Freitag, 29. November 2013

Eine energie- und klimapolitische Katastrophe

Während der Verhandlungsrunden zum Koalitionsvertrag haben die Verhandlungsführer der SPD ihren Kollegen von der CDU und der CSU die wesentlichen Anforderungen einer zukunftsorientierten Atom- und Energiepolitik nicht vermitteln können. Angesichts dessen, was diesbezüglich jetzt vereinbart wurde, müssten eigentlich bei den Menschen hierzulande sämtliche Alarmglocken schrillen.

Erfreulich ist es aber, dass selbst in der schwarzen Fraktion einer möglichen Großen Koalition hin und wieder Nuancen in der Farbskala bis hin zu einem hellen Grau mit einem Hauch von Grün zu entdecken sind. Ein schönes Beispiel dafür ist beispielsweise Herr Göppel (CSU, CDU/CSU-Fraktion im Umweltausschuss des Bundestages, Obmann), der in einem Interview die Fragen Herrn von Brackels (Online-Magazin "Klimaretter.Info") beantwortete. Seine Antworten habe ich hier kurz zusammengefasst:

Pro:
  • Wer in Zukunft von den Ausnahmen bei der Ökostrom-Umlage profitieren will, der muss seine Energie effizienter einsetzen. Dass Haushaltsgeräte nach ihrer Energieeffizienz gekennzeichnet werden sollen, ist allerdings nicht unbedingt etwas neues: Bei E-Herden, Waschmaschinen etc. gibt es das bereits. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es dafür bindende Vorschriften gibt, oder ob das auf freiwilliger Basis geschieht.
  • Zur Zukunft der Energieerzeugung aus Biomasse einigten sich die Verhandlungspartner darauf, dass diese sich zukünftig "überwiegend" auf Reststoffe beschränken soll. Herr Göppel hält das für sinnvoll: Biomasse-Kraftwerke würden als Lückenfüller für die Stromerzeugung aus Sonne und Wind benötigt.
  • Bei der Solarenergie und der Wasserkraft ändert sich Herrn Göppel zufolge nichts. Bezüglich der Solarenergie-Branche ist allerdings auch kaum noch Substanz übrig, die sich noch weiter demontieren ließe. Die Hersteller von Fotovoltaik-Panels und Solarkraftanlagen haben das, was der Windenergie-Branche erst noch bevorsteht, nämlich bereits hinter sich.

Kontra:
  • Mit der Festlegung auf Standorte für Windkraftanlagen, an denen mindestens 75 Prozent des besten deutschen Standorts zu erwarten ist, wird südlich der Mittelgebirgsschwelle praktisch kein Windausbau mehr möglich sein. Das ist ein abruptes Abwürgen der Windkraft in Süddeutschland. Dort wird jedoch ein Grundgerüst an Windlanlagen gebraucht, um die Region mit Energie zu versorgen und das Netz zu stabilisieren. Das vor zwei Jahren vom Bundesland Bayern verabschiedete Energiekonzept, demzufolge die Hälfte des Stroms auf der eigenen Fläche mithilfe erneuerbarer Energiequellen erzeugt werden soll, ist mit damit nicht mehr umsetzbar.
  • Die Steuerabschreibung für die energetische Sanierung der Altbausubstanz ist komplett weggefallen. Das wird die deutsche Klimaschutzbilanz zurückwerfen.
  • Es besteht die große Gefahr, dass die Stromerzeugung wieder in die Hand von zentralen Großkonzernen gerät und die Bürger mit normalem Einkommen sich nicht mehr daran beteiligen können: Ab 2018 sollen Ausschreibungen ohne eine Bagatellgrenze stattfinden. Das wird zum Ausschluss der breiten Bevölkerungsschichten führen. Die Hoffnung der Menschen, dass auch Normalbürger sich mit kleinen Geldbeiträgen in Energiegenossenschaften einbringen können, wird damit zerschlagen.
  • Eines der größten Defizite im Koalitionsvertrag besteht darin, dass keine neue Strommarktordnung vorgesehen ist. Der gesamte Strom aus erneuerbaren Energiequellen wird weiterhin über den Spotmarkt der Strombörsen gehandelt. Das wird die Preise an den Börsen weiter drücken. Das Problem der steigenden EEG-Umlage aufgrund der sinkenden Preise wird damit nicht behoben. Ohne eine neue Strommarktordnung wird die Kostenspirale nicht zu brechen sein.


Vorrang für fossile Energieträger

Für die erneuerbaren Energieträger sind im Koalitionsvertrag Ausbaukorridore vereinbart worden. Bis zum Jahr 2025 soll ihr Anteil am Strommix 40 bis 45 Prozent betragen. Im Umkehrschluss wird den fossilen Energieträgern damit ein Anteil von 55 bis 60 Prozent garantiert. Herr von Brackel fragte, wie sich die Grundidee der Energiewende - weg von den fossilen Energieträgern - so überhaupt noch durchsetzen lässt.

Herr Göppel antwortete (Zitat): "Mit den jetzigen Festlegungen werden wir selbst diese herabgesetzten Ziele nicht erreichen. Zum Ende dieser Legislaturperiode wird sich die Frage stellen: Wie will Deutschland weitermachen? Meine Befürchtung ist, dass dann manche sagen: Jetzt müssen die Atomkraftwerke weiterlaufen. Und das war wahrscheinlich auch das geheime Ziele mancher Verhandlungspartner."
  • Alle Achtung:
    Da sagt ein CSU-Politiker genau das, was die Atomkraftgegner seit dem Beschluss des wespenfarbenen Atom-"Ausstiegs" befürchten!

Abschließend fragte Herr von Brackel nach dem Alternativmodell Herrn Göppels. Seine Antwort (Zitat): "Wir sollten den vier Konzernen der Übertragungsnetzbetreiber die Stromvermarktung wegnehmen und auf die 900 regionalen Stromvertriebe in Deutschland übertragen – je nach ihrem Marktanteil. Das würde bedeuten: Die echten Erzeugungskosten der Erneuerbaren werden in der jeweiligen Region zur Basis der Vergütung. Die 900 Stromhandelsunternehmen haben direkten Kundenkontakt und sind Brücken zwischen den regionalen Erzeugern und den Stromabnehmern, sie können deshalb auch besser die Energielasten verschieben. So kann viel feiner gesteuert werden und gezielt Strom eingesetzt werden. Das ist volkswirtschaftlich sehr viel effizienter."

Herr Göppel sagte, er habe sein Konzept in der Energiegruppe zwar vorgestellt, aber Herr Altmaier (CDU, Bundesumweltminister) habe sich diesem Gedanken nicht anschließen wollen.


Schade eigentlich. Vielleicht sollte Herr Altmaier in einer Großen Koalition lieber ins Wirtschaftsministerium wechseln.

Ich bin dann Morgen mal weg:



(Quelle: Klimaretter Info vom 28.11.2013 )

Donnerstag, 28. November 2013

Demonstrationsaufruf der CDU/CSU und der SPD

Trotz Klimawandel: Gute Aussichten für schmutzige Kohlekraftwerke ...

Fotos:
"Phönix Brikett" © Jürgen Winkler (Quelle: Deutsches Bergbaumuseum, Bochum), "Die Erde" © Azcolvin429 - Creative Commons (CC: BY-SA), Flammen: © César Vonc - CGTextures License, Montage: © Jürgen Winkler
In den Koalitionsverhandlungen haben die CDU und die CSU ihre klimaschutzfeindlichen Ziele durchgesetzt und auch mit der "Beendigung der direkten Bevorzugung der Atomkonzerne" und der "Verbesserung der Chancengerechtigkeit auf dem Strommarkt" wird es schon bald wieder vorbei sein.

Beispielsweise erwartet der Atom- und Energiekonzern RWE in diesem Jahr nämlich lediglich einen Nettogewinn in Höhe von etwa 1,5 Milliarden Euro. Das ist natürlich viel zu wenig und schreit geradezu nach Subventionen. Dafür hat selbst die SPD Verständnis und verzichtete deshalb kurz vor Schluss der Koalitionsverhandlungen gerne auf ihre Forderung, die Brennelementesteuer über 2016 hinaus zu verlängern und zu erhöhen. Davon profitieren dann auch anderen drei Atomkonzerne.

Anstelle einer dauerhaften "Verbesserung der Chancengerechtigkeit auf dem Strommarkt" wird der Ausbau der Windenergie an Land abgewürgt und das Wachstum der erneuerbaren Energiequellen insgesamt gedeckelt. Das freut dann auch die Betreiber der mit fossilen Energieträgern befeuerten Großkraftwerke. Die sind natürlich an der Vollauslastung ihrer schmutzigen CO2-Schleudern interessiert. Dass eine relevante Förderung zur Steigerung der Energieeffizienz weiterhin nicht in Sicht und auch von einem verbindlichen Klimaschutzgesetz keine Rede mehr ist, wird ihnen daher sicherlich sehr gelegen kommen.

Die CDU, die CSU und die SPD beteuern zwar, dass sie Erdgasförderung mithilfe des Fracking Verfahrens ablehnen, weil dabei große Mengen gefährlicher Chemikalien in den Boden eingebracht werden. Für ein Fracking-Verbot hat es aber trotzdem nicht gereicht. Offenbar will man sich in Berlin alle Optionen offen halten: Es wird sich schon noch eine Gelegenheit finden lassen, bei der sich diese gefährliche Technologie zur Aubeutung auch noch der letzen paar Kubikmeter Erdgas durchsetzen lassen wird.

Zu all diesen Ungeheuerlichkeiten schrieb die Anti-Atom-Organisation ".ausgestrahlt" in einer E-Mail an den Verteiler (Zitat):
  • "Die energiepolitischen Passagen des Koalitionsvertrages zwischen Union und SPD lesen sich wie ein einziger Aufruf, am Samstag in Berlin auf die Straße zu gehen."

Viele Menschen werden diesem Aufruf der CDU, der CSU und der SPD zur Teilnahme an der Demonstration, die am kommenden Samstag in Berlin stattfinden wird, gerne Folge leisten.


Im Gegensatz zur SPD, der es offenbar nur noch um den Weg an die Macht geht, halten wir an unseren Forderungen fest. Wir beharren auf einer Beschleunigung der Energiewende von unten, sowie auf dem Ende der Politik zugunsten der Interessen der Betreiber der fossil befeuerten Kohle-Großkraftwerke und der Atomkonzerne:



(Quellen: Die Zeit vom 27.11.2013 - Bericht 1 und Bericht 2, Klimaretter.Info vom 27.11.2013, Heise Telepolis vom 27.11.2013 und vom 26.11.2013)

Dienstag, 26. November 2013

Ein Bauschild zur Feier für ein 200 Mio. Euro Grab

"Eigentlich" geschütztes Wäldchen im Verlauf der zukünftigen Hafentunnel-Baustelle
Herr Grantz (SPD, Bremerhaven, Oberbürgermeister) hatte etwas zu feiern. Nachdem der letzte verbliebene Kläger gegen den Hafentunnel das Handtuch geworfen hatte, enthüllte er, zusammen mit Herrn Böhrnsen (SPD, Bremen, Präsident des Senats und Bürgermeister) und Herrn Ferlemann (CDU, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) sowie Vertretern der Hafenwirtschaft vor etwa 100 geladenen Gästen das Baustellenschild für das umstrittene Großprojekt.

Auch wenn die Damen und Herren aus den Stadtverordnetenfraktionen der SPD jetzt in Feierlaune sind (die in Bremerhaven mitregierenden und somit mitverantwortlichen Grünen sind da schon etwas zurückhaltender), halte ich das Projekt nach wie vor für einen großen Fehler. Die Gründe dafür sind unter anderem die im Jahre 2012 zutage getretenen Fehlprognosen bezüglich der fünf Jahre zuvor vorhergesagten Zunahme des Güterverkehrsaufkommens, die inzwischen drastisch gesunkene und somit nicht mehr gegebene Wirtschaftlichkeit, sowie die absolute Ignoranz gegenüber klimapolitischen Notwendigkeiten im Zusammenhang mit zukunftweisenden Verkehrskonzepten.


Verkehrsaufkommen
  • 30.07.2007: Die "Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH" (BIS) präsentiert die Daten einer Verkehrszählung mit Stand 2006. Demzufolge waren damals auf der Cherbourger Straße im Bereich zwischen der A27 und der Langener Landstraße, täglich 3900 Lkw unterwegs (Folie 9).

    Auf der Folie 15 der BIS-Präsentation wird das "Verkehrsaufkommen der Hafen- und Gewerbegebiete" für das Jahr 2025 mit 14700 Lkw pro Tag prognostiziert. Bis 2012 sei mit "wesentlichen Verkehrszuwächsen" zu rechnen (Folie 18): Es bestünde dringender Handlungsbedarf.
  • Gut fünf Jahre später, am 13.10.2012, berichtet die Nordsee-Zeitung über verlässliche Werte zum Lkw-Aufkommen auf der Cherbourger Straße. Die neuen Daten zum Lkw-Verkehr würden belegen, dass der Schwerlast-Verkehr seit 2007 kaum zugelegt hat. An Werktagen seien im Mai 2012 bis zu 2200 Lkw über die Cherbourger Straße in Richtung Hafen gerollt. - Das waren dann also 1700 Lkw pro Tag weniger als im Jahre 2006.

    Den angegebenen Daten zufolge hatte der Lkw-Verkehr bis zum Jahre 2012 nicht einmal "kaum" zugenommen. Das Gegenteil ist der Fall. Richtig hätte es heißen müssen: "Der Schwerlast-Verkehr hat seit 2006 um 43,6 Prozent abgenommen."

Nebenbeibemerkt beruht die Prognose aus dem Jahre 2007 auf stetig steigenden Mengen im Container- und Autoumschlag. Die wiederum sind von stabilen weltwirtschaftlichen Verhältnissen abhängig. Dass sich diese jedoch nicht vorhersehen lassen, hat auch Bremerhaven vor noch gar nicht allzulanger Zeit erleben müssen: Schon vergessen?

Hinzu kommt, dass auch der Betrieb des neuen Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven einen guten Teil des Güterverkehrs, der jetzt noch über Bremerhaven und Hamburg abgewickelt wird, auf sich ziehen wird. Damit ist spätestens dann zu rechnen, wenn die Startprobleme mit der instabilen Kaje etc. einmal behoben sein werden.


Kosten

Aufgrund der kalkulierten Projektkosten in Höhe von rund 160 Millionen Euro lag der Genehmigung ein Nutzen-/Kosten-Verhältnis von 1,08 zugrunde. (Wirtschaftlichkeit = Ertrag / Kosten; bei einem Verhältnis kleiner "1" überwiegen die Kosten.) Eine Überprüfung in im Jahre 2010 ergab eine Kostensteigerung auf 171,3 Millionen Euro. Die Folge: Das Nutzen-Kosten-Verhältnis sank auf 0,907. Damit ist die ursprünglich festgestellte Wirtschaftlichkeit, die ohnehin schon recht knapp bemessen war, nicht mehr gegeben. - Eine Einschätzung, die der Rechnungshof des Landes Bremen Bremen erheblich drastischer formuliert: Das Projekt sei zu keinem Zeitpunkt wirtschaftlich vertretbar gewesen!

Dabei sind die Planungskosten in Höhe von knapp 30 Millionen Euro in den 171,3 Millionen Euro noch nicht einmal enthalten - obwohl das Haushaltsrecht des Landes Bremen die Einbeziehung der Planungskosten vorschreibt. Eigentlich betragen die Kosten für den Hafentunnel somit also etwa 200 Millonen Euro, was die Wirtschaftlichkeit des Projekts noch einmal erheblich reduziert, so dass nicht einmal mehr eine "9" hinter dem Komma steht. Herr Grantz hat bezüglich der Planungskosten seine eigenen Ansichten: Es sei eben nicht üblich, die Planungskosten bei der Kalkulation mitzuberücksichtigen, heißt es dazu in der Nordsee-Zeitung vom 21.11.2013.

Der Rechnungshof des Landes Bremen kommt in seiner aktuellen Analyse - unter Einbeziehung der Planungskosten(!) - auf ein Nutzen-/Kosten-Verhältnis von 0,8. Nach Darstellung des Bremer Landesrechnungshofes stuft das Bundesverkehrsministerium Straßenbauprojekte erst dann als vordringlich ein, wenn ein Nutzen-/Kosten-Verhältnis 4,7 erreicht ist. Unter diesen Voraussetzungen dürften die zugesagten 120 Millionen Euro eigentlich gar nicht freigegeben werden.

Herr Müller (Tunnelgegner) wies darüberhinaus darauf hin, dass auch die Unterhaltungs- und Betriebskosten von bis zu einer Million Euro pro Jahr, die nach der Fertigstellung des Tunnels auf die Stadt Bremerhaven zukommen werden, völlig vernachlässigt worden sind. Das sei mehr als das Doppelte des aktuellen Budgets für die Unterhaltung der Straßen im gesamten Stadtgebiet. - Und einem Artikel auf der Internetseite von Radio Bremen vom 20.11.2012 zufolge sind nach Bremer Haushaltsrecht auch die jährlichen Folgekosten zu berücksichtigen!

Auch wenn es bei den vom Bund zugesagten 120 Millionen Euro bleiben sollte, verbleiben für die chronisch unter Geldmangel leidende Stadt Bremerhaven immernoch Investitionskosten in Höhe von 7,3 Millionen Euro und die jährlichen Folgekosten, die für das Projekt aufzubringen wären. Das Land Bremen, welches finanziell bekanntlich auch nicht besser dasteht, ist mit 29 Millionen Euro dabei.

Im Bremerhavener Onlinemagazin "Laufpass" vom 08.05.2013 heißt es außerdem, dass auch die Darstellung, die Hafenwirtschaft werde 15 Millionen Euro der Baukosten bereitstellen, irreführend ist. Das Magazin zitiert Herrn Middelhuß (Tunnelgegner, Sprecher) mit den Worten (Zitat): "Der sogenannte Beitrag der Wirtschaft wird nicht als Kapital zur Verfügung gestellt, sondern vorfinanziert mit öffentlicher Bürgschaft, und über Jahre abgestottert durch die Spediteure und Terminalbetreiber." Die Terminalgebühr und der damit einhergehende administrative Aufwand werde insbesondere die Spediteure treffen, die vermutlich auch noch später Gerichte beschäftigen werden, um die Rechtmäßigkeit dieser Zwangsabgabe prüfen zu lassen.

Die Erfahrung mit Großbauprojekten zeigt, dass die ursprünglich einmal kalkulierten Kosten in der Regel die unangenehme Eigenschaft haben, im Laufe der Bauzeit noch einmal mehr oder weniger kräftig zuzulegen. Eigentlich sollte man meinen, die Bremerhavener Politik hätte diesbezüglich schon genug Lehrgeld bezahlt (Eisarena, Havenwelten, ...).

Unglücklicherweise ist das aber offenbar nicht der Fall. Insbesondere in Anbetracht des - vorsichtig ausgedrückt - 'stagnierenden Verkehrsaufkommens', sowie der schon längst nicht mehr gegebenen Wirtschaftlichkeit - die durchaus im Laufe der Bauzeit noch weiter sinken könnte - gehen die politisch Verantwortlichen mit ihrem Festhalten an der Realisierung des Hafentunnels ein abzusehendes finanzielles Risiko in Höhe von mehreren Millonen Euro ein.
 

Klimastadt

Führende Politiker versehen Bremerhaven ja immer gerne mit dem Prädikat "Klimastadt". Wer aber angesichts der ohnehin schon weiterhin steigenden CO2-Emissionen und der fortschreitenden Klima-Erwärmung unbeirrt auf die Zukunft des zunehmenden Güterverkehrs auf der Straße - inklusive der damit unvermeidlich steigenden CO2-Emissionen - setzt, der hat seine Hausaufgaben im Fach "Klimapolitik" nicht gemacht.

Auf der Seite 5  einer hübsch aufgemachten Broschüre der BIS mit dem Titel "Hafenanbindung A27" vom August dieses Jahres kann man nachlesen, dass der schienengebundene Güterverkehr "in den vergangenen Jahren deutlich Marktanteile im Hinterlandverkehr gewinnen" konnte. Eine weitere Steigerung des Anteils sei jedoch unwahrscheinlich, da sich der Schienenverkehr bereits heute an der Kapazitätsgrenze bewege. Dies betreffe vor allem die Strecke Bremerhaven-Bremen und den Knoten Bremen.

Diese Einschätzung ist leider nicht von der Hand zu weisen. Konsequent wäre es deshalb gewesen, die 171 Millionen Euro, die jetzt im 1,8 Kilometer langen Hafentunnel versenkt werden sollen, in den mehrgleisigen Ausbau der Bahntrasse zu investieren.

Wenn die Strecke dann auch noch mit Strom aus regenerativen Energiequellen betrieben worden wäre, dann wäre das eine echte, zukunftsweisende Investition in die Zukunft gewesen: Und zwar sowohl Hafen- und Verkehrs- wie auch klimapolitisch!


Abgase - Aus der Nase, aus dem Sinn?

Wenn Herr Grantz dieser Tage im Zusammenhang mit dem Hafentunnel von einer Verminderung der Belastungen durch Lärm und Autoabgase für die Anwohner der Cherbourger Straße spricht, dann klingt das in meinen Ohren irgendwie zynisch. Schließlich war es eine politische Entscheidung, dass der Verlauf des heutigen Hafenanschlusses an die Autobahn A27 - die Cherbourger Straße - seit 1971 mitten über ehemals bewohnte Grundstücke zwischen  dem Heide- und dem Baumschulweg (Stadtteil Leherheide), der Trift- und der Claus-Groth-Straße sowie den westlichen Abschnitt der Claus-Groth-Straße bis zur Wurster Straße und seit 1974 von dort weiter zwischen der Allensteiner Straße und dem Eckernfeld (Stadtteil Lehe, Ortsteile Speckenbüttel und Eckernfeld) hindurch ins Hafengebiet führt.

Bereits damals war abzusehen, dass die Trasse zwischen der A27 und den bremischen Überseehäfen mitten durch Bremerhavener Wohngebiete in mehrfacher Hinsicht zu Problemen führen würde. Und bereits heute ist abzusehen, dass auch der Hafentunnel nach 2025 bald an die Grenze seiner Kapazität stoßen würde, wenn der Güterverkehr tatsächlich in dem Maße, wie 2007 für das Jahr 2025 prognostiziert, zunehmen würde.

Und auch heute werden wieder Menschen vertrieben und ihre Häuser abgerissen. Nur dass es dieses Mal im Wesentlichen die Anwohner des parallel zur Cherbourger Straße verlaufenden Eichenwegs trifft ... - Aber um noch einmal auf die Aussage unseres Oberbürgermeisters bezüglich der Lärm- und Abgasbelastungen für die Anwohner der Cherbourger Straße zurückzukommen:
  • Auch nach der Fertigstellung des Tunnels wird die Cherbourger Straße alles andere als eine verkehrsberuhigte Zone sein. Sie ist auch dann noch die Anbindung des Stadtteils Leherheide und der nördlichen Ortsteile des Stadteils Lehe an die Autobahn und das Hafengebiet, sowie die wichtigste Querverbindung in diesem Bereich der Stadt.
  • Die Abgase des - nach Aussage der BIS-Präsentation - rapide zunehmenden Güterverkehrs werden nicht einfach so im Tunnel unter der Erde verschwinden. Irgendwo werden sie auch nach der Fertigstellung des Tunnels - punktuell entsprechend konzentiert - wieder zurück an die Erdoberfläche gelangen. So beispielsweise an der östlichen Einfahrt in den zukünftigen Tunnel, die am Ende des nördlichen Bereichs des Wohngebiets Schierholz liegen wird.


Ein Berg im Moor

Als weiteren Pluspunkt infolge der Realisierung des Hafentunnel-Projekts versuchen die dafür verantwortlichen Politiker die "Chance auf eine Renaturierung des Bredenmoores" hinzustellen. Leider vergessen sie dabei zu erwähnen, dass die geplante 'Wiederherstellung' der "betroffenen Flächen des Bredenmoores in naturschutzfachlicher Hinsicht" nichts weiter, als eine ohnehin notwendige "Ausgleichsmaßnahme" darstellen (Erläuterungsbericht "Renaturierung des Bredenmoores", Seite 7, Abschitt 4.3, "Vorhaltung Torf").

Die Reste des Moores, dessen Zerstörung ich als Kind und Jugendlicher hautnah miterlebt habe, erstrecken sich am Rande der Geest zwischen Bremerhaven im Bereich des Stadtteils Leherheide und des Leher Ortsteils "Schierholz" sowie der benachbarten Ortschaft Spaden. Die Cherbourger Straße verläuft auf einer "Moorzunge", die in nordwestlicher Richtung zwischen Leherheide und das Schierholzgebiet hineinragt.

Der Bodenaushub aus dem zukünftigen Tunnel muss natürlich irgendwo gelagert werden. Die Planer haben dafür den Teil des Moores im Bereich zwischen der Cherbourger Straße, der Hans-Böckler-Straße, dem Hallenbad an der Kurt-Schumacher-Straße und dem zwischen der Kurt-Schumacher- und der Cherbourger Straße gelegenen "Abenteuerspielplatz" vorgesehen. Da der Torfboden in diesem Bereich des Moores nicht tragfähig genug ist, um der Last der zukünftigen Aushubhalde standhalten zu können, muss der Torf dort zuvor ausgehoben werden.

Dieser werde, so heißt es, während der Bauzeit zwischengelagert und befeuchtet, um später "in der richtigen Reihenfolge" wieder "eingebaut" zu werden. - Fragt sich nur wo: Im Bereich der aus "ca. 250.000 Kubikmeter Boden" bestehenden Abraumhalde - die auf Seite 18 der BIS-Broschüre als "einzigartiges Landschaftsbauwerk" beworben wird - und der zukünftigen Tunneleinfahrt jedenfalls wohl kaum.

Einmal ganz davon abgesehen, dass für die "Zwischenlagerung" des ausgehobenen Torfes wiederum an anderer Stelle Flächen bereitgestellt werden müssen, würde ich die anstelle des Moores mit dem kleinen Birkenwäldchen vorgesehene begrünte Bodenhalde in Form eines 25 Meter hohen Pyramidenstumpfes mit annähernd rechteckiger Grundfläche nun wirklich nicht als "Renaturierung" bezeichnen. Mit "Renaturierung des Bredenmoors" ist bei genauem Hinsehen bestenfalls eine Fläche am Rande des Schierholzgebiets gemeint, die in der Satellitenaufnahme auf Seite 9 der BIS-Broschüre rot markiert ist.


Zum Weiterlesen


    (Quellen: Nordsee-Zeitung vom 23.11.2013, vom 21.11.2013 und vom 19.11.2013, Radio Bremen vom 20.11.2013, BIS - "Hafenanbindung A27" vom August 2013, Laufpass vom 08.05.2013, BIS-Präsentation vom 30.07.2007, Bremerhaven.de - Pressemitteilung vom 22.11.2013, Flächennutzungsplanänderung 11 "Hafentunnel" - Gutachten )

    Sonntag, 24. November 2013

    Rückschritte im Kampf gegen die Klimakatastrophe

    Die damals zwölfjährige Severn Suzuki beim UN-Klimagipfel in Rio de Janairo 1992

    Damit, dass niemand ernsthaft die Erwartung hatte, die erst gestern zu Ende gegangene 19. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP 19) in Warschau (Polen) würde Fortschritte für einen international koordinierten Kampf der Menschheit gegen die drohende Klimakatastrophe bringen, wird das "Ergebnis" nicht besser.

    Der Eindruck, dass mehr und mehr Regierungen fest im Griff der Lobby der fossilen Industrie sind, hat sich weiter verfestigt. Die Verteter der Interessen der Völker mutieren zu Vertretern der Konzerne, denen es nicht um die langfristige Bewahrung der Lebensbedingungen auf unserem Planeten für zukünftige Generationen, sondern einzig und allein um die kurzfristige Maximierung ihrer Profite geht. Bereits am 21.11.2013 hatten deshalb internationale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) die Konsequenzen gezogen und die Konferenz aus Protest gegen die Verweigerung der Regierungen und den steigenden Einfluss der Wirtschaftsverbände bei den Klimaverhandlungen verlassen.


    Auf dem Weg in die Katastrophe

    Anstelle von verbindlichen "Verpflichtungen" war am Ende nur noch von unverbindlichen "Beiträgen"die Rede und das Ziel von COP 19, einen Zeitplan zu vereinbaren, der 2015 in ein neues Klimaschutzabkommen mit verbindlichen und ambitionierten Vereinbarungen für den internationeln Kampf gegen den Klimawandel münden soll, wurde klar verfehlt. Die Internationale Umweltschutzorganisation "Greenpeace" zitiert dazu auf ihrer Internetseite in einem Artikel vom 21.11.2013 Herrn Naidoo (Greenpeace international, Direktor) mit den Worten (Zitat): "Die Regierungen hier können sich nicht einmal auf einen Zeitplan einigen, wie und wann die Klimaschutzanstrengungen verstärkt und ihre Finanzierung gesichert werden kann."
    • Das diesjährige Gastgeberland des UN-Klimagipfels Polen und andere große Wachstumsländer blockieren einen verbindlichen Zeit- und Aktionsplan der zu einem neuen, ambitionierten Klimaschutzvertrag führen könnte.
    • Die Industrienationen - allen voran die USA - versuchten erneut, sich um die ausreichende Bereitstellung von "Loss and Damage"-Mitteln zu drücken, mit deren Hilfe sich Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen, sowie eine weltweite Energiewende finanzieren ließen und mit denen die Folgen von Schäden infolge des Klimawandels behoben oder zumindest entschädigt werden könnten.
    • Die Regierungen Japans und Australiens zogen bereits zugesagte Ziele zur Reduzierung klimarelevanter Emissionen zurück.
    • Indem sie zeitgleich zur UN-Klimakonferenz zum internationalen Kohlegipfel des Weltkohle-Verbands (World Coal Association) einlud, ließ die Regierung Polens ließ keinerlei Zweifel daran aufkommen, dass sie weiterhin unbeirrt auf Kohlekraftwerke setzt.

    Ein kleiner Lichtblick ist die Ankündigung Großbritanniens, künftig keine Kredite mehr für den Neubau von Kohlekraftwerken zu vergeben. Damit wären Neubauten zwar auch weiterhin noch möglich, aber zumindest können die Energiekonzerne in Großbritanien nicht mehr mit staatlicher Unterstützung oder gar Subventionen dafür rechnen.


    Friss Vogel oder stirb

    Einen Beschluss gibt es zum "Work Programme on Long-term Finance" (Arbeitsprogramm zur langfristigen Finanzierung). Trotz des in Warschau wiederholten Bekenntnisses der Industrienationen zu ihrer 2010 auf dem Klimagipfel in Cancún beschlossenen Verpflichtung, die Entwicklungsländer ab 2020 mit jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutzmaßnahmen zu unterstützen, bleibt die Finanzierung jedoch weiterhin vage. Der Vorschlag, als vertrauensbildende Maßnahme bis 2016 bereits 70 Milliarden Dollar anzusparen, ist nicht Bestandteil des Beschlusses.

    Kurz vor dem Ende der Konferenz hatte es aus Delegiertenkreisen geheißen, die Industriestaaten hätten den Entwicklungsländern die Pistole auf die Brust gesetzt.
    • "Loss and Damage" werde nicht in einer komplett neuen Infrastruktur unter Uno-Ägide behandelt, sondern im Rahmen bereits beschlossener Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel:

      "Take it or leave it"
      - Friss oder stirb!
      Entweder ihr geht darauf ein oder es gibt gar keine Einigung zu "Loss and Damage".

    Die Delegierten mehrerer Entwicklungsländer ließen sich das jedoch nicht bieten und boten der Arroganz der Industrienationen Paroli. Sie drangen darauf, dass "Loss and Damage" nicht unter den bereits bekannten Anpassungsmaßnahmen abgehandelt wird, sondern separat und transparent. Erst im allerletzten Moment einigte man sich auf einen Kompromiss:

    "Loss and Damage" wird demnach zwar unter "Anpassung ..." abgehandelt, aber bei der 22. Klimakonferenz im Jahr 2016 wird der Status des "Warschau-Mechanismus für Verluste und Schäden" neu verhandelt. Auf den Verlauf und das Ergebnis dieser Verhandlungen bin ich heute schon sehr gespannt. Allerdings enthält der Vertrag den Passus, dass die Verluste und Schäden durch Wetterkatastrophen über die bloße Anpassung an den Klimawandel hinausgehen - will heißen: Finanziert werden nicht nur vorbeugende Maßnahmen zur Begrenzung oder Abwehr von Schäden, sondern beispielsweise auch der Wiederaufbau nach Verwüstungen durch einen Hurrikan.


    Der wahre Wert der Wälder

    Einem Artikel des Online-Magazins "Klimaretter.Info" vom 23.11.2013 zufolge ist die Freisetzung des in den Wäldern gebundenen Kohlendioxids (CO2) aufgrund von Rodungen nach der fossilen Industrie die zweitgrößte Ursache für die von uns Menschen verursachten klimarelevanten Gas-Emissionen. Der Waldschutzmechanismus "REDD" (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) soll die durch Entwaldung und zerstörerische Waldnutzung entstehenden CO2-Emissionen verringern.

    Dem im Holz gespeicherten Kohlenstoff wird ein ökonomischen Wert zugewiesen. Roden wäre dann sozusagen gleichbedeutend mit dem Verbrennen von Geldscheinen. In Warschau wurden die Bedingungen dafür festgelegt, die von Waldbesitzern und waldreichen Staaten einzuhalten sind, wenn sie sich den Erhalt ihrer Wälder finanzieren lassen wollen.

    Der wahre Wert der großen  tropischen Regenwälder oder der nordischen Urwälder unseres Planeten liegt nicht im Profit, den Holzfäller und Großgrundbesitzer mit ihrer Rodung kassieren, sondern in ihrer Funktion als "grüne Lunge", die für einen ausgeglichenen Kohlendioxid /Sauerstoff - Haushalt sorgt.


    Auf dem Weg in die Katastrophe:
    Der "Klimaschutz"-Fahrplan


    Die "Ad Hoc Working Group on the Durban Platform for Enhanced Action" (ADP) hatte während des UN-Klimagipfels 2011 (Durban) Verhandlungen über einen neuen Klimaschutzvertrag beschlossen, der erstmals alle Staaten - nicht nur die Industriestaaten(!) - verpflichtet, ihre klimarelevanten Emissionen zu senken. Der dafür vorgesehene Plan beinhaltet allerdings einen fahrlässig langen Zeitraum und wurde jetzt in Warschau darüberhinaus noch weiter abgeschwächt: Die "Aufforderung", Reduktionsverpflichtungen an das Klimasekretariat der Vereinten Nationen zu melden, wurde ersetzt durch eine "Einladung an Länder, die dazu bereit sind", bis zum ersten Quartal 2015 entsprechende "Beiträge" zu nennen.


    Alles in allem wird der UN-Klimagifel in Polen rückblickend möglicherweise einmal als ein weiterer Schritt auf dem Weg in die globale Klimakatastrophe wahrgenommen werden. - Es sei denn, auf der 20. Klimakonferenz der Vereinten Nationen, die im Dezember 2014 in Peru stattfinden wird, geschähe noch ein unerwartetes Wunder ...

    "Ihr wisst nicht, wie Ihr die Löcher in der Ozonschicht reparieren könnt. Ihr wisst nicht, wie ihr den Lachs in einen toten Fluss zurückholen könnt. Ihr wisst nicht, wie ihr ein ausgestorbenes Tier zurück in einen Wald bringen könnt, der einmal dort wuchs, wo jetzt eine Wüste ist.

    Wenn ihr nicht wisst, wie ihr das alles reparieren könnt, dann - bitte - hört damit auf, es zu zerstören."


    Severn Suzuki
    das Mädchen, das die Welt für 5 Minuten zum Schweigen brachte,
    vor den Delegierten der UN-Klimakonferenz in Rio de Janeiro 1992


    "Ich bin sehr beunruhigt, denn unsere Maßnahmen sind noch unzureichend, um den globalen Temperaturanstieg unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Stand zu begrenzen."

    Ban Ki Moon
    (UN, Generalsekretär)

    ".. Deshalb werden wir in Zukunft mehr Proteste von einfachen Bürgern sehen, die genug davon haben, dass gewählte Politiker wie Marionetten der fossilen Energielobby handeln." *)

    Kumi Naidoo
    (Greenpeace international, Direktor)

    *) Und genau damit fangen wir am kommenden Samstag,
    dem 30.11.2013, bei unserer Regierung in Berlin schon einmal an:




    (Quellen:  Spiegel vom 23.11.2013 und vom 19.11.2013, Greenpeace vom 21.11.2013, klimaretter.info - COP 19 Dossier, Wikipedia)

    Grabräuber

    Zum Gedenktag für die Toten werden die Gräber geschmückt
    Heute ist Totensonntag. Es ist der letzte Sonntag des Kirchenjahres und der Gedenktag der evangelischen Christen für die verstorbenen Familienmitglieder. Wie in jedem Jahr wird unser Familengrab vor dem Totensonntag für die Winterzeit geschmückt.

    Vorher werden die Reste der verblühten Sommerbepflanzung und das Herbstlaub, das von den umstehenden Bäumen natürlich immer zielgenau auf unserer Grabstelle landet, abgeräumt. Zusätzlich zu den ehemals fleißigen - inzwischen aber verblühten - Lieschen und dem welken Laub, fehlt in diesem Herbst aber noch mehr auf unserer Grabstelle.


    Diebe, die nicht einmal Respekt vor den Toten haben, sind das Allerletzte!

    Es ist schon merkwürdig, wenn man das Grab seiner Vorfahren besucht und unterschwellig wahrnimmt, dass irgendetwas nicht so ist, wie es eigentlich sein sollte. Es hat jedenfalls einen Moment gegedauert, bevor ich registriert hatte, dass tatsächlich die beiden Rhododendren fehlen, die im Rahmen der Neugestaltung unserer Grabstelle erst im Sommer des letzten Jahres links und rechts neben dem Grabstein gepflanzt worden waren.

    Ich könnte es ja noch verstehen, wenn sich jemand, der vom Hunger gequält wird, etwas zu essen "besorgt", weil er kein Geld hat, um sich etwas kaufen zu können. So ein Rhododendron ist jedoch nichts lebenswichtiges und kann in einer Gärtnerei oder in einem Gartencenter für einen nicht allzu großen Betrag käuflich erworben werden. Es wird mich zwar finanziell nicht ruinieren wenn ich im nächsten Frühjahr neue Pflanzen auf die verwaisten Plätze neben den Stein setze, aber ärgerlich ist es trotzdem. Eigentlich hätte ich die Rhododendren beim Besuch meiner Vorfahren nämlich auch in den kommenden Jahren gerne blühen gesehen.

    Mir fehlt allerdings jedes Verständnis für solche Zeitgenossen, die nicht einmal den Anstand haben, die Gräber der Toten und das Gedenken ihrer Nachfahren zu respektieren. Grabräuber, die sich skrupellos bei den Toten bedienen, sind das Allerletzte unter all denjenigen, die sich auf Kosten anderer bereichern.

    Donnerstag, 21. November 2013

    Atompolitik: Wir nehmen die SPD beim Wort

    Atomkraft? Nein Danke!Hermes-Bürgschaften für den Export deutscher Atomtechnologie, eine vorübergehende Brennelemente-Steuer, insolvenzgefährdete Rückstellungen für den späteren Abriss der Atomkraftwerke und die "End"-Lagerung des Atommülls, die zudem für die laufenden Geschäfte zweckentfremdet werden ... - Die SPD hat diesbezüglich im Wahlkampf mit einem atompolitischen Kurswechsel geworben. Wir nehmen sie beim Wort.

    Ungeachtet des sogenannten "Atomaustiegs" in Deutschland, unterstützte die wespenfarbene Bundesregierung während ihrer Regierungszeit die Atomkonzerne mit Hermes-Bürgschaften für den Neubau von Atomkraftwerken im Ausland. Ende 2012 lagen Anträge auf Hermes-Bürgschaften für den Neubau von sieben Atomkraftwerken in sechs Ländern vor. Ob diese Atomkraft-Neubauten in Erdbebengebieten oder an erdrutschgefährdeten Standorten entstehen sollen (z.B. Brasilien, Atomreaktor "Angra III"), oder wie es um die Sicherheitsstandards in den entsprechenden Ländern bestellt ist (z.B. Tschechien, Atomkraftanlage "Temelín"), spielt dabei offenbar keine Rolle.

    Diese Bürgschaften schützen deutsche Unternehmen vor Verlusten durch ausbleibende Zahlungen ihrer ausländischen Geschäftspartner. Wenn der ausländische Abnehmer nicht zahlt, springt der deutsche Steuerzahler ein. Nicht nur in meinen Augen ist das eine versteckte potentielle Subvention der Atomkonzerne die den nach dem mehrfachen Super-GAU in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" (Dai-ichi) beschlossenen Atomausstieg ad absurdum stellt.


    Nicht funktionierende Überdruckventile

    Nachdem die wespenfarbene Bundesregierung die "Laufzeitverlängerung" beschlossen hatte, führte sie - wohl als "Überdruckventil" gegen die fortdauernden Demonstrationen gegen ihre Atompolitik - im Januar 2011 die Brennelemente-Steuer ein. In diesem Zusammenhang gestand die damalige Bundesregierung erstmals ein, dass der Betrieb der Atomkraftwerke bisher ungerechtfertigter Weise aus Steuermitteln subventioniert wurde.

    Die Einführung der Brennelemente-Steuer diene dem Subventionsabbau, mit dem "die direkte Bevorzugung der Kernenergiewirtschaft beendet" und die "Chancengerechtigkeit auf dem Strommarkt" verbessert werden solle ... - aber nur bis 2016: Anschließend darf wieder kräftig subventioniert werden.

    Die Befristung war eigentlich wohl als ein weiteres "Überdruckventil" gedacht gewesen, mit dem die Atomkonzerne ruhig gestellt werden sollten. Diese wollten jedoch auf den entgangenen Profit nicht verzichten und versuchten die Brennelemente-Steuer - bisher allerdings erfolglos - per Klage vor Gericht zu kippen.

    In den beiden vergangenen Jahren "entgingen" den Atomkonzernen mit ihren 9 Atom-Meilern mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr. Bis zum mehrfachen Super-GAU in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" (Dai-ichi) waren in Deutschland noch 17 Atomkraftwerke in Betrieb gewesen. Ganz grob "über den Daumen" hochgerechnet entspricht das seit Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts ungerechtfertigten Subventionen in Höhe von deutlich mehr als 80 Milliarden Euro!

    Das von der wespenfarbenen Bundesregierung vorgesehene Ende der Befristung der Brennelemente-Steuer im Jahre 2016 bedeutet für die Atomkonzerne darüberhinaus weitere ungerechtfertigte Mehreinnahmen in Höhe von etwa 6 Milliarden Euro bis zur voraussichtlichen Außerbetriebnahme der letzten Atomkraftwerke im Jahre 2022.


    Wer haftet im Falle eines Super-GAUs?

    Eine weitere versteckte Subvention, deren Beendigung seitens der Atomkraftgegner seit Jahren immer wieder gefordert wird ist - sehr vorsichtig ausgedrückt(!) - die ungenügende Haftpflicht-Versicherung der Atomkraftwerke für den Fall eines Super-GAUs, die hierzulande derzeit bei lediglich 2,5 Milliarden Euro liegt. Einer am 01.04.2011 veröffentlichten Studie der "Versicherungsforen Leipzig" zufolge beträgt die Summe, die für einen Super-GAU bereitgestellt werden muss, jedoch 6,09 Billionen Euro. Im Falle eines Super-GAUs mitten in Deutschland würden nicht die Verursacher für den von ihnen angerichteten Schaden aufkommen müssen, sondern die Überlebenden der Atomkatastrophe: Wir, die Bürger!

    In der Zusammenfassung zur Studie heißt es, keine Institution sei in der Lage, für die Folgen eines Schadens, der zu jedem Zeitpunkt innerhalb der angenommenen Realisationszeiträume auftreten kann, ohne eine entsprechend bereitgestellte Deckungssumme aufzukommen. Dieses würde die unmittelbare Insolvenz zur Folge haben. Da unsicher sei, ob und wann ein solcher Katastrophenfall eintritt, hänge die Prämienhöhe davon ab, innerhalb welchen Zeitraums die Deckungssumme aufzubauen ist.

    Die Studie betrachtet dazu verschiedene Szenarien, bei denen einerseits die Deckungssumme in einem Zeitraum von 100 bis 10 Jahren aufzubauen wäre und andererseits berücksichtigt wird, dass eine tatsächliche Versicherung von Haftpflichtrisiken vermutlich eher mittels eines Versicherungs-Pools erfolgen würde, der mehrere oder alle der damals 17 deutschen Atomkraftwerke in einem Kollektiv versichert.

    Würden diese unterschiedlichen Szenarien betrachtet, ergäbe sich während des gesamten Zeitraums des Aufbaus der Deckungssumme eine Haftpflichtversicherungsprämie, die Aufschläge zwischen rund 0,14 Euro und 67,30 Euro pro Kilowattstunde zur Folge hätte (Studie, Zusammenfassung, Seite 7, Abs. 1). Da die Versicherungssumme für einen jederzeit möglichen Super-GAU gegebenenfalls noch während der Betriebszeit der Atomkraftwerke zur Verfügung stehen müsste, wäre meines Erachtens ein Aufschlag von 67 Euro auf die Kilowattstunde realistischer als 0,14 Euro.


    Insolvenzgefährdete Rückstellungen

    Seit Jahrzehnten stellen die Atomkonzerne Geld für den späteren Abriss der Atomkraftwerke und "End"-Lagerung des Atommülls zurück. Diese Rückstellungen, die sich inzwischen auf mehr als 30 Milliarden Euro belaufen, sind steuerfrei. Indem die jeweiligen Bundesregierungen somit auf die Steuereinnahmen verzichteten, subventionierten sie die Atomkonzerne, die das Geld wie ganz normale Einnahmen für ihre aktuellen Geschäfte nutzen, mit mehr als acht Milliarden Euro.

    Im Falle einer Insolvenz wäre das eigentlich zweckgebundene Geld verloren. Der Abriss und die Atommülllagerung müssten dann ebenfalls aus Steuermitteln beglichen werden. Alles in allen handelt es sich auch hierbei um mehrfach verschachtelte versteckte Subventionen mit denen der Betrieb der Atomkraftwerke in Deutschland aufrecht erhalten wurde und auch weiterhin wird.



    Weichenstellung in der Atompolitik

    In Berlin verhandeln derzeit die CDU, die CSU und die SPD über die Bedingungen für das Zustandekommen einer Großen Koalition. Gerade auch bezüglich der zukünftigen, gemeinsamen Atompolitik liegen die Interessen der beiden Lager weit auseinander.

    • Hermes-Bürgschaften

      Aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der SPD und der Grünen war die Vergabe von Hermes-Bürgschaften für Atomtechnologie ab 2001 ausgeschlossen. 2009 machte die wespenfarbene Bundesregierung diesen Beschluss rückgängig.

      • Die SPD will die Vergabe von Hermes-Bürgschaften für die Technologie zum Neubau und die Umrüstung von Atomanlagen wieder verbieten.
      • Die CDU und die CSU wollen auch weiterhin Atom-Exporte mit Hermes-Bürgschaften unterstützen.
       
    • Brennelemente-Steuer

      Die CDU und die CSU hoffen wohl immernoch, dass die in zwei Jahren vorgesehene Aufhebung der Brennelemente-Steuer, mit deren Einführung sie nach ihren eigenen Ausagen "die direkte Bevorzugung der Kernenergiewirtschaft beendet" hatten, inzwischen wieder in Vergessenheit geraten ist. Diese Hoffnung wird jedoch nicht in Erfüllung gehen:

      • Einer der wenigen Vorschläge aus dem "Bürger-Dialog" der SPD, den sie in ihr Wahlprogramm aufgenommen hat, ist die Entfristung und die Erhöhung der Brennelemente-Steuer um 30 Prozent.
      • Die CDU und die CSU lehnen beide Forderungen ab.
       
    • Öffentlicher Fonds für Rückstellungen

      In den Koalitionsverhandlungen wurde auch darüber gesprochen, wie sich die Rückstellungen für den späteren Abriss der Atomkraftwerke und die "End"-Lagerung des Atommülls gegen mögliche Insolvenzen der Atomkonzerne abzusichern lassen:

      • Um "die nukleare Entsorgung auch finanziell zu sichern", regten die CDU, die CSU und die SPD in der vergangenen Woche einen öffentlich-rechtlichen Fonds an.
      • Vermutlich nach Intervention der Atomkonzerne stellten die Vertreter der CDU und der CSU den entsprechenden Abschnitt im Entwurf des Koalitionsvertrages allerdings wieder in Frage.

    Die strittigen Punkte sollen nun in der "Kleinen Runde" der Koalitionäre geklärt werden, in der die SPD mit Herrn Gabriel, Frau Nahles, Herrn Steinmeier, Frau Kraft, Herrn Scholz, Herrn Oppermann und Frau Hendricksin vertreten sein wird.


    Wir mischen uns ein!

    Diesen sieben SPD-Spitzenpolitikern und Politikerinnen muss klar gemacht werden, dass sie den Interessen der Bürger verpflichtet sind, nicht aber denen der Atomkonzerne. Sie dürfen deshalb bei den drei vorgenannten atompolitischen Maßnahmen nicht einknicken. Die Anti-Atom-Organisation ".ausgestrahlt" ruft deshalb dazu auf, alle möglichen Wege zu nutzen, um ihnen den Willen der Bürger zu vermitteln. Details und Kontakt-Daten dazu finden sich auf der Internetseite von ".ausgestrahlt" ...

    Für den zügigen Umbau der Energieversorgung in Deutschland auf Grundlage regenerativer Energiequellen und gegen den Weg in die Klimakatastrophe und den Atomtod:




    Zum Weiterlesen
    • Versicherungsforen Leipzig:
      Studie "Berechnung einer risikoadaquaten Versicherungspramie zur Deckung der Haftpflichtrisiken, die aus dem Betrieb von Kernkraftwerken resultieren"
      vom 01.04.2011 und Zusammenfassung.


    (Quellen: Berliner "Tagesspiegel" vom 28.04.2013, Süddeutsche Zeitung vom 18.03.2011, .ausgestrahlt, Versicherungsforen Leipzig, Wikipedia, Atomhaftpflicht de, Umweltinstitut München)

    Dienstag, 19. November 2013

    In Polen regieren die Kohlen

    Bundesarchiv B 145 Bild-F041794-0016, Grevenbroich, Kraftwerk Frimmersdorf
    Braunkohle Kraftwerk Frimmersdorf bei Grevenbroich (Januar 1974)
    Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F041794-0016 / Engelbert Reineke / CC BY-SA
    Die polnische Nationalhymne beginnt mit den Worten: "Noch ist Polen nicht verloren, ..." Wenn sich in Polen allerdings bis zum 21.11.2013 nichts bewegt, dann wäre die Menschheit der endgültigen Auslösung der drohenden Klimakatastrophe wieder einmal um einen Schritt näher gekommen. Sollte keine Einigung im Kampf gegen den Klimawandel zustande kommen, dann wäre letztlich nicht nur Polen, sondern das gesamte Leben auf unserem Planeten Erde - so wie wir es heute kennen - verloren ...

    Polen ist zwar Gastgeber der Klimakonferenz der Vereinten Nationen, die derzeit in Warschau stattfindet, aber das hat die Regierung Polens nicht davon abgehalten, parallel dazu auch zum internationalen Kohlegipfel des Weltkohle-Verbands (World Coal Association) einzuladen. Wenn die Regierung damit zeigen wollte, dass Polen ein gastfreundliches Land ist, dann könnte ihr das möglicherweise gelungen sein. Als Gastgeber der UN-Klimakonferenz hat sie sich damit allerdings völlig ins Abseits katapultiert.

    Die scharfe Kritik der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) demonstrierten Aktivisten der internationalen Umweltschutzorganisation "Greenpeace", indem sie dem polnischen Wirtschaftsministerium aufs Dach stiegen und ein nicht zu übersehendes Banner an der Fassade des Gebäudes herabließen, mit dem sie die Frage "Who rules Poland? Coal industry or the people?" (Wer regiert Polen? Die Kohleindustrie oder das Volk?) in den öffentlichen Raum stellten.


    Braunkohle-Tagebau
    Braunkohle Abbau: Schädlich für die Umwelt - Foto: Haloorange (CC BY-SA)
    Offenbar ist es die Kohle-Industrie, die in Polen das Sagen hat. Einer kürzlich veröffentlichten Umfrage zufolge würden nämlich mehr als 70 Prozent der Bürger Polens den erneuerbaren Energien den Vorzug vor der Kohleverstromung geben.

    Bei allem Verständnis dafür, dass ein Land, dass sich zu mehr als 90 Prozent von fossilen Energieträgern abhängig gemacht hat, nicht von heute auf morgen auf sämtliche Kohlekraftwerke verzichten kann, empfahl Frau Figueres (Vereinte Nationen, Sekretariat der Klimarahmenkonvention, Generalsekretärin) den Delegierten der versammelten Kohle-Konzerne dringend, in die Nutzung der erneuerbaren Energien einzusteigen. Trotz ihrer diplomatischen Formulierungen fand sie aber auch deutliche Worte (Zitat): "Der Großteil der Kohle-Reserven muss in der Erde bleiben." Dem ist nichts hinzuzufügen!


    Zuvor hatte bereits die japanische Delegation verkündet, ihre Regierung werde von ihren Klimaschutz-Zielen abrücken. Japan werde seine CO2-Emissionen nur noch um 3,8 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 senken - ursprünglich hatte es eine Reduzierung um 25 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zugesagt. Unterm Strich werden Japans Emissionen klimarelevanter Gase damit um 3 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 steigen.

    Anstatt unter dem Eindruck des mehrfachen Super-GAUs in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" (Dai-ichi) vom 11.03.2011 den Ausbau regenerativer Energiequellen voranzutreiben, setzt die derzeitige Regierung Japans unter Führung Herrn Shinzō Abes (Japan, Ministerpräsident) weiterhin auf Atomkraft. Da zur Zeit wieder einmal alle Atommeiler abgeschaltet sind sei man auf die Nutzung fossiler Energieträger zur Stromerzeugung angewiesen.

    Damit suggeriert die Regierung, ihr bleibe nur die Wahl zwischen dem Teufel und Belzebub. Möglicherweise verfolgt sie mit der Fokussierung auf die fossilen Energieträger das Ziel, den Druck auf die steigende Zahl von Atomkraftgegnern in Japan zu erhöhen, um so unter dem Vorwand "Klimaschutz" die abgeschalteten Atomkraftwerke wieder in Betrieb nehmen zu können.


    Ähnliche Bestrebungen gibt es auch seitens der CDU und der CSU, sowie der SPD. Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen lassen kaum einen anderen Schluss zu, als dass sie die Energiewende unter dem Vorwand des von der bisherigen wespenfarbenen Bundesregierung politisch beschleunigten Anstiegs der Stromkosten für Privathaushalte ausbremsen werden. Das käme dann den Betreibern der großen Kohle- und Atomkraftwerke zugute.

    Je länger aber die Kohlekraftwerke hierzulande in Betrieb bleiben, desto unwahrscheinlicher wird es, dass Deutschland seine selbstgesteckten Ziele - die sich nach den Erkenntnissen des aktuellen IPCC-Klimareports ohnehin als nicht ausreichend erweisen könnten - erreichen wird.

    Der bisherige Erfolg der Energiewende geht im Wesentlichen auf die privaten Initiativen einer großen Zahl von Bürgern zurück. Wenn die Vision einer vom derzeitigen Energie-Oligopol unabhängigen Vollversorgung auf Grundlage regenerativer Energiequellen Realität werden soll, dann darf sich daran auch nichts ändern.

    Deshalb werden wir am 30.11.2013 unseren Protest gegen die Absichten von CDU, CSU und SPD im Rahmen einer großen Demonstration auf die Straßen Berlins tragen:



    Der Trend zur Kohlenutzung führt zu einer Gefahr, "die über alles hinaus geht, was die Menschheit während ihrer gesamten Existenz auf diesem Planeten bisher erlebt hat. .. Selbst die effizientesten kohlebefeuerten Kraftwerke stoßen etwa 15 mal mehr Kohlendioxid pro Kilowattstunde aus als erneuerbare Energiesysteme und mehr als zwei mal so viel wie effiziente gasbefeuerte Anlagen"

    Aus einer gemeinsamen Erklärung von 27 Klima- und Energieexperten aus Deutschland, den USA, Japan, Frankreich und Brasilien



    (Quellen: Reuters vom 19.11.2013, Frankfurter Rundschau vom 18.11.2013, Die Zeit vom 18.11.2013, Süddeutsche Zeitung vom 18.11.2013, Handelsblatt vom 18.11.2013, Greenpeace vom 18.11.2013, Klimaretter.Info vom 18.11.2013, Deutsche Welle vom 16.11.2013 , Baseler Zeitung vom 15.11.2013, Greenpeace Magazin vom 15.11.2013, Spiegel vom 11.11.2013, Wikipedia)

    Montag, 18. November 2013

    Cornwall - Das Eden Project

    Das "Eden Project" (Cornwall, Großbritanien)

    Der Garten Eden - das verlorene Paradies - liegt in Cornwall, etwa 4 km nordöstlich von St. Austell, in einem ehemaligen Steinbruch. Nähert man sich dem "Eden Project" von den Parkplätzen kommend, dann fallen beim Blick von oben, eingebettet in eine große Gartenanlage, zuerst die Biome - zwei gigantische, futuristisch anmutende Wintergärten - ins Auge.

    Der Begriff "Biom" umfasst eigentlich einen natürlichen Großlebensraum mit seinen spezifischen Umweltbedingungen, sowie allen darin vorkommenden Pflanzen und Tieren. In den Wintergärten des "Eden Project" wurden solche Lebensräume auf kleinstem Raum nachempfunden. Das größere der beiden Biome beherbergt einen tropischen Regenwald und im kleineren ist die Vegetation des Mittelmeerraumes, sowie diejenige einiger trockener Lebensräume unseres Planeten dargestellt.


    Eden Projekt: Die Biome
    In der Außenanlage findet man naturgemäß Beispiele für die Lebensräume unserer Breiten. Dargestellt sind unter anderem Moore, Wiesen, Obst- und Gemüsegärten. Mit meinem Video habe ich versucht, einige Impressionen davon zu vermitteln.


    Skulpturen

    Eden Project: Skulptur mit Pflanzenhaaren
    Beim Gang durch die Anlagen trifft man immer wieder auch auf Skulpturen oder Installationen, anhand derer man einiges über die begrenzten Resourcen unseres Planeten oder die Gefährdung von Lebensräumen bis hin zur Bedrohung des gesamten Lebens auf der Erde infolge des Klimawandels erfahren kann.

    Da gibt es dann beispielsweise die "Industrie Pflanze" (industrial plant). Die meiseten Arten der Gattung "industrialis" extrahieren die in fossilen Pflanzen urzeitlicher Wälder gespeicherte Energie. Wie es heißt, verwandeln sie Rohmaterial in eine erstaunliche Vielfalt nützlicher Produkte und schädlicher Emissionen. Infolge weltverbreiteter Überpflanzung verursachen sie Umweltschäden und tragen zur Beschleunigung des Klimawandels bei.


    Eden Project: Pferd aus Totholz im Engangsbereich
    Ähnlich wie der Begriff "Park" ursprünglich eine öffentliche Grünanlage meinte, heute aber als "Gewerbe-Park" auch eine Ansammlung von Kleinunternehmen bezeichnen kann, verwenden die Briten den Begriff "plant" auch für technische Anlagen, in diesem Fall also für eine "Industrie-Anlage" - eine Wortspielerei, die sich denjenigen, die kein oder nur wenig Englisch verstehen, nicht unbedingt auf den ersten Blick erschließt.


    Eden Project: Das Motorrad, das aus dem Schaltschrank kam ...
    Eine andere Skulptur stellt eine übergroße Biene dar, die auf die Abhängigkeit der Blütenpflanzen von der Bestäubung durch unsere Honigbiene und ihre wildlebenden Verwandten hinweist. Wer sich eine Biene oder eine Hummel einmal etwas genauer angesehen hat, der wird bemerkt haben, dass diese Tiere einen samtartigen "Pelz" aus winzigen, feinen Haaren auf dem Rücken tragen. Bei der Skulptur sind diese Haare durch Pflanzen dargestellt.

    Recht anschaulich ist auch der "WEEE-Man". Die Abkürzung "WEEE" steht im englischen für unseren Begriff "Elektroschrott" (Waste of Electrical and Electronic Equipment). Der Kopf des Elektroschrott-Manns erinnert an einen Totenschädel und sein Körper an ein Skelett. Der in der Skulptur verbaute Elektroschrott entspricht der Menge, die ein durchschnittlicher Bürger Großbritaniens während der Dauer seines Lebens "entsorgt". Wenn man vorher die Installation gesehen hat, anhand der die begrenzte Verfügbarkeit der "Bodenschätze" der Erde dargestellt wird, dann ahnt man vielleicht, um welche Verschwendung wertvoller Resourcen es sich dabei handelt.

    Wahrscheinlich werde ich wohl kein zweites Mal die Möglichkeit für einen Besuch im "Eden Project" haben. Deshalb habe ich versucht, so viel wie möglich von dem "mitzunehmen", was einem dort geboten wird. Daher war es kurz vor Mittag, als ich beim Regenwald Biom ankam.


    Die Welt der Tropen
    Willkommen im Paradies ...

    Eden Project: Im Regenwald
    Beim Betreten des - nach Angaben der Betreiber - größten Wintergartens der Welt mit dem weltweit größten "Indoor-Regenwald" wird man von einem feuchtwarmen Klima empfangen, das mich an die Simulation der Klimazonen im Bremerhavener "Klimahaus 8° Ost" erinnerte. Überhaupt gibt es einige Parallelen zwischen den Konzepten des Eden Projects und unserem Klimahaus.

    Dabei beschränken sich die "Eden Project"-Betreiber allerdings auf die klimatische Simulation des tropischen Regenwaldes und gehen das "Thema Klimaschutz" naturgemäß von einem anderen Blickpunkt an. Dafür vermitteln sie aber auch Informationen über andere Umwelt-Themen, die unser Klimahaus aufgrund seines thematischen Konzepts nicht bieten kann.

    Beim Gang durch den Regenwald bekommt man eine Fülle fremdartiger Pflanzen mit einer Vielzahl ungewöhnicher Blüten zu sehen. Wenn man dabei aber ab und zu auf "vertraute Exoten" in "heimischer" Umgebung trifft, dann wird einem bewusst, dass wir vieles von dem, was für uns heute selbstverständich ist, den tropischen Regenwäldern zu verdanken haben.

    Wer denkt beim Griff ins Supermarktregal nach einer Tafel Schokolade schon daran, woher der Kakao dafür stammt? ... - oder daran, dass die Bananen, die man auf dem Wochenmarkt kauft, wohl eher nicht der Rubrik "aus regionalem Anbau" zuzuordnen sind?

    Ein weiteres Produkt aus dem Regenwald ist Gummi. Vieles in unserer technisierten Zivilisation wäre ohne Gummi nicht denkbar. Ohne Gummidichtung würde der Wasserhahn ständig lecken, unsere gummibereiften Verkehrsmittel würden mit Stahlreifen über die Straßen klappern und Gummibänder gäbe es auch nicht. Bevor man es synthetisch herstellen konnte, wurde Gummi durch Anritzen der Rinde aus dem Saft des in den tropischen Regenwäldern Amazoniens beheimateten Gummibaums gewonnen.

    Eden Project: Aussichtsplattform über dem Dach des Regenwaldes
    Überall im Regenwald Biom ist man vom Geräusch eines Wasserfalls sowie fließender Bäche umgeben, die man auf seinem Weg immer wieder überquert. Im "Eden Project" wird der Wasserkreislauf wohl mit Pumpen aufrechterhalten. Die tropischen Regenwälder "in freier Wildbahn" sorgen selbststandig für den ständigen Kreislauf großer Wassermassen, ohne den sie nicht existieren könnten.

    Die Bäume und die sonstigen Pflanzen geben das Wasser, das sie aus dem Boden aufnehmen, über die Verdunstung ihrer Blätter an die Atmosphäre ab. Im feuchtwarmen Klima entstehen daraus schnell Wolken, die zum größten Teil kurz darauf wieder über dem Regenwald abregnen. 75 Prozent des Wassers sind auf diese Weise im Kreislauf des Amazonas-Regenwaldes gebunden. Etwa ein Viertel des Wassers fließt über die Flüsse in den Atlantik ab. Dort verdunstet Wasser in großen Mengen, das mit den Passat-Winden nach Amazonien gelangt. Dort regnet es ab und ergänzt so die Verluste aus dem Abfluss über das Flusssystem.

    Das wird aber nur so lange funktionieren, bis die Menschen in den Regenwald-Staaten es geschafft haben, den empfindlichen Kreislauf mit ihren Rodungen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Erfahrungen mit Brandrodungen in Brasilien zeigen, dass die für eine landwirtschaftliche Nutzung gerodeten Flächen bereits nach wenigen Jahren unfruchtbar werden. Arme Bauern geben solche Flächen auf, um weiterzuziehen und das nächste Stück Regenwald zu roden. Reiche Großgrundbesitzer helfen mit Kunstdünger nach.

    Ohne den Wald ist es auch mit der sprichwörtlichen Fruchtbarkeit der Regenwaldgebiete schnell vorbei. Die Geschwindigkeit, mit der diese einzigartigen und für das Klima unseres Planeten so wichtigen Wälder "verschwinden", ist äußerst besorgniserregend. Zur Veranschaulichung heißt es im "Eden Project", alle 10 Sekunden ginge eine Fläche Regenwaldes verloren, die derjenigen des Regenwald Bioms entspricht.

    In Serpentinen führt ein Pfad hinauf zum Rand des ehemaligen Steinbruchs. Auf halber Höhe blickt man immer noch zu einigen Bäumen auf, während andere Baumkronen schon von oben zu sehen sind. Solche "Etagen" gibt es auch im realen Regenwald. Sie bilden dort jeweils eigene Lebensräume für verschiedenen Tierarten. Oben angekommen gelangt man über eine "freischwebende", unter der Kuppel des Regenwald Bioms aufgehängte Treppe zu einer Aussichtsplattform, von wo aus sich ein Blick auf das "Dach des Regenwaldes" eröffnet ...


    Aus den Tropen in mediterrane Gefilde

    Eden Project: Artischocke (Eigentlich werden die Knospen vor der Blüte geerntet)
    Im zweiten Biom ist man umgeben vom Aroma unterschiedlicher Gewürzkräuter und Zitrusfrüchte. Wer schon immer mal eine Aloe Vera sehen wollte, die man hierzulande in der Regel nur dem Namen nach und in Kosmetika und Wellness-Wässerchen verarbeitet kennt, der wird hier fündig. Auch dass Korken nicht aus den Hälsen der Weinflaschen stammen, sondern aus der Rinde der Korkeiche hergestellt werden, erfährt man dort - und inmitten von Weinstöcken huldigen Tänzerinnen Dionysos, dem griechischen Gott des Weines und der Fruchtbarkeit ...


    Eden Project: Aloe Vera
    Leider blieb für den zweiten Biom nicht mehr viel Zeit übrig. Sollte ich noch einmal die Gelegenheit für einen Aufenthalt in Cornwall haben, werde ich meine Entdeckungstour wohl an der Stelle im "Eden Projekt" fortsetzen, an der ich im September 2012 abbrechen musste.


    Eden Project: Stamm einer Korkeiche
    Falls ihr einmal in Cornwall Urlaub machen wollt, dann solltet ihr das "Eden Projekt" in euer Programm aufnehmen - es sei denn, ihr habt mit Gärten und Pflanzen überhaupt nichts am Hut und die Zukunft der Regenwälder und der Rest der Welt ist euch ohnehin egal.

    Der Eintrittspreis ist mit £23,50 zwar auf den ersten Blick recht hoch, aber ich bereue keinen Cent davon, den ich ich für den Tag im "Eden Projekt" ausgegeben habe. Bis zu vier Pfund kann man noch einsparen, wenn man sein Ticket frühzeitig kauft, oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist.


    (Quellen: eden project, Faszination Regenwald , Wikipedia)

    Donnerstag, 14. November 2013

    Klimawandel: Letztendlich geht es ums Überleben

    Angaangaq (Schamane, Kallaalit Nunaq, Grönland), Bremerhaven 2009

    Angesichts ausbleibendender Vereinbarungen zu ambitionierten und nachhaltigen Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe habe ich bereits mehrfach kritisert, dass die Politiker sich sowohl auf nationaler, wie auch auf internationaler Ebene mit ihren Vorstellungen darüber, welche Mengen klimarelevanter Gase noch möglich seien, gefährlich nahe an der Grenze der "maximal plus 2 Grad"-Marke bewegen. Sollten wir aufgrund genauerer Daten einmal zu der Erkenntnis kommen, dass wir uns damit gründlich verschätzt haben, bliebe kein Spielraum mehr, um die drohende Klimakatastrophe noch abzuwenden.

    In seinem Blog "KlimaLounge" schreibt Herr Rahmstorf (PIK, Klimatologe), die Bestimmung der globalen Temperatur aufgrund von Messungen mit Wetterstationen beinhalte einige Datenlücken. Das sei vor allem in den Polargebieten und in Teilen Afrikas der Fall. Solange sich diese nicht erfassten Regionen ähnlich stark erwärmen wie der Rest der Welt, würde das am Trend der globalen Klima-Erwärmung nichts ändern.

    Fehler in den globalen Temperaturtrends entstünden jedoch dann, wenn diese Gebiete sich anders entwickeln. Das sei seit 15 Jahren in der Arktis der Fall. Ein sichtbarer Beweis für die ungewöhnlich starke Erwärmung sei der starke Eisrückgang. Weitere Hinweise böten die Auswertung von Satellitendaten und Wettermodellen. Mit einem neu etwickelten Verfahren sei es den Herren Cowtan (Universität York) und Way (Universität Ottawa) jetzt gelungen, die Datenlücken mithilfe eines Hybrid-Verfahrens auf Grundlage von Satelliten- und Bodendaten zu füllen.

    Mit künstlich erzeugten Datenlücken, deren tatsächliche Temperaturwerte bekannt seien, hätten sie ihr Verfahren umfangreichen Validierungstests unterzogen und damit belegt, dass ihre Hybrid-Methode deutlich bessere Ergebnisse liefert als eine ausschließlich auf der Interpolation der verfügbaren Bodendaten basierende Berechnung. Im Ergebnis ihrer Studie seien die Herren Cowtan und Way zu dem Schluss gekommen, dass die globale Erwärmung der letzten 15 Jahre erheblich unterschätzt worden ist. Mit der Ergänzung durch die neuen Daten sei die zuletzt vieldiskutierte "Erwärmungspause" praktisch verschwunden. Wer sich für Details und Hintergründe interessiert, der kann in der KlimaLounge weiterlesen ...


    Wenn das Eis schmilzt,
    versinken Inseln und Küsten


    Eine Folge der Eisverluste in der Arktis und der Gletscher in den Hochgebirgen ist der steigende Meeresspiegel. Die Geschwindigkeit, mit welcher der Meeresspiegel derzeit steigt, ist größer als in den beiden vorgehenden Jahrtausenden und wird sich weiterhin beschleunigen.

    In einem weiteren Artikel stellt Herr Rahmstorf einige Änderungen zwischen den Prognosen aus dem IPCC-Bericht 2007 denjenigen des aktuellen Berichts gegenüber. Demzufolge wird der arktische Ozean im Sommer bei unverminderten Emissionen wahrscheinlich schon vor der Mitte des Jahrhunderts praktisch eisfrei sein. Im letzten Bericht sei dies erst gegen Ende des Jahrhunderts erwartet worden.

    Während im Jahre 2007 noch ein Meeresspiegel-Anstieg um 18 bis 59 Zentimeter bis zum Ende des Jahrhunderts prognostiziert worden war, wird im aktuellen Klima-Bericht mit 28 bis 98 Zentimeter ein erheblich rascherer Anstieg erwartet. Sollte sich die Menscheit nicht auf wirksame Maßnahmen zur Beendigung der Emissionen klimarelevanter Gase verständigen, rechnet der IPCC bis zum Jahre 2300 mit einem globalen Anstieg des Meeresspiegels um ein bis mehr als drei Meter!
    • Dann werden Inseln von der Landkarte verschwunden sein. Heute noch wirksame Küstenschutzmaßnahmen werden nutzlos. Weite Gebiete an den Küsten der Kontinente wären überflutet. Städte und Dörfer müssten aufgegeben werden.
     
    Auch das mehrere Kilometer mächtige Inlandeis Grönlands ist aktuellen Erkentnissen zufolge nicht so stabil wie noch im IPCC-Bericht 2007 angenommen worden war. Ein Totalverlust der Eismasse, der aufgrund der aktuellen Datenlage bereits bei einer globalen Klimaerwärmung um 1 bis 4 Grad erwartet wird, würde einen um sieben Meter höheren Meeresspiegel zur Folge haben.


    Zwei Grad könnten schon zu viel sein

    Im IPCC-Bericht 2007 war noch von einer globalen Erwärmung um 1,9 bis 4,6 Grad ausgegangen worden. Unter anderem auch deshalb hatte man sich auf der Ebene der internationalen Klimapolitik auf die Notwendigkeit der Begrenzung der globalen Klima-Erwärmung auf unter 2 Grad verständigt. Meine Befürchtung, dass die Ignoranz gegenüber den Gesetzmäßigkeiten des  Klimawandels uns irgendwann den Handlungsspielraum nehmen würde, schein sich somit früher zu bewahrheiten, als ich es für möglich gehalten hätte. Um auf der sicheren Seite zu sein, müssten die Delegierten der Klimakonferenz in Warschau sich jetzt also eigentlich darauf einigen, alles dafür zu unternehmen, dass die mittlere globale Temperatur unterhalb der "maximal plus 1 Grad"-Marke stabilisiert wird.

    Aufgrund der jahrelangen Blockadehaltung der größten CO2-Emittenten USA und China, sowie der erfolgreichen Lobby-Arbeit der fossilen Industrie und ihrer politischen Handlanger scheint aber schon das "maximal plus 2 Grad"-Ziel kaum noch erreichbar.

    Auf nationaler Ebene spiegelt sich diese Ignoranz gegenüber den physikalischen und chemischen Naturgesetzen derzeit in den Koalitionsverhandlungen wieder: Die Autokanzlerin und ihre CDU streben bis zum Jahre 2030 lediglich einen Anteil von 50 bis 55 Prozent regenerativer Energiequellen am Strommix an, die SPD hingegen immerhin einen Anteil von 75 Prozent. Gleichzeitig halten die Verhandlungsführer beider Parteien aber schützend die Hände über die Fossile Industrie und die Betreiber der Kohle-Großkraftwerke.

    "Die da oben" scheinen immernoch der Ansicht zu sein, man könne ohne Rücksicht auf den Klimawandel Kompromisse aushandeln oder gar den Naturgesetzen mit der eigenen Klima- und Umweltgesetzgebung die Stirn bieten. Dabei ist die Zeit für parteipolitisches Machtpoker längst abgelaufen. Es ist höchste Zeit, den Tatsachen in die Augen zu sehen und endlich gemeinsam und den Erfordernissen entsprechend zu handeln.


    Das Volk kann führen ...

    Herr Annan (ehemaliger UN- Generalsekretär) hatte kurz vor Beginn der Klimakonferenz in Warschau eindringlich vor einem Scheitern im Kampf gegen die Erderwärmung gewarnt. Die Süddeutsche Zeitung zitierte ihn in einem Artikel vom 09.11.2013 mit den Worten (Zitat): "Letztendlich geht es ums Überleben. Ich weiß, dass viele daran zweifeln, aber der Klimawandel ist da, und kein Land, reich oder arm, kann den Folgen ausweichen." Weiterhin warnte er die Menschen davor, sich allein auf die Politik zu verlassen. Die Rolle des Einzelnen werde oft unterschätzt. "Das Volk kann führen, wenn die politischen Anführer es nicht tun."

    In diesem Sinne werden am Samstag, dem 30.11.2013, viele Menschen aus der gesamten Bundesrepublik ihren Protest auf die Straßen Berlins tragen, um "denen da oben" deutlich zu sagen, was die Bürger atom- und klimapolitisch von ihnen erwarten. Aus unserer Gegend (Wesermarsch, Bremerhaven, Bremen) besteht die Möglichkeit, mit Bussen nach Berlin zu fahren, die von "Anti-Atom-Oldenburg" organisiert werden. Weitere Busse, Mitfahrgelegenheiten etc. aus ganz Deutschland finden sich auf der Internetseite von ".ausgestrahlt".

    • "Melting the ice in the heart of man is harder than melting the big ice of Greenland."

      (Das Eis in den Herzen der Menschen zum Schmelzen zu bringen ist schwerer, als das Große Eis Grönlands zu schmelzen.)

      Angaangaq (Schamane, Kallaalit Nunaq, Grönland)
      beim "Kirchentag am Meer" 2009 in Bremerhaven





    Update 15.11.2013: Angaangaq

    (Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 09.11.2013 - Bericht 1 und Bericht 2, KlimaLounge vom 27.09.2013 und vom 13.11.2013, Anti-Atom-Oldenburg, .ausgestrahlt)