Sonntag, 3. März 2013

Neue Autobahnen braucht das Land ...

Mit dem Sinnbild "Straße" und damit verwandten Begriffen lassen sich Zusammenhänge in anderen Themenbereichen oftmals recht gut erläutern. So hört man beispielsweise gelegentlich die Metapher "Wir sind auf dem richtigen Weg". Will heißen, die Entscheidung, die wir getroffen haben, wird die erhofften Verbesserungen zur Folge haben.

Auch Herr Altmaier (CDU, Bundesumweltminister) ist ein Freund dieser Metapher (Zitat):
"Ich halte mich an die Ziele unseres Energiekonzepts: Bis 2050 wollen wir 80 Prozent unseres Strombedarfs aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Geothermie decken und zugleich 80 – 95 Prozent der Treibhausemissionen gegenüber 1990 mindern. Ich bin davon überzeugt: Deutschland wird dank des technologischen Fortschritts, der konsequenten Investitionen und emissionsarme und erneuerbare Energiequellen sowie der Steigerung der Energieeffizienz schon in wenigen Jahren eine sichere, nachhaltige, klimafreundliche und zugleich bezahlbare Energieversorgung aufweisen. Wir sind auf dem richtigen Weg und wir werden ihn nicht alleine beschreiten. Aber gerne an der Spitze. Es lohnt sich."

(Peter Altmaier, in einem Interview mit der "ruhrZeit" Ausgabe 3/2012)

Sind wir klimapolitisch wirklich auf dem richtigen Weg? Geht Deutschland wirklich an der Spitze eines weltweit koordinierten Kampfes gegen die drohende Klimakatastrophe voran? Ich habe da inzwischen so meine Zweifel. Bezüglich eines immer notwendiger werdenden weltweiten Schulterschlusses der internationalen Staatengemeinschaft sind die Resultate der alljährlich im Dezember stattfindenden "Welt-Kimagipfel" jedenfalls besser dafür geeignet, das Gegenteil zu belegen.

Wenn überhaupt, dann köchelt der wichtigeste, alles entscheidende Kampf der Menschheit seit Jahren bestenfalls auf Sparflamme. Von "Kochen" kann in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht die Rede sein - eher schon mit Blick auf den beschleunigten Anstieg der mittleren globalen Temperatur infolge des ungebremsten Anstiegs der Emissionen klimaschädlicher Gase.


Sackgassen

Und Deutschland? Wir könnten inzwischen tatsächlich auf den richtigen Weg sein, wenn die wespenfarbene Bundesregierung nicht vier wertvolle Jahre mit ihrer "Laufzeitverlängerung für die sichersten Atomkraftwerke der Welt" und der lobbygesteuerten "Energiewende-Wende" verplempert hätte.

Der Bundesumweltminister

Anstatt die Kosten der Energiewende auf mehr Schultern zu verteilen, damit das ganze auch für den Einzelnen bezahlbar bleibt, hat die derzeitige Bundesregierung die politischen Weichen dafür gestellt, dass immer mehr Unternehmen, die weder "im internationalen Wettbewerb" stehen, noch "energieintensive Produktionsverfahren" vorweisen können, von der EEG-Umlage befreit worden sind.

Klar, dass die umgelegten Kosten für "Otto Normalverbraucher" dann logischerweise steigen müssen. Anstatt aber jetzt umzukehren, und den Weg hinaus aus der Sackgasse anzutreten, ist Herr Altmaier mit seinen Plänen zur erneuten Änderung des "Erneuerbare Energien Gesetzes" (EEG) gerade auf dem besten Weg, der Energiewende in Deutschland endgültig den Garaus zu machen.

Der Bundesverkehrsminister

Sein Kollege, der Herr Ramsauer (CSU, Bundesverkehrsminsiter) spart zwar wo er kann an Ortsumgehungsstraßen, mit denen in so mancher Gemeinde der innerörtliche Verkehrsinfarkt verhindert werden könnte, aber dafür ist er ein großer Fan der geplanten "Küsten"-Autobahn" A20. Zur dafür notwendigen Unterquerung der Elbe westlich von Hamburg hat er jedenfalls schon einmal "klipp und klar Ja" gesagt. In Zeiten knapper Kassen müssen eben Prioritäten gesetzt werden.

Wie in der Online-Ausgabe der Welt vom 01.02.2013 zu lesen ist, werden 70 Prozent aller bereitgestellten Mittel in den Aus- und Neubau wichtiger Autobahnen und autobahnähnlicher Bundesstraßen investiert. Angesichts des zunehmenden Güterverkehrs wolle Herr Ramsauer bevorzugt den Erhalt der Autobahnen fördern.

Bei der Berechnung der zu erwartenden Kosten für den aktuellen Verkehrswegeplan sei man für den Zeitraum 2003 bis 2015 auf die Summe von 90,5 Milliarden Euro zur Finanzierung von Verkehrsprojekten gekommen. Nachdem im Verkehrsministerium jetzt noch einmal nachgerechnet worden sei, habe man festgestellt, dass die bis 2010 eingeplanten rund 37,5 Milliarden Euro tatsächlich investiert worden sind. Leider war in der Planung wohl wie üblich vergessen worden, einen Puffer für die üblicherweise zu erwartendenden Mehrkosten einzuplanen. Daher würden für die Finanzierung der laufenden Projekte bereits jetzt 89 Milliarden Euro fehlen, von denen aber nur noch 15,7 Milliarden Euro verbaut werden könnten (!?).

Nach Abzug von 89  fehlenden Milliarden Euro bleiben nach meiner Rechnung von den ursprünglichen 90,5 Milliarden Euro allerdings gerade noch 1,5 Milliarden Euro übrig. Wenn man davon ausgeht, dass die Verbauung der oben genannten 15,7 Milliarden Euro ebenfalls mit weiteren Kostensteigerungen verbunden sein könnte und die fehlenden 89 Milliarden Euro im nächsten Verkehrswegeplan ab 2015 zur Deckung der gestiegenen Kosten für laufende Projekte eingeplant werden müssen, dann frage ich mich, woher dann noch das Geld für neue Verkehrsprojekte kommen soll - zumal möglicherweise auch bis zum Abschluss der laufenden Projekte weitere Kostensteigerungen kaum auszuschließen sein werden.

Die vordringliche Aufgabe Herrn Ramsauers wäre eigentlich die Entwicklung und Umsetzung eines zukunftsorientierten, CO2-neutralen Verkehrskonzepts für Deutschland gewesen. Aus meiner Sicht hat es allerdings den Anschein, als hätte der Bundesverkehrsplaner auf dem Weg in die Zukunft die Orientierung verloren.


Eine neue Autobahn für vielleicht 40 Jahre?

Wenn der Bundesautobahnbauminister aber tatsächlich meint, er könne für eine neue Autobahn mit zwei Tunneln (Flussunterquerungen der Elbe und der Weser) noch ein paar Euro locker machen, dann wird er ja vielleicht noch irgendwo etwas in petto haben. Auf der Internetseite der Initiative "A22 nie" heißt es, allein bezüglich eines neuen Elbtunnels sei offiziell von 1,2 Milliarden Euro die Rede. Würde man jedoch die Kosten der letzten Elbröhre in Hamburg auf die Länge der geplanten Elbquerung bei Glückstadt hochgerechnet betrachten, dann sei sogar mit Kosten in Höhe von 4,6 Milliarden Euro zu rechnen.

Weitaus mehr als die unkalkulierbaren Kostenrisiken würde mich aber eine schlüssig nachvollziehbare Antwort auf die Frage interessieren, welcher Güterverkehr angesichts des angeblich von der Bundesregierung angestrebten Ziels, 'die Emissionen klimaschädigender Gase bis 2050 um 80 - 95 Prozent gegenüber den Emissionen im Jahre 1990 zu senken', auf der zukünftigen A20 und all den anderen Autobahnen noch unterwegs sein sollte. Und - ich sag's ja nicht gerne - auch beim Individualverkehr werden wir uns auf grundlegende Veränderungen einstellen müssen. - Auch, wenn die Automobilhersteller, von wenigen Ausnahmen abgesehen, auf den internationalen Automobil-Messen bisher weiterhin mit ihren tonnenschweren PS-Monstern prahlen.

Ersten Berechnungen und Schätzungen zufolge, die in einem Hintergrundpapier des Bundesumweltministeriums (UBA) veröffentlicht wurden, sind die verkehrsbedingten Emissionen im letzten Jahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum leicht gesunken. Das hört sich erst einmal so an, als sei man wenigstens hier auf dem richtigen Weg. Begründet wird der Rückgang der Verkehrsemissionen allerdings mit dem gestiegenen Verbrauch von Biokraftstoffen und einer Zunahme der in den deutschen Nachbarstaaten getankten Kraftstoffmengen, die bei der Berechnung der Emissionen nicht berücksichtigt wurden. Da global gesehen derzeit von einer nachhaltigen Produktion von Bio-Kraftstoffen keine Rede sein kann, ist eine darauf zurückzuführende Minderung der CO2-Emissionen aus fossilen Energiequellen zumindest fragwürdig. Eine Trendwende in Richtung einer Emissionsminderung infolge einer drastischen Senkung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen ist das jedenfalls noch lange nicht.

Insgesamt seien die CO2-Emissionen im Jahre 2012 gegenüber 2011 sogar um zwei Prozent gestiegen. Zurückzuführen sei das auf den deutlichen Anstieg beim Einsatz von Braunkohle aufgrund neuer Kraftwerkskapazitäten, sowie auf den gestiegenen Steinkohleverbrauch zur Stromerzeugung. Ebenfalls gestiegen sei auch die Stromerzeugung aufgrund des Ausbaus der Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Gesunken sei hingegen die Stromerzeugung mit Erdgas-Kraftwerken und in Atomkraftwerken. Insgesamt hätten diese Effekte aber zu einer merklichen Zunahme der CO2-Emissionen im Energiebereich geführt.

Wer verhindern will, dass die mittlere globale Temperatur nicht doch noch so weit ansteigt, dass der weitere Anstieg sich mit menschlichen Mitteln nicht mehr verhindern ließe, woraufhin es unweigerlich zur Klimakatastrophe käme, der muss die CO2-Emissionen zügig drastisch verringern ... - keinesfalls darf er sie aber noch weiter erhöhen!
  • Das heißt für die Stromerzeugung: Weg von Kohle, Gas und Öl und hin zu erneuerbaren Energien. Wer die Erschließung erneuerbarer Energiequellen ausbremst, und gleichzeitig auf Teufel komm raus Braunkohle und andere fossile Energieträger zur Stromerzeugung verfeuert, der wird sein Ziel nicht erreichen.
  • Bezüglich des Gütertransports auf der Straße heißt das: Den Güterverkehr konsequent von der Straße auf die Schiene verlagern. Für dieselgetriebe Lkw's gibt es keine Zukunft. Weitere CO2-Emissionen, die auf den Güterverkehr zurückzuführen sind, lassen sich durch die Vermeidung unnötiger Transporte vermeiden. In Bayern muss ebensowenig ein Joghurt aus Bremer Landen auf dem Frühstückstisch stehen, wie in Norddeutschland ein Joghurt aus dem bayerischen Wasserburg.

Wenn es aber für dieselgetriebe Lkw's offenbar keine Zukunft geben wird - die wespenfarbene Bundesregierung spricht im Zusammenhang mit ihren CO2-Zielen von einem Zeitrahmen von aktuell 37 Jahren - denn plant und baut sie die schöne neue "Küsten"-Autobahn (A20) für vielleicht gerade einmal 30 bis 40 Jahre - vorausgesetzt, sie würde heute damit anfangen können. Dafür soll viel Geld ausgegeben werden, das dann für die Investion in ein zukunftsfähiges Verkehrskonzept auf Grundlage erneuerbarer Energien nicht mehr zur Verfügung steht. Aus meiner Sicht ist auch das ein Weg in die Sackgasse.


Am Scheideweg

Sollte es den Betreibern der Atommeiler und der mit fossilen Brennstoffen befeuerten Kraftwerke unter tatkräftiger Mithilfe ihrer politischen Handlanger gelingen, die Energiewende wirkungsvoll auszubremsen,
dann sollte sich der Herr Altmeier in Falle eines weiteren Anstiegs der CO2-Emissionen aus Braun- und Steinkohlekraftwerken wohl besser rechtzeitig von der Vorstellung verabschieden, es könne bis 2050 gelingen, unseren Strombedarf zu 80 Prozent aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Geothermie decken.

Eigentlich gibt es jetzt nur zwei Möglichkeiten: Entweder, wir folgen weiter dem derzeit von der wespenfarbenen Bundesregierung und dem Oligopol der Atomkonzerne und Kohlekraftwerksbetreiber vorgegebenen Weg in die Sackgasse, an deren Ende uns die Klimakatastrophe erwartet, oder wir treffen die Entscheidung, an der nächsten Ausfahrt abzubiegen und dem Weg der Energiewende in Richtung Zukunft zu folgen. Das heißt:
  • Investitionen in Klimaschutz- statt in neue neue Autobahn-Projekte.
  • Förderung der Erschließnung erneuerbarer Energiequellen
  • Stillegung und Rückbau von Aom- und Kohlekraftwerken
  • zukunftsorientierter Ausbau der Bahntrassen
  • Gütertransporte auf der Schiene statt auf der Straße
  • ÖPNV bekommt Vorrang vor Individualverkehr


Neue Autobahnen braucht das Land hingegen ...


... so nötig wie einen Kropf

Wer heute aufgrund des steigenden Güterverkehrs auf der Straße noch neue Autobahnen bauen will, anstatt dafür zu sorgen, dass der Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird, der muss auch sagen können, mit welchen CO2-neutralen Antrieben die Transportfahrzeuge in dreißig bis vierzig Jahren auf seinen neuen Autobahnen unterwegs sein sollen.



Zum Weiterlesen

Umweltinstitut München:


(Quellen: ruhrZeit Ausgabe 3/2012, Die Welt vom 01.02.2013, Hintergrundpapier des UBA vom Februar 2013, Umweltinstitut München - Infokampagne zur Strompreislüge, A22-nie, Wikipedia )

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