Von den 420 Stellplätzen vor Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll im Brennelementlager bei Gorleben sind bisher erst 102 mit Castor-Behältern belegt. Doch schon jetzt wurden bei Messungen am Zaun des Lagers alarmierend hohe Werte festgestellt. Der für Ende des Jahres geplante Atommülltransport in elf Castoren nach Gorleben würde die von dem Atommüllager ausgehende Neutronenstrahlung noch einmal erhöhen.
Während im letzten Jahr am Zaun des Lagers noch ein Halbjahreswert für Neutronenstrahlung in Höhe von 0,23 Millisievert (mSv) gemessen worden sei, habe die diesjährige Messung des Halbjahreswertes bei 0,27 mSv gelegen. Das berichtet contrAtom am 25.08.2011 auf seiner Internetseite. Als Jahresgrenzwert seien dort 0,3 mSv festgelegt worden. Hochgerechnet sei eine Überschreitung des Jahresgrenzwertes möglich. Schon ab einem Schwellenwert von 0,27 mSv müssten Maßnahmen zur Verringerung der Messwerte eingeleitet werden. Eine Einlagerung weiterer Castor-Behälter sei dann nicht zulässig. Am 21.08.2011 hatten deshalb 500 Menschen gegen den geplanten Atommülltransport aus La Hague protestiert.
Das Umweltministerium hält es für möglich, dass die Messwerte am Zaun durch das Umstellen von Behältern innerhalb der Zwischenlagerhalle oder zusätzliche Neutronenabschirmungen gesenkt werden könnten, und dass der Jahresgrenzwert somit eingehalten werden könnte. Gelänge der Nachweis, könnte der Castor-Transport durchgeführt werden.
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) sieht die Ursache in dem extrem hohem "Abbrand" des Inhaltes der Castoren: Der Castor-Transport 2010 sei nicht nur derjenige gewesen, der bisher den größten Widerstand herausgefordert hatte, er sei auch der heißeste gewesen. Angedachte Maßnahmen wie das Umstellen der Behälter in der Halle seien "provisorischer Pfusch".
Das sehe ich ebenso. Würden tatsächlich alle Stellplätze für Castoren belegt werden, dann wäre es irgendwann logischerweise auch nicht mehr möglich, irgendwelche Castoren in der Halle so aufzustellen, dass sie weiter entfernt vom Zaun stünden. Wenn jetzt darüber nachgedacht wird, die Abschirmung gegen Neutronenstrahlung zu verstärken, dann lässt das ebenfalls tief blicken. Eigentlich hätte man nämlich schon bei der Planung des Atommülllagers ausrechnen können, welche Abschirmung für die Einlagerung von 420 Castoren notwendig sein würde. Davon einmal ganz abgesehen nützt eine solche vertärkte Abschirmung nichts gegen den Einschlag eines abstürzenden Flugzeugs oder gegen einen gezielten Terroranschlag. Ich mag mir lieber nicht vorstellen, was geschehen würde, wenn die bisherige Abschirmung durch die Castoren und die Lagerhalle einmal beschädigt werden würde.
- Ich schließe mich der an die Bundesregierung gerichteten Forderung der BI an, den noch für dieses Jahr geplanten Castortransport umgehend absagen. Außerdem werde ich mich auch in diesem Jahr wieder an der Demonstration gegen die fortgesetzte sogenannte "Erkundung" des Salzstocks bei Gorleben beteiligen.
Wenn die sichere Handhabung hochradioaktiven Atommülls sich inzwischen schon oberirdisch als problematisch herausstellt, dann kann man sich wohl ohne große Mühe vorstellen, mit welchen Problemen man es zu tun bekäme, falls es einmal nötig sein sollte, den Atommüll aus mehren hundert Metern Tiefe in einem instabil gewordenen unterirdischen Atommmülllager bergen zu müssen. Nach den inzwischen bekanntgewordenen Erkenntnissen bezüglich der Geschichte um die Erkundung des Salzstocks und dessen Eignung als "Atommüllendlager" halte ich es eher für eine Frage,
wann es dazu kommen würde, als
ob es dazu kommen könnte.
Atomkraftwerke früher stilllegen
Die neuesten Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Atommülllager Gorleben machen erneut deutlich, dass endlich Schluss sein muss mit der Prokuktion immer neuen Atommülls in Deutschland und weltweit. Die verbliebenen in Betrieb befindlichen deutschen Atomkraftwerke müssen deshalb deutlich früher stillgelegt werden, als 2022. Das betrifft insbesondere solche Pannenmeiler wie "Brockdorf" (Eon) oder "Philppsburg-2" (EnBW), das in diesem Jahr mit 19 von insgesamt 34 Störfällen in den verbliebenen neun deutschen Atomkraftwerken mit Abstand die meisten meldepflichtigen Ereignisse aufweist (Stand:
11.08.2011).
Die Vorfälle im erst am 20.07.2011 nach umfangreichen Wartungsarbeiten mit mehrwöchiger Verspätung wieder in Betrieb genommenen Atomkraftwerks "Brockdorf" vom 07.08.2011 sind dabei noch nicht berücksichtigt. Aufgrund eines Defektes an den Transformatoren, über die der Strom aus dem Kraftwerk ins Netz eingespeist wird, war es an diesem Tag zu einer "
unplanmäßigen Abschaltung" gekommen. Im Falle des Atomkraftwerks "Krümmel" hatte der Brand eines Trafos mit der gleichen Aufgabe zu einer mehrjährigen Reparatur geführt.
Erst im Rahmen der Trafoprobleme wurde außerdem bekannt, dass Verformungen an einzelnen Brennelementen die Kieler Atomaufsicht dazu veranlasst hatten, sich am 15.07.2011 mit einem Schreiben an das Bundesumweltministerium zu wenden, mit dem sie empfahl, die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) einzuschalten. Da derartige Probleme auch in Zukunft nicht ausgeschlossen werden können und sowohl im letzten Jahr in Brokdorf, wie auch seit etwa 2007 aus anderen Anlagen in Deutschland bekannt seien, sollte dieses Problem auf Bundesebene für alle Atomkraftwerke geklärt werden. Nach Aussage von Herrn Cloosters (Kieler Atomaufsicht, Leiter), könnten solche Verformungen Einfluss auf die sogenannten Fallzeiten von Steuerelementen haben.
Im Falle einer notwendigen Schnellabschaltung müssen diese ohne jede Störung zwischen die etwa 4,80 Meter langen Brennelemente hinunterfallen können. Auch wenn die Verformungen der Brennelemente im Rahmen eines zulässigen Toleranzbereiches lagen, könnte es passieren, dass - sofern diese im Leistungsbetrieb weiter vorschreiten sollten - die volle Funktion des Notabschaltsystems nicht mehr gewährleistet sein könnte.
Aufgegeben:
Kein Atomkraftwerk als "Kaltreserve"
Eigentlich gibt es derzeit nur eine wirklich gute Nachricht bezüglich der Atomkraftanlagen in Deutschland: Auch bis zu den verantwortlichen Politikern in der Bundesregierung war es letztlich doch noch durchgedrungen, dass es völliger Blödsinn ist, eines der acht stillgelegten Atomkraftwerke als sogenannte Kaltreserve im Standby-Betrieb verfügbar zu halten. Nachdem die Bundesregierung diesen Plan jetzt endgültig aufgegeben hat, sollen konventionelle Kraftwerke als Reserve zur Verfügung gestellt werden. Der Spiegel berichtete am 31.08.2011,Baden-Württemberg wolle die Erlaubnis erteilen, den Block 3 des Kohlekraftwerks Mannheim als Ersatzkapazität zur Verfügung zu stellen. Zudem werde mit zwei weiteren Kraftwerkblöcken im Rhein-Neckar-Raum sichergestellt, dass genug Reserveleistung zur Verfügung stünden.
Energiewende:
Atomkonzern verweigert Beitrag
Da Kohlekraftwerke aufgrund der klimaschädigenden CO2-Emissionen bekannterweise nur eine befristete Übergangslösung sein können, müssten diese kurzfristig übergangsweise durch klimaschonendere Gaskraftwerke ersetzt werden. Die ARD-Tagesthemen berichteten gestern Abend, während der Einweihungsfeier für das neue Eon-Gaskraftwerk "Irsching" bei Ingolstadt mit seinem "Rekordwirkungsgrad von 60,75 Prozent" (
Klimaretter.de), hätten die Eon-Manager für einen Paukenschlag gesorgt: Vorerst werde es kein weiteres Gaskraftwerk mehr geben.
Jahrzehntelang wurde die Atomindustrie in Deutschland mit Milliardensummen subventioniert und die Konzerne fuhren dadurch fette Gewinne ein. In Anbetracht der Aussicht, dass die Gewinne zukünftig nicht mehr ganz so fett sein könnten, verweigern die Atomkonzerne jetzt aus Kostengründen den Neubau von Gaskraftwerken ... - und damit ihren Beitrag zur Energiewende in Deutschland. Es wird Zeit, dass die Energieversorgung endlich dezentralisiert und auf Kommunen und private Kleinversorger verteilt wird.
(Quellen: Spiegel vom 31.08.2011, contrAtom vom 25.08.2011 [BI Lüchow-Dannenberg, ndr.de, dpa], contrAtom vom 11.08.2011 [enbw.de, contratom.de, dpa], contrAtom vom 11.08.2011 [dpa, news.yahoo.com], Klimaretter)