriert haben. Jedenfalls hatten die wenigen moderaten Stimmen nicht die geringste Chance, zu ihren "Parteifreunden" durchzudringen. So wurde beispielsweise ein Delegierter, der zum Dialog mit muslimischen Gemeinden vor Ort aufrief, ausgepfiffen. Ein Antrag, der zwischen einem abzulehnenden "politischen Islam" und einem "rein religiösen" Islam unterschied, wurde mit Buhrufen beantwortet.

Die AfD hat offensichtlich überhaupt nicht die geringste Absicht, in einen Dialog mit Vertretern des Islam in Deutschland einzutreten. Stattdessen setzt sie radikal auf Konfrontation. Große Zustimmung fand daher ein Antrag, der alle Glaubensrichtungen des Islam (Charidschiten, Schiiten, Sunniten, Sufis, Aleviten, Salafisten etc.) über einen Kamm schert, indem er behauptet, dass eine Aufklärung im Islam nicht realistisch und nicht wünschenswert ist. Der vom Bundesvorstand unterstützte Leitantrag, sogenannte "Islamkritiker" bei ihren Bemühungen um Aufklärung und Reformen des Islam zu unterstützen wurde damit abgelehnt.

Im Artikel 4, Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes heißt es unmissverständlich (Zitat):
  1. Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
     
  2. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Die Garantie der Unverletzlichkeit der Freiheit des Glaubens, des Gewissens, der Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses und des Rechts der ungestörten Religionsausübung ist einer der Grundpfeiler für das friedliche Miteinander und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.


Deshalb!

Die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit verpflichtet Angehörige aller Religionen in Deutschland zum respektvollen Umgang miteinander und zur Toleranz gegenüber Angehörigen einer jeweils anderen Religion. Nur die AfD nimmt für sich in Anspruch, gegen diesen fundamentalen Grundsatz für ein friedliches Miteinander verstoßen zu dürfen. Damit besteht die Gefahr, dass auch Andere dieses "Recht" für sich beanspruchen.

Während ihres gestern in Stuttgart zu Ende gegangenen Parteitags hat die AfD die - rechtlich wohl kaum haltbare - Ausgrenzung des Islam in ihrem Grundsatzprogramm festgeschrieben. Der Artikel 4 des Grundgesetzes gilt jedoch gleichermaßen für alle Religionen und weltanschaulichen Bekenntnisse. Jeder, der das infrage stellt und die Menschen ausgrenzt, die sich einer anderen Religion verbunden fühlen, sägt an diesem Grundpfeiler unserer Gesellschaft.
  • Deshalb sind die Herleitung Herrn Tillschneiders und das auf einem derartigen Weltbild aufbauende Grundsatzprogramm der AfD eine Gefahr für den sozialen Frieden in Deutschland.

Im Übrigen irrt Herr Tillschneider, wenn er meint, der Islam sein "uns" fremd. Da die muslimischen Gemeinden in Deutschland - im Gegensatz zu den christlichen Kirchen - keine Steuern erheben, kann die Zahl der hier lebenden Muslime zwar nur auf Grundlage anderer Quellen eingeschätzt werden, aber einer Grafik des Statistik Portals "Statistika" zufolge bekannten sich im Jahre 2010 hierzulande etwa vier Millionen Menschen zum Islam.

In einem Artikel auf der Internetseite des "Tagesspiegels" vom 13.11.2014 wird die Anzahl der Muslime in Deutschland mit 3,8 bis 4,3 Millionen angegeben. Diese Zahl entspreche der weithin anerkannten Hochrechnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Demnach lag die Anzahl der Muslime in Deutschland im Jahre 2014 bei etwa fünf Prozent der Gesamtbevölkerung.

Zumindest diesen etwa 3,8 bis 4,3 Millionen gemeinsam mit "uns" in Deutschland zusammen lebenden Menschen ist der Islam also keineswegs fremd. Darüberhinaus gibt es viele Christen, die - im Gegensatz zur AfD - den Dialog mit ihren muslimischen Mitbürgern suchen. Wenn man erst einmal miteinander ins Gespräch gekommen ist, dann ist man sich irgendwann nicht mehr fremd.

Wenn Herr Tillschneider also behauptet, der Islam sei "uns" fremd, dann spricht er vielleicht im Namen der AfD, ihrer Wähler und der Menschen, deren Ängste die AfD auszunutzen versucht, nicht aber in meinem  Namen und im Namen der Christen, die den Dialog mit ihren muslimischen Mitbürgern aufgenommen haben.


(Quellen: Die Zeit vom 01.05.2016, Frankfurter Rundschau vom 01.05.2016, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 01.05.2016, Tagesschau vom 01.05.2015, Tagesspiegel vom 13.11.2014, Gesetze im Internet, Statistik Portal "Statistika", Wikipedia )

Sonntag, 1. Mai 2016

Rückbau AKW Esenshamm: 20 Dissens-Punkte


Buten un Binnen: Extra zum Atomkraftwerk Unterweser (Radio Bremen vom 24.08.2015)

Im Rahmen ihrer gemeinsam koordinierten Aktionswoche "5 Jahre Fukushima, 30 Jahre Tschernobyl" hatten der BUND-Unterweser, die Bremerhavener GRÜNEN und die "Fukushima-Mahnwache" für den 28.04.2016 zu einem Informationsabend in der Bremerhavener "Werkstatt 212" eingeladen.

Im Kern ging es dabei um 20 Dissens-Punkte zu EON und dem Umweltministerium des Landes Niedersachsen im Zusammenhang mit dem Rückbau des Atomkraftwerks "Unterweser" (bzw. AKW Esenshamm) und dem Bau eines neuen "Zwischen"-Lagers (Atommülllager). Referenten waren Herr Meyer-Ott (Die Grünen, Wesermarsch) und Herr Obermair. Beide sind im "Arbeitskreis Wersermarsch" (AkW) aktiv.

In seiner Einführung in das Thema verdeutlichte Herr Meyer-Ott, warum es auch für uns Bremerhavener wichtig ist, die Vorgänge rund um das nur etwa fünfzehn Kilometer von Bremerhaven entfernt gelegene Atomkraftwerk im Blick zu behalten:
Herr Meyer-Ott stellte unter anderem unmissverständlich klar, dass EON sich die Möglichkeit vorbehält, das Atomkraftwerk "Unterweser" wieder in Betrieb zu nehmen.

Seitens des Atomkonzerns heiße es, man bereite zwar alles für den Rückbau des Atomkraftwerks vor, halte aber an seiner Verfassungsbeschwerde gegen die im Rahmen des Atommoratoriums und dem "Atomausstieg" verfügte Stillegung fest. Um seine Rechtsposition zu wahren, beabsichtige EON, erst nach einer gerichtlichen Entscheidung gegebenenfalls mit den endgültigen Rückbauarbeiten zu beginnen. Das war so übrigens auch schon einem Bericht des "Weser-Kurier" aus dem Jahre 2013 zu entnehmen. Die Bremer Regionalzeitung zitierte diesbezüglich die Darstellung einer Sprecherin des EON-Konzerns.

Anhand einer Liste von 20 Dissens-Punkten erläuterten die Referenten dann im Wechsel ihre Kritik an den - wie schnell deutlich wurde, ziemlich planlosen - Rückbauplänen des Atomkraftwerk-Betreibers EON und an den Planungen für den Bau eines neuen Atommüllagers auf dem Gelände des Atomkraftwerks "Unterweser". EON habe bisher kein schlüssiges Konzept für einen Rückbauplan vorgelegt. Stattdessen gebe es nur eine zusammenhanglose Sammlung diverser Ideen dazu, wie man die Sache angehen könnte.

Der AkW fordere vom niedersächsischen Umweltministerium, dass es EON zur Vorlage eines schlüssig nachvollziehbaren Gesamtkonzepts für den Rückbau verpflichtet. Anderenfalls sei zu befürchten, dass es - mit Fokus auf die jeweils gerade billigste Variante - "von Schritt zu Schritt" zu Einzelabsprachen mit dem niedersächsischen Umweltministerium komme, eine unabhängige, öffentliche Kontrolle nicht möglich sei und die Bevölkerung mit ihren Sorgen und Ängsten außen vor bliebe.

Genaugenommen waren es deutlich mehr als die angekündigten "20 Dissens-Punkte", die an dem Abend zur Sprache kamen: Zu einigen dieser zwanzig Punkte wurden mehrere Unterpunkte abgehandelt, die den Umfang der Informationen erheblich vervielfachten. In Anbetracht dieser geballten Informationsflut, kann ich mich natürlich nicht all das erinnern, was gesagt wurde. Aber allein das, was mir in Erinnerung blieb, ist Grund genug, die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Rückbau des Atomkraftwerks "Unterweser" im Auge zu behalten.


Umweltverträglichkeitsprüfung

Mit der Umweltverträglichkeitsprüfung soll eine Arbeitsgemeinschaft aus mehreren TÜVs beauftragt werden. Dagegen hat der AkW erhebliche Vorbehalte. Als Beispiel dafür nannte Herr Meyer-Ott das Auftreten eines Vertreters des TÜV im Rahmen eines Anhörungstermins, der wider besseres Wissen exakt die Linie des EON-Konzerns vertreten habe. Der AkW fordere deshalb, dass ein unabhängiger Prüfer mit der Umweltverträglichkeitsprüfung beauftragt wird.


Rückbau

Im Atomkraftwerk gibt es noch Brennstäbe die bis zur Abschaltung 2011 im Reaktor betrieben wurden. Diese müssen noch bis etwa 2017 ständig gekühlt werden, bis sie soweit abgeklungen sind, dass sie zur weiteren Lagerung in Castor-Behältern verpackt werden können. Sie geben dann aber immernoch so viel Wärme und Strahlung ab, dass sie noch nicht transportiert werden können.

Überrascht war ich über die Information, dass im Abklingbecken des Atomkraftwerks zerbrochene Brennstäbe liegen, für deren Bergung und Handhabung es bisher kein sicheres technisches Verfahren gibt. Auf meine Frage, wie es zur Zerstörung der Brennstäbe kommen konnte, antwortete Herr Obermair, diese seien bei der "Entnahme" aus dem Atomreaktor zerbrochen, weil sie verklemmt waren. Die Bergung bereite auch deshalb Probleme, weil die Bruchstücke nicht für das Einbringen in die Castor-Behälter geeignet seien.

EON hat beantragt, mit dem Rückbau zu beginnen bevor die hochradioaktiven Brennstäbe aus dem Atomreaktor entfernt worden sein werden. Herr Meyer-Ott erklärte, dass dieses Ansinnen mit einem großen Risiko verbunden wäre, da die Brennelemente gekühlt werden müssen. Dafür aber müssten aktive Sicherheitssysteme (Pumpen, Kühlkreislauf, Abschirmung, ...) während des Rückbaus weiterhin in Betrieb bleiben. Der AkW fordert deshalb, dass erst dann mit dem Abrissarbeiten begonnen wird, wenn alle Brennstäbe entfernt worden sind. Das gelte ebenso auch für die zerstörten Brennstäbe.

Das vorhandene Atommüll-"Zwischen"-Lager sei für eine Einlagerung nicht geeignet - EON sieht das anders. Deshalb klagt der AkW vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegen das Lager. In Brunsbüttel führte eine ähnlich begründete Klage gegen den Betrieb eines baugleichen "Zwischen"-Lagers zur Aufhebung der Betriebsgenehmigung durch das Oberverwaltungsgericht Schleswig.

Bezüglich der Lagerung und des Umgangs mit anfallendem mittel- und schwach radioaktivem Atommüll behält EON sich vor, den Rückbau von der Fertigstellung des Atommüll-"End"-Lagers "Schacht-Konrad" abhängig zu machen. Bis vor kurzen hieß es noch, das in einem ehemaligen Eisenerz-Bergwerk vorgesehene Lager werde im 2022 in Betrieb gehen. Ob der Zeitplan gehalten werden kann ist allerdings bisher noch gar nicht sicher. Im Jahre 2008 war noch davon ausgegangen worden, dass das Lager Ende 2013 seinen Betrieb aufnehmen kann. Im Oktober 2014 gab ein Sprecher des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) bekannt, dass er keinen konkreten Eröffnungstermin nennen könne. Der zuletzt geplante Termin (2022) sei ungewiss. Im Vordergrund stünde die Sicherheit. Erst wenn dieser Punkt geklärt sei, könne man über einen Zeitpunkt reden, ab dem mit der Einlagerung begonnen werden kann.

Der AkW kritisiert das Fehlen eines radiologischen Gesamtkatasters, anhand dessen die radiologischen Stoff- und Atomabfallstoffströme nachvollziehbar wären. Beispielsweise werden während des Rückbaus neben dem Atommüll weiterhin auch Emissionen radioaktiver Gase und Stäube über den Kamin anfallen. Für den Rückbau gibt es den Ausführungen der Referenten zufolge keine schlüssigen Strahlenminimierungskonzepte. Begründungen für die beantragten Abgabemengen lägen nicht vor. Auch sei beabsichtigt, während des Rückbaus mehr Abwasser als bisher in die Weser einzuleiten. EON habe beantragt, dafür die Grenzwerte für Radioaktivität im Wasser zu lockern.


Atommülllager

Bisher gibt es auf dem Betriebgelände drei Atommülllager. Derzeit sind darin 26 mit hochradioaktivem Atommüll beladene und sechs leere Castor-Behälter, sowie leicht und mittelradioaktiver Müll untergebracht. In einem der Lager werden den Referenten zufolge - in Zement gebunden - radioaktiv kontaminierte Arbeitsmittel (Putzlappen etc.) in Fässern gelagert. Biologische und/oder chemische Prozesse in den Zement-/Müll-Gebinden hätten zur Folge, dass einige der Fässer aufgebläht sind. Unter den Atomkraftgegnern in der Wesermarsch heißt dieses Lager deshalb "Blählager".

Da ein geeignetes "End"-Lager für hochradioaktiven Atommüll derzeit nicht in Sicht ist, hat EON einen Antrag für den Bau eines neuen Atommüll-"Zwischen"-Lagers gestellt (LUnA, Bauantrag von 2013). Das LUnA - eine achtzig Meter lange und siebenundzwanzig Meter breite Betonhalle - ist für die Lagerung von achtzig mit hoch radioaktivem Atommüll befüllten Castor-Behältern vorgesehen.

Die beantragte Halle ist für den voraussichtlich lokal anfallenden Atommüll überdimensioniert. Herr Meyer-Ott erklärte diesbezüglich, EON plane auch an anderen EON-Standorten anfallenden Atommüll auf dem Gelände des Atomkraftwerks "Unterweser" einzulagern.

Der AkW fordert, die Fremdeinlagerung zu untersagen - unter anderem auch deshalb, weil die Kriterien für einen "sicheren" Transport von anderen AKW-Standorten zum Atomkraftwerk "Unterweser" nicht erfüllt seien. Stattdessen solle das "Blählager" aufgelöst und in das LUaA integriert werden.

Wenn es nach EON ginge, würden die Atommüllbehälter im LUnA so eng wie möglich gestellt werden. Zur Kontrolle würde von jedem Behältertyp jeweils ein Referenzbehälter leicht zugänglich aufgestellt werden, der dann in gewissen zeitlichen Abständen auf mögliche Schäden untersucht werden würde.

Im Jahre 2012 war im stillgelegten Atomkraftwerk "Brunsbüttel" zufällig ein durch Korrosion schwer beschädigtes Atommüllfass gefunden worden. Der Schaden war lange Zeit nicht entdeckt worden, weil auch in Brunsbüttel nur Stichproben, nicht aber alle gelagerten Atommüllfässer kontrolliert worden waren. Zwei Jahre später war die Anzahl der bekannten, vor sich hinrostenden Fässer auf 102 gestiegen. Erst im Februar dieses Jahres konnte das erste Fass aus den schwer zugänglichen Lagerkavernen des Atomkraftwerks "Brunsbüttel" geborgen werden.

Der AkW fordert auch deshalb, dass alle Behälter im LUnA so aufgestellt werden, dass ihr Zustand jederzeit kontrollierbar ist und dass - unabhängig vom jeweiligen Stellplatz im Lager - beschädigte Behälter jederzeit geborgen werden können. Damit die Mitarbeiter keiner unnötigen Belastung durch Radioaktivität ausgesetzt werden, müsse die Überwachung und Kontrolle der Behälter mit Kameras erfolgen. Sollte einmal ein beschädigter Atommüllbehälter entdeckt werden, gäbe es allerdings keine "heiße Zelle" in der ein Reparatur vor Ort möglich wäre. Auch diesbezüglich fordert der AkW Nachbesserungen.

Ein weiterer Kritikpunkt des AkW betrifft die Sicherheit des LUnA gegen äußere Einwirkungen. Die Sicherheit gegen den Absturz eines Flugzeugs von der Größe eines Airbus A380 (Unfall, Terroranschlag) sei nicht gegeben. Einem Terrorangriff mit Panzerfäusten und anderen Angriffswaffen würde das Gebäude nicht standhalten. Auch gegen eine mögliche Überflutung (Sturmflut, Deichbruch) böte das geplante Atommülllager keinen ausreichenden Schutz.

Für das geplante neue "Zwischen"-Lager gibt es bisher keine verbindliche Festlegung für die Dauer der Betriebsgenehmigung. Befürchtungen, dass daraus im Laufe der Zeit ein "End"-Lager werden könnte, sind auch aus meiner Sicht nicht ganz unbegründet. Bis es in Deutschland ein "End"-Lager für hoch radioaktiven Müll geben wird, könnten wohl gut noch 30, 40 oder auch noch mehr Jahre ins Land gehen - falls hierzulande überhaupt jemals ein - nach Stand von Wissenschaft und Technik(!) - geeigneter Standort dafür gefunden werden sollte. Herr Wenzel (Die Grünen, Umweltminister) habe sich zwar bemüht zu versichern, dass tatsächlich nur ein "Zwischen"-Lager zur Diskussion steht, nicht aber eine dauerhafte Lösung in Form eines Atommüll-"End"-Lagers. Aber wirklich überzeugen konnte er damit wohl eher nicht.

Solange es kein wirklich sicheres "Endlager für hochradioaktiven Atommüll" gibt, das diese Bezeichnung auch verdient, macht die Unterscheidung zwischen "End"-Lager und "Zwischen"-Lager aus meiner Sicht ohnehin keinen Sinn. Ich würde die beiden Bezeichnungen daher der Kategorie "Neusprech" zuordnen. Davon, welche Aussicht besteht, weltweit überhaupt irgend einen sicheren(!) Standort für ein "Endlager für hochradioaktiven Atommüll" zu finden, vermittelt der Dokumentarfilm "Die Reise zum sichersten Ort der Erde", der zur Zeit noch in der arte-Mediathek zu sehen ist, einen Eindruck.


Freimessung

Die Teile eines Atomkraftwerks, die mit dem radioaktiven "Brennstoff" und seinen Zerfallsprodukten in Berührung kommen, werden im Laufe der Zeit so sehr radioaktiv kontaminiert, dass sie selbst als Atommüll gelagert werden müssen. Streit gibt es angesichts der großen Mengen an Gebäudeschutt im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Rückbau des Atomkraftwerks "Unterweser" darüber, ab welcher Radioaktivität es sich um radioaktive Abfälle handelt. EON beruft sich dabei auf die Strahlenschutzverordnung, derzufolge alles, was unter zehn Mikrosievert (µSv) liegt, für die Lagerung auf einer herkömmlichen Mülldeponie oder die Verwendung als Baumaterial, beispielsweise im Straßenbau, freigeben werden kann. Diese Vorgehensweise nennt sich dann "freimessen".

Die Maßeinheit Sievert ist ein Maß für die biologische Strahlenbelastung. Die genannten zehn Mikrosievert beziehen sich auf eine radioaktive Belastung, der ein Mensch über den Zeitraum eines Jahres ausgesetzt wäre. Zum Vergleich: In Deutschland sind wir infolge der "natürlichen" Strahlenbelastung einer mittleren effektiven Dosis in Höhe von 2,4 mSv (Millisievert) pro Jahr ausgesetzt.

Nun kann man zwar der Ansicht sein, dass 10 µSv gegenüber 2,4 mSv verschwindend gering sind, aber zum einen sind in der sogenannten "natürlichen" Strahlenbelastung Anteile aus dem Fallout während der Zeit der oberirdischen Atombombentests, radioaktive Stoffe aus dem "Normalbetrieb" von Atomkraftwerken etc. enthalten, denen unsere Vorfahren noch nicht ausgesetzt waren und zum anderen hat künstlich verursachte Radioaktivität in der Umwelt nichts zu suchen - schon gar nicht, wenn sie absichtlich dorthin entsorgt wird. Und jedes bischen Radioaktivität, was zusätzlich in die Umwelt gelangt, trägt letztlich zur Erhöhung unserer "natürlichen" Strahlenbelastung bei, die im Übrigen von Region zu Region durchaus unterschiedlich hoch ausfallen kann.

Nebenbeibemerkt gibt es genau genommen überhaupt keinen Gernzwert, ab dem Radioaktivität als ungefährlich angesehen werden könnte. Jedes herumfliegende Teilchen eines zerfallenen Atoms, jede noch so geringe Dosis Gammastrahlung kann eine Zelle so schädigen, dass sie zu einer Krebszelle mutiert. Dabei ist es völlig unerheblich, ob die Ursache dafür auf die "natürliche" oder auf die Radioaktivität aus technischen Anwendungen zurückzuführen ist. Da unser Immunsystem in der Lage ist, eine gewisse Anzahl an mutierten Zellen zu eliminieren, ist es nicht vorhersehbar, ob oder wann jemand an Krebs erkrankt. Sicher ist aber, dass die Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken, in Abhängigkeit der Höhe der Dosis an Radioaktivität nach oben zunimmt. Grundsätzlich gilt deshalb beim Umgang mit radioaktiven Stoffen immer das Minimierungsgebot.

Der AkW hält deshalb den Freigabewert von zehn Mikrosievert pro Mensch und Jahr für viel zu hoch. Um das Krebsrisiko für die Umgebung zu minimieren, müsse dieser auf zwei Mikrosievert gesenkt werden. Das sei bereits seit 2007 Stand von Wissenschaft und Technik - auch wenn dieser Wert bisher nicht in die Strahlenschutzverordnung aufgenommen wurde. Die Freigabe als "normaler" Bauschutt sei von unabhängiger Seite jeweils zu ermitteln und zu überwachen.

In diesem Zusammenhang wäre vielleicht interessant zu wissen, wie es bezüglich des Freigabewertes ab 2018 aussieht. Bis dahin muss die europäische EURATOM-Richtlinie, die grundlegend überarbeitet wurde, in nationales Recht umgesetzt worden sein. Soweit mir bisher bekannt ist, sollen die bisherige Strahlenschutzverordnung und die Röntgenverordnung in einer neuen Verordnung zusammengefasst und einige Grenzwerte gesenkt werden.

Die geforderte Anwendung eines Grenzwerts von zwei Mikrosievert würde die Menge an Schutt, der nicht auf einer herkömmlichen Deponie gelagert oder im Straßenbau wiederverwendet werden könnte, erheblich erhöhen. Als Deponie für freigemessenen Bauschutt aus dem Rückbau des  Atomkraftwerks "Unterweser" ist eine Sandgrube nahe der zwischen Bremerhaven und Bremen gelegenen Ortschaft Driftsethe im Gespräch. Auch dort regt sich bereits Widerstand seitens der "Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe".

Herr Meyer-Ott führte aus, dass der Verbleib der "freigemessenen", aber immer noch radioaktiven Abfälle "noch nicht einmal im Ansatz beschrieben" ist. Auch läge dafür kein Handhabungs-, Überwachungs- und Strahlenminimierungskonzept vor. Anstatt diese Abfälle - frei nach dem Motto "aus den Augen, aus dem Sinn" - einfach aus der Welt zu schaffen, indem sie in Mülldeponien oder unter Straßen vergraben werden, müsse ein entsprechendes Konzept für den Umgang mit diesem schwach radioaktiven Abfall entwickelt werden.


Hochwasserschutz

Ein weiterer Kritikpunkt des AkW ist der unzureichende Hochwasserschutz, sowohl für das Atomkraftwerk, wie auch für die Atommülllager auf dessen Betriebsgelände. Wie Herr Obermair ausführte, sind die Deiche nördlich und südlich des Atomkraftwerks "Unterweser" niedriger als im Bereich davor. Im Gegensatz zu den Deichen auf der Bremerhavener Seite seien die Deiche am östlichen Ufer bisher nicht an die aktuellen Prognosen im Zusammenhang mit der Klimaänderung und der daraus resultierenden Häufung und Verschärfung von Extremwetterereignissen angepast worden.

Nur im Bereich des Atomkraftwerks läge die Höhe der Deichkrone bei etwa acht Metern. Davor und dahinter seien die Deiche ein bis zwei Meter niedriger. Zudem gäbe es kurz vor und kurz nach dem Atomkraftwerk zusätzliche Absenkungen in der Deichhöhe, die auf die Straßendurchführung zum ehemaligen Fähranleger bei Kleinensiel und einem Sielbauwerk südlich des Atomkraftwerks zurückzuführen seien.

Im Falle einer schweren Sturmflut könnte der Deich an diesen kritischen Stellen überspült werden. Bei einer länger anhaltenden Sturmflut könnte es hier, zusätzlich zur fortschreitenden Durchweichung des Deiches, infolge des aufgrund des auf der steilen Böschung an der Rückseite der Deiche mit hoher Geschwindigkeit abfließenden Wassers zur Erosion kommen. Der Deich würde instabil werden und könnte brechen. Den Vorgaben für den Hochwasserschutz zufolge böten Deiche bei einer Höhe von etwas mehr als acht Metern Schutz vor der höchsten zu erwartenden Sturmflut.

Grundlage für diese Angaben seien zudem Prognosen aus den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Aktuelle Prognosen gehen von einem beschleunigten Anstieg des Meeresspiegel aus. Eigentlich ist daher also eher von zunehmend höher auflaufenden, als von "normalen" Sturmfluten auszugehen. Trotzdem halte das niedersächsische Umweltministerium den Hochwasserschutz im Bereich des Atomkraftwerks für ausreichend. Ich mag mir lieber nicht ausmalen, wie es im Falle einer Überflutung um die Sicherheit des Atomkraftwerks bestellt ist und wo fortgespülte radioaktive Bestandteile des auf dem Gelände gelagerten Atommülls später wiedergefunden werden würden.


Rechtsstreitigkeiten sind vorprogrammiert

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Herr Herr Meyer-Ott darüber berichtet, dass er seinen Parteikollegen Herrn Wenzel (Die Grünen, Niedersachsen, Umweltminsister) darum gebeten hatte, im Rahmen eines Erörterungstermins zum Rückbau und dem Neubau eines Atommülllagers verbindlich mitzuteilen, ob er die von den im AkW aktiven Initiativen seit Monaten geforderte "Freiwillige Öffentlichkeitsbeteiligung" einrichtet. Hintergrund ist, dass Vertreter AkW, des Umweltministeriums und des Betreibers sich im Vorfeld auf ein gemeinsames Vorgehen einigen und Entscheidungen gemeinsam fällen würden. Anderenfalls müssten die Rechte der betroffenen Bürger und Einwände von Umweltschutzverbänden vor Gericht eingeklagt werden.

Ein Gerichtsstreit würde aber den Rückbau des Atomkraftwerks unnötig verzögern. Damit wäre weder den im AkW zusammengeschlossenen Initiativen, noch dem Betreiberkonzern und dem Umweltministerium des Landes Niedersachsen geholfen. Ein ähnliches Verfahren, mit dem die Träger des Vorhabens, die Träger öffentlicher Belange sowie die zuständigen Behörden und die Initiativen zu gemeinschaftlichen Beschlüssen kamen, habe im Zusammenhang mit dem Forschungsreaktor "Geesthacht" erfolgreich zur Vermeidung von Klagen beigetragen.

Das Umweltministerium habe eine solche Art der Öffentlichkeitsbeteiligung jedoch abgelehnt. In Anbetracht der umfangreichen Kritiken an den Rück- und Neubauplänen rund um das Atomkraftwerk ist damit bereits jetzt abzusehen, dass es unweigerlich zu Klagen kommen muss!

Herr Meyer-Ott nannte einen Betrag, der dem AkW derzeit für die Begleichung der Kosten von Gerichtsverfahren zur Verfügung steht. Es sei bereits jetzt abzusehen, dass dieser für die zu erwartenden Rechtsstreitigkeiten nicht ausreichen werde. Herr Meyer-Ott nutzte daher die Gelegenheit, die Gäste der Veranstaltung darum zu bitten, bei der Werbung um Spenden zu helfen, damit der AkW auch künftig in der Lage ist, strittige Punkte im Zusammenhang mit dem Rückbau des Atomkraftwerks "Unterweser" einzuklagen. Dieser Bitte komme ich hiermit gerne nach.


(weitere Quellen: NDR vom 29.02.2016, Radio Bremen vom 23.02.2016, AkW - Brief an Umweltminister vom 18.02.2016, NWZ vom 16.10.2015 und vom 25.09.2015, umweltFAIRaendern vom 30.06.2015, SHZ vom 25.11.2014, Weser-Kurier vom 05.08.2013, SHZ vom 08.03.2012 , Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe, EURATOM-Richtlinie, Wikipedia )