Mittwoch, 16. November 2011

Wer dem Teufel seine Seele verpfändet

Atomkraft? Nein Danke!Bei Spaßveranstaltungen gibt es manchmal eine besondere Anerkennung für die Teilnehmer, die am weitesten fahren mussten um an der Veranstaltung teilnehmen zu können. Im folgenden Fall wären wohl drei Gäste aus Japan mit einer solchen Anerkennung bedacht worden. - Nur ist der Anlass für ihre weite Reise leider alles andere als eine Spaßveranstaltung.

Die Umweltschutzorganisation "Greenpeace" kündigte gestern auf ihrer Internetseite an, Opfer des Super-GAUs in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" würden sich am ersten Adventswochenende an den Protesten gegen den anstehenden Castortransport im Wendland beteiligen. Sie hätten die Absicht, den Menschen in Deutschland von ihren Erfahrungen mit dem Super-GAU zu berichten und sie vor den unkalkulierbaren Risiken der Atomkraft warnen. "Greenpeace" schreibt über die Gäste aus Japan (Zitat):
  • "Die Japanerin Kanako Nishikata (34) stammt mit ihren beiden Kindern Kaito (11) und Fuu (9) aus Fukushima-Stadt. Die Familie musste nach der Reaktorkatastrophe ihr Heim verlassen und lebt nun in Yonezawa.
  • Biobäuerin Tatsuko Okawara (57) lebt 40 Killometer von der Atom-Ruine entfernt in Tamura. In großer Verunsicherung baut sie weiter Gemüse an, das ökologischen Standards genügen soll. Staatliche Kontrollen finden kaum statt. Hilfe erhält sie nur von örtlichen Umweltorganisationen wie Greenpeace.
  • Taro Yamamoto ist ein in Japan äußerst beliebter Schauspieler. Der Atomkraft steht er seit langem ablehnend gegenüber. Seit dem Reaktorunglück engagiert er sich aktiv in der japanischen Anti-Atomkraft-Bewegung."


Wie im falschen Film

Ich habe mich an Mahnwachen anlässlich der dreifachen Katastrophe in Japan beteiligt. Ich habe an vielen Demonstrationen gegen die Absicht der Atomkonzerne und ihrer politischen Handlanger, die Betriebsgenehmigungen für die deutschen Atomkraftwerke bis zum St. Nimmerleinstag zu verlängern, teilgenommen. Nie vergessen werde aber ich das Wochenende, an dem ich zur Menschenkette nach Stuttgart gefahren war. An diesem Tag wurden zum zweiten Mal in der Geschichte des Atomzeitalters genau die Ereignisse zur Realität, vor denen wir seit Jahrzehnten immer wieder gewarnt hatten ...

Die ersten Stunden, in denen sich anhand der ersten Nachrichten aus Japan vor meinem inneren Auge nach und nach ein Bild von den Schäden in der Atomkraftanlage "Fukushima-I" entwickelte, haben sich fest in meine Erinnerung eingebrannt. Diese Nachrichten wurden von Besitzern von Mobiltelefonen an die Umstehenden Teilnehmer an der Menschenkette entlang des Neckars bis nach Stuttgart weitergegeben und verbreiteten sich so unter den Demonstranten.

Aus Gesprächen, die ich an diesem Tag mit wildfremdem Menschen geführt habe, ist mir bekannt, dass sich viele meiner Mitstreiter fühlten, als seien sie im "falschen Film". Ich habe diese Stunden und diesen Tag ähnlich in der Erinnerung behalten. Schon während der Fahrt in der S-Bahn von der Menschenkette beim Atomkraftwerk "Neckarwestheim" zurück zur Kundgebung in Stuttgart wurde mir klar, dass die Folgen schreckliche Konsequenzen für die Menschen in der Umgebung der Atomkraftanlage haben würden. Auch wenn es von offizellen Stellen erst sehr viel später zugegeben wurde: Anhand unseres Wissens über den Super-GAU in Tschernobyl im April 1986 und der ersten, spärlichen Informationsbrocken aus dem Radio und dem Internet gingen meine Mitstreiter und ich bereits am Tag der Demonstration in Stuttgart davon aus, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Kernschmelze gekommen sein musste.


Es (be)trifft uns alle, ...

Wir - hier in Deutschland - sind (noch) nicht von den Folgen eines Super-GAUs in einem Atomkraftwerk auf deutschem Boden betroffen. Wir kämpfen gegen unsere eigenen, vergleichsweise (noch) relativ geringen Probleme, mit denen uns die wespenfarbenen Handlanger der Atomkonzerne seit mehr als zwei Jahren konfrontieren. Der Schaden, der in unserem Lande durch die sogenannte "friedliche Nutzung der Atomkraft" zur Energieerzeugung im Verlauf der letzten sechzig Jahre jedoch bereits angerichtet wurde, ist vor Ablauf vieler Millionen von Jahren nicht mehr zu beheben. Er lässt sich aber - zumindest in unserem Lande - immer noch begrenzen: Es darf nicht noch einmal mehr als zehn Jahre dauern, bis endlich Schluss ist, mit der Atommüllproduktion.

Jetzt kommen Menschen aus Japan, aus der Region um die "Atomkraftanlage Fukushima-I", zu uns nach Deutschland, nach "Gorleben" im Wendland, um uns vor dem zu warnen, was in unserer Vorstellung der wahrgewordene Alptraum ist. Für unsere Gäste aus Japan, für ihr Leben, für ihre Zukunft und die ihrer Kinder ist das seit dem März dieses Jahres schreckliche Realität. Das Erdbeben riss sie brutal aus dem Traum vom erdbebensicheren Atomkraftwerk.

Ich fühle mich durch den Besuch aus Japan geehrt. Die Japaner haben eine weite Reise auf sich genommen, um uns in unserem Kampf gegen den atomaren Irrsinn den Rücken zu stärken. Dabei wären es eigentlich unsere Gäste, die es viel nötiger hätten, dass wir ihnen den Rücken stärken. Vielleicht hilft es aber uns allen, den Atomkraftgegnern überall in der Welt, dass wir uns des weltweit wachsenden Widerstands und der gegenseitigen Solidarität im Kampf gegen die Atomkraft bewusst sind.


... auch die Franzosen

Auch am anderen Ende des Castor-Transports, in "der Atomnation" Frankreich, erwacht der Widerstand gegen die Atomkraft. Vor drei Wochen hatten 20000 französiche Atomkraftgegener in Rennes gegen den Bau des neuen EPR-Reaktors in Flamanville (Frankreich, Bretagne) demonstriert.

In der Ortschaft Valognes befindet sich die Verladestation für die Castoren vom Lkw auf die Schiene. Wie die "Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg" (BI) auf ihrer Internetseite gestern mitteilte, wird dort für die Tage vom 22. bis zum 24.11.2011 gerade das erste Blockadecamp gegen die Castortransporte auf französischem Boden organisiert. Demnach machen die französichen Atomkraftgegner seit Wochen für das Camp mobil. In vielen Ortschaften finden derzeit Vorbeitungsveranstaltungen statt. Die Organisatoren erwarten bis zu 1000 Teilnehmer.

Wie die BI weiter berichtet, wird die französiche Polizei mit einem massiven Aufgebot vor Ort sein. In Frankreich sei es das erste Camp gegen das deutsch-französische Atomprogramm. Die Menschen dort hätten bisher wenig praktische Erfahrungen damit, wie so eine Blockade ablaufen kann. Die Vorbeitungsgruppe sei daher ein wenig skeptisch, ob sich das Vorhaben, den Castor zu blockieren, wirklich in die Tat umsetzen lässt.

Die Information darüber, wo genau das Camp stattfindet, werde sehr kurzfristig im Internet bekanntgegeben. Wer sich auf den Weg machen wolle, um den französischen Demonstranten den Rücken zu stärken, der könne sich im Blog des Camps informieren.


Wer dem Teufel seine Seele verpfändet

Nur für Herrn Schröder (CDU, Samtgemeinde Gartow, Bürgermeister) und seine Anhänger sei die Welt im Wendland noch in Ordnung. Dank der in Ansiedlungsverträgen vereinbaren jährlichen Zahlung in Höhe von 830000 Euro habe die Samtgemeinde Gartow keine Schulden und ohne das Geld hätte es das Thermalbad oder die Mehrzweckhalle wohl nie gegeben. Die BI zitiert Herrn Schröder auf ihrer Internetseite mit den Worten: "Wir haben einen Anspruch, dass Gorleben zu Ende erkundet wird. Irgendwann muss da mal ein Ergebnis her." Sollte das Atommülllager im Salzstock bei Gorleben nicht zu Ende gebaut werden und auch das oberirdiche Atommülllager aufgelöst werden, wisse er nicht ob die Gemeinde so noch bestehen könne.
Wer als Gegenwert für Ruhm, materiellen Reichtum und ein leichtes Leben dem Teufel seine Seele verpfändet, der landet dafür am Ende in der Hölle.

Herr Schröder ist jetzt 57 Jahre alt. Sollte das Atommülllager im Salzstock tatsächlich fertiggestellt und in Betrieb genommen werden, dann wird Herr Schröder sicherlich schon in der Hölle braten, wenn das Atommülllager eines Tages absäuft, das Salz über den Castoren zusammenbricht und die Hitze des strahlenden Inhalts der dort begrabenen Castoren das Gas unterhalb des Salzstocks entzündet ...

(Abgesehen von dem in der Hölle schmorenden Bürgermeister istt dieses Szenario übrigens nicht auf meinem Mist gewachsen. Es ist den inzwischen bekannt gewordenen Dokumenten über "Gorleben" zu entnehmen.)


Empörung über Stammtischgeschwätz

Auch zu dem im Wendland tief verwurzelten Widerstand gegen die Atomkraft und den Ausbau des sogenannten "Erkundungsbergwerks" zum Atommülllager, sowie die regelmäßgen Demonstrationen und Blockaden im Vorfeld der Castortransporte, hat der Herr Bürgermeister seine ganz eigenartige Ansicht. Die Zeitung "Der Westen" zitiert ihn diesbezüglich in einem Artikel vom 15.11.2011 mit den Worten:
"Das ist doch auch nichts anderes mehr als ein Schützenfest."

Da fragt sich der kritische Atomkraftgegner allerdings, welche Schützen da nach des Bürgermeisters Meinung wohl auf welche Ziele schießen sollen. Sicher ist aber, dass der Herr Schröder mit seinem niveaulosen Stammtischgeschwätz weit über den Rand einer seriösen Diskussionsbasis hinausgeschossen hat. Damit hat er sich als ernstzunehmenden Gesprächspartner selbst diskeditiert. Enst nehmen muss man solche Leute aber leider trotzdem.

Da wundert es auch nicht, dass die BI empört auf Herrn Schröder reagierte. Mir zeigt das vor allem eines: Den Herrn Schröder interessieren weder die dubiosen Machenschaften und das Lügengebäude, auf dem das Atommülllager im Salz gegründet ist, noch die physikalischen und geologischen Fakten oder schöngerechnete Messwerte ... - solange nur seine feine Euroquelle immer kräftig weitersprudelt. Und noch eines wird damit deutlich: Selbst im Wendland kann ein Bürgermeister mit einer solchen Einstellung auf willfährige Untertanen zählen ... - jedenfalls so lange, wie diese sich um seine sprudelnde Euroquelle scharen können.


Mal sehen, ob es uns gelingt, die Euroquelle des Bürgermeisters versiegen zu lassen. Wir arbeiten daran:

Gorleben Castor 2011


(Quellen: Greenpeace vom 15.11.2011, Der Westen vom 15.11.2011, BI vom 15.11.2011, Valognes Stop Castor)

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