Passend dazu fällt der Blick auf die Titelseite der Nordsee-Zeitung heute auf die Schlagzeile "Stromverbraucher sollen haften". Herr Rösler (FDP, Bundeswirtschaftsminister) plane eine Offshore-Umlage, für die Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee. Damit sollen die Netzbetreiber künftig Ausgleichszahlungen an die Betreiber der Windparks, die durch Leitungsprobleme bei der Landanbindung fällig werden, über den Strompreis stärker wieder hereinholen können.
Damit würden die Geschäftsrisiken der Energiebranche - wie schon bei der Atomkraft oder bei den fossilen Energieträgern - wieder einmal sozialisiert werden, während die Gewinne wie gwohnt in den Kassen der Konzerne verbleiben. Anstatt, dass die Gesellschaft für das Risiko der Netzbetreiber haftet, sollten diese ihre Kosten gefälligst real kalkulieren und den Energiekonzernen entsprechend in Rechnung stellen. Diese werden ihre jeweiligen Kosten ja ohnehin an die Verbraucher weitergeben, die dann - je nachdem, ob sie Energie verschwenden oder sorgsam damit umgehen - mehr oder weniger an die Energieversorger zu zahlen hätten.
Dabei könnte ich gut damit leben, wenn die Beschleunigung des Netzausbaus und die Anbindung der Offshore-Windparks zugunsten der Energiewende für eine Übergangszeit subventioniert werden würden. Dafür müsste dann aber sowohl mit den versteckten, wie auch mit den offenen Subventionen für die Atonkraftwerksbetreiber und die Betreiber fossil befeuerter Kraftwerke endlich Schluss sein.
Greenwashing
Wenn man aber weiß, dass einer der Großen im Geschäft mit der Offshore-Windkraft der französiche Atomkonzern "Areva" ist, dann wird man sehr schnell feststellen, dass sich hier die sprichwörtliche Katze "in den eigenen Schwanz beißt". "Areva" ist im Jahre 2001 aus der Fusion der Konzerne "CEA-Industrie" (Frankreich, lt. Wikipedia eine staatliche Einrichtung mit gewerblichem und kommerziellem Charakter), "Cogema" (Frankreich, Ableger der CEA, u. a. Aufarbeitung abgebrannter Brennelemente in La Hague), "Framatome ANP" (Zusammenschluss der deutschen "Siemens Nuclear Power" SNP und der französischen "Framatome", einer Areva-Tochter) und "Framatome Connectors International" (FCI) hervorgegangen. Die deutsche SNP war der Nachfolger der "Kraftwerk Union AG" (KWU) die wiederum als gemeinsames Tochterunternehmen von Siemens und AEG für den Bau von Atomkraftwerken gegründet worden war.
Wirft man einen Blick auf die Startseite des Internetauftritts des Konzerns, der mit "Lösungen für Stromerzeugung mit weniger CO2" wirbt, dann ist dort von Windenergie erst einmal nichts zu sehen. Sattdessen findet man dort diese Auflistung des auch weiterhin bei weitem größten Geschäftsfelds des französischen Atomkonzerns:
- Kernenergie
- Auslegung und Bau von Reaktoren
- Dienstleistungen für Kernkraftwerke
- Brennstoff und Brennelemente
- Wiederaufarbeitung und Rückbau
Auf Neudeutsch nennt man so etwas heutzutage "greenwashing" (grün waschen). Bei einer vorübergehenden Subventionierung der Offshore-Windenergie müsste daher aus meiner Sicht dahingehend differenziert werden, an welche Firmen die Anschub-Finanzierungen geleistet werden. Atommüllproduzenten und fossile Klimakiller müssten davon grundsätzlich ausgeschlossen werden - es sei denn, sie würden zuvor unumkehrbar auf ihre schmutzigen Geschäfte, mit denen sie die Zukunft aller nachfolgenden Generationen und das Leben auf unserem Planeten gefährden, verzichten.
Eine Absurdität unseres Wirtschaftssystems
In einer Pressemitteilung schrieb das "Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung" (PIK) im November des letzten Jahres, Herr Steiner (Umweltprogramm der Vereinten Nationen "UNEP", Exekutivdirektor) habe die Subventionen für die international operierenden Kohle- und Ölkonzerne während seiner "Climate Lecture 2011" an der Technischen Universität Berlin als "eine Absurdität unseres Wirtschaftssystems" bezeichnet. Diese Subventionen zu beenden, könne eine große Chance für den globalen Klimaschutz sein. In seiner Pressemittteilung zitiert das PIK Herrn Steiner mit den Worten: "Wir haben Unmengen Möglichkeiten – wenn es gelingt, die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik zu mobilisieren". Die Welt solle stärker auf die Wissenschaft hören, deren Erkenntnisse sich immer mehr verdichten. Klimaschutz sei daher trotz verbleibender Fragen und Unsicherheiten schlicht ein "vernünftiges Risiko-Management".
Einflussreiche Politiker, darunter auch Herr Obama (USA, Präsident, Gastgeber des G8-Gipfels), haben AVAAZ zufolge bereits zugesagt, diese Zahlungen an die Klimakiller mit ihren fossilen CO2-Schleudern zu beenden. Herr Obama versuche derzeit ein Gesetz durchzusetzen, mit dem die Zahlungen in den USA gestoppt werden würden.
Wie der Online-Ausgabe des Handelsblatts vom 17.03.2012 zu entnehmen ist, denkt Herr Obama dabei nicht einmal vorrangig an den Klimaschutz. Wenn er die Abschaffung von Subventionen für große US-Ölkonzerne fordert, dann verfolgt Herr Obama damit durchaus auch die ureigensten Interessen der USA. Ihm geht es darum, dass die Vereinigten Staaten weniger abhängig von Energieimporten werden.
Das letzte Wort über die Entscheidung bezüglich der Subventionen für die Öl-Multis haben allerdings die Abgeordneten des US-Kongresses. Dort haben jedoch die politischen Handlanger der Öl-Konzerne, die Republikaner, die Mehrheit und somit auch das Sagen. Und die werden alles denkbar mögliche unternehmen, um die ihnen nahestehenden Konzerne zu schützen und um Herrn Obama und den Demokraten zu schaden - schließlich ist Wahlkampfzeit in den USA.
Aus einer E-Mail von AVAAZ geht hervor, dass Neuseeland, Mexiko und die Schweiz bereits jetzt ein internationales Abkommen gegen die Subvention fossiler Energieträger fordern. Entscheidungsträger aus 20 Ländern, darunter neben den USA (genauer gesagt: Herrn Obama) auch Brasilien und China, hätten ihre Unterstützung zugesagt. Alle G8-Staatschefs haben laut AVAAZ öffentlich versprochen, diesen schmutzigen Subventionen ein Ende zu setzen. Würden die Politiker ihren Worten auch Taten folgen lassen und diesen gigantischen Dollar-Betrag in die Nutzung erneuerbarer Energien investieren, dann wäre das ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels.
Petition:
Keine Subvention der Klimakatastrophe
Aufgrund ihrer weiterhin zu hohen Emissionen klimarelevanter Gase nähert sich die Menschheit mit rasender Geschwindigkeit der "maximal plus 2 Grad" Marke. Ist dieser Punkt erst einmal überschritten, dann wird sich der Klimawandel selbst verstärken und mit technischen Mitteln nicht mehr aufzuhalten sein. Um den verantwortlichen Politikern zu zeigen, dass die Bürger ihrer Länder nicht länger bereit sind zuzusehen, wie die politischen Entscheidungsträger unsere Welt - und die aller nachfolgenden Generationen(!) - sehenden Auges auf den Abgrund der Klimakatastrophe zusteuern, hat AVAAZ eine Petition an die Politiker der G8- und der G20-Staaten verfasst. Damit werden diese aufgefordert, den Steuergeldzahlungen an die Klimakiller einen Riegel vorzuschieben und die somit eingesparten Gelder in die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu investieren. Die Petition lautet:
An die Entscheidungsträger der G8 und G20:
Als beunruhigte Bürger der Welt fordern wir Sie auf, Ihr Versprechen, Steuergeldzahlungen an die fossile Brennstoff-Industrie ein Ende zu setzen, zu halten und noch einen Schritt weiter zu gehen, indem Sie diese Gelder stattdessen in saubere Energie leiten. Wir benötigen einen Wendepunkt im Kampf um unseren Planeten. Wir rufen Sie dazu auf, beispielhaft voranzugehen und dann ein Beenden der Zahlungen an Verschmutzer zur wichtigsten Priorität des Umweltgipfels von Rio zu machen.
Die Petition kann jeder, der sich ihr anschließen möchte,
auf der Internetseite von AVAAZ online unterzeichnen.
auf der Internetseite von AVAAZ online unterzeichnen.
(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 19.05.2012, Frankfurter Rundschau vom 11.05.2012, Handelsblatt vom 17.03.2012, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) vom 14.11.2011, Pressemitteilung der TU-berlin vom 14.11.2011, TAZ vom 05.10.2011, KlimaLounge vom 10.07.2009, "Kipp-Punkte im Klimasystem" - UBA 2008, AVAAZ, Wikipedia)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Eigene Meinungen, konstruktive Kritik, Anregungen etc. sind jederzeit willkommen.
Nettikette
Bitte achtet auf den »guten« Ton.
Beschimpfungen und ähnliches werden im Papierkorb veröffentlicht.
Anonyme Kommentare:
Wenn ihr "Anonym" bei "Kommentar schreiben als" auswählt, dann lasst mich und die anderen Leser bitte wissen, wer ihr seid.
Um faire Diskussionen zu gewährleisten, werde ich Kommentare ohne "Identität" in Form einer E-Mail-Adresse, einem Namen oder zumindest einem Nicknamen nicht veröffentlichen!
Zum Schutz vor Spammern müssen die Kommentare erst von mir freigeschaltet werden. Ich bitte dafür um euer Verständnis.