Freitag, 4. Dezember 2009

Organisierte Verfassungskriminalität


Bild: © Campact

Zitat aus einem Kommentar von Sebastian Loskant in der Bremerhavener Nordsee-Zeitung vom 28.11.2009: ".. Ob er (JW: Herr Koch) wisse, dass die ZDF-Gremien verfassungswidrig zusammengesetzt seien, wurde er von Ex-"Tagesthemen"-Moderator Ulrich Wickert gefragt. Koch darauf: "Klar. Aber Sie können nicht dagegen klagen. .."

Offensichtlich im Bewusstsein dessen, dass die ZDF-Gremien verfassungswidrig zusammengesetzt sind, hat der eigentlich für wirtschaftliche Fragen zuständige (mehrheitlich aus Mitgliedern des CDU/CSU bestehende) ZDF-Verwaltungsrat mit der Abwahl von Herrn Brender (ZDF, Chefredakteur) in die redaktionelle Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingegriffen. Das ist der erste Schritt in Richtung "italienische Verhältnisse" à la Berlusconi in Deutschland.

Die TAZ schrieb am 30.11.2009, für Herrn Bresser (Vorgänger des Herrn Brender als ZDF-Chefredakteur) sei das Vorgehen der Union "organisierte Verfassungskriminalität". Die CDU wolle durch die nun anstehenden Personalrochaden wichtige Schaltstellen mit ihr nahe stehenden Personen besetzen.


Dieser Machtmissbrauch darf nicht ohne Folgen bleiben!

ZDF-intern wird da aber nichts passieren. Wer setzt schon freiwillig seinen Job auf's Spiel?

Auch wenn Herr Wickert (wie Herr Koch diesem gegenüber selbstsicher bemerkte) nicht klagen kann, so können andere das sehr wohl. Die besten Chancen für eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, um den Einfluss der Parteipolitik auf die ZDF-Entscheidungsgremien überprüfen zu lassen hätten meines erachtens die Bundestagsabgeordneten der Oppositionsparteien.

Politiker der SPD und der FDP haben gegen die Abwahl von Herrn Brender durch den ZDF-Verwaltungsrat protestiert. Doch wenn es darum geht, aktiv zu werden, dann drücken sie sich: Die einen, weil sie lieber mit ihrem Koalitionspartner kuscheln, anstatt die von ihnen angeblich vertretene Freiheit - die insbesondere auch die Pressefreiheit einschließt! - einzufordern, und die anderen, weil sie um ihren eigenen - eines Tages ja möglicherweise wieder steigenden - Einfluss fürchten. Aus den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linken waren schon Stimmen zu hören, die den Gang nach Karlsruhe fordern. Damit eine Klage in Karlsruhe zustande kommen kann, muss jedoch ein Viertel der Abgeordneten des Bundestags für ein Normenkontrollverfahren stimmen. Dafür reichen die Stimmen von den Grünen und den Linken nicht aus. Sie brauchen die Unterstützung von Bundestagsabgeordneten der SPD und der FDP.


Eine unabhängige und kritische Berichterstattung ist unablässig für unser demokratisches Gemeinwesen.

Wir Bürger haben die Möglichkeit, die Bundestagsabgeordneten unserer Wahlkreise aufzufordern, den Einfluss der Parteipolitik auf die ZDF-Entscheidungsgremien mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Die SPD-Medienkommission wird am 7. Dezember zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über ein sogenanntes Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht zu beraten. Wir haben die Möglichkeit, ihr zu zeigen, dass eine große Zahl der Bundesbürger diesen Weg unterstützt. Wenn die Abgeordneten eine große Anzahl von Bürgern hinter sich wissen, die für diese Forderung eintreten, dann werden sie am ehesten bereit sein, die Forderung ihrer Wähler im Bundestag zu vertreten. Das demokratische Netzwerk "Campact" stellt auf seiner Internetseite einen frei änderbaren Textentwurf für eine E-Mail an die/den entsprechende/n Bundestagsabgeordnete/n sowie eine nach Wahlkreisen geordnete Liste der Bundestagsabgeordneten zur Verfügung.


(Quelle: TAZ, 30.11.2009, Campact)

1 Kommentar:

Helmut hat gesagt…

Hallo juwi,
wer wagt denn den Gang nach Karlsruhe? Die Parteien sicher nicht. Denn auch die SPD profitiert vielleicht davon. Wenn ich wüsste ob ich's machen kann, dann würde ich es tun. Ebenso das Thema Krieg. Der BHG hat übrigens meinen Antrag zum Thema "Bahnprivatisierung" abgelehnt. Begründung: erst wenn Tatsachen geschaffen sind kann man klagen. Das wußte ich NICHT.
Salut
Helmut

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