Mit offenen Karten - Streubomben (Arte vom 12.12.2009)
Die "Oslo-Konvention zur vollständigen Ächtung von Streumunition" verbietet deren Einsatz, Produktion, Lagerung, sowie den Export aller Typen von Streumunition. 111 der 193 UNO-Staaten haben die Konvention unterzeichnet und sich damit verpflichtet sämtliche Bestände zu vernichten und darüberhinaus Opfern bisheriger Einsätze von Streumunition zu unterstützen.
Dieser Erfolg gelang nicht zuletzt aufgrund des weltweiten öffentlicher Drucks für das Verbot dieser grausamen Munition. Streubomben verstreuen kleine "Bömbchen" über eine große Fläche. Eine große Anzahl dieser Minibomben sind Blindgänger, die nicht sofort explodieren. Noch Jahre später, wenn die Menschen zufällig bei der Arbeit auf dem Feld damit in Kontakt kommen, oder wenn Kinder sie beim Spielen finden, explodieren sie.
Die Organisation "Handicap International Deutschland" schreibt auf ihrer Internetseite, Streumunition habe bis heute etwa 100000 Opfer gefordert: 98 Prozent der bekannten Opfer seien Zivilisten, darunter 27 Prozent Kinder!
Auf Betreiben der USA, Chinas, Russlands sowie Indiens, Pakistans und Israels wurden die Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll zur Streumunition jedoch auch nach Inkrafttreten der Oslo-Konvention im August 2010 fortgesetzt. Auf Betreiben dieser Staaten wird ab kommenden Montag, dem 14. November 2011, in Genf im Rahmen der UNO über Entwürfe für ein zweites Streumunitionsabkommen mit deutlich schwächeren Standards verhandelt.
Die perfide Perversität der Kriegsherren
Die im August 2010 in Kraft getretenen Oslo-Konvention droht damit untergraben zu werden. Das alleine hätte schon ausgereicht, um mich "auf die Palme" zu bringen. Wütend machte es mich, als ich lesen musste, dass auch die Bundesregierung an diesen Verhandlungen beteiligt ist - und das, obwohl Deutschland die Oslo-Konvention unterzeichnet und der Bundestag die Konvention im April 2009 einstimmig ratifiziert hat!
Ob da wohl wieder Geschäfte für
notleidende deutsche Waffenschmieden winken?
Auch Frankreich, Deutschland, Italien, Schweden und Großbritannien - alles Unterzeichner der "Oslo-Konvention zur vollständigen Ächtung von Streumunition" - unterstützen jetzt die USA, China und Russland die ein separates Abkommen anstreben, das den Einsatz von Streubomben ermöglichen soll. Das allein ist schon pervers! Getoppt würde das ganze noch, wenn es tatsächlich zum Abschluss eines internationalen Abkommens kommen sollte, das etwas erlaubt, was ein anderes Abkommen bereits verbietet.
Wie die TAZ in einem Artikel vom 08.11.2011 treffend schreibt, wäre das ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des humanitären Völkerrechts. Ich gehe da noch etwas weiter: Das würde diese wichtige Institution derart unglaubwürdig machen. dass es nicht lange dauern würde, bis sich niemand mehr an die Regeln des Völkerrechts gebunden fühlen würde.
Der TAZ zufolge verstößt Deutschland nach Auffassung von 13 Nichtregierungsorganisationen mit seiner Beteiligung an den Verhandlungen über ein zweites Streumunitions-Abkommen gegen seine Verpflichtungen aus der Oslo-Konvention. Demzufolge sei es die Pflicht der Bundesregierung, andere Staaten zur Unterzeichnung der Konvention zu "bewegen", nicht aber sie "zu unterstützen oder zu ermutigen, etwas zu unternehmen, was aufgrund der Konvention verboten ist".
Der Entwurf für das Zusatzprotokoll sähe vor, nicht sämtliche Typen von Streumunition zu verbieten. Verboten wäre lediglich die Nutzung der vor 1980 produzierten Bestände von Streumunition. Alle Streumunition-Typen, die seit dem Ende des Kalten Krieges weltweit in Konflikten eingesetzt wurden, seien jedoch erst nach 1980 produziert worden. Zudem erlaube der Entwurf die fortlaufende Produktion und Verbreitung von Streumunition. Er enthalte keine konkreten Verpflichtungen zur Unterstützung der Opfer, zur Munitionsbeseitigung sowie zur Vernichtung der Munitionsbestände.
Dringende Petition
Das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ schrieb in einer E-Mail an seinen Verteiler, Anträge der Oppositionsparteien im Bundestag mit denen sie die Bundesregierung aufgefordert hatten, ein Zusatzprotokoll zur Streumunition abzulehnen, seien gestern gescheitert. Es läge jetzt an uns Bürgern, den Druck zu verstärken um in Genf ein deutsches "Nein zu Streubomben" zu erwirken. AVAAZ hat eine internationale Petition initiiert und schreibt dazu: "Nur wenn wir jetzt überall auf der Welt Alarm schlagen können wir unsere Regierungen dazu bringen, diese tödliche Entscheidung zu blockieren."
Die Petition wird in Genf direkt an die Delegierten der Konferenz überreicht werden und hat folgenden Wortlaut:
"An alle Regierungschefs:
Als beunruhigte Bürger rufen wir Sie auf, Ihr Möglichstes zu tun um den Einsatz von Streubomben zu stoppen. Mehr als 100 Regierungen haben zugestimmt, diese wahllos tötenden Waffen zu verbieten. Die UN-Waffenkonvention, die in den kommenden Tagen verhandelt wird, muss sich diesem Verbot anschließen und sicherstellen, dass Streubomben umfassend geächtet und Kinder geschützt werden.
MfG"
AVAAZ bittet in seiner E-Mail darum, die Information über die Streubomben-Initiative der USA, Chinas und Russlands sowie über die internationale Petition möglichst umfassend zu verbreiten. Dieser Bitte schließe ich mich hiermit gerne an.
- "Wir haben’s schonmal geschafft, lassen Sie’s uns noch einmal schaffen."(AVAAZ)
- "Diese perfide Gefahr für die Bevölkerung gehört endlich abgeschafft!"(Handicap International Deutschland)
Kein Einzelschicksal
"Vor ein paar Jahren griff Ahmad in einem Park im Libanon, wo er seinen 5. Geburtstag feierte, nach einem glänzenden Stück Metall. Es war ein Streubomben-Blindgänger, der in seinen Händen explodierte und ihn vor den Augen seiner Familie qualvoll tötete."
(AVAAZ in einer E-Mail an den Verteiler vom 11.11.2011)
(Quellen: TAZ vom 08.11.2011, Handicap International Deutschland, AVAAZ)
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