Dienstag, 19. November 2013

In Polen regieren die Kohlen

Bundesarchiv B 145 Bild-F041794-0016, Grevenbroich, Kraftwerk Frimmersdorf
Braunkohle Kraftwerk Frimmersdorf bei Grevenbroich (Januar 1974)
Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F041794-0016 / Engelbert Reineke / CC BY-SA
Die polnische Nationalhymne beginnt mit den Worten: "Noch ist Polen nicht verloren, ..." Wenn sich in Polen allerdings bis zum 21.11.2013 nichts bewegt, dann wäre die Menschheit der endgültigen Auslösung der drohenden Klimakatastrophe wieder einmal um einen Schritt näher gekommen. Sollte keine Einigung im Kampf gegen den Klimawandel zustande kommen, dann wäre letztlich nicht nur Polen, sondern das gesamte Leben auf unserem Planeten Erde - so wie wir es heute kennen - verloren ...

Polen ist zwar Gastgeber der Klimakonferenz der Vereinten Nationen, die derzeit in Warschau stattfindet, aber das hat die Regierung Polens nicht davon abgehalten, parallel dazu auch zum internationalen Kohlegipfel des Weltkohle-Verbands (World Coal Association) einzuladen. Wenn die Regierung damit zeigen wollte, dass Polen ein gastfreundliches Land ist, dann könnte ihr das möglicherweise gelungen sein. Als Gastgeber der UN-Klimakonferenz hat sie sich damit allerdings völlig ins Abseits katapultiert.

Die scharfe Kritik der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) demonstrierten Aktivisten der internationalen Umweltschutzorganisation "Greenpeace", indem sie dem polnischen Wirtschaftsministerium aufs Dach stiegen und ein nicht zu übersehendes Banner an der Fassade des Gebäudes herabließen, mit dem sie die Frage "Who rules Poland? Coal industry or the people?" (Wer regiert Polen? Die Kohleindustrie oder das Volk?) in den öffentlichen Raum stellten.


Braunkohle-Tagebau
Braunkohle Abbau: Schädlich für die Umwelt - Foto: Haloorange (CC BY-SA)
Offenbar ist es die Kohle-Industrie, die in Polen das Sagen hat. Einer kürzlich veröffentlichten Umfrage zufolge würden nämlich mehr als 70 Prozent der Bürger Polens den erneuerbaren Energien den Vorzug vor der Kohleverstromung geben.

Bei allem Verständnis dafür, dass ein Land, dass sich zu mehr als 90 Prozent von fossilen Energieträgern abhängig gemacht hat, nicht von heute auf morgen auf sämtliche Kohlekraftwerke verzichten kann, empfahl Frau Figueres (Vereinte Nationen, Sekretariat der Klimarahmenkonvention, Generalsekretärin) den Delegierten der versammelten Kohle-Konzerne dringend, in die Nutzung der erneuerbaren Energien einzusteigen. Trotz ihrer diplomatischen Formulierungen fand sie aber auch deutliche Worte (Zitat): "Der Großteil der Kohle-Reserven muss in der Erde bleiben." Dem ist nichts hinzuzufügen!


Zuvor hatte bereits die japanische Delegation verkündet, ihre Regierung werde von ihren Klimaschutz-Zielen abrücken. Japan werde seine CO2-Emissionen nur noch um 3,8 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 senken - ursprünglich hatte es eine Reduzierung um 25 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zugesagt. Unterm Strich werden Japans Emissionen klimarelevanter Gase damit um 3 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 steigen.

Anstatt unter dem Eindruck des mehrfachen Super-GAUs in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" (Dai-ichi) vom 11.03.2011 den Ausbau regenerativer Energiequellen voranzutreiben, setzt die derzeitige Regierung Japans unter Führung Herrn Shinzō Abes (Japan, Ministerpräsident) weiterhin auf Atomkraft. Da zur Zeit wieder einmal alle Atommeiler abgeschaltet sind sei man auf die Nutzung fossiler Energieträger zur Stromerzeugung angewiesen.

Damit suggeriert die Regierung, ihr bleibe nur die Wahl zwischen dem Teufel und Belzebub. Möglicherweise verfolgt sie mit der Fokussierung auf die fossilen Energieträger das Ziel, den Druck auf die steigende Zahl von Atomkraftgegnern in Japan zu erhöhen, um so unter dem Vorwand "Klimaschutz" die abgeschalteten Atomkraftwerke wieder in Betrieb nehmen zu können.


Ähnliche Bestrebungen gibt es auch seitens der CDU und der CSU, sowie der SPD. Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen lassen kaum einen anderen Schluss zu, als dass sie die Energiewende unter dem Vorwand des von der bisherigen wespenfarbenen Bundesregierung politisch beschleunigten Anstiegs der Stromkosten für Privathaushalte ausbremsen werden. Das käme dann den Betreibern der großen Kohle- und Atomkraftwerke zugute.

Je länger aber die Kohlekraftwerke hierzulande in Betrieb bleiben, desto unwahrscheinlicher wird es, dass Deutschland seine selbstgesteckten Ziele - die sich nach den Erkenntnissen des aktuellen IPCC-Klimareports ohnehin als nicht ausreichend erweisen könnten - erreichen wird.

Der bisherige Erfolg der Energiewende geht im Wesentlichen auf die privaten Initiativen einer großen Zahl von Bürgern zurück. Wenn die Vision einer vom derzeitigen Energie-Oligopol unabhängigen Vollversorgung auf Grundlage regenerativer Energiequellen Realität werden soll, dann darf sich daran auch nichts ändern.

Deshalb werden wir am 30.11.2013 unseren Protest gegen die Absichten von CDU, CSU und SPD im Rahmen einer großen Demonstration auf die Straßen Berlins tragen:



Der Trend zur Kohlenutzung führt zu einer Gefahr, "die über alles hinaus geht, was die Menschheit während ihrer gesamten Existenz auf diesem Planeten bisher erlebt hat. .. Selbst die effizientesten kohlebefeuerten Kraftwerke stoßen etwa 15 mal mehr Kohlendioxid pro Kilowattstunde aus als erneuerbare Energiesysteme und mehr als zwei mal so viel wie effiziente gasbefeuerte Anlagen"

Aus einer gemeinsamen Erklärung von 27 Klima- und Energieexperten aus Deutschland, den USA, Japan, Frankreich und Brasilien



(Quellen: Reuters vom 19.11.2013, Frankfurter Rundschau vom 18.11.2013, Die Zeit vom 18.11.2013, Süddeutsche Zeitung vom 18.11.2013, Handelsblatt vom 18.11.2013, Greenpeace vom 18.11.2013, Klimaretter.Info vom 18.11.2013, Deutsche Welle vom 16.11.2013 , Baseler Zeitung vom 15.11.2013, Greenpeace Magazin vom 15.11.2013, Spiegel vom 11.11.2013, Wikipedia)

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