Dienstag, 15. Mai 2012

Einwände gegen AKW-Neubau "Temelin" bis 5. Juni

Atomkraft? Nein Danke!Ebenso wie schon gegen die Pläne Polens zum Einstieg in die Nutzung der Atomenergie, ist auch bei der Erweiterung der tschechischen Atomkraftanlage "Temelín" eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorgeschrieben. Die Regierung Tschechiens will die bisher aus zwei Atomreaktoren bestehende Anlage mit zwei weiteren Reaktoren aufrüsten.

Bereits im Jahre 2010 waren zahlreiche Stellungnahmen gegen die Neubaupläne eingegangenen. Jetzt gibt es ein "Gutachten zu den Unterlagen über die Umweltverträglichkeitsprüfung ..". Es bewertet die UVP sowie alle dazu eingereichten Stellungnahmen. Im Rahmen der grenzüberschreitenden UVP haben zur Zeit alle Bundesbürger die Möglichkeit, gegen dieses Gutachten Stellung zu beziehen. Die Frist dafür endet am 5. Juni.

Tschechien produziert jetzt schon mehr Strom, als es selbst benötigt. Das Land ist ein Stromexporteur. Es gibt keine plausible Erklärung, die Tschechien für eine zusätzliche Stromerzeugung mit Atomkraftwerken vorweisen könnte. Hinzu kommt noch, dass unser südöstliches Nachbarland den Atomkraftwerksneubau offenbar aus eigener Kraft gar nicht leisten könnte: Es ist eines der vier Länder, die in Brüssel gefordert haben, dass der Neubau von Atomkraftwerken aus EU-Steuermitteln subventioniert werden soll. Irgendwie kann ich es nicht verhindern, dass sich mir da so "gewisse Gedanken" aufdrängen.

Wie schon im Falle Polens hat das Umweltinstitut München auch gegen die Neubaupläne in der tschechischen Atomkraftanlage "Temelín" wieder eine E-Mail Vorlage vorbereitet. Diese hat folgenden Wortlaut:

Ministerstvo Životního Prostredí
100 10 Praha 10 - Vršovice
Vršovická 65

Tschechische Republik

E-mail: temelin@mzp.cz

Kopie an:
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit
Abteilung 9
Rosenkavalierplatz 2
81925 München

E-mail: gke@stmug.bayern.de
Mit Bitte um Bearbeitung und Weiterleitung

Einwendung / Stellungnahme zum Gutachten zu den Unterlagen über die UVP gem. Ges. Nr. 100/2001 GBl. i.d.g.F. 'Neue Kernkraftanlage am Standort Temelín einschl. Ableitung der Generatorleistung in das Umspannwerk mit Schaltanlage Kocín'

Sehr geehrte Damen und Herren,
zum oben genannten Gutachten zur UVP - Neubau der Blöcke 3 und 4 am AKW-Standort Temelín - nehme ich im Rahmen der grenzüberschreitenden Öffentlichkeitsbeteiligung wie folgt Stellung:

Durch die geplante Erweiterung der Atomanlage Temelín um zwei Blöcke sehe ich meine Gesundheit sowie die meiner Kinder und Enkel und die Sicherstellung unbelasteter Nahrung gefährdet. Tschernobyl und Fukushima haben eindrücklich bewiesen, dass Atomkraft nicht beherrschbar ist und Radioaktivität keine Grenzen kennt.

Ich weise darauf hin, dass die Frist von 30 Tagen für eine Stellungnahme viel zu knapp ist - eine umfassende Prüfung von mehr als 2000 Seiten ist in der kurzen Zeit nicht möglich. Deshalb behalte ich mir Ergänzungen vor.

Das vorliegende UVP-Verfahren weist Mängel hinsichtlich der gesetzlich geforderten Inhalte auf. Außerdem ist die tschechische Regierung 2010 vom Europäischen Gerichtshof verpflichtet worden, das tschechische UVP-Verfahren mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen, vor allem in Bezug auf die in der europäischen UVP vorgesehene Bürgerbeteiligung. Dies wurde bislang nicht umgesetzt.

Aus folgenden Gründen lehne ich den Ausbau der Atomanlage Temelín ab:
  • Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es in der Atomkraftnutzung nicht, auch nicht mit Reaktoren der 3. oder 4. Generation.
  • Schwere Unfälle mit radioaktiver Freisetzung sind nicht auszuschließen und werden von keiner Versicherung der Welt versichert.
  • Die Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt - vom Uranabbau über Anreicherung, Betrieb und Rückbau von Atomkraftwerken sowie der Entsorgung der radioaktiven Abfälle wurden nicht umfassend untersucht, Risiken wurden entweder nicht dargestellt oder verharmlost.
  • Auch im Normalbetrieb setzen Atomkraftwerke Radioaktivität frei. Die Deutsche KiKK-Studie (Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken) hat eindeutig erwiesen, dass Kleinkinder in der näheren Umgebung von Atomkraftwerken ein signifikant höheres Risiko haben, an Leukämie oder anderen Krebsarten zu erkranken. Entsprechende Studien in anderen Ländern kommen zum gleichen Ergebnis.
  • Bis heute gibt es weltweit kein einziges betriebsbereites Endlager für hochradioaktive Abfälle, die über eine Million Jahre sicher von der Biosphäre abgeschirmt werden müssen. Ein Entsorgungskonzept dafür gibt es auch in Tschechien nicht.
  • Alternativen zur Erweiterung der Atomanlage in Temelín wurden nicht ausreichend untersucht und schon gar nicht hinreichend gewürdigt. Auch die Nullvariante, die zwingend vorgesehen ist, wurde nur unzureichend betrachtet. 
  • Statt das Risiko der Atomkraft auszubauen, sollte besser in die Entwicklung nachhaltiger erneuerbarer Energien investiert werden. Sie können einen wesentlich höheren und risikoärmeren Beitrag zum Klimaschutz leisten als die ohnehin zeitlich begrenzte Atomenergienutzung.

Tschechien ist eines der vier Länder, die erst kürzlich EU-Subventionen für den Ausbau der Atomkraft gefordert haben. Keinesfalls bin ich damit einverstanden, dass unsere Steuergelder für eine Förderung dieser Risikotechnologie verwendet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Die Stellungnahme kann auf der Internetseite des Umweltinstituts München online unterzeichnet und abgeschickt werden. Der Text kann dort auch individuell ergänzt oder geändert werden.

Weiterführende Informationen, sowie das vorgenannte, 250 Seiten umfassende Gutachten (in deutscher Sprache) stellt das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit auf seiner Internetseite zur Verfügung.


(Quellen: Umweltinstitut München, Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, Umweltbundesamt Östereich)

1 Kommentar:

Frau Momo hat gesagt…

Unterschrieben und per Mail an einige Menschen weitergeleitet.

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