Donnerstag, 14. November 2013

Klimawandel: Letztendlich geht es ums Überleben

Angaangaq (Schamane, Kallaalit Nunaq, Grönland), Bremerhaven 2009

Angesichts ausbleibendender Vereinbarungen zu ambitionierten und nachhaltigen Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe habe ich bereits mehrfach kritisert, dass die Politiker sich sowohl auf nationaler, wie auch auf internationaler Ebene mit ihren Vorstellungen darüber, welche Mengen klimarelevanter Gase noch möglich seien, gefährlich nahe an der Grenze der "maximal plus 2 Grad"-Marke bewegen. Sollten wir aufgrund genauerer Daten einmal zu der Erkenntnis kommen, dass wir uns damit gründlich verschätzt haben, bliebe kein Spielraum mehr, um die drohende Klimakatastrophe noch abzuwenden.

In seinem Blog "KlimaLounge" schreibt Herr Rahmstorf (PIK, Klimatologe), die Bestimmung der globalen Temperatur aufgrund von Messungen mit Wetterstationen beinhalte einige Datenlücken. Das sei vor allem in den Polargebieten und in Teilen Afrikas der Fall. Solange sich diese nicht erfassten Regionen ähnlich stark erwärmen wie der Rest der Welt, würde das am Trend der globalen Klima-Erwärmung nichts ändern.

Fehler in den globalen Temperaturtrends entstünden jedoch dann, wenn diese Gebiete sich anders entwickeln. Das sei seit 15 Jahren in der Arktis der Fall. Ein sichtbarer Beweis für die ungewöhnlich starke Erwärmung sei der starke Eisrückgang. Weitere Hinweise böten die Auswertung von Satellitendaten und Wettermodellen. Mit einem neu etwickelten Verfahren sei es den Herren Cowtan (Universität York) und Way (Universität Ottawa) jetzt gelungen, die Datenlücken mithilfe eines Hybrid-Verfahrens auf Grundlage von Satelliten- und Bodendaten zu füllen.

Mit künstlich erzeugten Datenlücken, deren tatsächliche Temperaturwerte bekannt seien, hätten sie ihr Verfahren umfangreichen Validierungstests unterzogen und damit belegt, dass ihre Hybrid-Methode deutlich bessere Ergebnisse liefert als eine ausschließlich auf der Interpolation der verfügbaren Bodendaten basierende Berechnung. Im Ergebnis ihrer Studie seien die Herren Cowtan und Way zu dem Schluss gekommen, dass die globale Erwärmung der letzten 15 Jahre erheblich unterschätzt worden ist. Mit der Ergänzung durch die neuen Daten sei die zuletzt vieldiskutierte "Erwärmungspause" praktisch verschwunden. Wer sich für Details und Hintergründe interessiert, der kann in der KlimaLounge weiterlesen ...


Wenn das Eis schmilzt,
versinken Inseln und Küsten


Eine Folge der Eisverluste in der Arktis und der Gletscher in den Hochgebirgen ist der steigende Meeresspiegel. Die Geschwindigkeit, mit welcher der Meeresspiegel derzeit steigt, ist größer als in den beiden vorgehenden Jahrtausenden und wird sich weiterhin beschleunigen.

In einem weiteren Artikel stellt Herr Rahmstorf einige Änderungen zwischen den Prognosen aus dem IPCC-Bericht 2007 denjenigen des aktuellen Berichts gegenüber. Demzufolge wird der arktische Ozean im Sommer bei unverminderten Emissionen wahrscheinlich schon vor der Mitte des Jahrhunderts praktisch eisfrei sein. Im letzten Bericht sei dies erst gegen Ende des Jahrhunderts erwartet worden.

Während im Jahre 2007 noch ein Meeresspiegel-Anstieg um 18 bis 59 Zentimeter bis zum Ende des Jahrhunderts prognostiziert worden war, wird im aktuellen Klima-Bericht mit 28 bis 98 Zentimeter ein erheblich rascherer Anstieg erwartet. Sollte sich die Menscheit nicht auf wirksame Maßnahmen zur Beendigung der Emissionen klimarelevanter Gase verständigen, rechnet der IPCC bis zum Jahre 2300 mit einem globalen Anstieg des Meeresspiegels um ein bis mehr als drei Meter!
  • Dann werden Inseln von der Landkarte verschwunden sein. Heute noch wirksame Küstenschutzmaßnahmen werden nutzlos. Weite Gebiete an den Küsten der Kontinente wären überflutet. Städte und Dörfer müssten aufgegeben werden.
 
Auch das mehrere Kilometer mächtige Inlandeis Grönlands ist aktuellen Erkentnissen zufolge nicht so stabil wie noch im IPCC-Bericht 2007 angenommen worden war. Ein Totalverlust der Eismasse, der aufgrund der aktuellen Datenlage bereits bei einer globalen Klimaerwärmung um 1 bis 4 Grad erwartet wird, würde einen um sieben Meter höheren Meeresspiegel zur Folge haben.


Zwei Grad könnten schon zu viel sein

Im IPCC-Bericht 2007 war noch von einer globalen Erwärmung um 1,9 bis 4,6 Grad ausgegangen worden. Unter anderem auch deshalb hatte man sich auf der Ebene der internationalen Klimapolitik auf die Notwendigkeit der Begrenzung der globalen Klima-Erwärmung auf unter 2 Grad verständigt. Meine Befürchtung, dass die Ignoranz gegenüber den Gesetzmäßigkeiten des  Klimawandels uns irgendwann den Handlungsspielraum nehmen würde, schein sich somit früher zu bewahrheiten, als ich es für möglich gehalten hätte. Um auf der sicheren Seite zu sein, müssten die Delegierten der Klimakonferenz in Warschau sich jetzt also eigentlich darauf einigen, alles dafür zu unternehmen, dass die mittlere globale Temperatur unterhalb der "maximal plus 1 Grad"-Marke stabilisiert wird.

Aufgrund der jahrelangen Blockadehaltung der größten CO2-Emittenten USA und China, sowie der erfolgreichen Lobby-Arbeit der fossilen Industrie und ihrer politischen Handlanger scheint aber schon das "maximal plus 2 Grad"-Ziel kaum noch erreichbar.

Auf nationaler Ebene spiegelt sich diese Ignoranz gegenüber den physikalischen und chemischen Naturgesetzen derzeit in den Koalitionsverhandlungen wieder: Die Autokanzlerin und ihre CDU streben bis zum Jahre 2030 lediglich einen Anteil von 50 bis 55 Prozent regenerativer Energiequellen am Strommix an, die SPD hingegen immerhin einen Anteil von 75 Prozent. Gleichzeitig halten die Verhandlungsführer beider Parteien aber schützend die Hände über die Fossile Industrie und die Betreiber der Kohle-Großkraftwerke.

"Die da oben" scheinen immernoch der Ansicht zu sein, man könne ohne Rücksicht auf den Klimawandel Kompromisse aushandeln oder gar den Naturgesetzen mit der eigenen Klima- und Umweltgesetzgebung die Stirn bieten. Dabei ist die Zeit für parteipolitisches Machtpoker längst abgelaufen. Es ist höchste Zeit, den Tatsachen in die Augen zu sehen und endlich gemeinsam und den Erfordernissen entsprechend zu handeln.


Das Volk kann führen ...

Herr Annan (ehemaliger UN- Generalsekretär) hatte kurz vor Beginn der Klimakonferenz in Warschau eindringlich vor einem Scheitern im Kampf gegen die Erderwärmung gewarnt. Die Süddeutsche Zeitung zitierte ihn in einem Artikel vom 09.11.2013 mit den Worten (Zitat): "Letztendlich geht es ums Überleben. Ich weiß, dass viele daran zweifeln, aber der Klimawandel ist da, und kein Land, reich oder arm, kann den Folgen ausweichen." Weiterhin warnte er die Menschen davor, sich allein auf die Politik zu verlassen. Die Rolle des Einzelnen werde oft unterschätzt. "Das Volk kann führen, wenn die politischen Anführer es nicht tun."

In diesem Sinne werden am Samstag, dem 30.11.2013, viele Menschen aus der gesamten Bundesrepublik ihren Protest auf die Straßen Berlins tragen, um "denen da oben" deutlich zu sagen, was die Bürger atom- und klimapolitisch von ihnen erwarten. Aus unserer Gegend (Wesermarsch, Bremerhaven, Bremen) besteht die Möglichkeit, mit Bussen nach Berlin zu fahren, die von "Anti-Atom-Oldenburg" organisiert werden. Weitere Busse, Mitfahrgelegenheiten etc. aus ganz Deutschland finden sich auf der Internetseite von ".ausgestrahlt".

  • "Melting the ice in the heart of man is harder than melting the big ice of Greenland."

    (Das Eis in den Herzen der Menschen zum Schmelzen zu bringen ist schwerer, als das Große Eis Grönlands zu schmelzen.)

    Angaangaq (Schamane, Kallaalit Nunaq, Grönland)
    beim "Kirchentag am Meer" 2009 in Bremerhaven





Update 15.11.2013: Angaangaq

(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 09.11.2013 - Bericht 1 und Bericht 2, KlimaLounge vom 27.09.2013 und vom 13.11.2013, Anti-Atom-Oldenburg, .ausgestrahlt)

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