Samstag, 5. Mai 2012

"Président nucléaire" mit rechtsextremen Allüren

Morgen findet in Frankreich der nächste Wahlgang der Präsidentschaftswahl statt. Seit seine Aussichten auf eine weitere Präsidentschaft mehr und mehr schwinden, ist sich Herr Sarkozy (Frankreich, UMP, Staatspräsident) nicht mehr zu schade, auf die rechtsextreme Linie von Frau Le Pen (Frankreich, Front Nationale) einzuschwenken.

Wie glaubwürdig ist ein Präsident einer der ältesten demokratischen Nationen Europas, der versucht, sich mit den rechtsextremen, demokratiefeindlichen Parolen der "Front Nationale", die er bisher - zu Recht(!) - bekämpft hat, an die Macht zu klammern? Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass angesichts der plötzlich aus dem Munde des Staatspräsidenten strömenden rechtsextremen Parolen eine Welle akuter Übelkeit über das Land geschwappt sein müsste.

In Frankreich ist es wohl so, dass die im ersten Wahlgang Unterlegenen an ihre Wähler eine Wahlempfehlung zugunsten der im Rennen gebliebenen Politiker bzw. Parteien abgeben. Frau Le Pen hat dem überraschenden Kuschelkurs Herrn Sarkozys mit den Wählern der Rechtsextremen jedoch eine deutliche Abfuhr erteilt. Sie teilte ihren Anhängern mit, sie werde Morgen bei der Stichwahl einen leeren Wahlzettel abgeben.


Gegenwind für den "President nucléaire"

Ein Teil des Vertrauensverlustes der Franzosen in Herrn Sarkozy dürfte wohl dem Verlust des Vertrauens in die Sicherheit der französischen Atomkraftwerke zuzuschreiben sein. Direkt nach dem Super-GAU am 11. März 2011 hatte Herr Sarkozy seinen Landsleuten eilig erklärt, was da gerade in Fukushima passiere könne in Frankreich niemals geschehen. Viele Franzosen glauben ihm jedoch nicht mehr, dass französiche Atomkraftwerke mehr Sicherheit vor einem Super-GAU bieten, als die Atomreaktoren in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima" und eine absolute Sicherheit vor einer Atomkatastrophe hält seitdem wohl selbst in Frankreich kaum noch jemand für möglich.

Die 60000 Atomkraftgegner, die sich anlässlich des ersten Jahrestages des Super-GAUs von "Fukushima" zwischen Lyon und Avignon entlang der Rhone zu einer Menschenkette vereinten oder die Blockadeaktionen in Frankreich während des letzten Castor-Transports von La Hague (Frankreich) ins Atommülllager bei Gorleben sprechen da eine deutliche Sprache. Interessant war für mich in diesem Zusammenhang auch, dass im Bus von Hamburg zur "kulturellen Umzingelung" des Bergwerksgeländes bei Gorleben ein älteres französiches Ehepaar mitfuhr. Der Protest gegen die Atomkraft bekommt langsam aber sicher internationale Dimensionen.


Beginn einer Trendwende?

Ob mit Herrn Hollande (Frankreich, Parti socialiste, Vorsitzender) im Amt des französischen Staatspräsidenten alles besser werden würde, sei dahingestellt. Auf jeden Fall würde so einiges anders werden. Die eine oder andere Änderung könnte auch über Frankreichs Grenzen hinaus Auswirkungen haben.

Was Frankreichs Atomkraftwerke betrifft, ist von Herrn Hollande zwar keine wirkliche Änderung zu erwarten, aber seinen Äußerungen im Vorfeld der Wahl ist zu entnehmen, dass er beabsichtigt einen Kurswechsel - weg von immer mehr Atomkraftwerken, hin zu einer Reduzierung des Atomstromanteils - einzuleiten. In der "Grande Nation Nucléaire" dürften derartige Tendenzen schon fast als eine zweite französiche Revolution empfunden werden.

Konkret hat Herr Hollande aber immerhin angekündigt, er wolle während seiner Amtszeit den mehr als 30 Jahre alten Pannenmeiler "Fessenheim" an der deutsch-französischen Grenze außer Betrieb nehmen. Langfristig strebt er eine Reduzierung des Anteils der Atomkraft an der französischen Energieversorgung von derzeit 75 auf 50 Prozent an.

Da Herr Sarkozy auch vor Subventionen für den Bau neuer Atomkraftwerke mit europäischen Steuergeldern nicht zurückschreckt, wäre Herr Hollande aus meiner Sicht - zumindest mit Blick auf die permanente Bedrohung durch europäische Atomkraftwerke - auf jeden Fall das kleinere Übel. Und das Problem (falls es denn eines ist), dass Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) offensichtlich überhaupt nicht weiß, wie sie mit Herrn Hollande umgehen soll, wird sich hoffentlich mit der Bundestagswahl im nächsten Jahr von selbst erledigen.


(Quellen: Tagesschau vom 04.05.2012, und vom 03.05.2012, TAZ vom 02.05.2012, Tagesschau vom 01.05.2012und vom 28.04.2012, contrAtom vom 15.03.2012, Der Westen vom 27.01.2012)

1 Kommentar:

Helmut hat gesagt…

Ich hoffe auf einen Sieg Hollands, damit das Duo Merkoszy der Vergangenheit angehört. Wenn ich im Netz die Kommentare in den deutschen Medien dazu lesen wird klar, daß die Mainstream-Medien den Wahlsieg Hollands verhindern wollen. Holland steht ja nicht unbedingt für eine neoliberale Politk. Aber die Märkte, wer oder was das immer sein mag, sehen das natürlich gänzlich anders.
Salut
Helmut

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