|
Sortir du Nuvleaire (Anti-Atom-Organisation, Frankreich): "Die Atomkraft tötet die Zukunft." (gesehen in Dannenberg, 26.11.2011) |
Die Lobby der EU-Staaten, die in Brüssel die Atomkraft als "grüne, CO2 freie Energie" anpreist, hat offenbar ganze Arbeit geleistet. Herr Almunia (EU-Kommission, Wettbewerbskommissar) hat einen Entwurf der neuen Beihilferichtlinie vorbereitet. Darin heißt es, der Ausbau der Stromerzeugung mit Atomkraftwerken "sei ein Ziel der Europäischen Union".
Die vier Länder Großbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien hatten
Anfang April 2012 dafür plädiert, dass Subventionen für
Atomenergie zukünftig in der Europäischen Union zulässig sein sollen.
Die Regierungen der Mitgliedsstaaten der EU sollen Atomkonzerne zukünftig leichter subventionieren können. Und das, obwohl die Atomkraft-Subventionen nach Schätzungen der EU
ohnehin schon höher ausfallen, als diejenigen für regenerative Energien. Dabei geht es der Atomkraft-Lobby nicht nur um zusätzliche Subventionen für den Betrieb, sondern insbesondere auch um Fördermittel für den
Neubau von Atomkraftwerken in der EU! Diese seien ebenso "kohlenstoffarm" wie Wind-, Solar- und sonstige Kraftwerke auf Basis regenerativer Energiequellen, heißt es aus Kreisen der Atomkonzerne.
Weder wirtschaftlich, ...
Dieser erneute Vorstoß, nur zwei Jahre nach dem mehrfachen Super-GAU in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I", macht vor allem eines deutlich: Ohne öffentliche Subventionen aus Steuermitteln ist die Atomkraft wirtschaftlich am Ende. Kämen die Atomkraft-Bittsteller mit ihrer Forderung nach weiteren Subventionen durch, dann gliche die Atomindustrie mehr denn je einem sterbenden Patienten, der künstlich für viele weitere Jahrzehnte am Leben erhalten wird.
Nach Darstellung des Umweltinstituts München liegt der Anteil der Atomkraftwerke an der Stromerzeugung weltweit bei gerade einmal bei
zwei Prozent. Selbst ein unrealistisch starker Ausbau der Atomkraft könne weltweit nur zu einer minimalen CO
2-Einsparung führen. Stattdessen würden finanzielle Mittel für sinnvolle, nachhaltige Maßnahmen beim Umbau der Energieversorgung vergeudet werden. Subventionen für neue Atomkraftwerke würden somit den Weg in eine nachhaltige, klimafreundliche, risikofreie und wirtschaftliche Energieversorgung verbauen.
Die Atomkonzerne profitieren seit Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts von direkten staatlichen Subventionen: Zuerst für die Atomforschung und jetzt für die Atommüll-"End"-Lagersuche. Rücklagen der Atomkonzerne für die Stilllegung ihrer Atomkraftwerke und die Lagerung ihres über Millionen von Jahren strahlenden Atommülls, sowie die damit erzielten Zinsen, sind von der Steuer befreit. Die Haftpflichtversicherung für die Atomkraftwerke deckt gerade einmal einen Bruchteil der durch einen jederzeit möglichen Super-GAU verursachten Schäden ab: Keine Versicherung der Welt ist bereit, das Risiko einer derartigen atomaren Katastrophe mitzutragen.
... noch sauber, ...
Darüber, dass bei der Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen -
im Gegensatz zum Betrieb von Atomkraftwerken - kein Atommüll produziert wird, dessen
"Entsorgung" bereits heute ein unlösbares Problem darstellt, ist im Entwurf der neuen Beihilferichtlinie Herrn Almunias merkwürdigerweise nichts zu lesen. Sollte er das -
weil inzwischen allgemein bekannt - als nebensächlich abgetan haben?
Andererseits könnte er sich aber auch gedacht haben: "Es wird schon niemandem auffallen, wenn ich's nicht extra erwähne." Auch hat Herr Almunia in seinem Richtlinien-Entwurf wohl "versehentlich vergessen", die weiträumige radioaktive Kontaminierung in der Umgebung der Uranabbaugebiete zu erwähnen. Ansonsten hätte er eigentlich unmöglich auf die absurde Idee kommen können, Atomkraft sei eine besonders saubere Art der Stromerzeugung und somit den regnerativen Energiequellen gleichzustellen.
... noch klimafreundlich ...
Der Betrieb der Atomkraftwerke erfordert große Mengen an Kühlwasser. Man findet sie deshalb immer entweder an Küsten oder an Flüssen. Der Anstieg des Meeresspiegels und die zu erwartende Häufung orkanartiger Stürme infolge des Klimawandels erfordert erhebliche finazielle Investitionen in Schutzmaßnahmen für Atomkraftwerke an Küstenstandorten. In heißen Sommern sind die aufgeheizten Flüsse nicht mehr in der Lage, die notwendige Kühlung zu gewährleisten, so dass die Leistung der an Flüssen gelegenen Atomkraftwerke immer öfter heruntergfahren werden muss.
Einmal ganz davon abgesehen, dass der Bau und die Finanzierung tausender neuer Atomkraftwerke völlig unrealistisch wäre, scheitert das von der Lobby der Atomkonzerne suggerierte Allheilmittel gegen die drohende Klimakatastrophe bereits heute an der fortschreitenden Erderwärmung. Das Festhalten an der Atomkraft würde uns somit endgültig in die Klimakatastrophe führen.
... aber endlich und teuer!
Wer der Illusion verfallen sein sollte, der Atom-"Brennstoff" Uran
stünde ewig zur Verfügung, sollte wissen, dass der "Peak" des Uran-Abbaumenge der
Schweizer Studie "The End Of Cheap Uranium" (engl.: "Das Ende des billigen Urans") zufolge mit 58000 Tonnen bereits im nächsten Jahr erreicht sein wird und die Förderung danach abnimmt. Dem gegenüber steht der jährliche Uran-Bedarf allein der
aktuell 432 betriebenen Atom-Reaktoren (Info: "Internationale Atomenergieorganisation", IAEA, Stand: 21. Januar 2013) in Höhe von etwa 60000 Tonnen.
Kämen tatsächlich auch nur 1000 neue Atomkraftwerke hinzu, dann würde sich der Uran-Verbrauch - ebenso wie das Risiko weiterer atomarer Super-GAUs - verfielfältigen. Man muss kein großer Rechenküstler sein, um zu ahnen, wohin das führen würde: Angebot und Nachfrage bestimmen bekanntlich den Preis! Derjenige für Uran würde sehr schnell ins Unermessliche steigen!
In Anbetracht dessen, dass sich ohne die offiziellen- und versteckten Subventionen bereits heute niemand mehr den "billigen" Atomstrom leisten könnte, kann man sich dann wohl auch ausrechnen, in welchem Maße die Subventionen für den Betrieb der Atomkraftwerke steigen würden, die Herr Almunia mit den Segnungen seiner neuen Beihilferichtline bedenken will, wenn sich am Preis für den Atomstrom nichts ändern soll.
Einem Artikel des Spiegel vom 11.05.2011 zufolge kostete die Erzeugung von Atomstrom damals rund zwei Cent je Kilowattstunde. Eine Studie der Versicherungswirtschaft sei zu dem Ergebnis gekommen, dass Aufschläge von knapp vier Euro pro Kilowattstunde nötig wären, wenn man die Versicherungskosten über zehn Jahre hinweg erheben würde: Soviel also zum "billigen Atomstrom"!
Keine Steuergelder für Europas Atomkraftwerke!
Dem irrsinnigen Anliegen Herrn Almunias und der von ihm vertretenen Lobby der Atomkonzerne in Brüssel muss deshalb schnellstens ein Riegel vorgeschoben werden. Das "Umweltinstitut München" hat dafür eine E-Mail Aktion an die Adresse der EU-Kommission initiiert, sich mit folgenden Forderungen an Herrn Oettinger (EU-Kommission, Energiekommissar) und alle weiteren EU-Kommissionsmitglieder wendet:
- Keine EU-Förderung von Atomstrom, weder als Preisgarantie noch über eine Einspeisevergütung nach dem Muster der erneuerbaren Energien
- Keine Verschwendung von Steuergeldern zum Bau von Atomkraftwerken in unseren Nachbarländern und weltweit
- Eine Überführung der Rückstellungen in einen Fonds zur Sicherung der Gelder, die für Stilllegung und Rückbau der Meiler sowie für die Endlagerung der Jahrtausende strahlenden hochradioaktiven Abfälle benötigt werden
- Eine EU-weite Haftpflicht-Regelung, die gewährleistet, dass Atomkraftwerke genauso wie auch Solar- oder Windkraftanlagen „vollkaskoversichert“ sein müssen. Die Kosten des Atomunfalls in Fukushima werden auf 100 Mrd. Euro geschätzt, die Katastrophe ist aber noch lange nicht zu Ende. In Europa sind die Meiler mit maximal einer Mrd. Euro versichert
- Eine Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren, die immer preiswerter werden und langfristig die einzige Energieversorgung darstellen, die ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist
Die E-Mail kann jeder, der seine sauer erarbeiteten Steuern nicht in neue Atomkraftwerke investiert wissen will, auf der Internetseite des Umweltinstituts München online unterzeichnen und abschicken.
Obwohl ich denke, dass der EU-Atom-Energiekommissar Oettinger die falsche Adresse ist, wenn es darum geht, die EU-Kommission davon zu überzeuigen, dass die Subventionen für die Atomkonzerne dringend beendet werden müssen, habe ich die Petition unterzeichnet. Herr Oettinger hat die Vorwürfe wegen des
atomkraftfreundlichen Kurses der EU-Kommission nämlich bereits mit dem Hinweis zurückgewiesen, die
Entscheidung der für die Stromerzeugung eingesetzten Technik sei Sache der Mitgliedsstaaten.
Da mag er ja recht haben. Darum geht es allerdings auch überhaupt nicht. Die eigentliche Frage ist nämlich die, ob es den Staaten auf Grundlage des EU-Wettbewerbsrechts zukünftig erlaubt sein wird, Atomkraftwerke zu subventionieren. Sollten solche Subventionen ausgeschlossen sein, dann hätte sich die Frage neuer Atomkraftwerke in Großbritanien, Frankreich, Tschechien oder anderswo sehr schnell und endgültig erledigt.
Ich beteilige mich an der E-Mail Aktion, weil ich damit auch Herrn Oettinger sagen will, dass seine rethorischen Taschenspielertricks längst nicht mehr überall auf fruchtbaren Boden fallen und dass ich nicht damit einverstanden bin, wenn die EU-Kommission verkündet, der Ausbau der Stromerzeugung mit Atomkraftwerken sei ein Ziel der EU: Treffender konnte die Kommission ihren atomkraftfreundlichen Kurs wohl kaum ausdrücken, Herr Oettinger!
(Quellen: Deutsche Mittelstandsnachrichten vom 25.07.2013, Der Standard vom 24.07.2013, Handelsblatt vom 22.07.2013, Süddeutsche Zeitung vom 19.07. und vom 20.07.2013, Heise Telepolis vom 02.07.2013, Umweltinstitut München, Atomkraftwerke-Plag, sciencedirect com)