Laugenzuflüsse im "Versuchsendlsger Asse-II" (ZDF Magazin "Frontal 21", 2008)
Von 1967 bis 1978 wurden 125000 Fässer mit schwachradioaktivem und 1.300 Fässer mit mittelradioaktivem Atommüll aus Atomkraftwerken und der Kernforschungsanlage Karlsruhe in das ehemalige Salzbergwerk "Asse-II" in Remlingen (Landkreis Wolfenbüttel) "eingelagert".
Die Genehmigung dafür erfolgte nicht unter atomrechtlichen Gesichtspunkten, sondern nach Bergrecht. Wie diverse Filmdokumente inzwischen belegen, wurde dabei "nicht gerade sehr sorgsam" mit den Atommüllfässern umgegangen:
"So sah es aus, das Projekt Versuchsendlager Asse:
Große Teile des deutschen Atommülls achtlos abgekippt
in mehr als 12800 dünnen Blechfässern."
(Kommentar im Filmbeitrag von Frontal 21 bei 02:45)
Benachbarte Salzbergwerke waren schon Jahrzehnte zuvor vollgelaufen. Diesbezügliche Bedenken aus der Bevölkerung versuchten der Betreiber und die politisch Verantwortlichen mit nie belegten Behauptung zu zerstreuen: Die "versuchsweise nicht rückholbare Endlagerung" im Salz der "Asse" sei "absolut sicher".
Im Juli 2008 informierte ein Physiker die Öffentlichkeit darüber, dass im ehemaligen Salzbergwerk "Asse-II", dem sogenannten "Versuchsendlager für schwach bis mittelradioaktiven Atommüll", in den 1970er Jahren auch hochradioaktiver Atommüll aus der früheren "Kernforschungsanlage Jülich" (seit 1990 "Forschungszentrum Jülich") eingelagert worden war. In der Folge bezweifelte die "Arbeitsgemeinschaft Konrad" die Glaubwürdigkeit des Betreibers des "Versuchsendlagers Asse-II" ("Gesellschaft für Strahlenforschung", GSF; heute "Helmholtz Zentrum München"), da die Behauptung des Physikers nicht widerlegt werden konnte. die ersten Informationen über in das Bergwerk eintretende, radioaktiv kontaminierte Salzlauge sickerten aus dem Dunkel der Asse an das Licht der Öffentlichkeit.
Zum tatsächlichen Inhalt der 126000 Atommüllfässer gab es vom Betreiber keine klaren Antworten. Deshalb verlangten die Grünen Ende Juli /Anfang August 2008 die Entnahme von Stichproben aus je 20 Atommüllfässern aus zwei Kammern des "Versuchsendlagers". Neue Indizien erhärteten den Verdacht, dass auch hochradioaktiver Atommüll im ehemaligen Salzbergwerk "Asse-II" eingelagert wurde. Der Atommüllskandal um die machenschaftene in den Tiefen der Asse weitete sich aus, als bekannt wurde, dass 8000 Tonnen radioaktiv kontaminierte Salzlauge aus "Asse-II" heimlich in die Grube "Maria Glück" bei Celle transportiert worden war, die nach ihrer Schließung mit 1,45 Millionen Kubikmeter unbelasteter Flüssigkeit geflutet wurde. Der damalige Betreiber des "Versuchsendlagers" konnte so bedenkenlos behaupten, dass die Radioaktivität in "Maria Glück" unterhalb der Freigabe Werte liegt: Die Verdünnung macht's ... - Bald darauf wird klar, dass der Betreiber bereits lange vor Beginn der Einlagerung des ersten Atommülls über die Laugenzuflüsse in das damalige Salzbergwerk informiert war.
Im September 2008 stellt sich heraus, dass den Betreibern des Atommülllagers Asse-II das Risiko des Auslaufens radioaktiv verseuchter Salzlauge von Beginn an bekannt war. Seit 1988 registrierte die GSF dann tatsächlich einen permanenten Laugenzufluss aus dem Neben- und Deckgebirge, dessen Herkunft bis heute ungeklärt ist. Weil aber nicht nicht sein durfte, was nicht sein sollte, wurde das Problem jahrzehntelang erfolgreich verheimlicht. Anderenfalls hätte das "Endlagerversuchsergebnis" ja lauten müssen: "Endlagerung nicht durchführbar." ...
Das BfS übernimmt den Betrieb der Asse
Ein halbes Jahr nach Aufdeckung des haarsträubenden Vorgänge in der Asse zog Herr Gabriel (SPD, damals Umweltminister) die Reißleine. Dem bisherigen Betreiber wurde die Genehmigung für den Betrieb des "Versuchsendlagers Asse-II" entzogen. Im Januar 2009 übernahm das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) den Betrieb des Atommüll "Versuchslagers" Asse-II. Gleichzeitig mit dem Betreiberwechsel ging die Verantwortung vom Bundesforschungsministerium an das Bundesumweltministerium über. bald berichteten die Medien über die zunehmende Einsturzgefahr einiger der unterirdischen Kammern mit Atommüll. Um die Atomkonzerne vor den finanziellen Folgen des Atommüll-Desasters zu bewahren, wichen deren politische Handlager vom Grundsatz des Atomgesetzes ab, wonach der Verursacher des Atommülls für den Betrieb und die Stillegung von Atommülllagern aufkommen muss: Mit einem kurzfristigen Änderungsantrag zur Novelle des Atomgesetzes bürdeten sie die Kosten für die Sicherung des Atommülls in der Asse kurzerhand den Steuerzahlern auf.
Im März 2009 stellts Herr König (BfS, Präsident) fest, das Problem der Endlagerung von Atommüll sei jahrzehntelang systematisch unterschätzt worden. Die frühere Sorglosigkeit sei aus heutiger Sicht kaum noch nachvollziehbar. Sie habe viel mit der damaligen Atom-Euphorie zu tun. Viel hat das aber sicher auch mit den Fäden zu tun, an denen die Atomkonzerne im Hintergrund ihre Politmarionettentanzen ließen, um in der Asse billig ihren Atommüll loswerden zu können. Nach Auswertung eines Inventarberichts des GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit aus dem Jahre 2002 kam die internationale Umweltschutzörganisation Greenpeace zu dem Schluss, dass mehr als 70 Prozent der radioaktiven Abfälle im ehemaligen Salzbergwerk "Asse-II" aus Atomkraftwerken von EnBW, RWE, Vattenfall und E.on stammen ...
Alles in allem ist das ursprünglich als "Versuchsendlager Asse-II" deklarierte Atomprojekt die Bankrotterklärung für die Atommüll-"Endlagerung". Die oft zitierte Behauptung, Deutschland verfüge weltweit über die "sicherste" Atomtechnik, gewinnt mit dem Eingeständnis des vorhersehbaren GAUs im ehemaligen Salzbergwerk "Asse-II" im Hinblick auf das Prinzip "End"-Lager eine völlig neue Qualität: das "Märchen vom 'sicheren' Atommüll-"End"-Lager" ist ausgeträumt. Ein Atommülllager ist ein Lager für Atommüll,den man nirgends anders loswerden kann - sonst nichts! Kein einziges heute denkbares Konzept gewährleistet die notwendigen sichere Isolierung des Atommülls von der Biosphäre über Zeiträume von vielen Millionen Jahren. Wer etwas anderes behauptet, der lügt!
Atommüll aus Asse-II muss geborgen werden
Anfang 2009 gestand die Bundesregierung (Große Koalition SPD und CDU/CSU) ein, dass es wohl ein Fehler war, Atommüll im ehemaligen Salzbergwerk "Asse-II" einzulagern. Der neue Betreiber des "Atommülllagers Asse-II" gelobte Transparenz und veröffentlicht seither in unregelmäßigen Abständen seine "Asse Einblicke - Informationen über ein Versuchsendlager". Im Januar 2010 versprach die darauf folgende Bundesregierung (CDU/CSU und FDP), den Atommüll aus dem einsturzgefährdeten Bergwerk zu bergen. Am 12.03.2012 bestätigte Herr Röttgen (Bundesumweltminister bis Mai 2012) diese Absicht noch einmal vor laufenden Kameras.
In einer Veröffentlichung des BfS vom 25.09.2012 heißt es allerdings noch, "die sichere Schließung des Endlagers Asse lässt sich beschleunigen." Das sei das Ergebnis eines Workshops, zu dem das BfS im September dieses Jahres 110 Experten aus dem gesamten Bundesgebiet eingeladen hatte.
Nach derzeitigem Kenntnisstand sei es für eine sichere Schließung des Bergwerks jedoch notendigs, "die Abfälle aus dem Endlager herauszuholen". Um die Rückholung zu beschleunigen müssten dafür unverzüglich ein neuer "Schacht 5" für die Bergung und ein Zwischenlager für die Aufbewahrung des geborgenen Atommülls geplant und gebaut werden. Auf Grundlage der Ergebnisse des Workshops solle der Rahmenterminplan bis Ende 2012 entsprechend anzupasst werden. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Rückholung nach dem bisherigen Zeitplan erst im Jahr 2036 beginnen könne.
Wer nun aber meint, am Ende werde jetzt doch noch alles gut werden, der irrt sich möglicherweise gewaltig. Wie auf der Internetseite des "Koordinationskreises Asse-II" in einem Eintrag vom Juni 2012 zu lesen ist, sprechen die Taten von Bund, Land und Betreiber nämlich eine andere Sprache (Koordinationskreis, Zitat):
- Ein Memorandum aus dem BfS prognostizierte, dass in den nächsten Monaten eine Sachlage eintreten würde, die es erfordern würde, von der Bergung Abstand zu nehmen. Am Ende heißt es: "Ich schlage vor, bereits jetzt alle fachlichen und kommunikativen Vorbereitungen für die Aufgabe des Projektes "Rückholung" zu treffen."
- Nach wie vor betreibt der Bund den Versuch, einen sog. Langzeitsicherheitsnachweis für den Verbleib des Mülls in ASSE II errechnen zu lassen. Eine solche rechnerische Prognose soll mittels fragwürdiger Grundannahmen darstellen, dass die Freisetzung von Radioaktivität auf lange Sicht unter bestimmten Grenzwerten bleibt. Durch diesen "Nachweis" soll der Beschluss der Rückholung unterlaufen werden.
- Das Wichtigste: Das Land Niedersachsen fordert als Vorbedingung für das Öffnen der Atommüll-Kammern eine Notfallplanung für den Fall, dass plötzlich deutlich mehr Wasser ins Bergwerk läuft als bisher. Die einzige Maßnahme, die der Betreiber verfolgt, ist die Flutung der Asse. Dadurch würde es in nicht vorhersehbaren Zeiträumen an nicht bestimmbaren Orten in Norddeutschland zu nicht berechenbaren radioaktiven und chemotoxischen Kontaminationen kommen. Vorkehrungen, größere Mengen Wasser aus dem Bergwerk abzupumpen, werden nicht verfolgt.
Um zu verhindern, dass wieder heimlich im Dunkel der Asse gemauschelt werden kann, hat sich der "Koordinationskreis Asse-II" deshalb am 05.10.2012 mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gewandt. Zusammen mit dem "Koordinationskreis Asse-II" hat die "Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD e.V. auf einer gemeinsamen Seite im Internet außerdem eine Online-Unterschriftenliste gegen die Flutung des Atommülls in "Asse-II". bereitgestellt.
Ob das genannte Memorandum aus dem BfS nun ein offizielles Schriftstück oder die private Notiz eines BfS-Mitarbeiters ist, sei dahingestellt. Wenn die Bundesregierung aber nach wie vor wider besseres Wissen an einem "rechnerisch ermittelten Langzeitsicherheitsnachweis für den Verbleib des Mülls in ASSE II" werkelt, dann lässt das mit Sicherheit nichts Gutes ahnen. Deshalb ist es gut, dass sich vor Ort Menschen zusammengefunden haben, die auch weiterhin die Augen aufhalten und darauf aufpASSEn, was im Dunkel des Bergwerks "Asse-II" vor sich geht.
(Quellen: Koordinationskreis Asse II, Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD e.V., Wikipedia, AufpASSEn e.V., Bundesamt für Strahlenschutz -BfS)
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