Donnerstag, 3. November 2011

Harakiri

Atommüll, Fukushima und die strahlende Kartoffelscheune (© Greenpeace 2011)

Obwohl ihm schon klar sei, dass es kein Beweis für die Sicherheit ist, hat Herr Yasuhiro Sonoda (Japan, Parlamentsabgeordneter) im Beisein von Journalisten ein Glas Wasser ausgetrunken, das aus der Dekontaminierungsanlage in Fukushima stammte. Bei diesem merkwürdigen Ritual soll er sichtlich nervös gewirkt haben.

Das östereichische online Magazin "Heute" zitiert Herrn Sonoda mit den Worten: "Der beste Weg wäre es, der Öffentlichkeit Daten vorzulegen." Da er jedoch immer wieder von Journalisten aufgefordert worden sei, zu beweisen, dass die Region um das zerstörte Kraftwerk sicher sei, habe er sich dazu entschlossen, das Wasser zu trinken ...

  • Früher war es für Japaner ja durchaus üblich, Harakiri zu begehen, bevor ihnen das im Jahre 1868 verboten wurde. Wie man hört, soll es aber auch immer wieder welche gegeben haben, die sich über dieses Verbot hinweggesetzt haben ...


Es ist noch nicht vorbei ...

Dass es nach dem Super-GAU in der Umgebung der zerstörten Atomkraftanlage alles andere als sicher ist, kann man unter anderem einem Bericht des Spiegel vom 31.10.2011 entnehmen. Die Arbeiter seien auf dem Gelände der Atomkraftruine noch immer damit beschäftigt, die Strahlung einzudämmen. Einer neueren Studie zufolge sei infolge des Reaktorunglücks doppelt so viel radioaktives Cäsium 137 in die Atmosphäre gelangt, wie zuerst bekanntgegeben worden war. Dem Spiegel zufolge geht die Regierung Japans inzwischen davon aus, dass es wohl "dreißig Jahre" dauern könnte, bis es gelingt, die zerstörte Atomkraftanlage endgültig stillzulegen - was aus meiner Sicht allerdings voraussetzt, dass sich die Lage dort nicht noch verschlechtert.

Dafür, dass es noch schlimmer kommen könnte sprechen unter anderem Messungen, bei denen kürzlich die radioaktiven Edelgase Xenon 133 (Halbwertszeit 5,25 Tage) und Xenon 135 (Halbwertszeit 9,1 Stunden) nachgewiesen wurden. Aufgrund ihrer sehr kurzen Halbwertszeiten können die Gase nicht mehr aus dem normalen Betrieb vor den Super-GAUs in den Reaktoren stammen und sind daher ein Indiz für weitere, unkontrollierbare Kernspaltungsprozesse in der Atomkraftanlage "Fukushima-I".

Wie mehrere Zeitungen berichteten, versucht die Betreiberfirma "Tepco" auch diesen Vorfall wieder herunterzuspielen. Aus dem Hause Tepco sei zu hören, man gehe nicht davon aus, dass es zu einer Änderung im Zeitplan kommt. Aber was die Einschätzungen Tepcos angeht, sind wir inzwischen ja schon des öfteren eines besseren belehrt worden. Äußerst mysteriös ist auch die Aussage eines Sprechers von Tepco, derzufolge nach Bekanntwerden der unkontrollierten Kettenreaktion in der Ruine außerhalb der Anlage keine Radioaktivität festgestellt worden sei. Immerhin ist die Radioaktivität infolge des Super-GAUs dort so hoch, dass weite Gebiete im Umkreis der Anlage evakuiert werden mussten.

"Keine Radioaktivität" ist jedenfalls glatt gelogen.


Hierzulande sind die Politiker ja nicht so sehr für Harakiri zu haben. Die opfern stattdessen lieber ein paar vermeintlich harmlose Bauern und lagern den Atommüll der vergangenen 60 Jahre - und natürlich auch noch den der nächsten 10 Jahre - erst einmal in einer "Kartoffelscheune" zwischen. Unter der Erde, im Salzstock bei Gorleben, werden derweil still und heimlich weiterhin Fakten geschaffen ...
- immer schön nach dem Motto: "Die im Dunkeln sieht man nicht."

Wenn die sich da man nicht täuschen. Der Skandal um das marode, einsturzgefährdete Atommülllager im ehemaligen Salzbergwerk "Asse-II" ist ja schließlich auch schneller ans Licht gekommen, als sie es sich gedacht hatten. Und was die vermeintlich harmlosen Bauern-Opfer angeht: Die lassen gerade schon mal die Motoren ihrer Trecker warmlaufen und werden den Atomkonzernen und ihren politischen Handlangern auch jetzt wieder gehörig auf die Füße treten. Und alle anderen, die sich nach "Tschernobyl", nach "Asse-II" und nach "Fukushima" ebenfalls nicht mehr für dumm verkaufen lassen, werden sich am 26.11.2011 auf den Weg nach Gorleben machen, um den vermeintlich harmlosen Bauern im Wendland mit ihrem Protest zur Seite zu stehen.


Gorleben Castor 2011

(Quellen: Greenpeace vom 02.11.2011, Yahoo Nachrichten vom 02.11.2011, Die Welt vom 02.11.2011, Stern vom 02.11.2011, Kölner Stadtanzeiger vom 01.11.2011, Heute.at vom 01.11.2011, Spiegel vom 31.10.2011)

3 Kommentare:

Hermann hat gesagt…

Ach, in Gorleben lagert der Atommüll doch sicher. Gut bewacht von Polizei und Gegnern. Wie oft ich in Gorleben gewesen bin, kann ich gar nicht sagen.

Ich dachte, nach Gorleben gibt es keine Steigerung mehr. Aber es kann immer noch schlimmer kommen. Gestern sah ich eine Sendung über Versunkung von Atommüll. Deutschland hat damit 1967 begonnen, Atommüllfässer in den Atlantikkullern zu lassen. westlich der spanischen Küste. Später fanden unsere Nachbarländer das auch toll und haben auch Fässer in den Atlantik gekullert. Das soll so bis Anfang der 80ger Jahre gegangen sein. Da liegt der Müll nun in 4000 Meter Tiefe, und die Fässer rosten vor sich hin???!!!???

Ich erinnern mich noch sehr gut an die Anfänge mit AKWs. Alle glaubten, dass sei eine tolle Sache, Strom soviel man will und billig. Na ja,heute sind wir schlauer

Frau Momo hat gesagt…

Ist nicht auch Herr Töpfer mal in den Rhein gehüpft? Das war eine ähnlich schwachsinnige Aktion, wenn auch nicht ganz so gefährlich.
Es ist schon beängstigend, was in Fukushima noch vor sich geht und wie sehr die Verantwortlichen das verharmlosen.
Ich wäre mir aber nicht sicher, ob das hier so viel anders wäre. Nur glaube ich, das wir hier eine kritischere Öffentlichkeit haben.
Wir treffen uns am 26.! Der Castor soll ja am 27. anrollen.

juwi hat gesagt…

@Hermann: Diese Sünde aus der Vergangenheit habe ich auch noch auf meiner Liste ...

@Frau Momo: Auch hierzulande kommen ja immer Sebstmorde vor. Den guten Herrn Töpfer hat damals allerdings schon niemand für ernst genommen. Ich kann im Moment nicht sicher sagen, wer das damals gewesen ist, aber irgendeiner der Herren Politiker hat ja auch einmal (angebliche) Dünnsäure getrunken, um zu beweisen, dass die Kohlkopf-Tumore der Fische im ehemaligen Verklappungsgebiet von Kronos-Titan in der Nordsee angeblich ganz bestimmt nicht auf die Säure zurückzuführen sind. | Es ist ja eher unwahrscheinlich, dass wir uns in der Menge bei der Kundgebung in Dannenberg zufällig begegnen. Wollen wir einen Treffpunkt und eine Zeit verabreden?

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