Dienstag, 2. April 2013

Nordkoreas Spiel mit dem Feuer

FriedenstaubeEiner von der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA verkündeten Erklärung der Machthaber Nordkoreas zufolge ist das Land am 30.03.2013 offiziell mit Südkorea in einen "Kriegszustand" getreten. Alle Angelegenheiten zwischen Nord- und Südkorea würden von nun an gemäß des "Kriegsprotokolls" behandelt werden. Die jahrelange Situation auf der koreanischen Halbinsel, die sich "weder im Frieden, noch im Krieg" befunden habe, sei nun vorüber.

Der Kriegszustand zwischen den beiden koreanischen Staaten ist nach dem Waffenstillstand im Jahre 1953 nie mit einem Friedensvertrag beendet worden. Der Nichtangriffspakt von 1991 war unter diesen Gesichtspunkten ein erster Schritt in die richtige Richtung. Weitere entscheidende Schritte in Richtung Frieden blieben dann aber aus. Anfang März hatte Nordkorea den Pakt aufgekündigt und unverholen mit einem atomaren Erstschlag gegen Südkorea und die USA gedroht.

Die USA und Südkorea versuchten die Situation offizell zwar herunterzuspielen - deratige Drohgebärden sei man von Norkorea schließlich gewöhnt - aber mit ihrer erneuten verbalen Eskalation haben die Machthaber in Nordkorea einen gefährlichen Schritt von dem bisher "kalten"- hin zu einem "heißen" Krieg unternommen. - Und auch aus Südkorea sind seit dem 01.04.2013 schärfere Töne zu hören.


Mit dem Rücken zur Wand

Der größte Teil der Menschen in Nordkorea leidet unter Hunger und Armut. Auf der Internetseite der Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" heißt es dazu (Zitat):
Das größte Problem ist jedoch der Hunger: Während die Nomenklatura im Luxus schwelgt, wird die Bevölkerung je nach Nähe zur Staatsideologie und zum Regime in ca. 35 Gruppen eingeteilt. Wer in der Rangfolge unten steht, hat keine Chancen auf eine angemessene Ernährung. Denn die Bevölkerung ist von Hilfslieferungen abhängig.

Das Geld fließt in die Kassen der Partei, die es unter anderem für die Entwicklung von Raketen und Atomwaffen ausgibt.

Mit ihren ständigen Drohungen gegen Südkorea und die USA werden die Machthaber vermutlich von den erdrückenden gesellschaftlichen Problemen in Nordkorea ablenken wollen. Wer aber ständig nur droht, ohne seinen Drohungen mit Taten Nachdruck zu verleihen, der wird irgendwann nicht mehr ernst genommen. Dessen werden sich auch Nordkoreas Militärs und Herr Kim Jong Un bewusst sein, der nach dem Tode seines Vaters (Kim Jong Il) im Dezember 2011 zum neuen "Geliebten Führer" des Landes ernannt worden war. Das Regime steht gegenüber seiner Bevölkerung und der Weltgemeinschaft mit dem Rücken zur Wand.

Wenn vor diesem Hintergrund am 29.03.2013 die Raketeneinheiten des Nordkoreas für einen Angriff auf US-Stützpunkte in Bereitschaft versetzt wurden, dann ist das aus meiner Sicht durchaus eine neue, ernst zu nehmende Verschärfung der Eskalation, die über das Maß der sonst üblichen Drohgebärden hinausgeht.


Die Rolle Chinas

Vorausgesetzt Herr Kim Jong Un und seine Militärs haben inzwischen nicht völlig den Blick auf die Realität verloren, müsste ihnen allerdings klar sein, dass sie nicht in der Lage wären, einen Krieg gegen die USA und Südkorea zu gewinnen. Daher macht die Kriegserklärung Nordkoreas gegen Südkorea und die USA auf mich dem Eindruck, als wollten die Machthaber ihr Land in den kollektiven Selbstmord treiben und dabei so viele Länder und Menschen wie irgend möglich mit in den Abgrund reißen.

Auch wenn China die am 07.03.2013 beschlossenen UN-Sanktionen mitträgt, darf man doch nicht vergessen, dass die Machthaber in China bis dahin bei vorangegangenen UN-Resolutionen immer ihre schützende Hand über Nordkorea gehalten hatten. Sollte China im Falle einer militärischen Auseinandersetzung Nordkorea unterstützen, dann stünden sich möglicherweise das militärisch hochgerüstete China und die ebenso hochgerüsteten USA gegenüber. Sollten die USA in einem solchen Fall die Unterstützung der NATO-Verbündeten einforden, dann würden wir uns plötzlich am Rande des dritten Weltkriegs wiederfinden.

Das Handeslblatt hält die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommen könnte, derzeit allerdings als "sehr gering" ein. In einem Artikel seiner Online-Ausgabe vom 30.03.2013 schreibt es mit Blick auf China, dessen Machthaber hätten Nordkorea in der Vergangenheit zwar auch nach militärischen Übergriffen nicht fallen lassen, weil sie einen Kollaps des Landes, das ihnen als Puffer gegen die USA dient, verhindern wollten. Außerden habe China große Sorge vor riesigen Flüchtlingsströmen. Nur eines könne China noch weniger brauchen: Einen offenen Krieg. Dies dürfe wiederum auch dem Diktator und den Militärs in Nordkorea klar sein, deren wirtschaftliches Überleben von Handel und Hilfe, Geld und Gütern aus China abhänge.

Ob die Ankündigung von Frau Park Geun-hye (Südkorea, Präsidentin) vom 01.04.2013, sie habe das Militär angewiesen, ohne Rücksicht auf jede politische Erwägung prompt und strikt zu reagieren, das Regime in Nordkorea veranlassen wird, seine aggressive Haltung aufzugeben, bleibt abzuwarten. Die Reaktion aus Südkorea auf die Kriegsdrohungen aus Nordkorea könnte auch das Gegenteil bewirken. Mit ihrer Ankündigung hat Frau Park Geun-hye der Militärführung Südkoreas quasi einen Blankoscheck für militärische Maßnahmen gegen "Provokationen" Nordkoreas ausgestellt. Für Reaktionen und Korrekturen auf politischer Ebene bleibt daher unter Umständen nicht mehr genug Handlungsspielraum.

  • Da kann man nur hoffen, dass die Quellen des Handelsblatts Recht behalten werden. Ich denke, aufgrund der Abschottung Nordkoreas gibt es zu viele Unbekannte, um die Situation auf der koreanischen Halbinsel einigermaßen sicher beurteilen zu können. Als sicher kann man aber wohl annehmen, dass die Lage der Bevölkerung in Nordkorea sich weiterhin von Jahr zu Jahr verschlechtern und die militärische Aufrüstung des Landes weiter vorangetrieben werden wird. Und dieser Weg kann aus meiner Sicht letztlich eigentlich nur in einer Katastrophe enden - es sei denn Nordkorea vollführt einen radikalen Politikwechsel.


Zum Weiterlesen:




(Quellen: Tagesschau vom 01.04.2013 - Bericht 1 und Bericht 2, Die Welt vom 01.04.2013 und vom 31.03.2013, Tagesschau vom 30.03.2013, Süddeutsche Zeitung vom 30.03.2013, Frankfurter Rundschau vom 30.03.2013, ZDF-Heute vom 30.03.2013 und vom 29.03.2013, Handelsblatt vom 30.03.2013, Die Zeit vom 28.03.2013, Focus vom 16.03.2013, Die Zeit vom 14.03.2013, Salzburger Nachrichten vom 12.02.2013, Spiegel vom 21.01.2013, Wikipedia, Amnesty International, Human Rights Watch)

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