Sonntag, 28. Juni 2009
In acht Stunden um die Welt
Haven Plaza, 27.06.2009, 10 Uhr: Gespanntes Warten
Gestern habe ich eine kleine Weltreise unternommen. Für eine solche Reise hatten die Helden aus dem Roman von Jules Verne noch achtzig Tage gebraucht. In Bremerhaven benötigt man dafür jetzt nur noch knapp acht Stunden. Ich habe es mir ja nach der langen Wartezeit nicht nehmen lassen, gleich bei der Freigabe des neuen Klimahauses für die Öffentlichkeit dabei zu sein. Da ich bereits eine Eintrittskarte hatte, und kurz vor Öffnen der Türen dort war, bin ich in weniger als fünf Minuten hineingekommen.
Foyer des Klimahauses
Mein erster Eindruck? Ich bin überwältigt! Das gilt sowohl für das Konzept der Ausstellung, wie auch für deren Ausmaß. Es mag ja angehen, dass andere Leute mit den vier bis fünf Stunden auskommen, die man nach einem Bericht, der in der letzten Woche in der Nordsee-Zeitung zu lesen war, für den Besuch des Klimahauses einplanen sollte. Ich bin damit jedenfalls nicht ausgekommen. Als ich nach ungefähr acht Stunden am Ausgang ankam, hatte ich gerade einmal die "Reise" geschafft, die Abteilungen "Elemente", "Perspektiven" und "Chancen". Werde ich bei späteren Besuchen nachholen müssen.
und Gletscher-Modell in der Schweiz
Zur Einführung betritt man einen Raum, in dem auf einer großen Leinwand ein Film gezeigt wird. Ein Kind sagt: "Ich will dir etwas zeigen ...". Kinderstimmen kommentieren den Film, der die Menschen entlang des achten Längengrades vorstellt, wie sie sich an die jeweiligen Klimabedingungen angepasst haben, wie sich ihre Umwelt und ihre Lebensbedingungen aufgrund der Klimaerwärmung schon geändert haben, was die Ursachen dafür sind, und was noch auf die die Menschen zukommen könnte. Der Film schließt mit einem dringenden Appell der nachwachsenden Generationen an uns Erwachsene, alles dafür zu tun, um die Auswirkungen der Klimaerwärmung aufgrund menschlicher Einflüsse so gut es noch geht zu begrenzen, damit die zukünftigen Generationen noch eine Zukunft auf dem Planeten Erde haben.
Sardinien, im Gras: Auf Insektengröße geschrumpft
Beim Gang durch die Ausstellung werden bei der Ankunft an jedem neuen Etappenziel die dort lebenden Personen vorgestellt, die bei der Entstehung der Ausstellung geholfen haben. Diese sind auch in den vielen Videos zu sehen, in denen sie aus ihrer Heimat und ihrem Leben erzählen. Während der gesamten Reise ist in allen Videos auch ein Deutscher zu sehen, der die im Klimahaus dargestellte Reise tatsächlich unternommen, mit den Menschen vor Ort gesprochen und Informationen gesammelt hat, und der sozusagen während der ganzen Zeit in den Videos durch die Ausstellung führt.
Niger: Ohne Wasser gibt es keine Vegetation
Ebenfalls bei der Ankunft an jedem Etappenziel findet man zwei Schubladen. Beim öffnen der einen erklingt die jeweilige Nationalhymne des Landes, und die andere enthält einen für das Land typischen Gegenstand oder ein Abschiedsgeschenk der Menschen in den verschiedenen Ländern, den die Person, die durch die Videos führt, dafür ausgesucht hat.
Haus im Regenwald in Kamerun
Ich hatte mich während der Bauphase des Klimahauses immer gefragt, wie die Planer in einem begrenzten Raum eine weite Landschaft oder hohe Berge realitätsnah nachbilden wollen. Das ist natürlich, trotz der Ausmaße des Klimahauses, so nicht möglich. Das Problem ist jedoch sehr geschickt gelöst worden: Man bewegt sich in der Ausstellung in künstlich nachgebildeten Szenerien, sozusagen durch "Bühnenbilder". Vielleicht könnte man das ganze auch als "begehbare Dioramen" bezeichnen. Der Bezug zur Realität wird in den Szenerien durch originale Gegenstände des täglichen Lebens, Kunstgegenstände etc. hergestellt.
Echtes Eis in der Antarktis
Videoinstallationen und kurze informative Texte zu Land und Leuten, Gesellschaft, Sitten und Gebräuchen stellen interessante Hintergrundinformationen zu den Lebensbedingungen der Menschen in den jeweiligen Ländern zur Verfügung. Mit diesem Wissen kann man die Abhängigkeiten der Menschen von den jeweiligen klimatischen Besonderheiten und wie sie sich über viele Generationen daran angepasst haben, gut nachvollziehen.
Auslegerboot am Strand von Aleipata, Samoa
Das Besondere an der Austellung im Klimahaus ist jedoch, dass man das jeweilige Klima an den Etappenzielen sozusagen hautnah erlebt. In der Schweiz bemerkt man noch keinen Unterschied zu Bremerhaven. Auf Sardinien spürt man jedoch plötzlich, wie die heiße Sonne von oben brennt. In der Sahara wird es rundum kuschelig warm. Die trockene Wärme der Sahara ändert sich bei der Ankunft im Regenwald Kameruns in eine feucht-schwüle Hitzevariante. Wenn man dann - so wie ich - einen Rucksack mit einer warmen Jacke dabei hat, die man vor dem Betreten der Antarktis überziehen kann, dann ist man gegenüber den Leuten in Hemd oder T-Shirt klar im Vorteil. Aber in Samoa ist es dann gleich wieder schön warm ... - Ergänzend wird dargestellt, wie sich die Klimaerwärmung bereits jetzt auf das Leben der Menschen auswirkt und was diese in der Zukunft erwarten könnte.
Walkiefer vor einer Siedlung in Alaska
Da in der Ausstellung über das reine Thema "Klima" hinaus ja auch immer die Menschen mit ihrem wirklichen Leben, ihren Problemen und ihren Hoffnungen im Mittelpunkt stehen, ist das Klimahaus nebenbei auch so etwas wir ein "Völkerkundehaus" geworden, das über den Anspruch eines herkömmlichen Völkerkundemuseums weit hinausgeht. Ich fände es toll, wenn den Menschen, die in den Videos mitwirken, gelegentlich für einige Zeit nach Bremerhaven kommen könnten, und für Gespräche mit den Besuchern des Klimahauses zur Verfügung stehen würden. So könnte das Haus auch zu einem Zentrum für die Völkerverständigung außerhalb der politischen Ebene werden. Vielleicht kämen über dabei entstehende Kontakte ja auch Gegenbesuche entlang des achten Längengrades zustande.
Auf Schienen geht es von der Hallig an's Festland
Alles in allem ist "Die Reise" eine perfekt inszenierte Ausstellung mit hohem Informationsgehalt. Ruhezonen mit Video und Klanginstallationen laden zu Ausruhen ein und auch Spiel und Spaß kommen dabei nicht zu kurz. Die Techniker werden allerdings wohl noch einige Nachtschichten einlegen müssen. An einigen Texttafeln funktionierte die Beleuchtung nicht, viele der Ohrhörer waren noch außer Betrieb. In den wenigen Geräten, die schon funktionierten war eine Übersetzung der Gespräche in den Videos zu sehen.
Nach acht Stunden: Zurück in Bremerhaven
Wenn man Englisch versteht, kann man den Gesprächen in einigen der Videos, in denen Englisch gesprochen wird, allerdings auch ohne Simultanübersetzung ganz gut folgen. Da ich mir allerdings gut vorstellen kann, unter welchem Zeitdruck während der letzten Monate an der Fertigstellung des Klimahauses gearbeitet wurde, kann ich persönlich ganz gut über diese kleinen Mängel in den ersten Tagen hinwegsehen, und gehe davon aus, dass die restlichen Arbeiten schnell zum Abschluss kommen werden.
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4 Kommentare:
Hola juwi,
ich habe schon einen Bericht über das gigantische Haus im Internet gelesen und in den nachrichten gesehen. Ein absoluter Hammer. Sicherlich werde ich mir das einmal ansehen, dann werde ich Dir den Zeitpunkt mitteilen.
Dir einen guten Wochenstart und noch einen schönen Abend.
"Glück auf!"
Lucki
Hallo Juwi
Interessant und informativ dieses Klimahaus und dein Beitrag dazu. Je mehr Information die Menschen zu diesem Thema bekommen desto besser, denn als Laie ist man auf die Erklärungen der Wissenschafter angewiesen. Besonders eindrücklich ist da bestimmt auch die Bestätigung von Menschen, die diese wissenschaftlichen Erkenntnisse schon am eigenen Leib erfahren mussten. Das Erlebnis mit den verschiedenen Klimazonen ist ganz eindrücklich, kann ich mir vorstellen. Ich habe hier im Zoo in der Masoala-Regenwald-Halle mal tropisches Klima erlebt, 25 Grad C, aber 80% Luftfeuchtigkeit! Das was man selbst erlebt und kennen lernt ist immer am eindrücklichsten und man bekommt dann auch einen echten Bezug dazu.
http://elfe-flowerpower.blogspot.com/2008/07/urlaub-im-dschungel.html
Sollte mich mein Weg jemals noch nach Bremerhaven führen, werde ich dem Klimahaus bestimmt auch einen Besuch abstatten. Danke dir fürs mitnehmen und die schönen Bilder zum Ausflug.
Liebe Grüsse
Elfe
Hallo Jürgen, tolle Beschreibung, jetzt kann man es sich ein bisschen vorstellen wie das ganz da abläuft. Aber was ich so mitbekommen habe, lohnt sich der Kauf einer Jahreskarte allemal. Werde ich dann auch machen, aber ich warte jetzt noch ein bisschen ab, bis alles fertig ist. Aber den Mund wässrig hast Du uns schon gemacht, dankeschön!
lieben Gruss
Brigitte
eine spannende sache, eine fülle an informationen schon x vorweg!
dank auch an die weserkrabbe wegen der jahreskarte, denn nach deiner beschreibung lohnt es sich allemal sich auch intensiv mit verschiedenen themen zu befassen.
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