Freitag, 19. Mai 2017

Das kann wirklich nicht oft genug gesagt werden ...

Moltkestraße: Ankunft im Goethe-Quartier aus Bremerhaven-Mitte kommend
Auf dem Weg nach Hause und ins Wochenende habe ich heute den Schnellbus genommen. Ich muss dann von der Schleusenstraße, Ecke "Alte Bürger" zwar ein Stück weiter laufen, als wenn ich in der Hafenstraße aus einem "normalen" Linienbus aussteigen würde, aber alles in allem bin ich so trotzdem etwa 20 Minuten früher zu Hause.

Auf dem Weg durch den Bremerhavener Stadtteil "Mitte" in Richtung Goethe-Quartier habe ich in Höhe des St.-Joseph-Hospitals eine junge Frau überholt, die mit dem Koffer, den sie hinter sich herzog, nicht ganz so schnell zu Fuß war, wie ich. Als ich schon fast an ihr vorüber war, sprach sie mich an: "Geht es hier zur Goethestraße?"

Nachdem ich begonnen hatte, ihr den Weg zu beschreiben, überlegte ich es mir anders. Da ich ja ohnehin den gleichen Weg hatte, bot ich ihr an, sie zu begleiten. Die Fremde bedankte sich dafür und fragte, ob das hier schon Lehe sei. Ich gab ihr die Auskunft, dass die Pestalozzistraße, die voraus in Sicht kam, die Grenze zwischen Bremerhaven-Mitte und -Lehe ist. Noch seien wir in Mitte. "Schön ist es hier.", meinte sie.

Als die ersten Gründerzeithäuser am Leher Tor und an der Moltkestraße in Sicht kamen, steigerte sich die Begeisterung der jungen Frau: "Nein, ist das schön hier!" Ich erklärte ihr, dass das Goethe-Quartier Bremerhavens größtes erhalten gebliebenes Gründerzeitquartier ist und sie wiederholte noch einmal, wie schön es bei uns ist.

Als wir die Goethestraße erreichten, trennten sich unsere Wege. Sie bedankte sich noch einmal für die Begleitung, und ich mich bei ihr für die Lorbeeren für "mein" Quartier.

Manchmal ist es wohl notwendig, unser Viertel mit dem neugierigen Blick einer Fremden zu betreten, um festzustellen, "wie schön es bei uns ist" - ... und das kann - trotz einiger mancherorts nicht zu übersehenden Schattenseiten - wirklich nicht oft genug gesagt werden :)

Samstag, 13. Mai 2017

Stop TTIP!: Klage gegen EU-Kommission erfolgreich

Demonstration gegen TTIP und CETA am 17.09.2016 in Hamburg
3,3 Millionen Menschen haben sich vor zwei Jahren mit ihrer Unterstützung der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative (sEBI) "Stop TTIP!" gegen die Handelsabkommen "Transatlantic Trade and Investment Partnership" (TTIP) und "Comprehensive Economic and Trade Agreement" (CETA) ausgesprochen. Beide Handelsabkommen stellen in zentralen Punkten einen direkten Angriff auf grundlegende demokratische Rechte der Bürger in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) dar.

Trotz der erfüllten Voraussetzungen für die Zulassung einer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) hatte die Europäische Kommission (EU-Kommission) den Antrag der EBI "Stop TTIP!" vom 15.07.2017, die gegen die Handelsabkommen "TTIP" und "CETA" gerichtete EBI zu registrieren, am 10. September 2014 mithilfe einer konstruierten Bergündung zurückgewiesen. Über beide Handesabkommen war damals bereits zwischen der EU-Kommission und den USA (TTIP), bzw. Kanada (CETA) bereits seit längerer Zeit verhandelt worden.

Die Verhandlungen hatten begonnen, ohne dass die Öffentlichkeit davon in Kenntnis gesetzt worden war. Wenn es nach den politisch dafür Verantwortlichen gegangen wäre, dann wären die Verhandlungen auch weiterhin geheim gehalten worden.

Als Begründung für die Verweigerung der Zulassung hatte die EU-Kommission angeführt, dass eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) nicht gegen einen Rechtsakt gerichtet sein und nicht in laufende Verhandlungen eingreifen darf.

Das Bündnis hinter "Stop TTIP!" hatte die Entscheidung der EU-Kommission nicht kampflos hinnehmen wollen und die EBI als "selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative" (sEBI) zu den gleichen Bedingungen, wie sie für eine offizielle EBI gelten, fortgesetzt.

Weil die vorgeschobenen Gründe für Weigerung der EU-Kommission, die EBI "Stop TTIP!" zuzulassen, dazu hätte führen können, dass eine EBI als Instrument der bürgerlichen Einflussnahme auf wichtige politische Entscheidungen auf diese Weise auch zukünftig unterlaufen werden könnte, hatte die sEBI darüberhinaus vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Entscheidung der EU-Kommission geklagt.

Jetzt hat die Erste Kammer des EuGH der sEBI in allen Punkten Recht gegeben! Das Urteil lautet (Zitat):
  • "Der Beschluss "C (2014) 6501 final" der Kommission vom 10. September 2014, mit dem der Antrag auf Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative "Stop TTIP" abgelehnt wurde, wird für nichtig erklärt."

Das "Umweltinstitut München e.V." schreibt dazu auf seiner Internetseite in einem Artikel vom 10.05.2017, das Gericht berufe sich dabei auf den "Grundsatz der Demokratie, der zu den grundlegen Werten gehört, auf die die Union sich gründet" und stelle fest, dass TTIP und CETA "unbestreitbar eine Änderung der Rechtsordnung der Union herbeiführen" würden und daher Teil einer demokratischen Debatte sein müssen (Urteil des EuGH, Absatz 37).
  • Die EU-Kommission hätte die Registrierung von
    "Stop TTIP!" als offizielle EBI also zulassen MÜSSEN!

In einem Newsletter des Vereins "Mehr Demokratie e.V." vom 12.05.2017 heißt es dazu (Zitat):
.. Dieser Sieg ist von großer Tragweite! Denn das Urteil des EuGH war eine Entscheidung über Grundsätze. Damit hat der EuGH die Strategie der EU-Kommission durchkreuzt, die Bürger/innen bei der Entwicklung internationaler Verträge außen vor zu halten! Selbstverständlich kann eine EBI dann auch darauf ausgerichtet sein, Pläne der EU-Kommission zu verhindern. Und sie muss kritische Debatten rechtzeitig anstoßen können, also auch bevor ein Abkommen wie TTIP fertig verhandelt oder gar schon ratifiziert ist.

Das Urteil stärkt die EBI als zentrales Instrument der partizipativen Demokratie und ist eine schallende Ohrfeige für die EU-Kommission! ..

Insbesondere für den Kampf der sEBI "Stop TTIP!" gegen CETA kommt die Entscheidung des EuGH allerdings erheblich zu spät. In einer auf englisch verfassten Pressemitteilung der sEBI vom 10.05.2017 kommentiert Herr Dr. Efler (Mehr Demokratie e.V.) das Urteil des EuGH daher folgerichtig mit den Worten (Zitat):

".. Auf diese Entscheidung haben wir seit mehr als zwei Jahren gewartet. Mittlerweile ist CETA vom Europäischen Rat und vom Europäischen Parlament ratifiziert worden. Der EU-Kommission sollte es nicht erlaubt sein, Initiativen der Bürger so leicht zu stoppen; insbesondere dann, wenn es um die öffentliche Beteiligung an einer Entscheidungsfindung geht. .. Wenn die Kommission die Registrierung einer EBI verweigert, sollte der EuGH diese Entscheidung innerhalb eines festgelegten, kurzen Zeitraums überprüfen. .."

Das Umweltinstitut München schlägt diesbezüglich eine Regelung in Anlehnung an bayerische Volksbegehren vor: Wenn die Landesregierung ein Volksbegehren ablehnt, folge automatisch eine Prüfung durch das Verfassungsgericht - und zwar mit einer Frist von nur drei Monaten - heißt es in dem oben erwähnten Artikel auf der Internetseite des Vereins.


Die da oben machen ja doch was sie wollen

Diese oft zitierten Worte hört man immer wieder, wenn Menschen sich von den politisch verantwortlichen nicht ernstgenommen und übervorteilt fühlen, wenn politische Entscheidungen dazu führen, dass ihre Freiheiten und Rechte beschnitten werden oder wenn es an ihr Portemonaie geht. In diesem Zusammenhang ist dann auch immer wieder von allgemeiner Politikverdrossenheit die Rede.

Es ist wohl wahr, dass viele Bürger inzwischen resigniert haben und keinen Sinn mehr darin sehen, an Wahlen teilzunehmen oder sich an Bürgerinitiativen, an Petitionen oder an Demonstrationen zu beteiligen. Diese Menschen übersehen dabei allerdings, dass sie "denen da oben" mit ihrem Verzicht auf die Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte erst die Rechtfertigung dafür liefern, genau das zu "machen was sie wollen". Und darüber beklagen sie sich dann ...

Von einer "allgemeinen Politikverdrossenheit" kann angesichts der Mobilisierung hunderttausender Menschen für Demonstrationen gegen die beiden Freihandelsabkommen - insbesondere in Deutschland - allerdings wohl kaum die Rede sein. Dafür spricht auch, dass mehr als 1,5 Millionen Unterschriften für die sEBI "Stopp TTIP!" allein aus Deuschland kommen.

Wer sich nicht wehrt, hat bereits verloren. Die Entscheidung des EuGH zeigt einmal mehr, dass es nicht von vornherein vergebens ist, wenn wir Bürger uns gemeinsam mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unserer freiheitlichen Gesellschaft - nicht zuletzt auch mit Klagen vor Gerichten! - gegen Angriffe auf unsere grundlegenden Rechte zur Wehr setzen.


Laufendes Verfahren gegen CETA

Im Hauptsacheverfahren gegen CETA vor dem Bundesverfassungsgericht steht ein Urteil noch aus. Da das EuGH unter Berufung auf den "Grundsatz der Demokratie, der zu den grundlegen Werten gehört, auf die die Union sich gründet" bereits festgesellt hat, dass "CETA" (ebenso wie auch TTIP) "unbestreitbar eine Änderung der Rechtsordnung der Union herbeiführen" würde, bleibt zu hoffen, dass zumindest die demokratiefeindlichen Passagen im CETA-Vertrag auch im Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine entsprechende Berücksichtigung finden werden. Die würden sonst nämlich 'ebenso unbestreitbar auch eine Änderung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland' zur Folge haben.


(Quellen: Mehr Demokratie - Newsletter vom 12.05.2017, Tagesschau vom 10.05.2017, RT vom 10.05.2017, Die Presse vom 10.05.2017, Deutsche Wirtschaftsnachrichten vom 10.05.2017, Umweltinstitut München vom 10.05.2017, Rechtsportal "juris" vom 10.05.2017, Europäischer Gerichtshof - Urteil vom 10.05.2017 und Pressemitteilung vom 10.05.2017 )

Mittwoch, 10. Mai 2017

Licht & Schatten: In Bremerhaven steht die größte ...

... Windkraftanlage der Welt - aber ...

"Adwen AD 8-180": Die derzeit größte Windkraftanlage der Welt
Trotz aller Rückschläge - nicht zuletzt aufgrund klima- und energiepolitischer Fehlentscheidungen auf Bundesebene - kann die Windkraftbranche in Bremerhaven nun damit protzen, dass sie hier die größte Windkraftanlage der Welt errichtet hat.

Die Dimensionen des acht Megawatt Prototyps "Adwen AD 8-180", der jetzt auf dem Gelände des ehemaligen Regionalflughafens Bremerhaven steht, sind schon beeindruckend: Der Turm, auf dem die Maschinengondel mit dem acht Megawatt Generator montiert ist, weist eine Höhe von 115 Metern auf. Mit seinen 88 Meter langen Rotorblättern misst der Rotor 180 Meter im Durchmesser. Insgesamt ist die 777 Tonnen schwere Anlage damit mehr als 200 Meter hoch.


Schatten

... leider ist den Beschäftigten des Bremerhavener Rotorblatt- herstellers "Powerblades", die derzeit um ihre Arbeitsplätze fürchten, damit nicht im Geringsten geholfen.

Hinter "Powerblades" steht der international tätige Senvion-Konzern, der hierzulande neben dem Bremerhavener Werk auch die Werke in Trampe (Brandenburg) und Husum (Schleswig-Holstein) schließen will. Wie der Powerblades-Betriebsrat im Rahmen der Bremerhavener Maikundgebung am Tag der Arbeit berichtete, soll die Produktion in Portugal konzentriert werden. Konzernweit sollen 780 Stellen gestrichen werden, 380 davon in Bremerhaven. Darüber berichtete Radio Bremen am 13.03.2017.

Was nicht nur die Offshore-, sondern die gesamte Windenergie-Branche dringend benötigt, ist ein klares Bekenntis der Politik zum zügigen Umbau der Energieversorgung. Dementsprechend muss die Verbrennung fossiler Energieträger - insbesondere die der Braunkohle - ebenso zügig zurückgefahren werden. Anderenfalls könnte es passieren, dass Deutschland seinen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen nicht nachkommen kann.

In der Bremerhavener Nordsee-Zeitung kann man heute nachlesen, dass der Ausbau der Offshore-Windparks den gegenwärtigen Ausbauplänen der Bundesregierung entsprechend bis 2030 auf 15 Gigawatt Leistung begrenzt ist. Damit ließe sich in den kommenden Jahren nur ein Windpark pro Jahr realisieren. Die Umsetzung der Energiewende benötigt aber keine Begrenzung der CO2-neutralen erneuerbaren Energien zugunsten der fossilen Klimakiller Kohle, Erdöl und Erdgas, sondern eine Beschleunigung des Ausbaus aller verfügbaren regenerativen Energiequellen.

Mit meiner Ansicht stehe ich keineswegs allein da. Auch Herr Günthner (SPD, Bremen, Wirtschaftssenator) fordert beispielsweise der Nordsee-Zeitung zufolge (Zitat): ".. dass der Deckel nicht nur gelockert wird, sondern eine klare Perspektive für die Offshore-Windenergie geschaffen wird." Er werde einen beschleunigten Ausbau zum Thema im Bundestagswahlkampf machen. Solange er dabei auch die landgestützte Windenergie, die Photovoltaik, die Geothermie und alle anderen regenerativen Energiequellen nicht vergisst, hat er dafür meine volle Unterstützung.


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 10.05.2017, Windmesse "All in Wind 2017" vom 03.05.2017, Radio Bremen vom 13.03.2017 )