Freitag, 19. April 2013

Bundesregierung will Wasserprivatisierung zustimmen

Wasserprivatisierung Marsch! (ARD-Monitor vom 14.03.2013)

Eine geplante EU-Konzessionsrichtlinie würde einen Großteil der kommunalen Wasserversorger, die anteilig in privater Hand sind, künftig dazu verpflichten ihre Wasserversorgung europaweit auszuschreiben.

In einer kleine Anfrage der Grünen vom 25.02.2013 (Drucksache 17/12494) heißt es auf den Seiten 1 und 2, dass nur kommunale Unternehmen ohne private Beteiligung oder solche, die als "verbundene Unternehmen" mindestens 80 Prozent ihres Gesamtumsatzes für die Eignerkommune erbringen, von öffentlichen Ausschreibungen befreit wären.

Die kommunalen Stadtwerke seien in Deutschland aber meist als Mehrspartenunternehmen im steuerlichen Querverbund aufgebaut, die neben der Wasserversorgung meist auch die Energieversorgung beinhalten. Die Bedingungen für eine Befreiung von der Pflicht zur Ausschreibung könne daher von kaum einem Stadtwerk erfüllt werden.


Die Ignoranz der Bundesregierung

Für die schwarz-gelbe Bundesregierung ist das alles kein Problem. Auf die kleine Anfrage der Grünen antwortete Herr Heitzer (FDP, Staatssekretär) am 26.02.2013 unter anderem (Zitat):
"Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, die darauf schließen ließen, dass eine Beteiligung von privaten Unternehmen an der Wasserversorgung generell zu höheren Preisen und zu geringerer Qualität des Trinkwassers geführt hätte."

Vielleicht hätte der Herr Heitzer einmal mit den Verantwortlichen der kommunalen Wasserversorgung von Paris sprechen sollen. Dort ist die Wasserversorgung nach massiven Preissteigerungen nämlich wieder kommunalisiert worden. In einem Filmbeitrag vom 13.012.2012 berichtete das ARD-Magazins "Monitor" über die Folgen der Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung in der portugiesischen Kleinstadt Paços de Ferreira. Seit der Privatisierung dürfen sie nicht einmal mehr aus einem ehemals öffentlichen Trinkwasserbrunnen trinken. Stattdessen durften Sie für die Erhöhung des Wasserpreises um vierhundert Prozent sowie jährliche Preissteigerungen um sechs Prozent aufkommen. Auch "direkt vor der Haustür" Herrn Heitzers gibt es in Beispiel, das der Information der Bundesregierung hätte auf die Sprünge helfen können: In Berlin hat das Bundeskartellamt den teilprivatisierten Wasserbetrieben eine Senkung ihrer überhöhten Gebühren vorgeschrieben. Das geht aus einem Artikel der taz vom 16.04.2013 hervor.

Außerdem ist der Bundesregierung das Kunststück gelungen, entgegen ihres eigenen Parteitagsbeschlusses vom 04.12.2012, den Brüsseler Privatisierungsplänen zuzustimmen. Und Schuld daran sind natürlich die Grünen, weil sie dem Teil des CDU-Parteitagsbeschlusses, der die Ablehnung der Brüsseler Wasser-Pläne betrifft, uneingeschränkt zugestimmt und als Antrag gegen die Wasserprivatisierung in den Bundestag eingebracht haben. Über die hilflosen Erklärungsversuche Herrn Singhammers (CDU/CSU, Fraktionsvorsitzender) könnte man fast lachen - wenn die Sache, um die es hier geht, nicht so brisant wäre. In einem Interview des ARD-Magazins Monitor sagt Herr Singhammer (Zitat):
"Wir lassen uns als Union beim Einsatz für das Lebensmittel Nr. 1, das Trinkwasser, von den Grünen in keiner Weise übertreffen." (Anmerkung juwi: Aha, die Union lässt sich von ihrem eigenen Parteitagsbeschluss in keiner Weise übertreffen.) Auf die Nachfrage des Reporters, ob es nicht angebracht wäre, für das doch so wichtige Lebensmittel Wasser über Parteigrenzen hinweg zu handeln, antwortet Herr Singhammer: "Ja, ich denke, das sollten wir, das ist auch richtig ..." - Der Reporter hakt erneut nach: "Warum haben Sie dem Antrag dann nicht zugestimmt?" Die 'Antwort' Herrn Singhammers: "... Deshalb ist der richtige Platz die deutsche Haltung umzusetzen, durchzusetzen in Brüssel."

Trinkwasserversorgung - Umfrage
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Na toll: Wenn "die deutsche Haltung in Brüssel durchzusetzen" hier gleichbedeutend mit der Missachtung des Willens der Bürger und Kommunen zugunsten des Profits multinationaler Großkonzerne ist, dann hat sich die Bundesregierung in diesem Falle wohl im wahrsten Sinne des Wortes selbst übertroffen (s.o.). Ich hoffe, dass die wahlberechtigten Bürger das bis zur Bundestagswahl im Herbst dieses Jahres nicht schon wieder vergessen haben werden!

Wenn die Bundesregierung einmal über ihren Berliner Tellerrand blicken würde, dann würde ihr mit Sicherheit auch nicht entgehen, dass einer repräsentativen Dimap-Umfrage vom Januar 2013 zufolge eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger (75 Prozent) die Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung ablehnt. Die Menschen befürchten steigende Preise, eine schlechtere Qualität und den Verlust der kommunalen Einflussnahme. Dass die Bedenken zu Recht bestehen, zeigt unter anderem auch der sehenswerte Dokumentarfilm "Water makes Money - wie private Konzerne aus Wasser Geld machen" von Leslie Franke und Herdolor Lorenz, auf den ich am 24.02.2013 schon einmal aufmerksam gemacht hatte.


Wasserwahn (Erwin Pelizig in "Neues aus der Anstalt")

Für die Kabarettisten ist dieser europäische "Wasserwahn" natürlich ein gefundenes Fressen. In der "Anstalt" hat Herr Pelzig die Sache denn auch auf treffende Weise auf den Punkt gebracht - und dabei auf seine Weise auch gleich für die europäische Bürgerinitiative "Right2Water" geworben ...


Appell und Petition gegen die Privatisierung

236000 Menschen unterstützen den Appell des demokratischen Netzwerks Campact gegen die Privatisierung der Wasserversorgung. Der Appell kann weiterhin auf der Internetseite von Campact online unterzeichnet werden. Auf europäischer Ebene sammelt eine Bürgerinitiative Unterschriften für eine Petition, die bisher von 1,36 Millionen Menschen mitgezeichnet wurde. Sie hofft, dass bis September 2013 insgesamt 2 Millionen Unterschriften zusammenkommen werden. Auch die Petition kann auf der Internetseite der europäischen Bürgerinitiative online unterzeichnet werden.


(Quellen: kleine Anfrage der Grünen vom 25.02.2013 und Antwort der Bundesregierung vom 26.02.2013, taz vom 16.04.2013, Monitor vom 14.03.2013, Netzwerk "Wasser in Bürgerhand", Campact)

1 Kommentar:

Helmut hat gesagt…

Lügen haben kurze Beine. Man sieht es bei Frau Murksel.
Ich hatte schon vor langer Zeit eine Vision leider zu ungunsten der Menschen: der nächste Krieg wird um das Wasser geführt.

Ein schönes WE.
Salut
Helmut

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