Donnerstag, 27. Juni 2013

Gruß aus Kiel

Bremen
  
Ankunft mit dem Zug aus Bremerhaven am Montag Morgen in Bremen. Die Leute strömen aus dem Bahnhof in Richtung Arbeit - aber ich habe Urlaub.


Scheeßel: "Hurricane" Heimkehrer
  
Bei der Abfahrt in Bremen war das obere Deck des Waggons noch recht leer. In Scheeßel wurde es dann voller, als die Fans des "Hurricane" Rock-Festivals zustiegen, das am Sonntag zu Ende gegangen war. Zu erkennen waren sie an den obligatorischen, eingetrockneten Schlammspuren am Reisegepäck und den Gummisstiefeln. Regen und die dadurch bedingte Schlammschlacht gehören auch nach 16 Jahren immer noch zum Standard Rahmenprogramm der Veranstaltung.


Hamburg
  
In Hamburg noch einmal umsteigen ...


Von Hamburg nach Kiel
... und dann ging es weiter in Richtung Kiel.


Abends auf der Kieler Woche: "Sally Gardens"
Im Abendprogramm der Kieler Woche gab es dann die Musik, deretwegen ich schon zu Festivals gefahren bin: Folk vom feinsten mit "Sally Gardens" und "Rapalje".

Leider ist es mit der Internet-Geschwindigkeit in Schleswig-Holstein - zumindest auf dem Land nordöstlich von Kiel - nicht sehr weit her. Aber mit etwas Geduld konnte ich diesen Urlaubsgruß letztlich doch noch auf die Reise schicken.

Sonntag, 23. Juni 2013

Privatisierung der Trinkwasserversorgung gestoppt

Noch bevor die Frist der Zeichnung der Petition der Europäischen Bürgerinitiative right2water.eu (September 2013) abgelaufen ist, hat Herr Barnier (EU-Kommissar) jetzt mitgeteilt, er wolle die Wasserversorgung von der umstrittenen Konzessionsvergabe- richtlinie ausnehmen. Damit beugt er sich dem Druck von 1,5 Millionen EU-Bürgern, welche die Petition innerhalb kürzester Zeit mitgezeichnet hatten.

Dass dieses Kapitel mit dem Thema "Einfluss der Wirtschafts-Lobbyisten auf die Entscheidungen der EU-Kommission" noch einmal glimpflich für uns ausgegangen ist, zeigt wieder einmal, dass es sich lohnt, wenn die Bürger sich einig sind und gemeinsam für ihre Rechte einstehen.

Es hätte allerdings auch anders kommen können: Hätte Herr Barnier jetzt nicht die Notbremse gezogen, dann hätte sich die Europäische Kommission zwar mit der Petion der Europäischen Bürgerinitiative beschäftigen und eine Stellungnahme dazu abgeben müssen, aber sie hätte trotzdem nicht im Sinne der Bürger entscheiden müssen. Wäre es so gekommen, dann hätte die EU-Kommission allerdings wohl mit massiven Demonstrationen auf den Straßen Europas rechnen müssen.

Wie immer, wenn politische Notbremsen gezogen werden, ist es aber auch in diesem Fall: Plötzlich sind alle ehemaligen Befürworter der Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung über Nacht zu Privatisierungsgegnern mutiert.

So marschierte plötzlich und unerwartet sogar die wespenfarbene Bundesregierung schon immer an der Spitze der Privatisierungsgegner und begrüßt die Herausnahme der kommunalen Wasserversorgung aus der umstrittenen Konzessionsrichtlinie. Sollte ich da etwa Opfer einer massiven Neusprech-Kampagne à la George Orwells "1984" geworden sein? Merkwürdigerweise hatte sich nämlich gerade das FDP geführte Wirtschaftsministerium bisher immer an vorderster Front mit der Unterstützung der Forderung der EU-Kommission hervorgetan.

Entgegen der Erfahrungen anderer Städte und Kommunen mit privaten Wasserversorgern versuchte die FDP uns weiszumachen, dass die Privatisierung der kommunalen Wasserversorung sinkende Wasserpreise zur Folge haben würde und die verantwortlichen Politiker der CDU waren Meister im kritiklosen Nachgeplappern der Behauptung Herrn Barniers, von der geplanten Richtlinie gehe doch gar keine Gefahr aus. Und solche Leute wollen Deutschland vier weitere Jahre lang auf diese Weise für dumm verkaufen? Meine Unterstützung bekommen sie dafür nicht!

Während die Politiker der schwarz-gelben Bundesregierung gerade versuchen, sich mit einem völlig unglaubwürdigen Rückzug aus der Schusslinie zu manövrieren, hält Herr Barnier nach wie vor an seiner mehrfach widerlegten Behauptung fest, dass die geplante EU-Konzessionsvergaberichtlinie überhaupt keine Privatisierung öffentlicher Wasserversorger zur Folge gehabt hätte. Die taz interpretiert ihn in einem Artikel vom 22.06.2013 so (Zitat):
  • "Zurückgezogen werden die Pläne demnach nicht, weil sie falsch waren, sondern weil die dummen Bürger sie falsch verstanden haben."

Aus Sicht Herrn Barniers wird das eigentliche Problem aber wohl eher darin bestehen, dass die "dummen Bürger" gerade noch rechtzeitig Wind von der Sache bekommen haben. Wäre das nicht geschehen, dann hätte er sich jetzt nämlich nicht bei den Lobbyisten der großen Wasser-Konzerne wie Nestlé, Veolia, Suez (ex. Lyonnaise des Eaux) etc. unbeliebt machen müssen.


(Quellen: taz vom 22.06.2013, Spiegel vom 21.06.2013, Die Welt vom 21.06.2013, Deutschlandfunk vom 21.06.2013, Die Zeit vom 21.06.2013, Badische Zeitung vom 21.06.2013, Frankfurter Rundschau vom 21.06.2013, Tagesschau vom 21.06.2013, Wikipedia, EU-BI Right to Water)

Freitag, 21. Juni 2013

Dafür ist die Kanalisation nicht ausgelegt

Sommeranfang 2013 in Bremerhaven
Der Sommer begann in Bremerhaven heute Morgen mit einem Donnerschlag, dem, wie es sich für ein richtiges Gewitter gehört, gleich noch einige weitere folgten.

Dafür endete der Frühling mit zwei tropischen Sommertagen. Abends gab es jeweils ein Gewitter bei dem im fortlaufenden Donnergrollen keine Pausen zu hören waren, Regenfluten, die einige Straßen in geschlossene Wasserflächen verwandelten und Keller unter Wasser setzten.

Im Leitartikel auf der Titelseite der Nordsee-Zeitung hörte sich das heute so an (Zitat): ".. Innerhalb von drei Stunden fielen in der Stadt 27 Liter Regen. Weil die Kanalisation auf diese Mengen nicht ausgelegt ist, standen mehrere Straßen unter Wasser. .."

  • Ja, das ist natürlich schon doof, wenn die gesamte Kanalisation einer Stadt in der Größe Bremerhavens nicht einmal in der Lage ist, läppische 27 Liter Wasser zu bewältigen ;)

AKW-Brunsbüttel: Atommülllager verboten

Atomkraft? Nein Danke!Auf dem Gelände des abgeschalteten Atomkraftwerks "Brunsbüttel" (Schleswig-Holstein, Elbe) darf kein Atommüll mehr gelagert werden. Am 19.06.2013 hob das Oberverwaltungsgericht Schleswig die Betriebsgenehmigung für das Atommüll-"Zwischen"-Lager auf.

Geklagt hatte eine Familie, deren landwirtschaftlicher Betrieb nur wenige Kilometer von Atomkraftwerk entfernt liegt. In ihrer Klage stellte sie die Frage nach der Sicherheit des etwa 250 Meter vom Atomreaktor entfernt stehenden Atommülllagers im Falle eines Terrorangriffs mit Panzerfäusten oder einem Flugzeug wie dem Airbus 380. Betreiber des Atomkraftwerks und des Atommülllagers ist der Atomkonzern "Vattenfall", der seit 2003 die Genehmigung für die Lagerung radioaktiver Abfälle auf dem Kraftwerksgelände hat.

In seiner Urteilsbegründung wirft das Gericht dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) "Ermittlungsdefizite" vor. Beispielsweise seien in Jahre 2003 Daten zum Airbus 380, der damals bereits gebaut wurde, nicht berücksichtigt worden. Auch Details zu neueren panzerbrechenden Waffen habe das Amt außer Acht gelassen. Da das Oberverwaltungsgericht keine Revision zuließ, ist das Urteil endgültig.

Herr Altmaier (CDU, Bundesumweltminister) dürfte über die Aufhebung der Betriebsgenehmigung für das Atommülllager nicht sehr erfreut sein, da mit der Urteilsverkündung auch die Zustimmung der Landesregierung Schleswig-Holsteins zur Lagerung von Castor-Behältern mit hochradioaktivem Atommüll aus der Atommüll-Aufbereitungsanlage "Sellafield" (Großbritanien) wertlos ist. Schon mit der strikten Weigerung Bayerns und Hessens, hochradioaktiven Atommüll in ihren Bundesländern zu lagern, war das "Endlagersuchgesetz" der wespenfarbenen Bundesregierung, über das in Kürze im Bundestag abgestimmt werden soll, eigentlich gescheitert. Was bleibt, ist nur die Zusage der grün-roten Landesregierung Baden-Würtembergs für die Aufnahme maximal eines Drittels der erwarteten Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll.

Die Aufnahme des hochradioaktiven Atommülls aus den Atommüllaufbereitungsanlagen "Sellafield" und "La Hague" (Frankreich) in Atommülllagern an den Atomkraftwerksstandorten ist jedoch die Vorbedingung für die Einigung zum Endlagersuchgesetz auf politischer Ebene. Dabei handelt es sich um den Atommüll aus deutschen Atomkraftwerken, der noch aus den Atommüllaufbereitungsanlagen zurückgenommen werden muss, aber entsprechend der Einigungen zum Endlagersuchgesetz nicht mehr im oberirdischen Atommüll-"Zwischen"-Lager am Standort Gorleben eingelagert werden soll.


Atommülllagerung: Ein großes Geheimnis

Da das BfS viele Details geheim hielt, und dem dem Gericht daher keine Fakten zur Verfügung standen, auf deren Grundlage es hätte entschieden können, ging es letztlich nur um die Frage, ob das BfS im Jahre 2003 korrekt gehandelt hatte. Einem Bericht der taz vom 19.06.2013 zufolge hatten die Sachverständigen des BfS beispielsweise mehrfach nur angegeben, sie hätten stets "konservativ", also vorsichtig gerechnet - allerdings mit der meines Erachtens nicht gerade unwesentlichen Einschränkung, dass sie "nicht in jedem Szenario den schlimmsten Fall angenommen" hätten.

Für die Gutachterin der Kläger (Oda Becker) seien jedoch beispielsweise gerade Details - etwa wie lange ein abgestürztes Flugzeug brennt - entscheidend, da die Sicherheit von Atomkraftwerken, Atommüllbehältern oder Atommülllagern im Falle eines Brandes immer auch von der Dauer der Hitzeeinwirkung abhängig ist. Der Sachverständige des BfS habe die "Frage der Thermik" hingegen als "nicht so relevant" abgetan.


Endlagersuchgesetz: Sicherheit nachrangig

Neben den Auswirkungen der Aufhebung der Betriebsgenehmigung für das Atommülllager des Atomkraftwerks "Brunsbüttel" auf das Endlagersuchgesetz stellt sich nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig erneut die oft gestellte - aber nie befriedigend beantwortete(!) - Frage nach der Sicherheit der Atomkraftwerke, ihrer außerhalb des Reaktorgebäudes liegenden Anlagen und ihrer Atommülllager bezüglich möglicher Terrorangriffe oder Flugzeugabstürze. - Und wenn das Gericht dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) im Falle des Atomkraftwerks "Brunsbüttel" Ermittlungsdefizite vorwirft, dann werden derartige Defizite bei der Genehmigung anderer Atommülllager und sonstiger Atomanlagen wohl kaum auszuschließen sein.

Wenn alles mit rechten Dingen zuginge, dann hätten die Fragen des Oberverwaltungsgerichts Schleswig nach der Sicherheit des Atommülllagers beim Atomkraftwerk "Brunsbüttel" wohl ohne Umschweife beantwortet werden können. Aufgrund der Tatsache, dass das BfS diese Fragen aber als vertrauliche Verschlusssache behandelt, liegt die Vermutung nahe, dass die Sicherheit der Atomüll-"Zwischen"-Lager - insbesondere aber diejenige des von Vattenfall betriebenen Lagers bei Brunsbüttel - tatsächlich zu wünschen übrig lässt.


Atomanlagen schnellstmöglich stillegen!

Da die Sicherheitslage der Atomanlagen ein so großes Geheimnis ist, wissen wir Bürger überhaupt nicht, wofür wir unsere schwer verdienten Steuergelder ausgeben. In Falle des Atommülllagers auf dem Gelände des Atomkraftwerks "Brunsbüttel" wäre unser Geld jedenfalls offenbar für die Lagerung von Castorbehältern in einer Anlage ausgegeben worden, deren Eignung dafür nicht einmal das Oberverwaltungsgericht Schleswig klären konnte. Dem hat das Gericht jetzt dankenswerter Weise einen Riegel vorgeschoben.

Nach den Super-GAUs in den Atomkraftanlagen "Tschernobyl" und "Fukushima Dai-ichi", dem GAU des deutschen Atommüllagerungskonzepts im ehemaligen Salzbergwerk "Asse-II", der Beinahe-Atomkatastrophe beim Brand der u.a. mit Uranhexafluorid beladenen "Atlantic Cartier" im Hamburger Hafen etc. ist einzig die Tatsache sicher belegt, dass es bezüglich der Atomkraftwerke, sowie ihrer Ver- und Entsorgung keinerlei Sicherheit gibt.

Aus Gründen der Sicherheit müssen deshalb alle Atomanlagen in Deutschland schnellstmöglich stillgelegt werden. Die letzten neun deutschen Atomkraftwerke müssen deutlich vor dem Jahre endgültig abgeschaltet werden. - Und mit der Außerbetriebnahme der letzten Atomkraftwerke ist der "Atomausstieg" noch lange nicht abgeschlossen!


(Quellen: NDR vom 19.06.2013, taz vom 19.06.2013, Spiegel vom 19.06.2013, Die Zeit vom 19.06.2013, Die Welt vom 19.06.2013)

Mittwoch, 19. Juni 2013

Bremen: Atom-"Brennstoff"-Umschlag bleibt verboten

Atomkraft? Nein Danke!Der Umschlag von Atom-"Brennstoffen" in den Bremischen Häfen bleibt weiterhin verboten. Die Fraktion der CDU in der Bremischen Bürgerschaft (Bremer Landesregierung) hatte erfolglos gegen die Änderung des Hafenbetriebsgesetzes durch die rot-grüne Mehrheit vor dem Bremer Staatsgerichtshof (Verfassungs-gericht des Landes Bremen) mit einem Normenkontrollantrag geklagt.

Die CDU wollte vom Staatsgerichtshof des Landes Bremen die Bestätigung für ihre Annahme erhalten, dass die Landesregierung mit dem Verbot des Umschlags von Atom-"Brennstoffen" - gemeint sind damit Brennstäbe für Atomkraftwerke und der bei deren Einsatz entstehende Atommüll - gegen Bundes- und EU-Recht verstößt. Sie argumentiert, dabei ginge es um Atomrecht, welches eine Angelegenheit der Bundesregierung sei. Daher überschreite die Landesregierung mit der Teilentwidmung der Bremischen Häfen für den Umschlag von Atom-"Brennstoffen" im Hafenbetriebsgesetz ihre Kompetenzen.


Schwarz-gelbe Atompolitik ...

Für die Öffentlichkeit hört sich der Anlass für den Vorstoß der Bremer CDU allerdings ganz anders an. In Interviews hieß es aus den Reihen der CDU-Politiker, man befürchte einen wirtschaftlichen Schaden für Bremen, wenn nicht mehr alle Güter in den Bremischen Häfen umgeschlagen werden dürfen. Das Umschlagsverbot für Atom-"Brennstoffe" gehe zulasten der Konkurrenzfähigkeit gegenüber den anderen deutschen Seehäfen an den Küsten der Nord- und Ostsee.

Einer Pressemitteilung des "Antiatomplenums Bremen" zufolge lag der Umschlag der Atom-"Brennstoffe" bis Ende Januar 2012 jedoch lediglich bei 20 Prozent der über die Bremischen Häfen in Bremerhaven abgewickelten Atomtransporte. Bei den verbleibenden 80 Prozent handele es sich um den Transport anderer radioaktiver Stoffe.

Wenn man bei einer Fahrt durch das Hafengebiet in Bremerhaven sieht, dass die Bereiche Auto- und Container-Umschlag offensichtlich den Löwenanteil der dort abgefertigten Güter ausmachen, dann wird der Anteil der 20 Prozent Atom-"Brennstoffe" am Umschlag radioaktiver Stoffe, der insgesamt nur einen kleinen Teil des Gesamtumschlags ausmacht, wohl kaum ins Gewicht fallen. Davon, dass sich hinter den "verbleibenden 80 Prozent" aber auch Rohstoffe für die Herstellung neuer Uran-Brennelemente in der Urananreicherungsanlage Gronau und in der Brennelementefabrik in Lingen verbergen, hört man in der Öffentlichkeit allerdings nicht sehr viel.

Ihre wahren Beweggründe versucht die Bremer CDU-Fraktion mit beiden Argumentationssträngen zu verschleiern. In Wahrheit geht es ihr wohl eher um die Aufrechterhaltung der Ver- und Entsorgung für die Atomkraftwerke, die nach dem Willen der schwarz-gelben Bundesregierung mindestens noch bis 2022 in Betrieb bleiben sollen.

Gestern hat der Bremer Staatsgerichtshof den Normenkontrollantrag der CDU abgelehnt. Mit einer - allerdings sehr knappen - Mehrheit von vier zu drei Stimmen verkündeten die Richter, die Änderung des Hafenbetriebsgesetzes sei kein Verstoß gegen die Landesverfassung. Daher sei der Bremer Staatsgerichtshof in dieser Sache nicht zuständig.

Das Scheitern vor dem Bremer Staatsgerichtshof hätte sich die Bremer CDU wohl besser erspart. Unter den Bremer und Bremerhavener Bürgern, denen an einem schnellen Umbau der Energieversorgung - weg von fossilen- und atomaren-, hin zu CO2-neutralen, regenerativen Energiequellen - gelegen ist, hat sie mit ihrem Vorstoß jedenfalls mit Sicherheit keine neuen Freunde hinzugewonnen.

Nachdem der Bremer Staatsgerichtshof sich für nicht zuständig erklärt hat und weil die Bremer CDU-Bürgerschaftsfraktion nicht vor dem dem Bundesverfassungsgericht klagen kann, sind ihre rechtlichen Möglichkeiten jetzt ausgeschöpft. Wie die taz in ihrer Online-Ausgabe vom 17.06.2013 schreibt, hätten nur Bundes-Instanzen die Möglichkeit, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Änderung des Bremer Hafenbetriebsgesetzes vorzugehen. Das sei bisher jedoch noch nicht geschehen. Auch vom Umschlagsverbot betroffene Spediteure könnten möglicherweise über den Instanzenweg versuchen, letztlich eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes anzustreben.


... und rot-grüne Gegenmittel

Im Gegensatz zu den Motiven der Bremer CDU-Bürgerschaftsfraktion könnte die Regierungskoalition des Landes Bremen (SPD und Bündnis '90 /Die Grünen) mit ihrem Umschlagsverbot für Atom-"Brennstoffe" vom 31.01.2012 auch den möglichen Nebeneffekt einer deutlichen Verkürzung der Betriebszeiten der neun noch laufenden Atomreaktoren im Blick haben, die natürlich von einer gesicherten Ver- und Entsorgung - also von Atomtransporten - abhängig sind.

So wie es zum Selbstverständnis der CDU in der Bundesregierung und in den Landesregierungen gehört, die Interessen der Atomkonzerne zu unterstützen und die Welt mit Atombrennstäben "Made in Germany" aus der Urananreicherungsanlage Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen zu beglücken, gehört es zum Selbstverständnis der SPD und der Grünen, dass sich die Nutzung von Atomkraftwerken zur Stromerzeugung nicht mit den Zielen nachhaltiger rot-grüner Wirtschaftspolitik, sowie wie dem Ausbau der erneuerbaren Energien vereinbaren lassen.

Der Argumentation im Normenkontrollantrag der CDU-Bürgerschaftsfraktion setzt die Bremer Landesregierung entgegen, dass sie mit der Teilentwidmung nur den Umschlag von Atom-"Brennstoffen" verboten hat. Die "Widmung von Häfen" sei jedoch eine Angelegenheit der Länder. Kein Bundesland könne vom Bund gezwungen werden, Hafenanlagen für den Atomtransport zu bauen oder vorzuhalten. Die Änderung des Bremer Hafenbetriebsgesetzes sei somit kein Eingriff in das Atomrecht.


Bund muss Umschlagsverbot respektieren

Das Bundesumweltministerium bestätigt den Standpunkt der Bremer SPD. Auf eine Anfrage beim Bundesumweltministerium erhielt Radio Bremen die Antwort, der Bund habe in der Frage des Umschlagsverbots für Atom-"Brennstoffe" in den Häfen keine Anordnungsbefugnis. Die Bundesregierung könne also nicht erzwingen, dass Atom-Transporte über die Häfen in Bremen oder die Bremischen Häfen in Bremerhaven stattfinden.

Diese Auskunft des Bundesumweltministeriums widerspricht ganz klar auch der Aussage der früheren schwarz-gelben Landesregierung Niedersachsens. Diese hatte argumentiert, sie habe keine Möglichkeit, den Transport von MOX-Brennelementen über den Midgard-Hafen in Nordenham (Niedersachsen, Weser) zum Atomkraftwerk "Grohnde" zu unterbinden. Mit ihrer Resolution vom 18.09.2012 waren der Stadtrat Nordenham und der Kreistag Wesermarsch diesbezüglich der Zeit schon um einiges voraus.

Die damalige schwarz-gelbe Landeregierung sah jedoch offenbar keine Veranlassung, sich damit auseinanderzusetzen. Die neue rot-grüne Regierung des Landes Niedersachsen wollte das gestern gefällte Urteil des Bremer Staatsgerichtshof abwarten und anschließend politisch bewerten. Ich bin sehr gespannt, ob dabei etwas herauskommen wird, oder ob Herr Weil sich wieder - wie zuvor schon im Falle Endlagersuchgesetz /Atommüll-"End"-Lager "Gorleben" - von Herrn Altmaier (CDU, Bundesumweltminister) um den Finger wickeln lässt.

Sollte die Landesregierung Niedersachsens den Umschlag von Atom-"Brennstoffen" in den Häfen des Landes aber ebenfalls verbieten, dann bliebe an der Nordseeküste im Wesentlichen nur noch der Hamburger Hafen für Atomtransporte übrig. Nach dem Brand auf der "Atlantic Cartier" im Hamburger Hafen, die radioaktives Uranhexafluorid an Bord hatte, das für die Brennelement-Herstellung benötigt wird, dürften die Menschen in Hamburg aber inzwischen gegenüber den Gefahren von Atomtransporten auch etwas sensibilisierter geworden sein ...


Staatsgerichtshof: Der andere Standpunkt

Die drei Verfassungsrichter des Bremer Staatsgerichtshofs, die eine andere Meinung als ihre vier Kollegen vertreten, merken an, dass der Seeweg für Atom-"Brennstoffe", der offenkundig ja große Bedeutung habe, verschlossen wäre, wenn andere Küstenländer dem bremischen Beispiel folgen würden. Daher sei das Umschlagsverbot ein eindeutiger Eingriff in Zuständigkeiten des Bundes.

Das sehe ich anders. Denn selbst wenn in allen deutschen Seehäfen der Umschlag von Atom-"Brennstoffen" verboten wäre, bliebe der Bundesregierung, immer noch der Umschlag in Häfen des benachbarten Auslands und der Transport über Land. Unter diesem Gesichtspunkt wäre selbst die Teilentwidmung aller deutschen Seehäfen kein Hindernis für die Bundesregierung, wenn sie meint, ihren internationalen Verpflichtungen (Rücknahme des Atommülls in Form von MOX-Brennstäben aus der Atommüll-Aufbereitungsanlage "Sellafield", Großbritannien) nachkommen zu müssen.

Und was den weltweiten Export von Atom-Brennstäben "Made in Germany" über die deutschen Seehäfen angeht, ist es ohnehin längst an der Zeit, die beiden Atomfabriken zu schließen. Solange diese noch in Betrieb sind, bleibt die Absichtserklärung der wespenfarbenen Bundesregierung, sie wolle aus der Nutzung der Atomenergie auszusteigen, schlichtweg unglaubwürdig. Mit der Stilllegung der letzten neun Atomkraftwerke allein wird der deutsche Atomausstieg jedenfalls noch lange nicht vollendet sein!


(Quellen: taz vom 17.06.2013, Weser-Kurier vom 17.06.2013, Antiatomplenum Bremen - Pressemitteilung vom 17.06.2013, Radio Bremen - Buten un Binnen Beitrag vom 17.06.2013, Pressemitteilung des Staatsgerichtshofs Bremen vom 17.06.2013, SAND und MAUS vom 14.06.2013, Radio Bremen vom 16.06.2013)

Montag, 17. Juni 2013

Morgenstimmung an der Weser

Bremerhaven: Seenebel (Geestemündung, Nordmole)
Wenn über der Wesermündung und dem Fluss tiefliegende Nebelschleier liegen, dann heißt das bei uns Seenebel. Er entsteht, wenn die Wasseroberfläche deutlich kühler ist als die angrenzenden Landflächen und die warmen Lufmassen über dem Land in Richtung Meer treiben. Die Luft kühlt sich dann schnell ab und die darin enthaltene Feuchtigkeit kondensiert zu Nebel. Als die Sonne heute Morgen über der Stadt aufging, malte sie, gemeinsam mit dem Nebel über dem Wasser, violette, blaue und rote Farbtöne auf die Szenerie.

Bremerhaven: Die "Sedow" zu Gast an der Seebäderkaje
Eigentlich hatte ich aber heute Morgen den Weg entlang der Weser eingeschlagen, um noch einen letzten Blick auf die "Sedow" zu werfen, die am Wochenende in Bremerhaven zu Gast war. Heute macht sich die Viermastbark wieder auf den Weg.

Bremerhaven: Skulptur "Die Auswanderer" (Seebäderkaje)
Der Vater der Auswanderer-Familie blickte ursprünglich von der Kaiserschleuse aus in Richtung Amerika. Im Zuge der Vergrößerung der Schleuse mussten "Die Auswanderer" umziehen, weil sie den Umbaumaßnahmen dort im Wege standen. Die Skulptur erinnert jetzt auf dem neugestalteten Platz an der Seebäderkaje an die Zeit, als Bremerhaven einer der bedeutensten Ausgangspunkte für die Auswanderer in die "Neue Welt" war.

Ich wünsche allen Besuchern meiner Seiten einen guten Start in die Woche.


PS:
Eine eigenartige Stimmung mit einem besonderen Licht über der Weser hat auch die Weserkrabbe kurz vor einem Sturm mit anschließendem Regenschauer mit der Kamera eingefangen ...

Sonntag, 16. Juni 2013

Ein atompolitischer Scherbenhaufen

Atomkraft? Nein Danke!Mit einem Atommüll-"End"-Lagersuchgesetz soll die sichere Lagerung des Atommülls aus deutscher Produktion für Millonen von Jahre sichergestellt werden. Aber schon eine Einigung darüber, wo der aus der Atommüllaufbereitung noch zurückzunehmende und der zusätzlich noch anfallende Atommüll - außerhalb des Standorts Gorleben - "zwischen"-gelagert werden soll, erweist sich als aussichtslos.

Als die schwarz-gelbe Bundesregierung ihre Absicht zum Neubeginn bei der Suche nach einem geeigneten Atommülllager auf einer "weißen Landkarte" verkündet hatte, war von der Bildung eines neuen gesellschaftlichen Konsens die Rede gewesen. Eine Kommission solle die Eignungskriterien für die über Jahrmillionen sichere Lagerung des hochradioaktiven Atommülls erarbeiten und auf Grundlage dieser Kriterien Vorschläge für geeignete Atommülllager-Standorte unterbreiten. Auf dieser Basis sollte ein "End"-Lagersuchgesetz erarbeitet und verabschiedet werden.

Da die wespenfarbene Bundesregierung darauf bestand, dass der nach Aussage geologischer Gutachten für eine Langzeitlagerung des hochradioaktiven Atommülls ungeeignete Salzstock "Gorleben-Rambow" bei der Suche nach einem Atommülllagerstandort nicht ausgeschlossen wird, war ihre weiße Landkarte von Beginn an mit einem schwarzen Makel versehen.

Und auch mit der Grundlage für einen gesellschaftlichen Konsens ist es nicht weit her. Inzwischen beschränkt sich der Kreis der aktiv Beteiligten auf im Bundestag vertretene Parteien, Regierungen der Bundesländer und die vier in Deutschland aktiven Atomkonzerne. Der wesentliche Teil unserer Gesellschaft, die Bürger, bleiben weitestgehend außen vor.

Mit seiner Absicht, das "End"-Lagersuchgesetz noch vor der Bundestagswahl im September dieses Jahres durch den Bundestag zu boxen, stellt Herr Altmaier (CDU, Bundesumweltminister) den Sinn der Kommission in Frage, die ja eigentlich erst in zwei Jahren die für das Gesetz notwendigen Grundlagen benennen sollte. Das, sowie die - vorsichtig formuliert - ungenügende Einbindung der Bürger in den Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess, führte zur Absage der Teilnahme von Umweltschutzorganisationen und der Organisationen der Anti-Atomkraft-Bewegung am sogenannten Endlager-Forum in Berlin. Mit dieser Veranstaltung hatte das Bundesumweltministerium Anfang Juni 2013 im Nachhinein der Eindruck einer Beteiligung der Bürger an einem offensichtlich bereits im Vorfeld beschlossenen Gesetz erwecken wollen.

Dass die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens (SPD und Bündnis '90 /Die Grünen) das Vorpreschen Herrn Altmaiers mit dem Bruch ihres Wahlversprechens, "Gorleben" aus der Liste möglicher Atommülllagerstandorte zu streichen, überhaupt erst möglich machte, muss man inzwischen wohl als atompolitischen Kollateralschaden verbuchen. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass Herr Weil (SPD, Niedersachsen, Ministerpräsident) die Aufnahme weiterer Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll in Niedersachsen ablehnt. Mit den Castoren im oberirdischen Atommüll-"Zwischen"-Lager am Standort "Gorleben" habe Niedersachsen sein Soll mehr als erfüllt, argumentiert er.

Ansonsten haben sich bisher nur die Landesregierungen von Baden-Württemberg (Bündnis '90 /Die Grünen und SPD) und die Schleswig-Holstein (SPD und Bündnis '90 /Die Grünen) bereit erklärt, ein "Zwischen"-Lager für die 26 Castoren mit hochradioaktivem Atommüll, die demnächst noch aus den Atommüll-Aufarbeitungsanlagen in Sellafield (Großbritannien) und La Hague (Frankreich) zurückgenommen werden müssen, zur Verfügung zu stellen.

Schleswig-Holstein hat seine Zustimmung jedoch davon abhängig gemacht, dass mindestens noch ein dritter Standort für ein "Zwischen"-Lager in einem Bundesland im Süden Deutschlands benannt wird. Die CDU- bzw. CSU-geführten Landesregierungen Hessens und Bayerns haben jedoch - mit stillschweigender Zustimmung Frau Merkels (CDU, Bundeskanzlerin) - von vorneherein erklärt, ihre Bundesländer kämen als Zwischenlager nicht in Frage. Eine Einigung darüber, wo die 26 Castoren bis zur möglichen Fertigstellung eines geeigneten Atommülllagers gelagert werden sollen, wird deshalb bis irgendwann nach der Bundestagswahl vertagt.

Gespräche Herrn Altmaiers mit den Verantwortlichen der Atomkonzerne führten zu keinem Ergebnis, weil diese auf die Einlagerung weiterer Castorbehälter im "Zwischen"-Lager Gorleben bestanden. Gestern änderten sie ihre Haltung, weil Herr Altmaier ihnen zusagte, die Bürger für die Lagerung der Castoren in Standortlagern von Atomkraftwerken zahlen zu lassen. Diese wurden dazu natürlich wieder nicht um ihre Zustimmung gefragt. Soviel also zum Verständnis der Begriffe "Bürgerbeteiligung" und "gesellschaftlicher Konsens" seitens Herrn Altmaier und der wespenfarbenen Bundesregierung.

Der Beschluss zum "End"-Lagersuchgesetz, der in der übernächsten Woche im Bundestag gefasst werden soll, dürfte sich daher eigentlich wohl nur darauf beschränken, dass bis 2031 ein Standort gefunden sein soll, an dem die deutschen Hinterlassenschaften des Atomzeitalters untergebracht werden können.

  • Was bleibt ist - wieder einmal(!) - ein atompolitischer Scherbenhaufen. Am besten wäre es, die Scherben zusammenzufegen und noch einmal - dann aber tatsächlich unter Einbindung aller Teile der Gesellschaft, insbesondere auch der Bürger und unter Ausschluss von "Gorleben" - von vorn zu beginnen.


(Quellen: Weser-Kurier vom 15.06.2013, Deutschlandfunk vom 14.06.2013, Frankfurter Rundschau vom 14.06.2013, WAZ vom 13.06.2013, Greenpeace vom 24.05.2013 )

Freitag, 14. Juni 2013

1984 plus 29 - Big Brother NSA

Dass die Weltöffentlichkeit vor etwa einer Woche von dem Abhörskandal des amerikanischen Geheimdienstes "National Security Agency" (NSA) erfuhr, der mithilfe seines Spionagesystems "PRISM" massiv in die Privatsphäre unzähliger Menschen eingreift, verdankt sie dem US-Bürger Edward Snowden. Gestern meldeten mehrere Medien, die US-Bundespolizei FBI habe Ermittlungen gegen Herrn Snowden eingeleitet. Die Behörden hätten angekündigt, "alle notwendigen Schritte" zu unternehmen, um ihn zur Verantwortung zu ziehen.

Nach seiner Flucht aus seiner Heimat Hawaii vor dem Zugriff amerikanischer Behörden hat Herr Snowden offenbar in Hong Kong Zuflucht gesucht. Einem Artikel der "South China Morning Post" vom 14.06.2013 ist zu entnehmen, dass er sich dort bereits seit dem 20. Mai aufhält. Gerade China wäre ja nun nicht gerade meine erste Wahl gewesen, wenn ich mich aufgrund der Aufdeckung von Datenschutzverletzungen und Internetspionage in den USA auf der Flucht befände. Die "South China Morning Post" zitiert Herrn Snowden diesbezüglich mit den Worten (Zitat):
"People who think I made a mistake in picking HK as a location misunderstand my intentions. I am not here to hide from justice, I am here to reveal criminality. (Die Menschen, die meinen, ich hätte einen Fehler gemacht, indem ich Hong Kong als Aufenthaltsort ausgewählt habe, missverstehen meine Absichten. Ich bin nicht hier, um mich vor der Justiz zu verstecken, ich bin hier, um kriminelle Machenschaften aufzudecken."

Über die Technik, die es dem US-Geheimdienst "National Security Agency" (NSA) ermöglicht, auf derart massive Weise in die Privatsphäre unzähliger Menschen eingreifen zu können, sagte Herr Snowden gegenüber der "South China Morning Post" (Zitat):
"We hack network backbones – like huge internet routers, basically – that give us access to the communications of hundreds of thousands of computers without having to hack every single one." (Wir hacken Netzwerk Knotenpunkte - hauptsächlich sehr große Internet Router - die uns Zugriff auf die Kommunikation von hundertausenden Computern ermöglichen, ohne dass wir jeden einzelnen hacken müssten.)"

Über die Frage, wie der NSA Zugriff auf diese Knotenpunkte bekommt, mutmaßt die Internet-Plattform "netzpolitik.org" in einem Artikel vom 13.06.2013, eine Möglichkeit dafür sei die bewusste Ausnutzung neu entdeckter Schwachstellen eines Systems. Damit die Lücken im System möglichst lange nutzbar bleiben, würden die Entwickler der betroffenen Software nicht über die Schwachstellen informiert. Bei Netzwerk-Hardware Herstellern wie Cisco seien solche Schwachstellen leider keine Seltenheit.

Eine zweite Möglichkeit, wie die NSA Zugriff auf die Knotenpunkte erlangen könnte, seien gezielt eingebaute Hintertüren in den Netzwerk-Komponenten durch die Hersteller. Es habe den Anschein, als sei in den USA jeder dieser Knotenpunkte, egal ob für das Internet oder Handynetz, mit einer solchen Hintertür ausgestattet, damit amerikanische Strafverfolgungsbehörden jederzeit Zugriff auf die gesamte Kommunikation der US-Bürger haben.

Da Cisco als amerikanisches Unternehmen auch in diesem Geschäft gut vertreten sei, wäre es darüberhinaus keineswegs auszuschließen, dass solche Hintertüren auch in weltweit vorhandenen Knotenpunkten des Internets vorhanden sind. In diesem Falle würde der NSA Zugriff auf sämtliche Kommunikation im Internet - nicht nur in den USA! - haben. - Und dass Cisco es mit den Menschenrechten manchmal nicht so genau nimmt, habe auch das Engagement des Netzwerk-Hardware Herstellers in China gezeigt, wo er maßgeblich am Aufbau der chinesischen Netzzensur mitgearbeitet habe.

Womit wir wieder bei China wären: Bezüglich ihrer jahrzehntelangen (berechtigten!) Kritik am totalitären Machtapparat der chinesischen Machthaber und der damit verbundenen systematischen Menschenrechtsverletzungen in China haben sich die USA inzwischen wohl selbst diskreditiert.


1984 plus 29

Als George Orwell in den Jahren 1946 bis 1948 seinen - aus seiner damaligen Sicht in einer fernen Zukunft angesiedelten - Roman "1984" über den fiktiven, totalitären Überwachungs- und Präventionsstaat "Ozeanien" schrieb, hätte sicherlich kaum jemand für möglich gehalten, dass nur 29 Jahre nach 1984 eine derart bedrückende Vision ausgerechnet im "Land der unbegrenzten Möglicheiten" einmal zur Realität werden könnte. Die USA sind zwar, im Gegensatz zum fiktiven Staat "Ozeanien" George Orwells eine Demokratie. Aber wenn die US-Bürger ihre Rechte nicht einfordern und dem permanenten Eingriff in ihre Privatsphäre nicht aktiv entgegentreten, dann könnte es mit der Demokratie dort irgendwann auch vorbei sein.

Diese Gefahr sehe ich übrigens für alle demokratischen Gesellschaften. Wenn die Bürger aufhören, ihre demokratischen Rechte wahrzunehmen, wenn sie im Zweifelsfalle nicht bereit sind, für die Wahrung ihrer Rechte und Interessen einzutreten und wenn sie aufhören, ihren "Volksvertretern" ständig auf die Finger zu schauen, dann begeben sie sich auf den Weg in die Fänge der Machtgierigen, denen nur an der Durchsetzung ihrer eigenen Interessen gelegen ist.


Internationaler Appell

Weltweit regt sich inzwischen Protest gegen die willkürlichen Datenschutzverletzungen des NSA. Auch das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ hat einen Online Appell an Herr Obama (USA, Präsident) initiiert, dem sich seit vorgestern weltweit im Sekundentakt immer mehr Menschen anschließen (Zitat):
An Präsident Barack Obama:

Bitte stellen Sie sicher, dass Whistleblower Edward Snowden gerecht und menschenwürdig behandelt wird und ein ordnungsgemäßes Verfahren erhält. Das PRISM-Programm stellt eine der schwerwiegendsten Verletzungen der Privatsphäre dar, die je von einer Regierung begangen wurde. Wir fordern Sie auf, es umgehend zu beenden. Edward Snowden soll als ein Whistleblower anerkannt werden, der im öffentlichen Interesse gehandelt hat - und nicht wie ein Schwerverbrecher behandelt werden.
Der Appel kann auf der Internetseite von AVAAZ online unterzeichnet werden.

  • Wir werden auch weiterhin auf Menschen wie Herrn Bradley Manning oder Herrn Edward Snowden angewiesen sein, wenn wir die Wahrheit über die hinterhältigen Machenschaften der Politik und deren Handlanger informiert sein wollen. Nur wer weiß, was hinter seinem Rücken vor sich geht, kann sich dagegen zur Wehr setzen. Deshalb verdienen Menschen wie Herr Manning oder Herr Snowden unsere Unterstützung und Solidarität.

Transparente Rituale

In altbekannter Weise wird jetzt wieder gerade einmal das zugegeben werden, was in diesem Falle dank Herrn Snowden ohnehin schon bekannt ist. Das nennt sich dann "Transparenz" und soll der Ruhigstellung der Massen dienen. Es gibt aber auch in den USA noch Politiker, die kritische Fragen bezüglich der Verhältnismäßigkeit der Mittel stellen, und dabei auch die Konfrontation mit einem Vier-Sterne General nicht scheuen. Der Spiegel gab in einem Artikel vom 13.06.2013 diesen Ausschnitt aus der Befragung Herrn Alexanders (NSA, Direktor und General) wieder, die am 12.06.2013 vor den Senatoren des Geldbewilligungsausschusses stattfand:
Herr Leahy (Demokraten, Vermont) stellte Herrn Alexander die Frage: "Es ist also korrekt, dass wir Millionen über Millionen über Millionen Datensätze horten und ein Dutzend davon hat sich als entscheidend erwiesen?"

Herr Alexander antwortete mit: "Ja."

Herr Leahy fragte weiter: "Würden Sie uns bitte die spezifischen Fälle nennen, über die Sie hier sprechen?"

Herr Alexander: "Das werden wir dem Geheimdienstausschuss morgen mitteilen. Das amerikanische Volk soll wissen, dass wir hier Transparenz walten lassen."

Herr Leahy: "Nein, Sie eröffnen den Amerikanern gar nichts, Sie zeigen allein ausgewählten Kongressmitgliedern geheimes Material, richtig?"

Herr Alexander: "Wir wollen beides tun, auch Material veröffentlichen."

Herr Leahy: "Kriegen Sie das innerhalb einer Woche hin?"

Herr Alexander: "Ich bemühe mich."...

Das einzig Transparente wird auch hier wieder der immer gleiche Ablauf dieser politischen Rituale sein, wenn es den Politikern darum geht, zu retten, was noch zu retten ist.


(Quellen: South China Morning Post vom 14.06.2013 [engl.], netzpolitik.org vom 13.06.2013, Spiegel vom 13.06.2013 - US-Geheimdienst: NSA-Chef verteidigt Schnüffelaktion, Spiegel vom 13.06.2013 - FBI-Ermittlungen: Edward Snowden auf der Flucht, AVAAZ vom 12.06.2013, Spiegel vom 12.06.2013, Frankfurter Allgemeine vom 12.06.2013, Frankfurter Allgemeine vom 10.06.2013, Spiegel vom 10.06.2013, Süddeutsche Zeitung vom 09.06.2013, taz vom 07.06.2013)

Montag, 10. Juni 2013

Stadt grün, statt grau

Blühende Hosen ...
"Eh, Mann, was ist das denn da? ..." Eine Gruppe junger Männer ist früh am Morgen - gefühlt wahrscheinlich wohl eher spät am Abend - auf der Eupener Straße unterwegs, als sie die Jeans mit den zusammengeknoteten Hosenbeinen bemerken, die am Zaun des Pausenhofs Lehe aufgehängt sind. "... Da wächst was drin." Ich beobachte die Szene, die sich ungefähr zwanzig Meter entfernt abspielt, von meinem Standpunkt in der Lutherstraße aus, als ich mit unserer Hündin Cleo, wie an jedem Morgen, den ersten Rundgang des Tages unternehme. "Das da hinten ist Salat! ..." Etwas entfernt vom Zaun stehen auf dem Pausenhof Lehe zwei orangefarbene Pflanzkästen, sowie Gruppen von Müllsäcken, die, ebenso wie die am Zaun befestigten Jeans, mit Blumenerde gefüllt und bepflanzt sind. "Geil, das kann man essen!" ...


... und essbarer Salat, mitten in der Stadt.
Selbstverständlich kann man Salat essen. Weniger selbstverständlich ist es allerdings, dass Salat und sonstiges Gemüse mitten in der Stadt auf einem öffentlichen Platz gepflanzt wird. Vielleicht ist es doch ganz gut, dass die Tore zum Pausenhof Lehe während der Nacht verschlossen sind. Anderenfalls hätten die Jungen Männer nach durchzechter Nacht möglicherweise erst einmal ausgiebig Salat gefrühstückt und die teils recht skurilen Blumenkübel hätten neu bepflanzt werden müssen. Aber wer weiß: Vielleicht ist es ja auch so gedacht, dass sich jeder auf dem tagsüber frei zugänglichen Platz nach Belieben bedienen kann? Es ist jedenfalls schon erstaunlich, welche Aufmerksamkeit ganz normales Gemüse auf sich ziehen kann, wenn es an ungewöhlichen Orten in der Öffentlichkeit entsprechend in Szene gesetzt wird.


Urban Gardening

Das, was dort auf dem Pausenhof Lehe zu sehen ist, nennt sich "Urban Gardening", oder frei übersetzt in etwa "Städtisches Gärtnern". Bei Wikipedia heißt es in der Einleitung zum Thema (Zitat): "Urbaner Gartenbau, auch Urban Gardening, ist die meist kleinräumige, landwirtschaftliche Nutzung städtischer Flächen innerhalb von Siedlungsgebieten oder in deren direktem Umfeld. .. Städtischer Gartenbau ist eine Sonderform der urbanen Landwirtschaft. Sie gewinnt aufgrund des urbanen Bevölkerungswachstums bei gleichzeitiger Reduktion landwirtschaftlicher Anbauflächen als Folge des Klimawandels oder durch Flucht aus ländlichen Bürgerkriegsregionen in sichere Städte auch für die Armutsbekämpfung an Bedeutung. .."

Und Radio Bremen schrieb am 10.07.2012 auf seiner Internetseite (Zitat): ".. Urban Gardening ist ein Trend, der seine Wurzeln im vergangenen Jahrhundert in London hatte und dann nach Amerika und aufs europäische Festland schwappte. Die Bewegung will das Stadtpotential gärtnerisch ausnutzen. Im Gegensatz zum Guerilla Gardening, bei dem Pflanzen heimlich ausgesät werden und eine Form des politischen Protests sein sollen ist Urban Gardening keine politische Botschaft, sondern die einvernehmliche Nutzung städtischer Grünflächen."


Gemeinsames Gärtnern verbindet

Nun ja: Landwirtschaftliche Dimensionen wird das kleine Nutzpflanzen-Ensemble auf dem Pausenhof Lehe wohl kaum annehmen können, aber vielleicht bringt es ja andere Bewohner des Leher Quartiers "Goethestraße" auf die Idee, auch an anderen Orten - vielleicht auf ungenutzten Brachflächen - Nahrungsmittel im öffentlichen Raum anzubauen. Und vielleicht würde sich das dann in Bremerhaven herumsprechen, so dass auch in anderen Stadtteilen solche Urbane Gärten an öffentlichen Plätzen enstehen würden.

In anderen Städten sind auf Initiative von Bürgern schon Gruppen ins Leben gerufen worden, die derartige Gärten in ungewöhnlichen Pflanzgefäßen und mit tatsächlichem Nutzwert auf städtischen Brachen anlegen. Bei der Pflege der Pflanzen entstehen soziale Kontakte und die Ernte wird untereinander aufgeteilt oder auch an andere Menschen verkauft oder verschenkt. Beispiele dafür gibt es in Siegen, Berlin, im Urban Gardening Portal der "Gartenpiraten" oder auf der Internetseite "Stadt macht satt". Über den Berliner "Prinzessinen Garten" hatte 3sat am 26.06.2012 in einem "Kulturzeit" Beitrag berichtet, der (zumindest zur Zeit noch) in der 3sat-Mediathek zu sehen ist.

Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und fortschreitender Verarmung in Spanien hat die dortige Urban Gardening Bewegung einen ernsteren, auch politischen Hintergrund. Beachtliche Ausmaße haben die Projekte des Netzwerks für Urban Gardening in Madrid angenommen, über das Arte in einer Reportage am 10.10.2012 berichtet hatte. Bei dem Netzwerk in Madrid handelt es sich um eine von mehreren Gruppen ins Leben gerufene Initiative, die den ökologischen Anbau in der Stadt voranzutreiben will, um langfristig eine möglichst umfassende Nahrungsmittelautonomie zu erreichen. Darüberhinaus soll die gemeinsame Beschäftigung und die gegenseitige Unterstützung den sozialen Zusammenhalt in den Nachbarschaften stärken.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass solche urbanen Gartenprojekte auch in Bremerhaven Langzeitarbeitslose aus ihrer Isolation und dem täglichen Einerlei befreien könnten. Es müsste nur einmal einer der Betroffenen den Anfang machen ...


Urban Gardening zum anschauen:


(Quellen: Der Westen vom 12.05.2013, Arte vom 10.10.2012, Arte - Generation Solidarität, Radio Bremen vom 10.07.2012, 3sat vom 26.06.2012, Deutschlandfunk vom 18.08.2011, Berlin.de, Gartenpiraten, Stadt macht satt, Wikipedia)

Sonntag, 9. Juni 2013

Die "Lange Nacht der Kultur" 2013

Schülerinnen und Schüler zweier Schulen tanzten "Hand in Hand" ...
... in der Aula der ehemaligen "Theodor-Storm-Schule.
Die "Theo" wurde gestern für einige Stunden in einen in Lehe vor Anker liegenden "Kulturdampfer" umfunktioniert. Im Rahmen der "Langen Nacht der Kultur 2013" gab es auf allen "Decks" Konzerte, Lesungen, kulinarische Köstlichkeiten aus Tausend und einer Nacht, Filme, Tanz- und Theateraufführungen.

Da während der "Langen Nacht der Kultur" immer viele Veranstaltungengleichzeitig stattfinden, muss man schon wählerisch sein, und indiviluell Prioritäten setzen. Ich habe mir das Tanztheater "Hand in Hand" mit TAPST angestehen. Schüler und Schülerinnen der dritten Klasse der Pestalozzischule und Jugendliche der Tanz AG der Anne-Frank-Schule hatten sich mit dem Thema "Hände" auseinandergesetzt und tänzerisch dargestellt.

Im Programm hieß es dazu: "Die Hände bilden unsere Ausrüstung für die Welt, bedeuten Kommunikation, Kontakt und Berührung." Das Besondere an der Aufführung war die Einbindung behinderter Mitschüler und -schülerinnen.

In der Einführung wurde gesagt, jeder bringe sich nach seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten ein. Im Laufe der Arbeit an dem Projekt seien die Schüler und Schülerinnen immer mehr zusammengewachsen. Das Motto "Wir sind zusammengewachsen wie der Himmel und das Meer." zog sich dann auch wie rin roter Faden durch das gesamte Stück, das ein schönes Beispiel für gelebte "Inklusion" wiederspiegelte.

Anschließend habe ich eine Lesung aus einem Buch über den fremden Planeten auf unserer Erde, die Tiefsee, gehört. Darin ging es um die Expedition mit dem  Bathyscaph "Trieste" mit dem Jacques Piccard und Don Walsh am 23. Januar 1960 bis zum Grund des mehr als zehntausend Meter tiefen Mariannengrabens vorgedrungen waren. Gegen den Widerstand der US-Armee, die das Projekt finanziert und deshalb ursprünglich auf einer US-amerikanischen Besatzung bestanden hatte, verwirklichte Jacques Piccard mit seinem Tauchgang den Traum seines Vaters Auguste Picard, der die "Trieste" konstruiert hatte.

Sehr interessant war auch ein Dokumentarfilm aus dem Jahre 2000 über die damalige Rettung der Bremerhavener Schichau-Seebeck-Werft und des Bau des Fährschiffs "Nils Holgersen VI" für die Lübecker TT-Line. Wie wir heute wissen, war der Erfolg der Wiederaufnahme des Baus kompletter Schiffe leider nicht von Dauer. Das Ende der Werft kam nur wenige Jahre später mit im Zusammenhang mit dem Bau eines Container-Frachters. Bei der Vorführung des Films war zufällig ein ehemaliger Mitarbeiter der Werft anwesend, von dem ich im Anschluss erfuhr, dass konstruktionsbedingte Probleme mit dem diesel-elektrischen Antrieb eine wesentliche Ursache für die anschließende endgültige Insolvenz der Schichau-Seebeck-Werft waren.


"Yes, she can" in der Bremerhavener Pauluskirche

Von der "Theo" ging es dann weiter zur Pauluskirche. Dort standen Musik und Gedichte "von Frauen aus zwei Jahrhunderten" auf dem Programm. Zu den Komponistinnen gab es jeweils eine kurze biografiische Einführung. Dabei wurde deutlich, dass die Musikerinnen damals gegen gesellschaftliche Konventionen verstießen. Sie waren gezwungen, heimlich zu komponieren und ihre Werke durften nicht aufgeführt werden. Öffentliches musizieren war ihnen verboten. Trotzdem gelang es einigen von ihnen aber, ihre Musik unter männlichen Pseudonymen zu veröffentlichen.

Heutzutage hört man ja immer wieder, wie Angehörige unserer "westlichen Kulturkreise" - oftmals zurecht(!) - über die Unterdrückung von Frauen in anderen Kulturen herziehen. Wenn man aber bedenkt, dass es noch gar nicht so lange her ist, seit es hierzulande um die Rechte der Frauen nicht viel besser bestellt war, wäre es eigentlich angebracht, berechtigte Kritik nicht "von oben herab" zu predigen.

Von oben herab konnten die Besucher der Veranstaltung in der Pauluskiche im Anschluss an die Veranstaltung aber - gesellschaftspolitisch völlig unbedenklich - auf die Lichter des nächtlichen Bremerhaven blicken. Leider hatte sich der Himmel gegen Abend zugezogen. Aufgrund der vielen Wolken mussten wir auf einen Sonnenuntergang über dem Hafen somit verzichten. Nachträglich könnte ich aber noch den Sonnenuntergang von der "Langen Nacht der Kultur 2010" aus der Konserve anbieten :)


(Quellen: Bundeszenztrale für politische Bildung - TAPST, die Theo, Wikipedia)

Freitag, 7. Juni 2013

Atomkraft "Made in Japan" in Europa?

Atomkraft? Nein Danke!Am 16. Juni 2013 will Herr Abe (Japan, Premierminister) während der Atom-Konferenz mit den Regierungschefs Tschechiens, Polens, Ungarns und der Slowakei in Warschau für "Atomkraftwerke made in Japan" werben.

Mit dem mehrfachen Super-GAU in der Atomkraftanlage "Fukushima-I" am 11.03.2011 wurde bewiesen, dass die hochgelobte Sicherheit japanischer Atomkraftwerke auch nur ein Märchen ist, das bestenfalls dazu geeignet war, die Menschen in Japan ruhig zu stellen. Seitdem stößt das japanische "Atomdorf" -  so nennen japanische Bürger den Filz aus Atomkonzernen und ihrer Regierung - mit seiner Atomtechnologie im eigenen Land jedoch zunehmend auf Widerstand.

Deshalb versucht Japans Atom-Lobby ihr Glück jetzt in Europa. Die mehrheitlich Toshiba gehörende japanisch-amerikanische Firma Westinghouse will die Reaktor-Blöcke 3 und 4 des etwa sechzig Kilometer von der Grenze zu Deutschland gelegenen tschechischen Atomkraftwerks "Temelín" ausbauen und an der polnischen Ostseeküste bei Lubiatowo, etwa vierzig Kilometer südöstlich von Stettin, ein neues 3000 Megawatt-Atomkraftwerk bauen - inmitten in der Dünenlandschaft eines Natura-2000 Gebiets!

Angesichts der Folgen der Atomkatastrophe in Japan finde es schon ganz schön dreist, wenn Japans Atomdorf auf der Suche nach neuen Absatzmärkten jetzt beabsichtigt, seine tödlichen Technologie nach Europa zu exportieren. Wenn in unserern Nachbarländern, nicht weit von der Grenze zu Deutschland, neue Atomkraftwerke gebaut werden - von japanischen Firmen, denen in ihrem eigenen Land ihre eigenen, angeblich absolut sicheren Atomkraftwerke um die Ohren fliegen (!) - dann werden wir hierzulande über einen weiteren sehr langen Zeitraum niemals sicher sein können, dass wir nicht eines Tages doch noch zum Opfer einer Atom-Katastrophe - Made in Japan - werden könnten ... - auch wenn wir unseren eigenen Energiebedarf dann längst ausschließlich aus regenerativen Energiequellen erzeugen sollten.

Ähnlich äußerte sich im Zusammenhang mit der geplanten Erweiterung des Atomkraftwerks "Temelín" auch Frau Artmann (Bündnis '90 /Die Grünen, Kreisverband Wunsiedel). In einer Pressemitteilung vom 03.06.2013 sagt Frau Artmann (Zitat): "General Electric, Toshiba und Hitachi haben .. Fukushima gebaut, und bis heute keinen Cent dazu beigesteuert, den Schaden zu bezahlen. Nun kommt der japanische Premier und will uns Atomkraftwerke vor die Tür setzen. Das ist mehr als unverschämt!" Davon einmal ganz abgesehen, sind die Folgen eines atomaren Super-GAUs (unbewohnbare Todeszonen, Flucht, Vertreibung, menschliches Leid, Krankheit, Tod, ...) nach meinem Verständnis mit keinem Geld der Welt "wiedergutzumachen". Die komplette Pressemitteilung gibt es hier ...

Auch die polnische Regierung plant den Neubau von Atomkraftwerken. Allerdings fehlt ihr für dieses irrsinnige Unterfangen die Zustimmung der Bürger. Ginge es nach der Regierung, dann würden in Polen bis 2030 zwei Atomkraftwerke ans Netz gehen, die gerade einmal ungefähr zehn Prozent des nationalen Energiebedarfs decken würden. Mithilfe einer etwa viereinhalb Millionen Euro teuren Propagandakampagne hatte Polens Regierung versucht, die Bevölkerung für dieses irrsinnige Unternehmen zu gewinnen.

Das Geld hätte sie wohl besser in den Bau von Windkraftanlagen investieren sollen. Erfreulicherweise hat die Kampagne der polnischen Regierung ihr Ziel nämlich offenbar verfehlt: Nur 35 Prozent der Bürger befürworten den Bau neuer Atomkraftwerke in Polen. 52 Prozent der Bevölkerung lehnt auch weiterhin den Bau von Atomkraftwerken in Polen ab. Das berichtete das Umweltinstitut München in einem Newsletter vom 26.04.2013.

Anders als in der polnischen Regierung, äußern selbst hochrangige Politiker der tschechischen Regierung seit neuestem Zweifel an der Wirtschaftlichkeit neuer Atomkraftwerke. In einem Beitrag vom 29.05.2013 zitiert der Deutschlandfunk Herrn Kalousek (Tschechien, Finanzminister) mit den Worten (Zitat): "Es gibt keine Zweifel. Der Ausbau von Temelín ist derzeit eine ökonomisch außerordentlich riskante Investition. Wir müssen uns fragen, ob die Energiesicherheit unseres Landes nicht durch weniger riskante Projekte gewährleistet werden kann."

Auch  Herr Schwarzenberg (Tschechien, Außenminister) fordere eine wirtschaftliche Neukalkulation des Neubauprojekts am Atomkraft-Standort "Temelín". Eine unabhängige Firma müsse genau prüfen, ob sich der geplante Bau der beiden neuen Reaktoren noch rechnen werde (Zitat): "Die Energiepreise sind in den letzten Jahren deutlich nach unten gegangen. Außerdem haben sich nach Fukushima die Kosten für die technische Entwicklung verteuert. Wenn die Temelín-Betreiber deshalb jetzt eine staatlich Strompreisgarantie fordern könnte dies die Wettbewerbsfähigkeit unser Industrie gefährden."

Allerdings haben bisher weder zigtausende internationalen Einwendungen gegen die Neubaupläne - davon 50000 allein aus Deutschland -, noch diese ersten Zweifel in den eigenen Reihen die Regierung Tschechiens zu einem Umdenken bewegen können. In weiteren Verhandlungen mit Westinghouse und einem russischen Konzern wolle sie versuchen, den Preis für den Ausbau der Atomkraftanlage "Temelín" deutlich zu drücken.
  • Derartige Bestrebungen können letztlich aber nur zulasten der ohnehin schon nicht zu garantierenden Sicherheit gehen. Da der Betreiber der tschechischen Atomkraftwerke offenbar nicht in der Lage ist, den Betrieb und den Bau neuer Atomreaktoren aus eigener Kraft zu finanzieren, muss er allein aus wirtschaftlichen Gründen ihren Betrieb umgehend einstellen. Jede andere Entscheidung hätte umfassende, unkalkulierbare Risiken zur Folge!



(Quellen: Bündnis '90 /Die Grünen - Kreisverband Wunsiedel - Pressemitteilung vom 03.06.2013, Deutschlandfunk vom 29.05.2013, Umweltinstitut München in einem Newsletter vom 26.04.2013, AKW Temelín vom 14.02.2013, Wikipedia)

Donnerstag, 6. Juni 2013

Ja, sie kann!

Wenn es Nacht wird am nächsten Samstag ...
... dann wird in Bremerhaven wieder die "Lange Nacht der Kultur" gefeiert.

Eine der "31 Veranstaltungen an 31 Orten" findet in der Pauluskirche statt. Unter dem Motto "Yes, she can!" gibt es Musik und Poesie aus zwei Jahrhunderten: Geschrieben, komponiert und vorgetragen von Frauen, aber - darauf wir ausdrücklich hingewiesen - "nicht nur für Frauen!"

Die Veranstaltung schließt - sozusagen im wahrsten Sinne des Wortes - mit einem besonderen Highlight: Ab 22 Uhr geht es auf den Turm der Kirche. Wenn am Horizont die Sonne über dem Hafen untergeht erlebt man den Süden des Stadtteils Lehe und die Lichter der Stadt in 35 Metern Höhe aus einer völlig neuen Perspektive.

  • YES, SHE CAN!
    Lange Nacht der Kultur 2013

    Am Samstag, 08.06.2013

    • 20:00 – 20:45 Uhr
      Und SIE komponiert doch!
    • 21:00 – 21:45 Uhr
      Weibliche Intuition
    • 22:00 – 22:15 Uhr
      Ausklang auf dem Turm

    Pauluskirche, Hafenstraße 124
    (Ecke Melchior-Schwoon-Straße)

    Leitung: Kantorin Silke Matscheizik

(Quelle: Lange Nacht der Kultur 2013 - Veranstaltungen und Veranstalter, Programmheft)

Sonntag, 2. Juni 2013

Kfz CO2-Grenzwerte - Offener Brief an Frau Merkel

In Reaktion auf den Brief Herrn Wissmanns (VDA - Verband der Deutschen Automobilindustrie, Präsident) an die "liebe Angela" (Frau Merkel, CDU, Bundeskanzlerin) haben die Umweltschutzorganisationen BUND, Greenpeace, Deutsche Umwelthilfe, NABU, WWF und der ökologische Verkehrsclub (VCD) einen offenen Brief an Frau Merkel verfasst.

Darin kritisieren sie die vom VDA angestrebte faktische Außerkraftsetzung der CO2-Grenzwertverordnug für neue Pkw für die deutschen Automobil-Hersteller und fordern ein stärkeres Durchgreifen der Politik in Sachen Klimaschutz:
Supercredits fördern keine E-Autos, sie fördern nur Absatz von Premiumfahrzeugen.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

zurzeit sind auf EU-Ebene die konkreten Instrumente zur Ausgestaltung der anstehenden Neuregelung der CO2-Grenzwerte für Pkw in der Diskussion. In diesem Zusammenhang wurde in der vergangenen Woche ein an Sie adressiertes Schreiben des VDA-Präsidenten Matthias Wissmann bekannt. Erlauben Sie uns, bezugnehmend auf die Hauptargumente Herrn Wissmanns unsere Sichtweise zu erläutern. Wir können nicht erkennen, dass die Argumentationslinie von Herrn Wissmann die Suche nach einer „ökologischen und ökonomischen Balance” beschreibt. Vielmehr reflektiert der Verfasser sehr einseitig die Interessen ausgewählter Autohersteller. Umwelt- und Klimaschutz sowie Belange des Verbraucherschutzes werden in den Ausführungen von Herrn Wissmann nicht berücksichtigt.

Die unterzeichnenden Umwelt- und Verbraucherschutzverbände halten im Gegensatz zu dem VDA-Präsidenten ambitionierte CO2-Grenzwerte für Fahrzeuge für eine der effektivsten Maßnahmen, um den CO2-Ausstoß im Verkehr zu verringern, innovative Fahrzeugtechnik anzureizen und die Treibstoffkosten für Verbraucher zu senken. Der Erfolg der heute gültigen Regelung ist ein eindrücklicher Beleg. Im Folgenden möchten wir die drei vom VDA-Präsidenten angesprochenen Hauptaspekte aufgreifen: Die Festlegung eines Langfristziels für 2025, „Supercredits” (d.h. die Mehrfachanrechnung von Fahrzeugen mit niedrigen Emissionen) sowie ein adäquates Messverfahren zur Ermittlung der tatsächlichen Klimagas-Emissionen.

1. Zukunftsweisend: Einen Zielwert für 2025 bereits jetzt festlegen

Derzeit ist allein der Verkehrssektor für rund ein Viertel der CO2-Emissionen in Europa verantwortlich. Eine ambitionierte Ausgestaltung der Grenzwert-Regelung muss einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele von EU und Bundesregierung zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes leisten. Nach heutigem Stand der Technik wäre eine Minderung auf 60 g/km CO2 in 2025 möglich und auf dem Pfad zu einer vollständigen Dekarbonisierung bis zum Jahr 2050 auch dringend geboten. Der vom Umweltausschuss des EU-Parlaments vorgeschlagene Zielkorridor von 68-78 g/km CO2 nutzt dieses Potenzial leider nicht in vollem Umfang aus. Dennoch gewährleistet die frühzeitige Festschreibung eines Langfristziels sowohl weitere Effizienzsteigerungen als auch die geforderte Planungssicherheit bei der Produktentwicklung. Das CO2-Ziel für 2020 wurde 2008 mit 12 Jahren Vorlauf beschlossen − dieses Erfolgsmodell einer frühzeitigen Zielsetzung sollte nun auch für 2025 umgesetzt werden. Der CO2-Grenzwert für 2015, dessen Festlegung von der Autoindustrie mit denselben Argumenten wie heute vehement bekämpft und erfolgreich verschoben wurde, wird von den meisten Herstellern nunmehr deutlich vor dem Zieljahr erreicht.

Gerade durch die Festlegung eines Langfristzieles ergibt sich der erwünschte Anreiz für die Weiterentwicklung alternativer Antriebskonzepte, wie etwa batterieelektrische Autos oder Plug-In-Hybride. Denn nur mit ihrer Hilfe lassen sich bei größeren Fahrzeugen auch in Zukunft noch die vorgeschriebenen Grenzwerte einhalten. Daher sind verbindliche Langfristziele ein zielführendes Instrument, um künftige Erfordernisse an kommende Neuwagengenerationen zu definieren. Um die tatsächliche Marktsituation entsprechend zu berücksichtigen, sieht der Vorschlag zudem eine Revisionsklausel vor, um gegebenenfalls auf unerwünschte Entwicklungen reagieren zu können.

2. Keine Rechentricks! Supercredits rechnen Verbräuche schön, statt Kraftstoff einzusparen

Die Mehrfachanrechnung besonders sparsamer Fahrzeuge bei der Berechnung des Flottenemissionsdurchschnitts ist aus Klimaschutzgründen nicht hinnehmbar. Diese sogenannten Supercredits erzeugen lediglich auf dem Papier eine sauberere Flotte, real wird der CO2-Ausstoß jedoch nicht reduziert. Durch das von Herrn Wissmann geforderte „Banking”, das eine spätere Anrechnung angesparter Supercredits ermöglicht, potenziert sich die schädliche Wirkung der Supercredits nochmals, da dieser Mechanismus die tatsächliche Erreichung des Grenzwertes von 95 g CO2/km um vier Jahre nach hinten verschieben würde. Das wären vier verlorene Jahre für den Klimaschutz und die technische Innovation.

Nur derjenige Hersteller, der langfristig die sparsamsten Fahrzeuge liefert, wird seine Stellung als Marktführer einer innovativen Zukunftsindustrie behaupten und darüber dauerhaft eine entsprechende Nachfrage mit entsprechenden Arbeitsplatzeffekten generieren können. Eine Studie von Cambridge Econometrics/Ricardo-AEA hat errechnet, dass allein die Implementierung des CO2-Grenzwerts von 95 g/km bei Pkws, respektive 147 g/km bei leichten Nutzfahrzeugen, mit geringer zeitlicher Verzögerung rund 360.000 neue Arbeitsplätze entstehen lassen könnte.

Die Erreichung des Grenzwertes von 95 g/km ist möglich. Schon heute lässt sich mit sparsamen Fahrzeugen über alle Fahrzeugsegmente hinweg − bezogen auf deren Zulassungsanteil in Deutschland − eine Flotte zusammenstellen, die bereits jetzt den entsprechenden Grenzwert für 2020 erfüllt − ohne reine Elektroautos und Plug-In-Hybride. Auch das Bekenntnis von Europas größtem Automobilbauer Volkswagen zu einem 95-Gramm-Ziel ohne weitere Aufweichungen verdeutlicht, dass dieser Wert ohne Supercredits und Banking erreicht werden kann.

3. Einfach, aber wahr: Prüfzyklen sollen realistisch abbilden, was ein Auto auf der Straße verbraucht

Die im derzeit gültigen Testzyklus gemessenen Verbrauchswerte sowie die damit verbundenen CO2-Emissionswerte weichen um bis zu 40 Prozent von den realen Verbräuchen auf der Straße ab. Damit sind die auf dem Prüfstand aufwändig ermittelten Verbrauchsangaben nur wenig mehr als ein grob geschätzter Verbrauchskorridor. Die Rechnung zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher mit jeder Tankfüllung. Mehrere Milliarden Euro wandern so in die erdölfördernden Länder ab, statt in europäische Spitzentechnologie investiert zu werden. Wir setzen uns für die rasche Einführung eines neuen Testverfahrens ein, das bestehende Schlupflöcher schließt und die realen Verbrauchswerte so präzise wie möglich abbildet.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, wir möchten Sie bitten, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Bundesregierung in den laufenden Verhandlungen auf EU-Ebene für ambitionierte CO2-Grenzwerte auch über 2020 hinaus einsetzt, Supercredits und Banking-Mechanismen ablehnt sowie die rasche Umsetzung eines neuen Testzyklus' sicherstellt. Das Wohlergehen dieser und künftiger Generationen hängt auch entscheidend von der Frage ab, wie viele Treibhausgasemissionen wir Umwelt und Klima noch zumuten. Die Antwort muss lauten: So wenig wie möglich! Und technisch möglich ist schon jetzt mehr, als Herr Wissmann und andere Vertreter der Automobilbranche glauben machen wollen.

Denjenigen, die sich für die Fäden interessieren, an denen der ehemalige Verkehrsminister und heutige VDA-Präsident Herr Wissmann ziehen kann, um die Interessen der Autolobby durchzusetzen, kann ich einen Blick auf die Internetseiten von Lobbypedia und Lobbycontrol empfehlen.


(Quellen: Greenpeace-Magazin vom 28.05.2013, Offener Brief der Umweltverbände vom 27.05.2013, NABU vom 27.05.2013, VCD vom 27.05.2013, Greenpeace vom 28.05.2013, Automobilwoche vom 23.07.2007, Klimaretter.info vom 22.05.2013, Lobbypedia, Lobbycontrol, Deutsche Umwelthilfe. BUND, WWF)