Samstag, 30. Juni 2012

Hipp Hipp Hurra

Verleihung des "Goldenen Windbeutels 2012"

Ich trinke meinen Tee grundsätzlich ohne Zucker. Schließlich will ich ja kein Zuckerwasser trinken, sondern Tee.

Allerdings kenne ich auch genug Leute, die ihren Tee mit ein oder zwei Löffeln Zucker versüßen. Na ja, wer's braucht ... - Viele Teetrinker wären mit Sicherheit überrascht, wenn sie wüssten, welche Geschmackserlebnisse ihnen bisher entgangen sind (ich spreche da aus eigener Erfahrung).

Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass auch von den "Zucker-im-Tee-Trinkern" niemand auf die Idee käme, Zucker als "Tee" zu bezeichnen. Es gibt aber jemanden, der er ein Granulat herstellt, das aus 94 Prozent Zucker besteht, und es als besonders für kleine "Kinder ab dem 12. Monat" geeigneten "Früchte-Tee" an deren leichtgläubige, in die Irre geführten Eltern verkauft. Dafür wurde das Granulat jetzt mit dem "Goldenen Windbeutel" für die dreisteste Werbelüge ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch: Dafür gibt es auch von mir ein dreifaches "Hipp Hipp Hurra".



(Quellen: AID-Pressmitteilung vom 20.06.2012, Abgespeist)

Dienstag, 26. Juni 2012

Konzerte in heimischer Atmosphäre ...



... locken am Freitag, 29. Juni in das Leher Gründerzeitquartier. Die Bandbreite der Stilrichtungen der Musik, die ab 18:45 Uhr in 20 privaten Wohnungen zu hören sein wird, ist einfach umwerfend.

So etwas hat es - zumindest in Bremerhaven - noch nicht gegeben: In insgesamt 24 Wohnzimmer-Konzerten gibt es plattdeutsche Lieder, eine Bass-Gitarre, Lieder und Gedichte über die Liebe, Dansk Spillemands Musik, türkische Folklore, ein poetisches Klavier, Hip-Hop unplugged, Chansons im weitesten Sinne, eine anatolische Reise, Rock und Pop, Niederländisch-flämische Lieder, Folk, Rag, Mittelalterliche Musik, traditionelle Rhythmen aus Westafrika, Singer-Songwriter-Stücke, Lieder aus verschiedenen Kulturen und Religionen, eine Obertonchor, spanische Musik für Gitarre, ein Flöten-Duett sowie Musik querbeet durch die Welt von Lehe bis Ostafrika zu hören und zu erleben und wem danach sein sollte, der könnte möglicherweise auch noch einen Stubentango aufs Parkett legen.

Neben so bekannten lokalen Berühmtheiten wie Dieter Strobel, Carla Mantel oder ARS NOVA,
werden Lisa Meyer, Olex, Spillemænd, Grup Sevenler, Gnadenbrot, Volkmar Hälbig, Raze + Pad, Melody, Cellissimus, Ten weeks after, Erwin van Dongen, Peter Stiller, Badenya Foli, Joaquin Buitrago Ramírez, Iris Höfling, Martina Voppel-Isbaner, Groovement, keinheld, Meine Frau und ich, Visurgis Quartet und die Singgemeinschaft "Querbeet" zu sehen und zu hören sein.

Und so ganz nebenbei bietet sich für diejenigen, die unser Quartier bisher nur aus den blut- und trümmerverseuchten Aufmachern eines dieser Boulevardblätter zu kennen glauben, die Gelegenheit, einen ganz persönlichen Einblick in die Wohnathmosphäre in einem mehr als einhundert Jahre alten Gründerzeitviertel zu erhalten.

Die Ticketausgabe beginnt am Freitag Abend um 18 Uhr auf dem "Pausenhof Lehe". Auf den Tickets wird dann zu sehen sein, wo das jeweilige Konzert stattfindet.

Da die Privaträume selbstverständlich nur eine begrenzte Aufnahmekapazität haben, werden pro Konzert maximal 20 Karten ausgegeben. Der Eintritt zu den Konzerten ist frei. Die engagierten Musiker/-innen spielen ohne Gage, freuen sich aber über Spenden.

"Musik im Wohnzimmer"
- 24 Konzerte in 20 privaten Räumen -

am: 29.06.2012
ab: 18 Uhr

Ticketausgabe: Auf dem Pausenhof Lehe
(Eupener Straße, Ecke Potsdamer Straße)

Nähere Informationen zur Barrierefreiheit etc., sowie das Programm mit den Anfangszeiten der Konzerte gibt es hier.



Montag, 25. Juni 2012

Ein Spaziergang entlang der Aue

Die etwas andere Art, die Aue wieder sichtbar werden zu lassen
(Foto: ESG-Lehe, Auftaktfest Altstadtrundweg 17.09.2010)
Wer Morgen Abend noch nichts besonderes vorhaben sollte, dem kann ich einen besonderen Spaziergang durch den Süden des Bremerhavener Stadtteils Lehes empfehlen. Herr Wenzel (Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe e.V. - ESG-Lehe) führt seine Gäste entlang des Flüsschens Aue durch den Süden des Bremerhavener Stadtteils Lehe.

Eigentlich ist es mehr eine Spurensuche, als ein klassischer Flussspaziergang, denn die Aue gibt es seit Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts nicht mehr. Wer aber mit offenen Augen duch das Quartier geht, der wird die Spuren, die sie dort hinterlassen hat, wohl kaum übersehen können und die Geschichten, die Herr Wenzel zu erzählen weiß, lassen die Aue für die Dauer des etwa 90 Minuten dauernden Spaziergangs wieder lebendig werden.

Da der Termin mit der Probe unserer Singgemeinschaft "Querbeet" kollidiert, werde ich selbst leider nicht daran teilnehmen können.
 

Die Herren Eins und Zwei vom Verein "Alles Gelogen e.V." bei einem Vortrag
inmitten des Trichters einer interstellaren Kommunikationsanlage aus der Vorzeit
des klassischen Altertums
Wer anschließend noch fit sein sollte, der kann sich nach einer kurzen Pause gleich mit der nächsten Veranstaltung auf einen weiteren Weg durch das Viertel machen. Die Mitglieder des Vereins "Alles Gelogen" nehmen ihre Gäste mit auf einen "etwas anderen" Spaziergang, und erzählen Wahrheiten über die Vergangenheit dieses Ortes, die sich so mancher in seinen kühnsten Träumen wohl nicht vorstellen kann.

Gestern sind wir bei der "Alles Gelogen" Tour leider etwas nass geworden. Ich drücke allen, deren Interesse ich vielleicht geweckt haben sollte, die Daumen, dass es Morgen Abend trocken von oben sein wird ... - und dass sich niemand nasse Füße holt, indem er versehentlich in die Aue tritt.

"Der Auespaziergang"
mit Hans Richard Wenzel
am: 26. Juni 2012
um: 18.00 Uhr
Start vor der Theo
Lutherstraße 7  / Ecke Stormstraße

"Alles gelogen!"
Ein erfunden und erlogener Stadtteilrundgang
Mit: Erpho Bell, Jochen Hertrampf und Wolfgang Marten
am 26. Juni 2012
um 20:00 Uhr

Start vor der Theo
Lutherstraße7  / Ecke Stormstraße

Leitung: Erpho Bell
Weiterer Termin: Am 10.07.2012



Die Teilnahme an beiden Stadtteilrundgängen ist frei


(Quellen: Leher Kultursommer 2012, ESG-Lehe)

Besuch aus Hamburg

Die "Cap San Diego" auf der Weser auf dem Weg zur Columbuskaje

Am Samstag Abend bekam Bremerhaven hohen Besuch aus Hamburg. Die "Cap San Diego", das größte fahrtüchtige Museums-Frachtschiff der Welt, machte bis Sonntag Mittag an der Bremerhavener Columbuskaje fest.

Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in der auch Frachtschiffe noch wie "richtige Schiffe" aussahen und nicht wie zu groß geratene Stahlschachteln, die vorn und achtern nur grob angespitzt worden sind. Die "Cap San Diego" ist ein schönes Beispiel für den Schiffbau aus dieser Zeit. In meinem Video ist die Ankunft des Schiffes vor dem Kreuzfahrtterminal an der Columbuskaje zu sehen. Da sie zum Anlegen erst mithilfe von Schleppern "auf die richtige Seite gedreht" werden musste, zeigt sich "Cap San Diego" von nahezu jeder ihrer schönsten Seiten.

Die Frachtschiffe, die heute unterwegs sind, machen nur noch für einige Stunden an der Stromkaje fest, um ihre Container umzuschlagen. Mit den Containerbrücken und den Van-Carriern, sowie einem gigantischen Logistik-Aufwand im Hintergrund sind sie so schnell wieder unterwegs, dass den Besatzungen für einen Landgang keine Zeit mehr bleibt.

Damals dauerte das Entladen und Beladen dieser Stückgut-Frachtschiffe noch wesentlich länger. Für Häfen, in denen es an der nötigen Infrastruktur mangelte, ließen sich diese Arbeiten auch mit dem bordeigenen Ladegeschirr erledigen. Die Besatzungen hatten noch Zeit für ausgiebige Landgänge und trugen wesentlich zum Leben und zum Stadtbild in Hafenstädten wie Bremerhaven oder Hamburg bei. Sie waren ein wesentliches Standbein für die Kneipenszene, die Vergnügungsviertel, aber auch für die "ganz normalen" Geschäfte in den Hafenstädten. Eine Geschichte von einer Begebenheit mit einem Seemann aus dieser Zeit erzählten einmal meine Großeltern, die in der Hafenstraße einen Feinkost- und Lebensmittelladen führten.

Der Seemann hatte sich im Laden umgesehen, während meine Großeltern gerade noch andere Kunden bedienten. Als er an die Reihe kam, bedeutete er ihnen unter anderem sein Interesse an einer dieser damals in Mode kommenden Konservendosen mit fertig zubereitetem Hundefutter. Mit der sprachlichen Verständigung haperte es zwar etwas, aber der Verkauf der Waren ging trotzdem reibungslos über die Bühne, und der Kunde verließ zufrieden den Laden meiner Großeltern.

Einige Wochen vergingen, bis sein Schiff wohl wieder einmal in einem der Bremerhavener Häfen lag und der Seemann kam wieder in den Laden. Dieses Mal war er in Begleitung eines leidlich deutsch sprechenden Kameraden, der meinen Großeltern den herzlichen Dank des Seemanns für das köstliche Dosenfleisch übersetzte, das ihm vorzüglich geschmeckt habe ...

Viel geblieben ist von diesem besonderen Flair in den heutigen Hafenstädten nicht. Wenn man einmal das Glück haben sollte, auf einen älteren Menschen zu treffen, der aus seiner Fahrenszeit auf einem dieser Schiffe zu erzählen weiß, dann tauchen manchmal noch Fragmente aus jener Zeit auf und lassen sie vor dem inneren Auge wieder lebendig werden. Auch erhalten gebliebene Schiffe, wie die "Cap San Diego", haben ihren Anteil daran, dass diese Zeiten nicht in Vergessenheit geraten.

Viele interessante Informationen über das Schiff und seine Geschichte finden sich auf der Internetseite der "Cap San Diego".

Sonntag, 24. Juni 2012

Impro Montage



Am Montag wird im Capitol improvisiert. Im Rahmen des "Leher Kultursommers 2012" stellt TheaTheo erstmals öffentlich sein Improvisationstheater Projekt "Impro Montage" vor. Die Themen dafür haben die Akteure in Lehe gefunden. Im Gegensatz zur heutigen Exkursion bei schauerlichem Wetter durch das Quartier mit dem Verein "Alles Gelogen", wird es dort morgen zumindest trocken sein.

Hinter "TheaTheo" verbirgt sich Martin Kemner. Auf seiner Internetseite schreibt er, "TheaTheo" sei ein Kunstwort aus seiner Profession "Theater" und seinem Standort, "Die Theo".

PREMIERE:
"Impro Montage"
ein Projekt von afz-TheaTheo

am 25. Juni 2012
um 20.00 Uhr

im "Capitol"
Fernsehstudio des Radio Weser.TV
Hafenstraße 156

Leitung: (Martin Kemner, afz-TheaTheo)


(Quellen: Leher Kultursommer 2012, TheaTheo)

Kieler Woche 2012

Kieler Woche 2012: Impressionen vom Eröffnungstag

Leider reichte die Zeit nicht für mehr als das erste Wochendende auf der Kieler Woche 2012, die heute zu Ende geht. Einige Impressionen davon sind in meinem Video zu sehen.

Am letzten Sonntag waren wir noch kurz im Olympiazentrum Kiel-Schilksee. Es war ein sehr windiger Tag. Der Wind heulte in den Masten der Boote, die im Yachthafen lagen. Bei den Startvorbereitungen für die leichten Boote, die stehend gesegelt werden, "kennterte" eines von ihnen bereits an Land - inklusive Trailer. Einige Crews hatten auch beim Start heftige Probleme, ihre kleinen Flitzer zu bändigen.

Ich hatte das Glück, etwas weiter draußen auf der Förde eine alte Bekannte beobachten zu können. Dort war die Bremerhavener Hansekogge "Ubena von Bremen" mit ihrem typischen rot-weiß-gestreiften Segel zu sehen. Denjenigen "Sehleuten", die kein Fernglas bzw. kein Zoom-Objektiv dabei hatten, wird sicher so einiges von dem entgangen sein, was sich auf dem Wasser abspielte.

Dass zum Beispiel eines der vorgenannten kleinen Boote Probleme mit dem Spinaker hatte, und schließlich kenterte, habe ich auch nur deshalb mitbekommen, weil ich die Kamera gerade zufällig in die richtige Richtung hielt. Mit dem bloßen Auge wäre das kaum zu erkennen gewesen.

Gestern nahmen mehr als einhundert traditionelle Segler und Schiffe an der Windjammerparade teil, die in diesem Jahr von der neuen Bremerhavener Bark "Alexander von Humboldt II" angeführt wurde. Die "Gorch Fock", das traditionelle Flaggschiff der Kieler Windjammerparade ist aufgrund einer aufwändigen Reparatur leider immer noch in der Werft.

Samstag, 23. Juni 2012

Alles gelogen!



Morgen Abend klärt der Verein "Alles gelogen" seine Fans über die wahren Geschichten und die wirkliche Geschichte des Leher Ortsteils Goethestraße auf. Bei dieser Stadtführung wird alles Unsichtbare sichtbar gemacht. Die drei Vertreter des Vereins decken Unerhörtes im Stadtteil auf.

Im letzten Jahr erfuhren wir bei einem dieser Rundgänge zum Beispiel, dass auf dem Platz, der heute als "Pausenhof Lehe" bekannt ist, in grauer Vorzeit einmal das Regierungsgebäude der Atlantiden stand. Es mussten erst tausende von Jahren vergehen, bis - lange Zeit nach dem Untergang von Atlantis - die Bremer auf diesen ideal gelegenen Handelsplatz aufmerksam wurden, und am Zusammenfluss von Geeste und Weser einen Hafen bauten.

Damit wird klar: Lehe ist der Nabel der Welt. Die Geschichtsbücher müssen wohl umgeschrieben werden und Bremerhaven rückt wieder in den Mittelpunkt des politischen Interesses Bremens, Deutschlands und der ganzen Welt. Mindestens …

Denn unser geschichtliches Weltbild, das wir damals in der Schule kritiklos als als wahre Begebenheiten in uns aufsogen, ist in Wahrheit:
"Alles gelogen!"
Ein erfunden und erlogener Stadtteilrundgang
Mit: Erpho Bell, Jochen Hertrampf und Wolfgang Marten
am 24. Juni 2012
um 19:00 Uhr

Start gegenüber der Theo
Lutherstraße / Ecke Stormstraße

Leitung: Erpho Bell

Dauer: ca. 90 Minuten

Weitere Termine: Am 26.06. und am 10.07.2012
Die Teilnahme an diesen Stadtteilrundgängen ist frei


Update: 24.06.2012

Freitag, 22. Juni 2012

Nach "Rio +20" wird in aller Ruhe weiterverhandelt

"Der Wald ist unser. Ich bin der Wald."
Hajkaramykya, Awá

Mit ihrem Teilveto gegen die im April 2012 vom brasilianischen Parlament beschlossene Änderung des Waldgesetzes hatte Frau Rousseff (Brasilien, Präsidentin) einen Versuch unternommen, das Thema aus den "Rio +20"-Gesprächen herauszuhalten.

In der ursprünglichen Fassung wäre eine dramatische Aufweichung des bisherigen Waldgesetzes sowie eine Amnestie für illegale Kahlschläger festgeschrieben worden. Die zusätzliche Abholzung einer Fläche, die der zweifachen Größe Deutschlands entsprochen hätte, wäre legalisiert worden. Nach dem Teilveto (12 Artikel sind blockiert und 32 modifiziert) ist das neue Waldgesetz seit dem 28.05.2012 in einer vorläufigen Fassung in Kraft.

Umweltschutz- und andere Nichtregierungsorganisationen, sowie mehr als 2 Millionen Mitzeichner einer Petion hatten ein richtiges Veto gefordert. Das teilweise Veto Frau Roussefs gegen lediglich einige Punkte der von der Agrar- und Holzfällerlobby geprägten Neufassung des Waldgesetzes wird den Kahlschlag am Amazonas nicht stoppen.

Einem Bericht des östereichischen "Standards" vom 30.05.2012 zufolge soll es nun offiziell zwar keine Amnestie für Waldzerstörer geben, aber die ersten Schlupflöcher für Großfarmer seien bereits offenbart worden.

Von der Änderung des Waldgesetzes sollten im Wesentlichen kleinere Farmer profitieren, die künftig nur noch einen fünf bis zu fünfzehn Meter breiten Streifen zerstörten Waldes an Flussufern wieder aufzuforsten müssen.


Zur großen Freude der Agrarlobby

So weit der Plan. Die bisherige Vorschrift zur Wiederaufforstung eines 30 Meter breiten Streifens bei bis zu zehn Meter breiten Flüssen gilt weiterhin für Großfarmer. Die könnten sich aber möglicherweise aus der Affäre ziehen, indem sie ihre Grundstücke entsprechend aufteilen, so dass diese dann als "kleinere Farmen" durch die Schlupflöcher des Gesetzes fallen.

Frau Rousseff schätzt dem "Standard" zufolge die Landwirtschaft, auf die 37 Prozent aller Exporte entfallen, als Devisenbringer. Das dürfe die Sojafarmer und Viehzüchter im Amazonasgebiet ermutigen, ihre Angriffe auf das Waldgesetz ungebremst fortzusetzen.

"Der Standard" schreibt, bereits in vier Monaten bestehe die Möglichkeit, dass Frau Rousseff wieder vom Parlament überstimmt wird. Ein Abgeordneter habe sich darüber gefreut, dass Frau Rousseff vor einem kompletten Veto zurückgeschreckt ist. Die Verhandlungen könnten somit nach "Rio+20" in aller Ruhe weitergehen. Auch Frau Abreu (Senatorin und Vorsitzende des Großfarmerverbandes CNA) habe die patriotische Haltung Frau Rousseffs gelobt.


Gefährliche Patrioten und Völkermörder

Es sind die Patrioten dieser Welt, die ihren Verpflichtungen gegenüber der Zukunft der Menschheit nicht gerecht werden. Wenn man sie in Ruhe lässt, dann werden sie auch weiterhin ihre Interessen und diejenigen der jeweiligen Lobbys und Wirtschaftsverbände ihrer Länder über die Interessen der Menschheit stellen. Wenn ihnen kein Einhalt geboten wird, dann werden sie am Ende die Zerstörung der Lebensgrundlagen unseres Planeten auf dem Gewissen haben. Leider werden sie dann schon lange tot sein, so dass sie dafür nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden können.

Noch bevor die Klimakatastrophe das Leben auf der Erde, so wie wir es kennen, radikal verändern wird, geht es den indigenen Völkern in den Wäldern Amazoniens an den Kragen. Die tropischen Wälder, die den verbrecherischen Machenschaften der Waldzerstörer im Wege stehen, sind nämlich nicht nur ein wesentlicher Bestandteil der "grünen Lunge unserer Welt", sondern darüber hinaus auch die angestammte Heimat vieler indigener Völker, deren Überleben von einer intakten Umwelt - mit der sie sich seit hunderten von Jahren arrangiert haben - abhängig ist.


Die Yanomami, die Kayapó und die Technik

Weltweit bekannt geworden ist Herr Davi Kopenawa (Yanomami, Schamane und ein Anführer seines Volkes), der sich seit Mitte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts dafür einsetzt, dass die weitläufigen Gebiete der Yanomami in den Bundesstaaten Roraima und Amazonas als deren Grundbesitz anerkannt werden.

In dieser Zeit waren Goldgräber in die Heimat der Yanomami eingedrungen. Viele Yanomami starben daraufhin an eingeschleppten Infektionskrankheiten, mit denen sie nie zuvor in Berührung gekommen waren, weshalb sie keine Abwehrkräfte dagegen besaßen. Um eine Chance gegen die weißen Eindringlinge zu haben, mussten sie neben den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auch zu modernen technischen Mitteln des 20. Jahrhunderts zurückgreifen. So erlernten sie zum Beispiel den Umgang mit Funkgeräten, um Kontakt untereinander und zu Unterstützern in anderen Ländern zu halten. Heute nutzen sie Digitalkameras und das Internet, um die Regierung und NGOs ständig mit den neuesten Beweisen für illegale Invasionen ihres Lebensraums durch weiße Farmer oder Goldsucher zu dokumentieren.

Auch die Kayapó haben bei ihrem Kampf gegen ein Staudammprojekt, bei dem ihre Heimatregionen am Oberlauf des Río Xingú überflutet worden wären die internationale Öffentlichkeit gesucht. Zu ihren Unterstützern gehöt unter anderem auch der Sänger "Sting", der ein Buch über den Regenwald und seine Bewohner geschrieben hat. Um eine Basis für eine langfristige Unterstützung indigener Völker in den Regenwaldgebieten zu schaffen gründete er später die "Rainforest Foundation".

Infolge der Ausdehnung der Aktivitäten der Yanomami oder der Kayapó über die Grenzen ihrer Welt hinaus stand die bis dahin gängige Praxis der Vertreibung und des Völkermords in den tropischen Regenwäldern Brasiliens plötzlich im Rampenlicht einer breiten internationalen Öffentlichkeit. Trotzdem ist der Kampf der Kayapó noch nicht gewonnen, wie mit der Entlassung von Megaron Txucarramãe, einem Angehörigen der Kayapó, aus der FUNAI (Brasiliens Regierungsbehörde für indigene Völker) deutlich wurde. Seinen Angaben zufolge wurde er entlassen, weil er immer wieder gegen den Bau des Belo Monte-Staudamms am Río Xingú eingetreten sei.


Das bedrohteste Volk der Welt

Heute setzt sich Herr Kopenawa nicht nur für die Rechte seines eigenen Volks, die Yanomami ein, sondern darüberhinaus für diejenigen aller Indigenen Völker in den Wäldern Amazoniens. Im Rahmen der internationalen Konferenz "Rio +20" forderte er jetzt von den Regierungen der dort vertretenen Nationen sich für den Schutz des - wie die Menschen- und Völkerrechtsorganisation "Survival International" es ausdrückt - "bedrohtesten Volkes der Welt" einzusetzen. Sie müssten Brasilien drängen, die illegale Abholzung auf dem Land der "Awá" zu stoppen.

Der Schutz der Landrechte der Awá sei der einzige Weg, das Überleben des indigenen Volkes zu sichern. In einem Artikel vom 19.06.2012 zitiert "Latina Press" Herrn Kopenawa mit den Worten (Zitat): "Die Awá müssen mit ansehen wie ihr Wald abgeholzt wird – schneller als jeder andere im Amazonasgebiet. Wie viel länger will die Regierung noch warten, um die illegalen Siedler, Viehzüchter und Holzfäller auszuweisen und das Gebiet der Awá endlich effektiv zu schützen?" Für sein Engagement ist Davi Kopenawa mit internationalen Auszeichnungen geehrt worden.


Deshalb tun sie nichts

Im August 2011 war Davi Kopenawa zu Besuch in Deutschland, um hier auf neue Probleme der Yanomami mit Goldgräbern aufmerksam zu machen und um Unterstützung für sein bedrängtes Volk zu werben. Auf die Frage eines Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), wie es ihm in München gefalle, antwortete Herr Kopenawa, egal ob Sao Paulo, Rio de Janeiro oder München: Alle Städte sähen für ihn gleich aus. In München sei er spazieren gegangen und habe sich die Bäume angesehen, die wenigen, die es dort gebe. Denn immerhin seien sie anders als die Bäume im Wald bei den Yanomami. Sie hätten andere Blätter und Stämme, und es mache ihm Spaß, sie zu vergleichen. Auf die Probleme der Yanomami mit den Goldgräbern angesprochen sagte Herr Kopenawa (Zitat):
"Sie haben sich flussaufwärts niedergelassen und verseuchen dort das Wasser mit ihrem Quecksilber. Wir haben kein Trinkwasser mehr und können auch den Fisch nicht mehr essen. Sie arbeiten mit großen Maschinen, die so laut sind, dass sie alle Tiere verscheuchen. Wir haben schon mit vielen Politikern darüber gesprochen, weil es illegal ist, dass sie auf unser Gebiet kommen, aber die hören uns gar nicht. In unserem Bundesstaat Roraima gibt es viele Politiker, die Freunde der Goldgräber sind. Deshalb tun sie nichts."

Ich denke, es ist eines der größten Hindernisse für Fortschritte bezüglich der Erhaltung einer lebenswerten Umwelt, der Beendigung des Atomzeitalters oder beim Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe, dass es überall in der Welt viele Politiker gibt, die sich die falschen Freunde aussuchen, weil sie hoffen, dass es bei denen etwas zu holen gibt. Diese Politiker sind ihren "Freunden" hörig, hören aber nicht mehr auf die Menschen, von denen sie gewählt wurden und denen allein sie verpflichtet sind. Das ist hier bei uns in Deutschland nicht anders, als in Brasilien oder im Wald bei den Yanomami - oder bei den Awá, die mit Unterstützung durch "Survival International" jetzt auch zu technischen Mitteln greifen, um die Welt mit Hilferufen per Video auf ihre gefährliche Lage aufmerksam zu machen:
"Was ihr tut ist sehr wichtig. Helft uns so schnell ihr könnt.

Der Wald ist unser. Ich bin der Wald.

Wir wollen nicht, dass die Holzfäller den Wald zerstören.
Schickt sie fort.

Wir wollen, dass das Land nur uns gehört, wir es nutzen können. Ich bitte Euch viele Nachrichten an den Justizminister zu senden, um zu fordern, die illegalen Holzfäller von unserem Land zu vertreiben. Ich hoffe die Lösungen des Ministers brauchen nicht zu lange.

Der Regen hat aufgehört und die Holzfäller kommen zurück und zerstören alles.
Sendet viele Nachrichten.
Fordert, die Holzfäller sofort aus unserem Wald zu verweisen."
Hajkaramykya, Awá


Zum Weiterlesen:

Das gesamte Interview mit Herrn Kopenawa kann man auf der Internetseite der FAZ nachlesen:


(Quellen: Latina Press vom 19.06.2012, Survival International vom 19.06.2012, Der Standard vom 30.05.2012, FAZ vom 08.08.2011, Wikipedia, AVAAZ, Greenpeace, WWF, Wolfgang Schwarz - Der tropische Regenwald)

Donnerstag, 21. Juni 2012

Wieviele Kinder braucht es noch?

Severn Cullis-Suzuki (1992, Rio de Janairo, mit deutschen Untertiteln)

Bereits nach dem ersten Tag der internationalen Gipfelkonferenz "Rio +20" ist abzusehen, dass wir wohl nicht allzuviel vom Ergebnis der Mammutveranstaltung erwarten dürfen.

In Rio de Janeiro haben die Konstrukteure des neuen Hauses "ökologische Wirtschaft und nachhaltige Enrwicklung", antatt mit dem Ausschachten des Kellers zu beginnen, beim Dach zu bauen angefangen. Bevor der "Erdgipfel" überhaupt begonnen hatte stritten sich die Vertreter der Staaten erst einmal um die Abschlusserklärung. Nach meinem Verständnis sollte eine Abschlusserklärung erst am Ende einer Konferenz das Ergebnis der Gespräche zusammenfassen. In Brasilien geht das heutzutage anders herum: Da stand das Ergebnis der Konferenz bereits im Voraus weitestgehend fest. Was bisher davon schon bekannt geworden ist verursacht so etwas wie ein Gefühl hilfloser Ohnmacht. Was bleibt, ist die nüchterne Erkenntnis, dass "Rio +20" wohl als Gipfel der nachhaltigen Verantwortungslosigkeit und des umweltpolitischen Versagens in die Geschichtsbücher eingehen wird.

Zwanzig Jahre zuvor, hatte an gleicher Stelle - neben den vielen Erwachsenen Rednern - ein Kind zu den Delegierten des "Erdgipfels" Rio 1992 gesprochen. Die damals zwölfjährige Severn Cullis-Suzuki redete den Abgeordneten vieler Nationen ins Gewissen. Was dieses junge Mädchen dort sagte, und vor allem, wie sie es sagte, war eine schallende Ohrfeige für alle Ignoranten des Klimawandels, für die Lobbyisten resourcenverschwendender multinationaler Konzerne und für die Politiker dieser Welt.

  • Wie viele Kinder, die den Erwachsenen mit ihren Vorwürfen die Schamesröte ins Gesicht treiben, braucht es noch? Wie oft würden die "erwachsenen Regierungschefs" und die "Delegierten der Weltgemeinschaft" noch weitere solcher Peinlichkeiten über sich ergehen lassen, bevor sie sich endlich bereit erklären, im Sinne der Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder zu handeln?


Zwanzig Jahre später: Severn Cullis-Suziki kehrt zurück nach Rio (englisch)

Das Kind von damals ist heute eine Mutter von zwei Söhnen. Immer noch redet sie den Menschen ins Gewissen. 1992 kämpfte sie für ihre eigene Zukunft - heute zusätzlich für diejenige ihrer Kinder. 20 Jahre nachdem sie die Welt für fünf Minuten zum Schweigen brachte, hat sie die jetzt die Einladung der Organisation "Green Cross international" angenommen, um dort auf einer der Veranstaltungen der vielen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) am Rande des "Gipfels" zu sprechen.

".. Heute bin ich eine Mutter und ich kann es mir nicht leisten, mutlos zu sein. Ich habe zwei kleine Jungen und ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um sicherzustellen, dass sie ein erfülltes Leben in einer großartigen Welt haben werden.

Nach zwanzig Jahren kehre ich jetzt mit dem gleichen Argument zurück, das ich als Kind mit meiner Anwesenheit auf dem 'Erdgipfel 1992' vorgebracht habe: Die stärkste moralische Notwendigkeit, die wir haben, um etwas zu verändern und zu handeln, sind unsere Kinder. Unsere Kinder bringen uns dazu, den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung wiederherzustellen.

Angesichts der Möglichkeiten, die wir in der heutigen globalen Situatuion haben - zwischen unseren Privilegien und unserer Verantwortung - beruht unsere Hoffnung auf der Erkenntnis dieser moralischen Notwendigkeit. Unsere Hoffnung ist Liebe, die Liebe zu unseren Kindern. .."


(Rio +20, Juni 2012:
Severn Cullis-Suzuki während einer Veranstaltung des "Green Cross international")


Jemand hat es einmal auf den Punkt gebracht: "Unsere Kinder sind unsere Zukunft." Wer die Lebensgrundlagen unserer Kinder, Kindeskinder und aller zukünftigen Generationen auf unserem Planeten zerstört, der zerstört unsere Zukunft.


(Quellen: TAZ vom 20.06.2012, YouTube, Severn Cullis-Suzuki on Twitter, Green Cross International)

Mittwoch, 20. Juni 2012

Der Erdgipfel und die Gipfel der Erde

Artesonraju Gletscher in Zentral Peru in der Cordillera Blanca
(© Foto by Edubucher, 23 Mai 2010, CC BY-SA)
Obwohl es dort nicht allzuviel regnet, sind die Hänge der "Cordillera Blanca" in den peruanischen Anden als eine sehr fruchtbare Region bekannt. Die Grundlage dafür bildet das Schmelzwasser von den Gletschern auf den Gipfeln der Anden, die hier bis zu 6768 Meter hoch in den Himmel ragen. Doch diese Wasserquelle droht zu versiegen.

Die Menschen in der Region der "Weißen Bergkette" haben im Laufe vieler Generationen ein ausgeklügeltes Kanalsystem zur Nutzung des Gletscherwassers entwickelt, mit dem sie ihre Felder bewässern.

Seit der Gründung des "Huascarán-Nationalparks" im Jahre 1975 steht ein großer Teil der "Cordillera Blanca" komplett unter Schutz. Schon in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatte es die ersten Forderungen gegeben, die schneebedeckten Berggipfel in der "Cordillera Blanca" unter Schutz zu stellen, damit die ursprüngliche Landschaft des mit 31 Gipfeln über 6000 Meter höchsten tropischen Gebirges erhalten bleibt.

1985 erklärte Die UNESCO den Nationalpark zum Welterbe. Aufgrund des Anstiegs der mittleren globalen Temperatur infolge des Klimawandels ist jedoch seit Ende der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts ein besorgniserregender Rückgang der Schneebedeckung der "Cordillera Blanca" zu beobachten. Damit haben der "Huascarán-Nationalpark" in den Anden Perus und der "Nationalpark Wattenmeer" an der deutschen Nordseeküste etwas gemeinsam: Beide Nationalparks werden wohl nur ein "Welterbe auf Zeit" sein.

Die Gletscher Perus sind lebenswichtige Wasserspeicher für die bäuerlichen Gemeinschaften in den tiefer gelegenen, bewohnten Regionen der Anden. Der fortschreitende Klimawandel hat diese Wasserspeicher in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich schrumpfen lassen. Fehlende Niederschläge in den Akkumulationsgebieten (Nährgebiete der Gletscher) und beschleunigtes Abschmelzen in den Ablationsgebieten (Zehrgebiet der Gletscher) haben das Gleichgewicht der Gletscher zerstört.


Schmelzende Gletscher, verdorrende Felder

Verschärfend hinzu kommt noch, dass die Trockenzeiten in den landwirtschaftlichen Regionen Perus sich in letzten Jahren extrem ausgedehnt haben: Das Wasser wird knapp. Am 18.06.2012 zeigte "3sat" zu diesem Thema in seinem Magazin "Nano" einen Beitrag mit dem Titel "Zu wenig Wasser - Bevölkerung in den Anden verliert Lebensgrundlage". Darin kommt mehrmals die peruanische Glaziologin Luzmila Dávila Roller zu Wort. Auch sie wies auf die dramatische Situation bezüglich der Gefährdung der Nahrungsmittelproduktion und der Trinkwasserversorgung in Peru hin (Zitat): "Um über 30 Prozent ist die Wasserzufuhr hier in den letzten Jahren zurückgegangen. Die Regenperioden werden kürzer. Die Gletscher liefern auch nicht mehr so viel. langfristig wird das Wasser nicht reichen, um die Saat noch ausbringen zu können, und die Produktion hier aufrecht zu erhalten."

Auch wenn für Außenstehende im Moment noch nichts darauf hindeute: Das Überleben der Gemeinden werde schwieriger, heißt es im Filmbeitrag von "Nano". Der Klimawandel hat schon heute dramatische Auswirkungen.

Weltweit schmelzen die Gletscher in den Hochgebirgsregionen unseres Planeten. Insbesondere die tropischen Gletscher gelten als sensible Klimaindikatoren. Im Rahmen eines internationalen Projekts macht sich Frau Roller zusammen mit ihren Kollegen einmal im Monat auf den Weg zum Gletscher des in der peruanischen Region "Ancash" gelegenen 6025 Meter hohen "Artesonraju", um Daten zur Situation des Gletschers zu sammeln.

In ihrem 5300 Meter hoch gelegenen Arbeitsgebiet haben bereits kleinste Klimaveränderungen große Auswirkungen zur Folge. Im oben genannten Filmbeitrag ist zu sehen, wie die Wissenschaftler einen Stab in ein Loch im Eis des Gletschers stecken. Frau Roller erklärt dazu (Zitat): "In diesem neuen Messloch lassen wir einen Stock 14 cm heraussschauen. Im nächsten Monat werden mehr als 14 cm sichtbar sein. Diese einfachen Methoden liefern uns schon den Beweis, dass die Schmelze weitergeht und sie zeigen uns auch das Tempo."

An einer anderen Stelle im Film zeigt sie drei Fotos des Gletschers auf dem "Pastouri", die in den Jahren 2001, 2007 und 2011 aufgenommen worden sind. Anhand dieser Fotoserie wird deutlich, wie dramatisch der Gletscher in diesen 10 Jahren geschrumpft ist. 580 Meter Eismasse sind dabei verloren gegangen.

Über ihre Arbeit, ihre Erkenntnisse und über die Ursachen für das Verschwinden der Gletscher sagt Frau Roller im Film (Zitat): "Wir von der Gletscherforschung können, was den Klimawandel angeht, nicht viel mehr machen, als Informationen zu sammeln und zu veröffentlichen. Wir können ein paar Szenarien entwerfen, um zu sehen, wie sich die Menschen anpassen können. Den Wandel aufhalten, das können wir nicht. Das müssen die Länder machen, die ihn mit ihrer Industiealisierung und ihren Emissionen verursachen. .. Von Tag zu Tag, von Monat zu Monat werden die Auswirkungen des Klimawandels, der vor allem in anderen Ländern verursacht wird, hier stärker. Wir Peruaner sind sicher nicht verantwortlich dafür. Es wird Zeit, dass die großen Staaten nicht nur darüber reden, sondern endlich etwas dagegen tun."


Rio +20

Für die Verabredung verbindlicher internationaler Verträge zum gemeinsamen Kampf der Menschheit gegen die drohende Klimakatastrophe, denen dann zügig nachhaltige Maßnahmen folgen müssen, wäre ab heute in Rio de Janeiro (Brasilien) die passende Gelegenheit. Zu viel Zeit ist schon tatenlos vergeudet worden. Spätestens seit der Veröffentlichung des IPCC-Klimaberichts im Jahre 2007 müsste eigentlich jedem bewusst sein, was für die Zukunft der Menschheit und die Lebensbedingungen auf unserem Planeten auf dem Spiel steht.

Ab heute treffen sich in Rio de Janairo (Brasilien) Regierungsvertreter aus mehr als 120 Nationen an der gleichen Stelle zu einer Gipfelkonferenz, an der 20 Jahre zuvor schon einmal die Delegierten der Länder dieser Welt zum "Erdgipfel" (Earth Summit) zusammengekommen waren. Auf der dreitägigen Konferenz "Rio +20" wird es im wesentlichen um das Thema "Nachhaltigkeit" gehen. Der nachhaltige Umgang mit den Resourcen unseres Planeten sowie der nachhaltige Schutz unserer Lebensgrundlagen und des Klimas spielen dabei naturgemäß eine wichtige Rolle. Darunter fallen dann Themen wie "ökologische Wirtschaft" (green economy), "Nutzung regenerativer Energiequellen", "Sicherung der Trinkwasserversorgung" sowie "Zugang zu sauberem Trinkwasser für alle" und vieles mehr ... - eigentlich alles Themen, die - leider(!) - heute immer noch so aktuell sind, wie schon vor 20 Jahren.


Die Hoffnung stirbt zuletzt

Trotz aller Hemmnisse, trotz der rapide knapper werdenden Zeit, die der internationalen Gemeinschaft noch für geeignete Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel bleibt, versuche ja immer wieder positiv zu denken: "Die Hoffnung stirbt zuletzt." Vor allem die USA und China müssen ihre gegenseitige Blockade beenden. Junge Chinesen, die in den USA studieren und ihre amerikanischen Kommilitonen zeigen auf dem "US-China-Jugendforum" zum Thema Nachhaltigkeit, wie es anders geht.

Die Frankfurter Rundschau stellt in einem Artikel vom 18.06.2012 einen chinesischen Studenten vor, der in den USA von Chemie-Umweltskandalen in seiner Heimat erfahren hat. Seitdem sei er auf dem "Öko-Trip". Dass die USA und China beim Kampf gegen den Klimawandel nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten müssen, sei ihm sonnenklar. Einen anderen Chinesen zitiert die Zeitung mit den Worten: „Wir sind die erste Generation, die voll mit der Globalisierung aufgewachsen ist, mit Internet, Facebook und Twitter. Für uns ist es keine Frage, dass man mit anderen Ländern zusammenarbeiten muss.“ Der Klimawandel, die knapper werdenden Süßwasserresourcen, die Bekämpfung von Armut und Hunger etc. seien nur gemeinsam zu lösen.

Nur wer eine Gefahr erkannt hat und wem bewusst ist, was er für immer verlieren wird, ist in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Das Miteinander der jüngeren Generationen und deren Einsichten in gemeinsame Notwendigkeiten nährt meine Hoffnung - und es schürt die Ängste der alternden, an den bequemen Sesseln der Macht klebenden Betonköpfe in den Regierungen ihrer Länder. Wenn ich aber zum Beispiel in der gestrigen Online-Ausgabe der Stuttgarter Zeitung lese, dass es nach dem Ende der Verhandlungen über den Text der geplanten Abschlusserklärung noch unklar ist, ob die Deklaration klar Stellung zum langfristigen Auslaufen der Milliarden- Subventionen für fossile Brennstoffe beziehen wird, dann gibt das meiner Hoffnung gleich wieder einen Dämpfer, bevor die Konferenz überhaupt offiziell eröffnet worden ist.

Das Geld, das den Klimakillern Jahr für Jahr in den gefräßigen Rachen geschaufelt wird, fehlt an vielen Stellen der Welt für die Anschubfinanzierung der weltweit notwendigen Energiewende. Darüber hinaus nimmt die Subvention fossiler Energieträger den Druck von der Notwendigkeit, die Energiewende rechtzeitig und  erfolgreich zu vollziehen. An der Debatte über die Subventionen stört mich allein schon die Idee, dass diese erst langfristig zurückgefahren werden sollen. Würde man die Menschen in Peru, deren Wasserversorgung deutlich sichtbar dahinschmilzt, fragen, dann würde man sicher zur Antwort bekommen, dass hier "kurz- bis mittelfristig" eher angebracht wäre - und zwar bindend, für alle! Die fortgesetzte Plünderung der Resourcen der Erde bei gleichzeitiger fortgesetzter Schädigung des Klimas hat mit "Nachhaltigkeit" jedenfalls absolut nichts gemeinsam.

"Das Wasser aus den Bergen ist unser Lebenselixier,
aber es kommt immer weniger."

(Eine peruanische Bäuerin in "Zu wenig Wasser ...")


  • Ein Ausschnitt aus der 3sat-Sendung "Nano" vom 18.06.2012 mit dem Beitrag "Zu wenig Wasser" von Michael Stocks über Gefährdung der Lebensgrundlage der Bevölkerung in den Anden ist (zur Zeit noch) hier zu sehen.


(Quellen: Stuttgarter Zeitung vom 19.06.2012, Frankfurter Rundschau vom 18.12.2012, Spiegel vom 18.06.2012, 3sat "Nano" vom 18.06.2012, Wikipedia, Wikimedia Commons - Edubucher's User talk, BMU, UNESCO, Deutsche UNESCO-Kommission e.V.)

Montag, 18. Juni 2012

Kultursommer



Im Bremerhavener Stadtteil Lehe beginnt in dieser Woche die zweite Auflage des Leher Kultursommers. Wie die Organisatoren verkünden, können bis zum 15. Juli 2012 unter dem Motto "Entdeckungen – Auf ins Quartier!" unbekannte Orte entdeckt und vermeintlich Bekanntes neu entdeckt werden.

Zwar liegt ein Schwerpunkt der Veranstaltungen wieder im Ortsteil "Goethestraße", aber auch die anderen Leher Ortsteile werden dieses Mal einiges zum Programm beisteuern. Wie schon die "Leher Sommer-Kulturwochen" im letzten Jahr, so ist auch der "Leher Kultursommer 2012" ein kulturelles Angebot für alle Teile der Bremerhavener Bevölkerung. Da die Teilnahme an allen Veranstaltungen wieder kostenfrei ist, wird auch aus finanziellen Gründen niemand davon ausgeschlossen sein.

"Unterwegs in Lehe", etwa entlang des "Altstadtrundwegs" oder "auf den Spuren der Aue" im Goethe-Quartier, werden Experten die Blicke auf Bemerkenswertes lenken. Schauspieler werden Geschichte oder Geschichten spielen und erzählen, bei denen man zum Beispiel erfährt, dass möglicherweise "Alles gelogen" ist, was man bisher für geschichtliche Tatsachen gehalten hat.

Auf Straßen und Plätzen, wie dem "Pausenhof Lehe", feiern verschiedene Bevölkerungsgruppen, unterschiedliche Kulturkreise und Nationen gemeinsame Feste und in privaten Wohnzimmern findet eine große Vielfalt von Konzerten nahezu aller bekannter und vieler unbekannter Stilrichtungen statt. Außerdem stehen Filme, Theaterstücke oder Lesungen mit kriminologischen Experten an besonderen Orten auf dem Programm.

Wenn uns dann noch - im Gegensatz zum letzten Jahr - das Wetter wohl gesonnen sein sollte, dann stünde einem abwechslungreihen "Leher Kultursommer 2012" eigentlich nichts mehr im Wege.

(Quellen: Sonntagsjournal vom 09.06.2012, Leher Kultursommer 2012)

Sonntag, 17. Juni 2012

Schiffe auf der Kieler Woche

Luxusleben auf Ostseefähre trifft auf Seemannsalltag auf Traditionsseglern

Meine Tochter hat Recht behalten: Gestern schien in Kiel die Sonne. Allerdings gab es gegen Abend auch den einen oder anderen Regenschauer, aus denen sich später ein Dauerregen entwickelte.

Nach einem tollen Tag auf der "Kieler Woche" fielen unsere für den Abend geplanten Aktivitäten deshalb leider ins Wasser. Den Beweis dafür, dass die Bremerhavener Nachbau einer Hansekogge, die "Ubena von Bremen", nicht einfach nur ein Museumsschiff zum angucken, sondern ein hochseetaugliches Traditionsschiff ist, kann man auf den Foto rechts unten (links im Bild) sehen, auf dem sie zusammen mit anderen "Oldtimern" im Kieler "Germaniahafen" zu sehen ist.


Traditionssegler auf der Hörn und Yachten auf der Kieler Förde

Tagsüber lenkten auf der Innenförde die Yachten die Aufmerksamkeit der "Seeleute" auf sich und gegen Abend füllten sich die Liegeplätze auf der Hörn mit den von Tagestörns zurückkehrenden Großseglern. Der größte unter ihnen war mit Abstand die russische "Sedov", die auch des öfteren schon in Bremerhaven zu Gast war.

Samstag, 16. Juni 2012

Absurde Idee: Umweltschutz zu Lasten der Umwelt

Schafe fressen leider nur Gräser und Kräuter
Den politischen Handlangern der Lobby der Betreiber mit fossilen Brennstoffen befeuerter Großkraftwerke und der Atomkonzerne ist offensichtlich jedes Mittel Recht, wenn es darum geht, den Schutz unserer Umwelt vor den skrupellosen Machenschaften ausschließlich gewinnorientierter Konzerne auszuhebeln.

Das jüngste Beispiel dafür ist der Vorstoß Herrn Röslers (FDP, Bundeswirtschaftsminister). Der schreckt nicht einmal mehr davor zurück, europäisches Umweltrecht aufweichen zu wollen. Die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" zitierte Herrn Rösler in einem Bericht vom 14.06.2012 mit den Worten (Zitat): ".. Dabei geht es vor allem um die Fauna-Flora-Habitat- sowie die Vogelschutz-Richtlinie. Da müssen wir ran. .."

Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) am 13.06.2012 berichtete, hält Herr Rösler das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für die Wurzel vieler Energiemarktprobleme. - Hallo? Das EEG wurde als Grundlage geschaffen, auf der die Energiewende vorangetrieben werden soll, nicht aber um die Betreiber von Kohle- und Atomkraftwerken, die nicht in der Lage sind, sich an die Energieversorgung der Zukunft anzupassen, vor den erneuerbaren Energien zu schützen.

In der Energieversorgung der Zukunft wird für die stromproduzierenden Dinosaurier des letzten Jahrhunderts kein Platz mehr sein, Herr Rösler! Entweder werden die Produktion hochradioaktiven Atommülls und die CO2-Emissionen innerhalb kürzester Zeit Geschichte sein, oder wir werden unseren Nachkommen eine lebensfeindliche Welt hinterlassen.

Die multinationalen Energiekonzerne haben es seit rund 30 Jahren verschlafen, sich auf das Versiegen der Resourcen fossiler und radioaktiver Energieträger einzustellen. Gleichzeitig haben sie es gut 30 Jahre lang erfolgreich geschafft, die globale Erwärmung zu ignorieren. Schon damals zeichnete sich nämlich ab, was da auf uns zukommen würde, wenn die Emissionen klimarelevanter Gase ungebremst fortgesetzt werden würden.

Klar, dass die Energiekonzerne mit ihren veralteten Kraftwerken jetzt ein Problem damit haben, innerhalb weniger Jahre den aus Gründen des Klimaschutzes notwendigen energietechnischen Umbruch zu bewältigen. Der Energiemarkt der nahen Zukunft muss ausschließlich den erneuerbaren Energiequellen vorbehalten sein. Aus meiner Sicht ist der Schutz der Lobby der Betreiber fossil befeuerter Großkraftwerke und der Atomkonzerne seitens ihrer politischen Handlanger die Wurzel aller Probleme im Zusammenhang mit der Energiewende, nicht aber das EEG.


Naturgesetze stehen über staatlichen Gesetzen

Wenn Herr Rösler bezüglich der Streckenführung neuer Hochleitungstrassen gegenüber der FAZ sagt, er wolle "zum Beispiel beim Durchqueren von Schutzgebieten einen Teil der EU-Regeln auf Zeit außer Kraft setzen", dann sagt er nicht, dass der dadurch während dieser nicht näher definierten Zeitspanne angerichtete Schaden wohl kaum wieder gutzumachen sein wird. Außerdem ist zu befürchten, dass derartige zeitliche Befristungen später nach Belieben weiter ausgedehnt werden und weitere Anschläge auf die Umweltgesetzgebung hinzukommen werden. Wozu Herr Rösler und seine schwarz-gelb-gestreiften Kollegen in Bonn fähig sind, dass haben sie mit ihrer "Laufzeitverlängerung" ja bereits schlagkräftig unter Beweis gestellt.

Und dass sein Parteikollege Herr Brüderle (FDP, damals Bundeswirtschaftsminister) drei Tage(!) nach dem Super-GAU in Japan während einer Sitzung des "Bundesverbands der Deutschen Industrie" (BDI) versicherte, angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen laste Druck auf der Politik, so dass die Entscheidungen daher nicht immer rational seien, er aber ein Befürworter der Atomenergie sei, zeigt, wo die wirklichen Interessen der FDP liegen. Herr Brüderle hatte damals einem Protokoll der Sitzung zufolge weiter ausgeführt, es könne keinen Weg geben, der die Branchen, die besonders viel Energie verbrauchten, in ihrer Existenz gefährden würde.

Wäre es in der Vergangenheit nur nach solchen Leuten gegangen, dann würden wohl heute noch im wahrsten Sinne des Wortes "die Schlote qualmen, damit die Wirtschaft brummt". Vielleicht denkt Herr Rösler ja, die Vögel in den Fauna und Flora Habitaten würden sich, im Gegensatz zu Menschen - deren Grundstück in eine geplante Starkstrom-Hochleitung integriert werden soll - nicht wehren wenn er sie mit seiner beschleunigten Netzausbaukeule platt macht. À pros pros: Technisch wäre es sicher auch machbar, die neuen Stromleitungen im Bereich von Wohngebieten und Dörfern unter die Erde zu verlegen. Würden die Planer von Beginn an diesen Weg gehen, dann gäbe es mit Sicherheit auch keine Bedenken mehr seitens der Anlieger der neuen Stromtrassen.

Es ist schon irgendwie absurd, wenn Herr Rösler für sein vorgebliches Anliegen "Umweltschutz" (nämlich die Beschleunigung des Ausbaus der Stromnetze die den Strom von den Windparks in der Nordsee in den Süden der Republik transportieren sollen) die Gesetze zum Schutz der Umwelt außer Kraft setzen will. Diejenigen, die wie Herr Rösler meinen, sie könnten weiterhin ungestraft mit menschengemachten Gesetzen gegen Naturgesetze verstoßen, haben immer noch nicht begriffen, was für uns und alle nachfolgenden Generationen auf dem Spiel steht.


Schafe schützen nicht vor FDP Politikern

Dafür, dass der Ausbau der Stromnetze durchaus im Einklang mit der Natur zu erreichen sein kann, zeigt ein Artikel in der "Welt" vom 14.06.2012 beispielhaft einige positive Visionen für die Zukunft auf. Eine Stromleitung müsse nicht zwangsläufig zu Lasten von Natur und Landschaft gehen, heißt es dort. Ökologen wären bereits dabei zu untersuchen, ob Hochleitungsrassen in bestimmten Fällen wie Korridore wirken und sogar Schutzgebiete miteinander verbinden könnten. Die Flächen auf Hochleitungstrassen oder an Standorten zukünftiger Energieanlagen könnten neue Lebensräume schaffen. Beispielsweise könnten auf feuchten Böden im Schutz von Solarfeldern Orchideen blühen. Oder Schafe könnten an Standorten mit anderen Bodenverhältnissen unter hoch genug aufgestellten Modulen eines Solarenergiefeldes das Gras kurz halten.

Aktuell stellt sich mir aber die bei weitem wichtigere Frage, wer eigentlich FDP Politiker wie Herrn Rösler oder Herrn Brüderle kurz halten kann, so dass sie vor der Bundestagswahl im nächsten Jahr keinen weiteren Schaden mehr anrichten können. Schafe wären dazu leider nicht in der Lage.

(Quellen: Spiegel vom 14.06.2012, Hannoversche Allgemeine vom 14.06.2012, RP vom 14.06.201, TAZ vom 14.06.2012, Die Welt vom 14.06.2012, Frankfurter Allgemeine vom 13.06.2012)

Freitag, 15. Juni 2012

Kieler Tag

Kiel: Blick von der Hörn in Richtung Stadtzentrum
Da werde ich Morgen sein ...

Heute Nachmittag geht's von der Nordsee- zur Ostseeküste:
Mal sehen, was bei der "Kieler Woche" so los ist.

Leider reicht die Zeit nur für einen "Kieler Tag".
Euch allen ein schönes Wochenende,
juwi

Donnerstag, 14. Juni 2012

Wenn König Fußball regiert

Dass die portugiesische Fußballmannschaft gestern Nachmittag ein Spiel gewonnen hatte, war aufgrund der beflaggten, laut hupend durch die Straßen fahrenden Autos kaum zu übersehen. Das gleiche gilt für die Deutsche Mannschaft und deren Fans, die das Hupkonzert und die Auto-Flaggenaktion spätabends noch einmal ebenso lautstark wiederholten.

Ein Arbeitskollege, der sich nach eigener Aussage eigentlich gar nicht so für Fußball interessiert, meinte kürzlich, er könne stolz von sich behaupten, er habe bisher jedes Spiel der Fußball Europameisterschaft im Fernsehen gesehen. Das liegt wohl in erster Line daran, dass er sich das erste Mal zur Teilnahme an einer Tipprunde in Bekanntenkreis überreden lassen hat.

Ich habe ihm entgegnet, dass ich dafür von mir behaupten kann, noch kein einziges der Spiele gesehen zu haben. Warum denn auch: Die Ergebnisse der Spiele werden einem ohnehin bei jeder Gelegenheit aufgedrängt.


Wenn König Fußball regiert ...

Darüber, dass in der Ukraine allein im vergangenen Jahr rund 900000 Menschen Opfer von Folter und Gewalt durch Angehörige der Polizei wurden, erfährt man bestenfalls etwas am Rande der Fußball-Europameisterschaft. Diese Zahlen stammen von der "Vereinigung ukrainischer Menschenrechtler zur Beobachtung von Rechtsverletzungen" (UMDPL). Einem Bericht der TAZ vom 04.06.2012 ist zu entnehmen, das damit jeder 50. Bürger der Ukraine betroffen ist. Die tatsächliche Zahl könne aber noch höher liegen.

Nach Erkenntnissen der internationalen Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" zeigen die Opfer die meisten Fälle aus Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen der Polizei gar nicht erst an. Menschen würden willkürlich verhaftet, ohne Grund in Untersuchungshaft gehalten und dort teils schwer misshandelt. Im Jahr 2010 seien dabei in ukrainischen Haftanstalten nach Angaben der Organisation "Ukrainian Helsinki Human Rights Union" (UHHRU) 51 Menschen ums Leben gekommen.

In dem schon genannten Bericht der TAZ erfährt man etwas über eines dieser Folteropfer. Der junge Mann starb am 07.11.2011 im Alter von 27 Jahren in einem Krankenhaus in Kiew. Seine Mutter sagt, der Staat habe ihn umgebracht.

Unter dem Verdacht eine Damenhandtasche und ein Mobiltelefon gestohlen zu haben wurde er festgenommen und - obwohl ihm der Diebstahl nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte - zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt, aus der er im Jahre 2008 entlassen wurde. Im Dezember des darauffolgenden Jahres meldete eine Frau ihr Mobiltelefon als gestohlen. Fünf Tage später erhielt der junge Mann eine Vorladung der Polizei, von der er nicht mehr nach Hause zurückkehrte. Erst nach mehreren Tagen fand seine Mutter heraus, dass ihr Sohn in Untersuchungshaft saß. Nachdem sie in den folgenden Monaten nur hin und wieder am Telefon mit ihm sprechen konnte, erhielt sie im April 2010 einen Anruf aus dem Krankenhaus: Ihr Sohn liege auf der Intensivstation. Bei zwei Operationen seien unter anderem die Milz und Teile eines Lungenflügels sowie einer Niere entfernt worden. Aus dem Krankenhaus ging es zurück ins Untersuchungsgefängnis. Wie die Mutter mithilfe eines Anwalts später hersusfand, wurde ihr Sohn gleich nach seiner Festnahme und während der Haft immer wieder brutal misshandelt, bis er endlich ein Geständnis ablegte und im Februar 2011 erneut zu viereinhalb Jahre Haft verurteilt wurde.

Unter der Führung Herrn Janukowitsch (Ukraine, Präsident) entwickelte sich die Regierung der Ukraine zu einem autokratischen Regime. Dafür, und für die unmenschliche Behandlung von Frau Timoschenko (Ukraine, ehemalige Regierungschefin) wird das Regime international kritisiert. Mit der Ausrichtung eines großen Teils der Fußballeuropameisterschaft in der Ukraine steht jedoch wieder einmal ein Regime, das die Verantwortung für schwerste Menschenrechtsverletzungen trägt, unverdient im internationalen Rampenlicht des Sports.


... werden die Kritiker übertönt

Es überrascht mich keinesfalls, wenn die Süddeutsche Zeitung gestern meinte, seit der Ball rolle, seien die Proteste verklungen. Mit schlechtem Beispiel gehe diesbezüglich ausgerechnet Herr Friedrich (CSU, Bundesinnenminister) voran. Dieser habe angekündigt, er wolle zu jedem Spiel der deutschen Mannschaft reisen, falls diese nach der Vorrunde weiter im Spiel sei. Das sei ein klarer Bruch mit der bisherigen Haltung der Bundesregierung, derzufolge die Ukraine gemieden werden sollte, so lange sie sich im Fall der Frau Timoschenko nicht bewege.

Im April dieses Jahres wurde die ukrainische Strafprozessordnung reformiert. Nach Auskunft von "Amnesty International" beinhaltet die Reform auch neue Maßnahmen gegen Folter. Dieser Teil der Reform sei zwar begrüßenswert, doch müsse er jetzt auch zügig umgesetzt werden, damit Folter und Misshandlungen in ukrainischen Gefängnissen und seitens der rechtswidrigen Polizeigewalt ein Ende bereitet wird. In einer Petition fordert "Amnesty International" die Regierung der Ukraine deshalb auf,
  • so schnell wie möglich eine unabhängige Institution einzurichten, die alle Folter-Verdachtsfälle und andere Vergehen der Polizei untersucht,
  • jeden Polizei- und Vollzugsbeamten strafrechtlich und disziplinarisch zu verfolgen, der im begründeten Verdacht steht, gefoltert und misshandelt zu haben, 
  • Hafteinrichtungen systematisch zu überwachen, um Amtsmissbrauch und Folter durch die Polizei vorzubeugen.

Wer sich der Petition anschließen möchte, der findet dafür auf der Internetseite von "Amnesty International" die Gelegenheit.


(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 13.04.2012, TAZ vom 04.06.2012, Amnesty International, Wikipedia)

Mittwoch, 13. Juni 2012

Die Dreistigkeit der Atomkonzerne


Aufgrund der Energiewende - weg von Atom- und fossil befeuerten Großkraftwerken, hin zu regenerativen Energiequellen - und dem damit zusammenhängenden Ende des Atomzeitalters in Deutschland stellen die Atomkonzerne Schadenersatzforderungen in zweistelliger Milliardenhöhe.

Als Grundlage für für eine erfolgreiche Schadenersatzklage in Höhe von mindestens acht Milliarden Euro hat der Atomkonzern "E.on" eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

"RWE"geht diesbezüglich einmal nicht vorweg, folgt aber dem Vorbild E.ons, und ist der Meinung, dass es schon eine Schadenersatzsumme in Höhe von mindestens zwei Milliarden Euro sein sollte, die am Ende aus der Steuerkasse in die Konzernkasse klimpern.

Bei "EnBW" ist man wohl noch am rechnen und prüft, einem Bericht der Tagesschau der ARD zufolge, derzeit, ob eine Schadensersatzforderung Erfolg haben könnte.

"Vattenfall" will die Bundesrepublik ohnehin schon vor dem Schiedsgericht der Weltbank verklagen, weil es Regeln zum Schutz von Investitionen verletzt sieht und will sich jetzt außerdem auch noch dem Vorgehen der anderen drei Atomkonzerne anschließen.

Die FAZ schrieb gestern, es sei die Rede von rund 15 Milliarden Euro, die (erfolgreiche Klagen im Sinne der Konzerne vorausgesetzt) dabei zusammen kommen könnten. Die Tagesschau berichtet heute, bevor die Atomkonzerne eine Chance hätten, mit den Schadenersatzklagen vor Zivilgerichten durchzukommen, müsste das Bundesverfassungsgesetz erst einmal feststellen, das die mit der Energiewende zusammenhängenden Maßnahmen und das Ende der Nutzung der Atomenergie in Deutschland gegen das Grundgesetz verstoßen.

Das Bundesverfassungsgericht wolle dafür noch in dieser Woche die Beschwerde von E.on an die Bundesregierung, den Bundestag sowie an 63 weitere Institutionen zur Stellungnahme verschicken. Die hohe Zahl der Adressaten zeige, wie ernst das Gericht die Verfassungsbeschwerden nehme.


Was würde uns der Verlust Deutschlands kosten?
  • Hat eigentlich schon einmal jemand die Gegenrechnung zu den 15 Milliarden Euro aufgemacht, die von den Atomkonzernen als Schadenersatzforderung geltend gemacht werden sollen?

Was kostet es uns und - nach menschlichen Zeitmaßstäben - allen nachfolgenden Generationen, die radioaktiven Kontaminationen durch den Uranabbau weiter Landstriche überall in der Welt, die radioaktiven Kontaminationen durch bisher zwei Super-GAUs und den mindestens in 60 Jahren angehäuften hochradioaktiven Atommüll im Zaum zu halten? Wer wird uns entschädigen, wenn uns eine der tickenden Atom-Zeitbomben von E.on, RWE, EnBW, Vattenfall & Co. um die Ohren fliegt? - Etwa die Atomkonzerne, die für den Schaden verantwortlich wären?

Da allein der zu erwartende wirtschaftliche Schaden durch einen Super-GAU für Deutschland so groß wäre, dass nicht eine Versicherung der Welt bereit ist, nicht einmal ein einziges Atomkraftwerk auch nur annähernd schadendeckend zu versichern, wäre ein Super-GAU à la Tschernobyl das Ende der Zivilgesellschaft und des Lebens in unserem Lande, so wie wir es kennen. Weil aber keine Versicherung das Risiko eingehen will, betreiben EnBW, E.on, RWE und Vattenfall ihre Atommeiler quasi ohne Haftpflichtversicherung.

Am 02.04.1990, vier Jahre nach dem Super-GAU von Tschernobyl berichtete der Spiegel, Herr Korjakin (Moskauer Forschungs- und Entwicklungsinstituts für Kraftwerkbau, Chef-Ökonom) habe die Folgekosten der Katastrophe, die in der damaligen Sowjetunion allein bis zum Jahr 2000 auflaufen würden, mit umgerechnet 473 bis 598 Milliarden D-Mark - also gut 200 bis knapp 300 Milliarden Euro - beziffert.

Weißrussland gab 1991 mehr als ein Fünftel seins Wirtschaftsbudgets für die Beseitigung der Tschernobyl-Schäden aus. 11 Jahre später, im Jahre 2002, waren es noch immer 6,1 Prozent.

Demgegenüber wirken die explodierenden Kosten für die neue Schutzhülle über dem "Sarkophag" des explodierten Blocks 4 des Atomkraftwerks "Tschernobyl" - Schätzungen aus dem Jahre 2010 gingen von 1,6 Milliarden Euro aus - geradezu bescheiden. Die Ukraine pumpt sich überall in der Welt Geld zusammen, weil sie Kosten für die Sicherung des maroden Sarkophags alleine mit aufbringen kann. Knapp ein Drittel der Kosten wurden von der internationalen Gemeinschaft während einer Geberkonferenz zugesagt.

Die Super-GAUS in den Reaktoren der Atomkraftanlage "Fukushima-I" schlugen einem Bericht des Spiegel vom 14.05.2012 zufolge für den Betreiber "Tepco" im vorangegangenen Geschäftsjahr 2010/11 mit umgerechnet gut zwölf Milliarden Euro Verlust zu Buche. Die japanischen Staatshilfen für "Tepco" betrügen inzwischen mindestens 34 Milliarden Euro.

Davon einmal ganz abgesehen gibt es keine Summe der Welt, mit der man das Leiden auch nur eines einzigen Menschen angemessen entschädigen könnte, der aufgrund eines Super-GAUs alles, bis auf sein nacktes Leben, verloren hat und dem möglicherweise ein langes Siechtum aufgrund einer radioaktiven Kontamination seines Körpers bevorsteht.

  • Angesichts derart bedrückenden Szenarien finde ich es ganz schön dreist von den Atomkonzernen, noch mal eben schnell 15 Milliarden Euro einsacken zu wollen und uns am Ende mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch noch auf den Kosten für unseren Schutz vor ihren strahlenden Ruinen und ihrem Atommüll sitzen zu lassen. 15 Milliarden wären im Gegensatz zu den möglichen Schäden durch einen Super-GAU zwar ein geradezu lächerlich geringer Betrag, aber das Geld würde dann für Investionen in die Energieversorgung der Zukunft und das Erreichen der Ziele für den Klimaschutz nicht mehr zur Verfügung stehen. 


(Quellen: Tagesschau vom 13.06.2012, FAZ vom 12.06.2012, n-tv vom 19.04.2011, Die Zeit 26.04.2010, Spiegel vom 02.04.1990, Stromtipp.de)

Montag, 11. Juni 2012

Victoria Mathias kann stehen

"Victoria Mathias" im "Kaiserhafen-III" - ...
 ... Dieses Schiff kann stehen.

Menschen aus dem Binnenland, die vielleicht einmal im Urlaub ein Schiff aus der Nähe zu sehen bekommen, das größer als ein Ruderboot oder eine Segeljolle ist, wissen es nicht besser. Da hört man schon manchmal so nebenbei mit, wie jemand zu seinen Mitreisenden in schwäbischer oder sächsischer Mundart sagt: "Schau mal das große Schiff an, das dort auf der anderen Seite des Hafens steht."

Bei Schiffen ist es in der Regel anders, als bei Autos, die an Straßenrand stehen: Schiffe liegen im Hafen. Aber Regeln bestätigen ja bekanntermaßen gelegentlich die Ausnahmen. Die "Victoria Mathias", die zur Zeit in Bremerhaven liegt, kann auch stehen. In dem Moment, als ich gestern die Fotos aufgenommen habe, hätte ein Gast aus dem Süden Deutschlands also durchaus Recht gehabt, wenn er behauptet hätte, da stünde ein Schiff mitten im "Kaiserhafen".

Die "Victoria Mathias" ist eines der Hubschiffe, die für die Installation der Windenergieanlagen in den Offshore Windparks der Nordsee benötigt werden. Mithilfe der sechs um 360 Grad drehbaren Antriebspropeller können sie sich exakt an der Stelle positionieren, an der eine solche Anlage installiert werden soll. Damit der Montagekran unabhängig vom Seegang arbeiten kann, wird das Schiff, das eigentlich eher eine Hubarbeitsplattform mit eigenem Antrieb ist, mithilfe der 78 Meter langen Hubbeine (Durchmesser: 3,75 m) auf den Meeresgrund gestellt.

Sonntag, 10. Juni 2012

Drachenwind

Schon erstaunlich, wer und was sich da alles so in der Luft herumtreibt
Der Sommer scheint sich von Bremerhaven für's erste wieder verabschiedet zu haben. Dafür gab es gestern jede Menge Wind. Und der war ideal für die Drachen, die im Bereich der Bremerhavener "Havenwelten" am Himmel standen.

Mit unseren selbstgebastelten Papierdrachen von damals haben die meisten dieser Fesselflugobjekte allerdings nicht mehr viel gemeinsam. Oft tritt der eigentliche Drachen völlig in den Hintergrund: An der Halteleine eines Trägerdrachens aufgezogene Windbeutelfiguren ziehen stattdessen die ganze Aufmerksamkeit auf sich.


Drachenpost: "Freiheit für die Gummibärchen: Weg mit den Tüten!"

Wenn wir Kinder damals unsere Drachen in den Himmel steigen ließen, dann galt unsere ganze Aufmerksamkeit dem Drachen. Anstelle der heutigen Windbeutelfiguren hängten wir kleine Papierzettel an die Drachenschnur und ließen sie daran vom Wind zum Drachen hochtreiben. "Drachenpost" nannten wir diese Zettel, auf die wir unsere Wünsche und Phantasien notiert hatten.


"... und der Haifisch, der hat Zähne, damit grinst er in der Luft."

Der Bremerhavener Internetseite ist zu entnehmen, dass sich aus ganz Deutschland und aus den Niederlanden über 50 Drachenbesitzer für dieses Wochenende in Bremerhaven angekündigt hatten. Gestern Nachmittag war ich zuerst mit unserer Singgemeinschaft "Querbeet" unterwegs, so dass die ersten "Drachenhalter" ihre guten Stücke bereits wieder vom Himmel holten und in die dafür vorgesehenen Transporttaschen verpackten, als ich am Neuen Hafen eintraf.


Schneewittchen und die sieben Zwerge im Höhenrausch

Bei der Gelegenheit konnte ich dann aber beobachten, welchen Aufwand diese Leute für ihr Hobby treiben. Für den Transport von "Schneewittchen", den dazugehörigen "sieben Zwergen" und den Trägerdrachen reicht ein normaler Pkw nicht aus. Ein Kleintransporter mit ausreichend Platz für das Drachenteam, die Flugobjekte samt Ersatz- und Reparaturmaterial, sowie das notfalls benötigte Werkzeug sollte es schon sein.

Heute sollen die Drachen noch einmal bis 18 Uhr zu sehen sein.


(Quelle: Bremerhaven.de)