Samstag, 6. April 2013

Nordkorea - Ratlose "Experten"

FriedenstaubeDie aktuelle Zuspitzung auf der koreanischen Halb-
insel begann mit dem Start einer nordkoreanischen
Langstreckenrakete am 12.12.2012. Angeblich wurde
damit ein Satellit in eine Erdumlaufbahn gebracht.
Südkorea, die USA und die UN verurteilen den Start
als verdeckten Test einer militärischen Langstreckenrakete.


Am 22.01.2013 verurteilte der UN-Sicherheitsrat den Raketentest mit einer Resolution die eine Verschärfung der bereits bestehenden Sanktionen gegen Nordkorea beinhaltete. Nordkorea zeigte sich davon unbeeindruckt, und führte am 12.02.2013 seinem dritten unterirdischen Atombombentest durch.

Die UNO beschließt deswegen am 07.03.2013 härtere Sanktionen gegen Nordkorea, die sieses Mal auch von China und Russland mitgetragen werden - nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil Nordkorea im Vorfeld der Resolution mit einem präventiven Atomangriff auf die USA und Südkorea gedroht hatte: Nordkorea fühlte sich durch das jährliche gemeinsame Militärmanöver Südkoreas und der USA provoziert, das am 01.03.2013 begonnen hatte. Im Verlauf des Manövers setzten die USA auch B-52-Bomber ein, die im Kriegsfall auch Atombomben transportieren könnten.

An den darauf folgenden Tagen eskalierte Nordkorea die Situation in immer kürzeren Zeitabständen:
  • 08. März 2013
    Nordkorea kündigt den Nichtangriffspakt mit Südkorea und unterbricht die Notfalltelefonleitung zwischen den beiden Staaten.
  • 15. März 2013
    In Reaktion auf die nordkoreanischen Drohungen kündigen die USA den Ausbau ihrer Raketenabwehr an.
  • 22. März 2013
    Südkorea und die USA unterzeichnen ein Abkommen über gemeinsame militärische Reaktionen - auch auf schwächere Provokationen Nordkoreas.
  • 28. März 2013
    Zur "Abschreckung" verlegen die USA zwei atomwaffenfähige B-2-Tarnkappenbomber nach Südkorea.
  • 29. März 2013
    Das Regime in Nordkorea versetzt Raketen für Angriffe auf die USA in Bereitschaft und erklärt am darauffolgenden Tag, es befinde sich fortan offiziell im Kriegszustand mit Südkorea.
  • 01. April 2013
    Park Geun Hye (Südkorea, Präsidentin) droht Nordkorea für den Fall eines Angriffs mit einer massiven militärischen Reaktion - ohne politische Abwägungen.
  • 02. April 2013
    Nordkorea kündigt das Wiederanfahren seines Mitte 2007 abgeschalteten Brutreaktors "YongByon" an. Im November 2007 war mit dem Abbau der Atomanlagen begonnen worden. Im Gegenzug war Nordkorea eine Million Tonnen Heizöl sowie eine internationale diplomatische Aufwertung zugesichert worden. Die Sprengung des Kühlturms im Juni 2008 war von den USA als richtiger Schritt begrüßt worden. Drei Monate später war es mit der Entspannung schon wieder vorbei: Nordkorea kündigte die Wiederinbetriebnahme des Atomreaktors an, weil die USA sich weigerten, Nordkorea von ihrer Liste der Schurkenstaaten zu streichen ...
  • 04. April 2013
    Nordkorea "empfiehlt" mehreren Ländern den Abzug ihrer Botschafter - darunter auch China und Russland. Bis zum 10. April sei man bereit, dabei zu helfen. Dann aber seien die könne für die Botschaftsangehörigen auf sich gestellt. Im Falle eines Krieges könne für deren Sicherheit nicht mehr garantiert werden. Die Bundesregierung hatte deswegen den Botschafter Nordkoreas einbestellen lassen. Ihm sei in deutlichen Worten die sehr große Sorge der Bundesregierung angesichts der von Nordkorea zu verantwortenden Eskalation vermittelt worden. Das jüngste Vorgehen der Führung in Pjöngjang sei im Ton und in der Sache in keiner Weise akzeptabel.
  • 05. April 2013
    Nordkorea verlegt Mittelstreckenraketen an die Ostküste, die aufgrund ihrer Reichweite von bis zu 4000 Kilometern Südkorea, Japan die US-Militärbasis auf Guam im Pazifik erreichen könnten. Herr Ban Ki Moon (UN, Generalsekretär) forderte das Regime Nordkoreas zur Mäßigung und zu einem Kurswechsel auf. Atomwaffen seien kein Spielzeug. Es bestehe die Gefahr, dass der Konflikt außer Kontrolle gerate. Jeder Kalkulationsfehler und jede Fehleinschätzung könne in der aktuellen Situation auf der koreanischen Halbinsel eine Krise mit äußerst schwerwiegenden Folgen auslösen.

Beunruhigende Gedankenspiele

Wenn man liest, wie die Medien über die Ansichten der "Experten" bezüglich der möglichen  Absichten der Kriegstreiber in Nordkorea berichten, dann trifft man immer öfter auf Ratlosigkeit. Oberhand gewinnt imm wesentlichen nur eine Erkenntnis: Das, was jetzt gerade passiert, geht weit über die bisher aus Nordkorea "gewohnte aggressive Rhetorik" hinaus.

Ein Kommentar in der Stuttgarter Zeitung vom 05.04.2013 gesteht den Militärs und Herrn Kim Jong Un (Präsident, Nordkorea) aber eine gewisse Lernfähigkeit zu. Nur - wirklich beruhigend sind die Ausführungen des Kommentators nicht gerade:
  • Gelernt habe das Regime von der offiziellen Nato-Doktrin der massiven Vergeltung im Kalten Krieg zwischen 1957 und 1967: Die USA hätten Russland im Falle eines konventionellen Angriffs mit Atomraketen zerstört. Während man den damals auf westlicher Seite Verantwortlichen aber immerhin ein gewisses Maß an Besonnenheit zugetraut habe, wisse niemand wirklich, inwieweit das auch auf die Machhaber Nordkoreas zutreffe.

Sollte der Diktator in Nordkorea sich von Emotionen leiten lassen und es dann zu einer ernsthaften, realen kriegerischen Auseinandersetzung kommen, dann sei der Einsatz von Atomwaffen nahezu unausweichlich:
  • Die Armee Nordkoreas sei derjenigen Südkoreas konventionell massiv unterlegen, heißt es im Kommentar der Zeitung weiter. Ein Vorstoß Nordkoreas in Richtung Süden würde aller Voraussicht nach zügig zurückgeschlagen werden. Die Machthaber in Nordkorea würden dann wohl keinen anderen Ausweg als einen Atomangriff sehen.
  • Würden die USA - ebenso wie in Libyen und im Irak - in den ersten Tagen die Kommunikationseinrichtungen des Gegners angreifen, dann wäre das gleichbedeutend mit einem Luftangriff auf Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang. Auch dann müsse im Gegenzug mit einem Atomangriff gerechnet werden.

Seitens der USA und Südkoreas alles zu vermeiden, was eine militärische Reaktion Nordkoreas provozieren könnte, reiche aber allein auch nicht mehr aus. In den gegenwärtigen Gedankenspielen müssten auch Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, die bisher undenkbar schienen. Diesbezüglich müsse auch eine militärische Zusammenarbeit Chinas mit den USA in Erwägung gezogen werden.
  • Es sei mehr als nur ein Gedankenspiel wert, dass China nötigenfalls die Atomanlagen seines Schützlings kurzfristig übernehme, um dafür zu sorgen, dass die augenblicklich aufgeheizte Situation nicht weiter eskaliert. Eine generelle Verschiebung der Rahmenbedingungen in der Region dürfe das aber nicht zur Folge haben. Nordkorea müsse mitsamt seines irrationalen Regimes als Staat erhalten bleiben. Dafür bräuchte Peking die unumstößliche Garantie Washingtons.

Die Überlegung, dass Nordkorea nicht auf Dauer von China annetktiert werden darf, findet auch meine uneingeschränkte Zustimmung. Es gibt schon viel zu viele schlechte Beispiele über die Verhältnisse in früher einmal von China annektierten Gebieten. Am bekanntesten dürften wohl die ständigen Vorfälle im von China besetzten Tibet sein. Da wäre es fatal, wenn die Nordkoreaner von China "befreit" würden, nur um nachher feststellen zu müssen, dass sie vom Regen in die Traufe gekommen sind. Es wäre aber ebenso fatal für die Menschen in Nordkorea, wenn das Regime um den Diktator Kim Jong Un nachher sein Unwesen einfach an der Stelle fortsetzen könnte, an der es vorher durch eine Intervention Chinas unterbrochen worden wäre.

Gefahr für die Weltwirtschaft

Das Handelsblatt beschäftigt sich in einem Artikel vom 05.04.2013 mit der Frage, welche Auswirkungen ein Atomkrieg auf die Weltwirtschaft haben würde und stellt dabei fest, dass schon kleinere Beeinträchtigungen der Produktion einer Industrienation wie Südkorea großen Einfluss auf die globalen Warenströme haben könnten.

Südkorea sei eine der wichtigsten Industrienationen der Welt. Eine Beeinträchtigung der Lieferketten im Korea-Konflikt sei nicht auszuschließen. Die Folgen könnten weltweit zu spüren sein. Insbesondere sei Südkorea ein Schlüsselproduzent der Elektrobranche. Deutsche Unternehmen hätten im letzten Jahr elektronische Bauelemente im Wert von 784 Millionen Euro importiert. Im Bereicht der Informations- und der Kommunikationstechnik kämen noch einmal Einfuhren in Höhe von 844 Millionen Euro hinzu.
Der gesamte Artikel des Handelsblatts ist hier zu finden ...

Beeinträchtigungen der Weltwirtschaft wären im Falle eines Atomkriegs aus meiner Sicht allerdings eher nebensächlich. Die Folgen der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki sollten eigentlich selbst für größenwahnsinnige Diktatoren Mahnung genug sein - zumal auch Nordkorea selbst von den Folgen seiner eigenen Atombombenexplosion betroffen sein könnte. In Anbetracht des außenpolitischen Kamikaze-Blindflug Herrn Kim Jong Un's habe ich diesbezüglich allerdings ernsthafte Zweifel. Und er wäre nicht der erste Diktator, der in Anbetracht einer ausweglosen Lage vom kollektiven Selbstmord eines ganzen Volkes träumt.


(Quellen: Süddeitsche Zeitung vom 05.03.2013, Stuttgarter Zeitung vom 05.04.2013, Handelsblatt vom 05.04.2013, Tagesschau vom 04.04.2013, ZDF-heute vom 04.04.2013, Die Welt vom 03.04.2013, Frankfurter Rundschau vom 03.04.2013, Tagesschau vom 02.04.2013, ZDF-Heute vom 02.04.2013 - Bericht 1 und Bericht 2)

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