Freitag, 12. Juni 2009

Turkestan, China und die Uiguren

Turkestan ist kein Staat, sondern eine Region in Asien, in der die Wurzeln vieler Staaten und Völker liegen, die heute dort ansässig sind.

Im Gebiet Turkestans leben heute verschiedene Ethnien wie Turkmenen, Uiguren, Usbeken, Karakalpaken, Kasachen, Kirgisen, Tataren, Aserbaidschaner, Karäim, Krimtürken, Turk-Mescheten und Türken. Aber neben den alteingesessenen iranischen Völkern der Tadschiken, Perser und Afghanen haben sich auch Russen, Ukrainer, Deutsche, Koreaner und Chinesen in den Staaten, die sich heute auf dem Gebiet Turkestans befinden, angesiedelt. In einigen Regionen Turkestans können einige dieser Völker noch der Urbevölkerung zugeordnet werden. Die großen Turkvölker haben auf dem Gebiet Turkestans inzwischen eigene Turkstaaten gebildet.

Das Gebiet des heutigen Turkestan war schon früher als wichtiges Durchzugsgebiet der nomadischen Steppenvölker die Heimat vieler Völker. So wurden große Teile davon in der Zeit zwischen dem 7. und 8. Jahrhundert von diversen Steppennomaden beherrscht. Unter ihnen waren auch frühe Turkvölker.

Zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert beherrschten die Mongolen diese Region, deren Machtbereich sich im Süden bis auf persisches Gebiet erstreckte.

Ab 1500 entstanden in den turkestanischen Gebieten die usbekischen West-Khanate Chiwa, Buchara und das kirgisische Khanat Kokand.


Ost Turkestan

In der östlichen Hälfte Turkestans wurden die uigurischen Ost-Khanate Kaschgar, Tufan und Khotan gegründet, die aber im Jahre 1759 vom Kaiserreich China erobert wurden. Ab 1844 bezeichnete China die eroberten Gebiete im östlichen Turkestan offiziell als "erneut zurückgekehrtes altes Territorium", kurz "Xinjiang" (neues Land) und fasste sie mit der Dsungarei zu einer größeren Provinz Xinjiang zusammen.

Nachdem ab der Mitte des 19. Jahrhunderts das nördliche turkestanische Steppengebiet unter die Herrschaft des russischen Zarenreichs gefallen war, führte Russland häufige Grenzkriege mit China, bei denen nach und nach immer mehr ehemals chinesisches Territorium an Russland fiel. Der heutige Grenzverlauf zwischen Russland und China geht im wesentlichen auf diese militärischen Auseinandersetzungen zurück. Chinas Einfluss auf turmenische Gebiete erstreckte sich danach nur noch auf die heutige Mongolei und Tuva sowie die Provinz Mandschurei. Allerdings standen auch diese Gebiete unter starkem russischem Einfluss und galten zeitweise als russisches Protektorat.

Die unter chinesischer Fremdherrschaft stehenden Turkvölker fühlten sich als unterdrückte Volksgruppen und zettelten zahlreiche Aufstände gegen die chinesische Herrschaft an. 1864 gründete der Kaschgare Jakub Beg das Turkreich "Emirat Kaschgar", das vom Osmanischen Reich, Russland und Großbritannien anerkannt wurde. China führte gegen das Emirat Kaschgar Krieg und stellte es nach dem Sieg wieder unter seine Kontrolle.

Nach Ausbruch der chinesischen Revolution im Jahre 1911 verblieb Ost-Turkestan im Gegensatz zur Mongolei und Tibet bei China, war aber de facto autonom. Die muslimische Bevölkerung der China unterstellten Region Turkestans erhob sich nun zum bewaffneten Kampf gegen die chinesische Regierung. Dieser Aufstand wurde 1912 niedergeschlagen. Nach der Ermordung des chinesischen Generalgouverneurs der Region im Jahre 1928 geriet das östliche Turkestan zeitweilig unter starken sowjetischen Einfluss. 1931 kam es in Xinjiang zum gemeinsamen Aufstand aller dort beheimateten Bevölkerungsgruppen gegen den Nachfolger des ermordeten Generalgouverneurs. Im November 1933 rief der Anführer der turkstämmigen Widerstandskämpfer, Hodscha Nijas Hadschi, in der Region Kaschgar die "Türkisch Islamische Republik Ostturkestan" aus. Mitte April 1934 wurden die Mitglieder der ostturkistanischen Regierung verhaftet und in der Provinz Gansu hingerichtet.

1937 wurde im Gebiet um Kaschgar eine erneute Revolution niederzuschlagen, bei der 80000 Kaschgaren ums Leben kamen.

Im November 1944 riefen die Kasachen im Ili-Gebiet eine neue "Republik Ostturkestan" aus. Im September 1945 kontrollierten sie das gesamte Altaigebiet und besetzten Ürümqi und Kaschgar. Die Kasachen wandten sich an die Sowjetunion und baten sie um Vermittlung zwischen sich und der chinesischen Regierung. Infolge der Verhandlungen erhielten die Kasachen mit dem Gebiet Ili ihr eigenes autonomes Gebiet in Xinjiang und die "Republik Ostturkestan" wurde im Juli 1946 wieder aufgelöst.


Autonome Region ohne Autonomie

1949 besetzten Truppen der kommunistischen "Volksbefreiungsarmee" das östliche Turkestan, und gliederten es wieder als Provinz Xinjiang der Volksrepublik China ein. Die massive Ansiedlung von Chinesen in der neuen chinesischen Provinz im östlichen Turkestan löste 1950 einen uigurischen Aufstand aus, der gewaltsam niedergeschlagen wurde. 1955 ernannte China Ost-Turkestan zur "Autonomen Region".

1964 zündete China in Ost-Turkestan seine erste Atombombe und 1967 folgte eine Wasserstoffbombe.

In die gleiche Zeit fiel das Verbot der arabischen Schrift für die Muslime in China. Als muslimische Minderheit waren auch die Uiguren im östlichen Turkestan von diesem Verbot betroffen. Das Verbot wurde zwar im Jahre 1979 wieder aufgehoben, aber dafür schloss die chinesische Regierung die meisten Moscheen und verstaatlichte deren Grundeigentum.

Zwischen 1950 und 1968 fanden in Xinjiang noch mindestens 58 Aufstände statt, bei denen ungefähr 360000 Menschen ihr Leben verloren ...


Die Uiguren aus Guantanamo

Die Uiguren, die unter Verstoß gegen die Menschenrechte von den USA in Guantanamo gefangen gehalten worden waren, und denen die Bundesrepublik Deutschland nach ihrer bevorstehenden Entlassung die Aufnahme verweigert, stammen aus der heutigen chinesischen Provinz Xinjiang im Gebiet des östlichen Turkestan, wo die Uiguren als unterdrückte Minderheit in China leben.

Im Gegensatz zum deutschen Innenminister hält Herr Toribiong, der Präsident des pazifischen Inselreichs Palau, diese Uiguren nicht für gefährlich. Er sagt, sie seien Anghörige einer ethnischen Minderheit in China, die dort um ihre Unabhängigkeit kämpfe. Sie seien von den USA unter Terrorverdacht festgenommen und in das Gefangenenlager von Guantanamo gebracht worden. Das US-Justizsystem habe später festgestellt, dass es sich bei ihnen nicht um feindliche Kämpfer handelt. Wenn man sie in ihre Heimat ausliefern würde, drohe ihnen dort Verfolgung oder schlimmstenfalls gar die Hinrichtung. Herr Toribiong sagt, wenn die Uiguren in Palau gegen Gesetze verstoßen sollten, dann würden sie ins Gefängnis kommen. Er habe deshalb kein Problem damit, sie aufzunehmen.


Ich glaube, die Uiguren haben ganz einfach Pech, dass unter dem Gebiet des östlichen Turkestan große Erdöl- und Erdgasvorkommen lagern. Die Gesellschaft für bedrohte Völker geht davon aus, dass China vor allem deshalb daran interessiert ist seine Herrschaft in Xinjiang zu sichern, um die Rohstoffversorgung der Industriezentren an der Ostküste gewährleisten zu können.


Zum Weiterlesen:

(Quelle: Wikipedia, Spiegel Online)

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