Dienstag, 2. September 2008

Algen für "grünes Kraftwerk" ?

Statt CO2 kommt Biomasse aus dem Kraftwerk

Der Energiekonzern E.on nimmt zusammen mit der Stadt Hamburg und weiteren Kooperationspartnern eine Algen-Pilotanlage in Betrieb. Das CO2 aus einem Kohle- oder Gaskraftwerk soll durch einen Reaktor mit Mikroalgen geleitet werden. Durch Photosynthese sollen die Algen das CO2 in Biomasse umwandeln. Anstatt seine klimaschädigende Wirkung in der Athmosphäre zu entfalten, soll es in Form von Biomasse gebunden werden. Diese könnte zu Bio-Treibstoff weiterverarbeitet werden, mit dem dann Autos betrieben werden könnten.
  • Tolle Idee?
  • Ganz und gar nicht!
Anstatt gleich aus dem Kraftwerk in die Atmoshäre zu gelangen, wird das CO2 lediglich verzögert aus dem Auspuff der Autos freigesetzt und trägt so nachträglich doch zur Verstärkung des Treibhauseffektes bei. Für das Klima ist damit also absolut nichts gewonnen.


Als CO2-Filter für Kraftwerke ungeeignet

Bernhard Fischer (Mitglied des E.on-Vorstandes) verkündete, die eine Million Euro teure Pilotanlage sei europaweit einzigartig. In Klötze (Sachsen-Anhalt) steht jedoch bereits seit Jahren eine Anlage, die um den Faktor 100 größer ist als die Pilotanlage in Hamburg. Diese produziert dort seit zwölf Jahren in Glasröhren, mit einer Gesamtlänge von 500 Kilometern und einem Volumen von 500 Kubikmetern, aus Mikroalgen der verwandten Art Chlorella vulgaris 50 Tonnen Biomasse pro Jahr für Lebensmittel.

Herbert Märkl, Spezialist für Bioverfahrenstechnik von der Technischen Universität Hamburg-Harburg, der sich lange Jahre mit Algenkulturen und technischen Aspekten von Algenreaktoren beschäftigt hat, sagt, 45 Tonnen CO2 pro Jahr seien realistisch. Das reiche jedoch nicht aus, um Kohlekraftwerke CO2-frei zu bekommen.

Im Zusammenhang mit der E.on-Anlage spreche man über 400 Tonnen CO2 pro Jahr, die mit einem Hektar Algenreaktorfläche gebunden werden sollen. Draus ließen sich etwa 160 Tonnen Biomasse gewinnen. Kohlekraftwerke emittieren aber zwischen 2 bis 27 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.

Millionen Tonnen - nicht Tonnen.

Herr Märkl sagt dazu, ein bescheidenes 500 Megawatt-Kohlekraftwerk verbrauche 3000 Tonnen Kohle am Tag. Um die daraus frei werdende Menge CO2 zu binden, bräuchte man einen Biomassezuwachs von 5000 Tonnen pro Tag.

Die E.on-Anlage soll 160 Tonnen Biomasse pro Jahr produzieren. Das wäre weniger als eine halbe Tonne pro Tag.


Fazit

Unter dem Aspekt, dass mit einer Algenrekator-Anlage aus einem klimaschädigenden Kohle- oder Gaskraftwerk ein "grünes Kraftwerk" werden soll, sind die eine Million Euro Forschungsgelder für die E.on "Pilotanlage" bereits jetzt zum Fenster hinausgeworfenes Geld.

Meine Meinung

Es wird endlich Zeit, dass die Verantwortlichen aller Nationen in Politik und Wirtschaft endlich einsehen, dass die Menschheit nicht auch noch den Rest der verbliebenen fossilen Energieträger verfeuern kann, ohne dass die prognostizierte Klimakatastrophe Wirklichkeit wird.

Dabei ist es unerheblich, ob die Treibhausgase sofort, oder verzögert aus wie auch immer gearteten CO2-Deponien in die Atmosphäre gelangen. Anstatt "weitermachen wie bisher" unter dem grünen Deckmantel innovativer Filter- und Deponie Techniken, sind der Ausbau regenerativer Energiekonzepte und die Entwicklung und Inbetriebnahme völlig neue Technologien gefragt - und das so schnell wie möglich.

Im Klimareport der Vereinten Nationen von 2007 kann jeder nachlesen, dass der Welt nicht mehr viel Zeit bleibt, um wenigstens das schlimmste noch zu verhindern.



Quelle: Spiegel-Online

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