Die wirklichen Einflüsse auf unser Leben ergeben sich eher aus den Lebensbedingungen am dem Ort, an dem wir das Licht der Welt erblickten und denen der Gesellschaft in die wir hineingeboren wurden. Die Einteilung der Ereignisse, die uns berühren, in Jahresabschnitte hilft uns jedoch, den Überblick zu behalten. Hier ist mein Rückblick auf das Jahr 2009 in "juwi's welt":
juwi's welt
In das Problem mit den am schlimmsten verwahrlosten Immobilien in Bremerhaven kommt aufgrund eines neuen Ortsgesetzes Bewegung. Für einige der alten Gründerzeithäuser, die die Bombenangriffe des Jahres 1944 überstanden und jetzt das Opfer von Immobilienspekulanten wurden, wird diese Bewegung leider aber wohl ihr Ende bedeuten. Ich hoffe jedoch sehr, dass die meisten von ihnen auch diese bedrohliche Krise überstehen werden. Der Verlust jedes einzelnen Hauses im Süden Lehes reißt eine tiefe Narbe in das gründerzeitlich geprägte Stadtbild.
Mit dem Verkauf des Wilhelm-Kaisen-Platzes an einen Investor, der auf dem Bremerhavener Festplatz einen OBI-Baumarkt errichten will, bereitete die Große Koalition den Boden für die Fortsetzung des verhängnisvollen Wildwuchses von Discountern, Super- und Baumärkten in Bremerhaven. Auch der Verkauf des Phillips-Fields für den Bau eines Kaufland Vollversorgers ist noch nicht vom Tisch. Die CDU hatte jedenfalls vorsorglich angekündigt, das Thema "Kaufland auf dem Phillips-Field" nach der nächsten Bürgerschaftswahl erneut in Angriff zu nehmen.
Hoffnung besteht hingegen für das ehemalige Kistner-Gelände mit dem vom Landesdenkmalpfleger als schützenswert eingestuften Industriedenkmal Kalksandsteinwerk. Die Große Koalition hat das Grundstück europaweit ausgeschrieben, mit der Auflage, dass der Käufer zumindest den Kern des Kalksandsteinwerks - die Tonnedachhalle und den Schornstein - erhält und in seine Planungen einbezieht.
Positiv für die Entwicklung im Süden Lehes sind auch die vielen Renovierungen und Instandsetzungsarbeiten privater Hausbesitzer. Einige der im Jahre 2009 begonnenen Arbeiten werden sich noch bis in das neue Jahr 2010 hineinziehen. Ihnen allen gilt mein Dank für die - oft sicherlich sehr kostspielige - Pflege unseres gemeinsamen Wohnumfelds. Auch die Gründung der Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe (ESG-Lehe), die nach der Vereinsgründung ihre Arbeit aufgenommen hat, gibt Anlass zur Hoffnung für die "Altstadt der Seestadt" Bremerhaven.
Im Sommer wurden mit der Eröffnung des "Klimahaus 8° Ost" die Havenwelten weitestgehend fertig gestellt. Auch die gläserne Brücke über den Alten Hafen funktioniert inzwischen, so dass die Museumsschiffe den Weg ins Dock antreten konnten, wo lange überfällige Erhaltungsarbeiten durchgeführt wurden.
Der Bund hat die Mittel für einen Tunnel zur Anbindung der Überseehäfen an die Autobahn von 100 auf 120 Millionen Euro aufgestockt. Es fehlen jedoch weiterhin 40 Millionen Euro an der veranschlagten Summe für den Bau des Mammutprojektes. Kritiker befürchten, dass der prognostizierte Zuwachs im Lkw-Güterverkehr schon bald nach der Fertigstellung des Tunnels neue Maßnahmen erforderlich machen wird. Spätestens dann wird erneut über eine Nordumgehung zum Hafen nachgedacht werden müssen, die bisher von der Stadt Langen im Norden Bremerhavens kategorisch abgelehnt wird. Möglicherweise wird der geplante Tunnel aber auch nach seiner Fertigstellung überhaupt nicht mehr benötigt, falls es aufgrund der notwendigen Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung zu einer massiven Verlagerung des Güterfernverkehrs von der Straße auf die Schiene kommen sollte.
Nach dem Fehlstart des Baubeginns für die neue Eissporthalle Anfang 2009 zog die SPD Ende August mit ihrer Zustimmung zur Finanzierung auf Pump den Schlussstrich unter den vorangegangenen Streitigkeiten zwischen der Stadt und dem Land Bremen um die ungesicherte Finanzierung des Projekts.
Der Verkauf der Luneplate von Niedersachsen an das Land Bremen, der sich wegen des Widerstands von Cuxhaven lange verzögerte, wurde beschlossen. Damit wurde im Süden der Stadt der Weg frei für die Ansiedlung von Firmen aus der Windenergiebranche. Weiterhin ungeklärt ist jedoch der Bau eines für die Verschiffung der Anlagen notwendigen Schwerlasthafens und dessen Anbindung an das neue Gewerbegebiet.
Blick über den Tellerrand
Seit dem Regierungswechsel nach der Bundestagswahl im September 2009 wissen wir es endlich genau: Deutschland ist 65 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wieder aktiv an einem Krieg beteiligt. Der neue Verteidigungsminister, Herr zu Guttenberg, sagte das, was sein Amtsvorgänger immer in peinlichster Weise geleugnet hatte: Deutsche Soldaten befänden sich in Afghanistan in einer "kriegsähnlichen Situation". Das er nicht den Begriff "Krieg" verwendet, begründet er damit, dass "Krieg" als eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen den Armeen verfeindeter Staaten definiert ist. Das ändert jedoch nichts an den Fakten: Deutsche Soldaten starben wieder den Heldentod und ihre Kameraden stehen schon auf der Warteliste, weil ihre Vorgänger ja nicht umsonst gestorben sein dürfen. Deutsche Soldaten töten in diesem Krieg Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, ohne dass diese Deutschland zuvor angegriffen hätten. Deutschland hat deshalb in diesem Krieg nichts verloren. Es wird Zeit, dass die plötzlich zu ganz gewöhnlichen Soldaten mutierten "Aufbauhelfer in Uniform" endlich aus Afghanistan abgezogen werden.
Obwohl inzwischen auch dem letzten Menschen klar sein sollte, das der Lebensstil in den westlichen Industriestaaten die Welt in den Abgrund führt, wenn nicht umgehend Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung beschlossen und umgesetzt werden, lässt die schwarz-gelbe Wespenkoalition den Bau neuer Kohlekraftwerke zu. Den Vogel schoss diesbezüglich die Regierung des Landes Nordrhein-Westfahlen ab, als sie kurzerhand einen Paragrafen ersatzlos aus dem Landesgesetz strich, der den aufgrund eben dieses Gesetzes gerichtlich verfügten Baustopp eines EON-Kraftwerkes zur Folge gehabt hatte. Bei derartigen Vorbildern ist es kein Wunder, dass die Klimakonferenz in Kopenhagen zum Scheitern verurteilt war.
Ein weiterer umweltpolitischer Wespenstich: Aufgrund der von der Schwarz-gelben Koalition beschlossenenen Laufzeitverlängerungen für die deutschen Atomkraftwerke werden die für Jahrmillionen gefährlich strahlenden Atommüllberge weiterhin anwachsen. Die durch diesen Wespenstich verursachte Schwellung wird noch unzähligen Generationen unserer Nachkommen Schmerzen bereiten. Nach dem der GAU im Salzstock des als "Versuchsendlager" missbrauchten ehemaligen Bergwerks Asse-II endlich auch der Öffentlichkeit weitgehend bekannt geworden ist, denken die Wespen jedoch weiterhin fröhlich über die Versenkung hochradioaktiven Atommülls im Salzstock bei Gorleben nach. Ihr Motto: "Aus den Augen, aus dem Sinn." Die Suche nach etwas sichereren "End"-Lagerstätten steht jedoch nicht auf ihrem Programm.
Neben diesen für die langfristige Sicherheit zukünftiger Generationen wichtigen Themen stehen uns noch viele weitere - vorwiegend von der gelben Komponente des Wespenkostüms vorangetriebenen - Änderungen bevor, mit deren finanziellen Belastungen die heutigen Elterngenerationen unseren Kindern und Enkeln ein schweres Erbe aufbürden werden. Vermutlich haben Wespen gelbe Stacheln.
Während die Stadt Dresden im Sommer ihren Status "Weltkulturerbe" mit dem Bau einer Brücke über die Elbe leichtfertig verspielte, beschloss die Welterbekommission der UNESCO, das deutsch-niederländische Wattenmeer in die Liste der weltweit rund 200 Naturdenkmäler aufzunehmen. Angesichts des aufgrund der Klimaerwärmung beschleunigten Anstiegs des Meeresspiegels ist jedoch auch dieses Erbe der Menschheit lediglich ein Erbe auf Zeit, von dessen bevorstehendem Untergang nachfolgende Generationen nur noch aus Erzählungen und aus Büchern etwas erfahren werden.
Jenseits des Tellerrands ...
... hat der Untergang der ersten Inselstaaten im Pazifik bereits begonnen. Während vom Verlust der Eisflächen im Nordpolarmeer auf den ersten Blick scheinbar "nur ein paar Eisbären" betroffen sind, bedroht das Schmelzen der Gletscher in den Hochgebirgen die Lebensgrundlagen mehrerer Hundertmillionen Menschen. Allein in Indien ist durch den rapiden Rückgang der Eismassen im Quellgebiet des heiligen Flusses der Inder, dem Ganges, die Existenz einer halben Milliarde Menschen bedroht.
Nach dem Desaster der ergebnislosen Klimakonferenz in Kopenhagen ist die Zeit für die Menschheit noch knapper geworden. Jede weitere Verzögerung des Beginns ihres Kampfes gegen die drohende Klimakatastrophe bedeutet, dass die notwendigen Maßnahmen radikaler ausfallen und schneller umgesetzt werden müssen. Jede Verzögerung bedeutet daher vor allem für uns, in den bisher privilegierten Industriestaaten, tiefere Einschnitte in unsere Lebensgewohnheiten. Wenn es noch eine Hoffnung für die Zukunft des Lebens auf der gemeinsamen Heimat aller Menschen sowie aller Tiere und Pflanzen geben soll, dann gibt dazu jedoch keine Alternative.
Vor dem Hintergrund der auf uns zukommenden globalen Katastrophe sind absolut unnötige Kriege um unbedeutende machtpolitische oder nationale Vorteile lächerlich gering anmutende Gemetzel. Ebenso, wie Kriege noch nie eine dauerhafte Lösung bestehender Probleme geschaffen haben, sind auch terroristische Aktivitäten letztlich zum Scheitern verurteilt. Diese gewalttätigen Auseinandersetzungen verursachen immer wieder neues Leid, schüren immer wieder neuen Hass zwischen den Völkern und schaden damit der dringend notwendigen Bewusstseinsveränderung bezüglich des Umgangs der Menschen untereinander und ihres gemeinsamen, verantwortungsvollem Umgangs mit ihrer gemeinsamen Umwelt und ihren Mitgeschöpfen.
Ausblick
Ich hoffe, dass es im Laufe des Jahres 2010 doch noch zu einem gerechten, ehrgeizigen und verbindlichen Abkommen der Weltgemeinschaft zur Bekämpfung der Klimakatastrophe kommen wird. Große Hoffnungen setze ich diesbezüglich auf den Einfluss einer hoffentlich weiter wachsenden weltweiten Bürgerbewegung als Gegengewicht zu den großen, finanzstarken Lobbys diverser Wirtschaftszweige, die es bisher erfolgreich verstanden haben, weltweit die entscheidenden Politiker in ihrem Sinne zu beeinflussen. In den Demokratien dieser Welt handeln solche Politiker dann gegen die Interessen ihrer Wähler. Dabei sind sie eigentlich dafür gewählt worden, die Interessen ihrer Wähler gegen schädliche Einflüsse zu verteidigen - auch gegen die auf kurzfristige Gewinnmaximierung fixierten Interessen der Lobbyisten!
Als der gemeinsame Gott der Juden, Christen und Muslime den Menschen damals seine Schöpfung anvertraute, indem er sie aufforderte: "... und macht euch die Erde untertan.", hat er ihnen eine große Verantwortung übertragen. Ich hoffe, dass diese großen monotheistischen Weltreligionen sich in nicht allzuferner Zukunft auf einen fairen, toleranten Umgang miteinander verständigen werden. Die absurden Gemetzel der Vergangenheit und der Gegenwart, die unter dem Vorwand religiöser Differenzen stattfanden und auch heute noch stattfinden, müssen endlich ein Ende haben.
Als einzelner Mensch kann man natürlich nicht alle Probleme der Welt lösen. Ebenso wie jeder einzelne von uns persönliche Prioritäten setzen muss, kann auch ich nur über den kleinen Ausschnitt aus der Vielfalt der Welt schreiben, der mir wichtig ist. Daher erhebt dieser kleine persönliche Jahresrückblick selbstverständlich auch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Außerdem gibt es für jeden von uns ja auch noch ein Leben abseits der großen weltpolitischen Ereignisse, das auf keinen Fall zu kurz kommen darf.
Im Leben meiner Familie wird es im neuen Jahr 2010 zur ersten von zwei bevorstehenden großen Veränderungen kommen. Nach ihrem Abitur wird meine Tochter Jana sich um einen Studienplatz in einer Stadt bemühen, deren Universität ihr die Möglichkeit für die Grundlage ihres beruflichen Lebens bieten kann. Damit wird sie den ersten entscheidenden Schritt in ihre Selbstständigkeit vollziehen, und unser Haushalt wird um ein Familienmitglied ärmer werden.
Mögen alle euere persönlichen
Hoffnungen und Wünsche
für die nähere Zukunft sich erfüllen.
Kommt gut ins neue Jahr,
juwi
Hoffnungen und Wünsche
für die nähere Zukunft sich erfüllen.
Kommt gut ins neue Jahr,
juwi
4 Kommentare:
Trotz der wohl eher düsteren Aussichten auf das Jahr 2010 wünsche ich dir persönlich alles Gute - und rutsch gut rüber!
Hola juwi,
ich habe Deinen persönlichen Jahresrüblick mit Interesse gelesen und dabei auch festgestellt, dass der Einzelne an vielen Dingen nichts ändern kann. Besonders enttäuschend fand ich die Klimakonferenz. Man vertagte sich, nachdem man ein Blatt zur Kenntnis genommen hat. Alles getreu dem Motto: Sorry, Eisbär, we are not able to help you.
Wir wünschen Euch ein friedvolles, zuversichtliches, glückliches, gesundes und spannendes Jahr 2010. Und nehmt bei den Wetterverhältnissen den Rutsch ins neue Jahr nicht allzu wörtlich.
Lieber Jürgen,
ich freue mich ganz besonders, daß ich dich in diesem Jahr mit deinem Blog entdecken konnte. Es ist nicht der Einsatz am Hindukusch, zuvor war ja auch der Krieg in Bosnien... Es ist traurig, daß sich die Deutschen wieder an Kriegsspielen beteiligen. Wie hieß es doch damals: Deutschland könne sich seiner Verantwortung nicht entziehen....
Ich wünsche dir einen guten Rutsch ins neue Jahr, was die Böllerei betrifft, so bin ich außen vor. Nur einmal in meinem Leben habe so was gekauft.
Herzliche Grüße in den hohen Norden
Helmut
moin "juwi",
und immer wieder geht im osten die sonne auf *g*.
ein gutes jahr wünsche ich dir, deiner familie und natürlich auch für bremerhaven.
mein optimistisches wandtattoo ist noch aufgerollt und der spruch von obama bereitet mir probleme.
vorsichtig beginne ich dieses neue jahrzehnt.
lg kelly
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