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Artesonraju Gletscher in Zentral Peru in der Cordillera Blanca
(© Foto by Edubucher, 23 Mai 2010, CC BY-SA) |
Obwohl es dort nicht allzuviel regnet, sind die Hänge der "Cordillera Blanca" in den peruanischen Anden als eine sehr fruchtbare Region bekannt. Die Grundlage dafür bildet das Schmelzwasser von den Gletschern auf den Gipfeln der Anden, die hier bis zu 6768 Meter hoch in den Himmel ragen. Doch diese Wasserquelle droht zu versiegen.
Die Menschen in der Region der "Weißen Bergkette" haben im Laufe vieler Generationen ein ausgeklügeltes Kanalsystem zur Nutzung des Gletscherwassers entwickelt, mit dem sie ihre Felder bewässern.
Seit der Gründung des "
Huascarán-Nationalparks" im Jahre 1975 steht ein großer Teil der "Cordillera Blanca" komplett unter Schutz. Schon in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatte es die ersten Forderungen gegeben, die schneebedeckten Berggipfel in der "Cordillera Blanca" unter Schutz zu stellen, damit die ursprüngliche Landschaft des mit 31 Gipfeln über 6000 Meter höchsten tropischen Gebirges erhalten bleibt.
1985 erklärte Die UNESCO den Nationalpark zum
Welterbe. Aufgrund des Anstiegs der mittleren globalen Temperatur infolge des Klimawandels ist jedoch seit Ende der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts ein besorgniserregender Rückgang der Schneebedeckung der "Cordillera Blanca" zu beobachten. Damit haben der "Huascarán-Nationalpark" in den Anden Perus und der "
Nationalpark Wattenmeer" an der deutschen Nordseeküste etwas gemeinsam: Beide Nationalparks werden wohl nur ein
"Welterbe auf Zeit" sein.
Die Gletscher Perus sind lebenswichtige Wasserspeicher für die bäuerlichen Gemeinschaften in den tiefer gelegenen, bewohnten Regionen der Anden. Der fortschreitende Klimawandel hat diese Wasserspeicher in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich schrumpfen lassen. Fehlende Niederschläge in den Akkumulationsgebieten (Nährgebiete der Gletscher) und beschleunigtes Abschmelzen in den Ablationsgebieten (Zehrgebiet der Gletscher) haben
das Gleichgewicht der Gletscher zerstört.
Schmelzende Gletscher, verdorrende Felder
Verschärfend hinzu kommt noch, dass die Trockenzeiten in den landwirtschaftlichen Regionen Perus sich in letzten Jahren extrem ausgedehnt haben: Das Wasser wird knapp. Am 18.06.2012 zeigte "3sat" zu diesem Thema in seinem Magazin "Nano" einen Beitrag mit dem Titel "Zu wenig Wasser - Bevölkerung in den Anden verliert Lebensgrundlage". Darin kommt mehrmals die peruanische Glaziologin Luzmila Dávila Roller zu Wort. Auch sie wies auf die dramatische Situation bezüglich der Gefährdung der Nahrungsmittelproduktion und der Trinkwasserversorgung in Peru hin (Zitat):
"Um über 30 Prozent ist die Wasserzufuhr hier in den letzten Jahren zurückgegangen. Die Regenperioden werden kürzer. Die Gletscher liefern auch nicht mehr so viel. langfristig wird das Wasser nicht reichen, um die Saat noch ausbringen zu können, und die Produktion hier aufrecht zu erhalten."
Auch wenn für Außenstehende im Moment noch nichts darauf hindeute: Das Überleben der Gemeinden werde schwieriger, heißt es im Filmbeitrag von "Nano". Der Klimawandel hat schon heute dramatische Auswirkungen.
Weltweit schmelzen die Gletscher in den Hochgebirgsregionen unseres Planeten. Insbesondere die tropischen Gletscher gelten als sensible Klimaindikatoren. Im Rahmen eines internationalen Projekts macht sich Frau Roller zusammen mit ihren Kollegen einmal im Monat auf den Weg zum Gletscher des in der peruanischen Region "
Ancash" gelegenen 6025 Meter hohen "Artesonraju", um Daten zur Situation des Gletschers zu sammeln.
In ihrem 5300 Meter hoch gelegenen Arbeitsgebiet haben bereits kleinste Klimaveränderungen große Auswirkungen zur Folge. Im oben genannten Filmbeitrag ist zu sehen, wie die Wissenschaftler einen Stab in ein Loch im Eis des Gletschers stecken. Frau Roller erklärt dazu (Zitat):
"In diesem neuen Messloch lassen wir einen Stock 14 cm heraussschauen. Im nächsten Monat werden mehr als 14 cm sichtbar sein. Diese einfachen Methoden liefern uns schon den Beweis, dass die Schmelze weitergeht und sie zeigen uns auch das Tempo."
An einer anderen Stelle im Film zeigt sie
drei Fotos des Gletschers auf dem "Pastouri", die in den Jahren 2001, 2007 und 2011 aufgenommen worden sind. Anhand dieser Fotoserie wird deutlich, wie dramatisch der Gletscher in diesen 10 Jahren geschrumpft ist. 580 Meter Eismasse sind dabei verloren gegangen.
Über ihre Arbeit, ihre Erkenntnisse und über die Ursachen für das Verschwinden der Gletscher sagt Frau Roller im Film (Zitat):
"Wir von der Gletscherforschung können, was den Klimawandel angeht, nicht viel mehr machen, als Informationen zu sammeln und zu veröffentlichen. Wir können ein paar Szenarien entwerfen, um zu sehen, wie sich die Menschen anpassen können. Den Wandel aufhalten, das können wir nicht. Das müssen die Länder machen, die ihn mit ihrer Industiealisierung und ihren Emissionen verursachen. .. Von Tag zu Tag, von Monat zu Monat werden die Auswirkungen des Klimawandels, der vor allem in anderen Ländern verursacht wird, hier stärker. Wir Peruaner sind sicher nicht verantwortlich dafür. Es wird Zeit, dass die großen Staaten nicht nur darüber reden, sondern endlich etwas dagegen tun."
Rio +20
Für die Verabredung verbindlicher internationaler Verträge zum gemeinsamen Kampf der Menschheit gegen die drohende Klimakatastrophe, denen dann zügig nachhaltige Maßnahmen folgen müssen, wäre ab heute in Rio de Janeiro (Brasilien) die passende Gelegenheit. Zu viel Zeit ist schon tatenlos vergeudet worden. Spätestens seit der Veröffentlichung des IPCC-Klimaberichts im Jahre 2007 müsste eigentlich jedem bewusst sein, was für die Zukunft der Menschheit und die Lebensbedingungen auf unserem Planeten auf dem Spiel steht.
Ab heute treffen sich in Rio de Janairo (Brasilien) Regierungsvertreter aus mehr als 120 Nationen an der gleichen Stelle zu einer Gipfelkonferenz, an der 20 Jahre zuvor schon einmal die Delegierten der Länder dieser Welt zum "Erdgipfel" (
Earth Summit) zusammengekommen waren. Auf der dreitägigen Konferenz "
Rio +20" wird es im wesentlichen um das Thema "Nachhaltigkeit" gehen. Der nachhaltige Umgang mit den Resourcen unseres Planeten sowie der nachhaltige Schutz unserer Lebensgrundlagen und des Klimas spielen dabei naturgemäß eine wichtige Rolle. Darunter fallen dann Themen wie "ökologische Wirtschaft" (
green economy), "Nutzung regenerativer Energiequellen", "Sicherung der Trinkwasserversorgung" sowie "Zugang zu sauberem Trinkwasser für alle" und vieles mehr ... - eigentlich alles Themen, die -
leider(!) - heute immer noch so aktuell sind, wie schon vor 20 Jahren.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Trotz aller Hemmnisse, trotz der rapide knapper werdenden Zeit, die der internationalen Gemeinschaft noch für geeignete Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel bleibt, versuche ja immer wieder positiv zu denken:
"Die Hoffnung stirbt zuletzt." Vor allem die USA und China müssen ihre gegenseitige Blockade beenden. Junge Chinesen, die in den USA studieren und ihre amerikanischen
Kommilitonen zeigen auf dem "US-China-Jugendforum" zum Thema Nachhaltigkeit, wie es anders geht.
Die Frankfurter Rundschau stellt in einem Artikel vom
18.06.2012 einen chinesischen Studenten vor, der in den USA von Chemie-Umweltskandalen in seiner Heimat erfahren hat. Seitdem sei er auf dem
"Öko-Trip". Dass die USA und China beim Kampf gegen den Klimawandel nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten müssen, sei ihm sonnenklar. Einen anderen Chinesen zitiert die Zeitung mit den Worten:
„Wir sind die erste Generation, die voll mit der Globalisierung aufgewachsen ist, mit Internet, Facebook und Twitter. Für uns ist es keine Frage, dass man mit anderen Ländern zusammenarbeiten muss.“ Der Klimawandel, die knapper werdenden Süßwasserresourcen, die Bekämpfung von Armut und Hunger etc. seien nur gemeinsam zu lösen.
Nur wer eine Gefahr erkannt hat und wem bewusst ist, was er für immer verlieren wird, ist in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Das Miteinander der jüngeren Generationen und deren Einsichten in gemeinsame Notwendigkeiten nährt meine Hoffnung - und es schürt die Ängste der alternden, an den bequemen Sesseln der Macht klebenden Betonköpfe in den Regierungen ihrer Länder. Wenn ich aber zum Beispiel in der gestrigen Online-Ausgabe der
Stuttgarter Zeitung lese, dass es nach dem Ende der Verhandlungen über den Text der geplanten Abschlusserklärung noch unklar ist, ob die Deklaration klar Stellung zum
langfristigen Auslaufen der Milliarden- Subventionen für fossile Brennstoffe beziehen wird, dann gibt das meiner Hoffnung gleich wieder einen Dämpfer, bevor die Konferenz überhaupt offiziell eröffnet worden ist.
Das Geld, das den Klimakillern Jahr für Jahr in den gefräßigen Rachen geschaufelt wird, fehlt an vielen Stellen der Welt für die Anschubfinanzierung der weltweit notwendigen Energiewende. Darüber hinaus nimmt die Subvention fossiler Energieträger den Druck von der Notwendigkeit, die Energiewende rechtzeitig und erfolgreich zu vollziehen. An der Debatte über die Subventionen stört mich allein schon die Idee, dass diese
erst langfristig zurückgefahren werden sollen. Würde man die Menschen in Peru, deren Wasserversorgung deutlich sichtbar dahinschmilzt, fragen, dann würde man sicher zur Antwort bekommen, dass hier
"kurz- bis mittelfristig" eher angebracht wäre - und zwar bindend, für alle! Die fortgesetzte Plünderung der Resourcen der Erde bei gleichzeitiger fortgesetzter Schädigung des Klimas hat mit "Nachhaltigkeit" jedenfalls absolut nichts gemeinsam.
"Das Wasser aus den Bergen ist unser Lebenselixier,
aber es kommt immer weniger."
(Eine peruanische Bäuerin in "Zu wenig Wasser ...")
- Ein Ausschnitt aus der 3sat-Sendung "Nano" vom 18.06.2012 mit dem Beitrag "Zu wenig Wasser" von Michael Stocks über Gefährdung der Lebensgrundlage der Bevölkerung in den Anden ist (zur Zeit noch) hier zu sehen.
(Quellen: Stuttgarter Zeitung vom 19.06.2012, Frankfurter Rundschau vom 18.12.2012, Spiegel vom 18.06.2012, 3sat "Nano" vom 18.06.2012, Wikipedia, Wikimedia Commons - Edubucher's User talk, BMU, UNESCO, Deutsche UNESCO-Kommission e.V.)