(Screenshots: "My first Rifle", Internetseite und Werbevideo, klicken zum vergrößern)
Heile Familienwelt: Am Wochenende ballern alle um die Wette - auch in Burkesville.
Im letzen Jahr bekam der heute fünfjährige Kristian Sparks aus Burkesville (Kentucky, USA) ein Kleinkalibergewehr vom Typ "Crickett 22" zum Geburtstag. Der Hersteller bewirbt diese Waffen unter dem Motto "My First Rifle" (Mein erstes Gewehr).
Am 1. Mai 2013 erschoss Kristian Sparks mit seinen Geburtstagsgeschenk seine zweijährige Schwester Caroline. Die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu am 02.05.2013, die hitzige Debatte über schärfere Waffengesetze, die Washington entbrannt ist, sei an Burkesville vorbeigegangen. Tragödien wie der Tod der Caroline Sparks würden immer wieder geschehen.
So habe Anfang April ein Vierjähriger eine Frau in Tennessee erschossen. Kurz darauf habe in New Jersey ein Vierjähriger seinen zwei Jahre älteren Spielgefährten durch einen Kopfschuss getötet. Amerikaner besäßen 300 Millionen Schusswaffen. Das entspräche etwa einer Waffe pro Bürger. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC schätze, dass in den USA alle drei Tage ein Kind bei einem Unfall mit einer Waffe stirbt.
Wäre ich an der Stelle Herrn Sparks', dann wüsste ich mit Sicherheit nicht, wie ich im Wissen darum, dass Caroline ihren dritten Gebrurtstag nicht mehr erleben wird, weil ich Kristian eine Feuerwaffe zum Geburtstag geschenkt habe, noch weiter leben sollte.
Feuerwaffen werden hergestellt, um damit zu töten. Bei allem Verständinis für das Entsetzen und die Trauer um den Tod des kleinen Mädchens in Burkesville frage ich mich, warum in den USA jetzt jeder verwundert über den Tod dieses zweijährigen Kindes ist, das von seinem eigenen, fünfjährigen Bruder mit dessen eigenen Gewehr erschossen wurde.
Zu einem Werbevideo, dass im YouTube Channel des Waffen-Herstellers Keystone zu sehen ist, schrieb eine Josefina Muñante: "This company must be closed forever ..." (Diese Fabrik muss für immer geschlossen werden). Ich denke, das wird nicht reichen. Bevor nicht alle Firmen, die Feuerwaffen für die Öffentlichkeit herstellen, geschlossen worden sind, wird dieser Irrsin im Land der unbegrenzten Waffenfreiheiten kein Ende haben.
Die Crickett-Internetseite ist seit kurzem nicht mehr erreichbar. Aber auf YouTube, in "CrickettRifles's channel", kann man - zumindest zur Zeit noch - sehr viel über Cricketts heile Kinderwelt, und die Ansichten der unverbeserlichen Waffennarren in den USA erfahren. Und auch auf den Internetseiten anderer Waffenhersteller werden in der "Kids Corner" (Kinderecke) "Qualitätsfeuerwaffen für Amerikas Jugend" beworben. Würde ich in den USA leben, dann würde ich alles in meiner Macht stehende unternehmen, um die Waffenlobby in die Schranken zu weisen.
Zu dem Werbevideo hatte ich einen Kommentar hinterlassen, der genau meinen hier beschriebenen Standpunkt wiedergibt. Es hat nicht lange gedauert, bis Crickett ihn als SPAM markiert hat. Es wundert mich keinesfalls, dass sie davon nichts wissen wollen. Immerhin ist Crickett Teil dieser Waffenlobby in den USA.
Allerdings wäre es ehrlicher (und aus Cricketts Sicht auch "sicherer") gewesen, wenn sie meinen Kommentar einfach gelöscht hätten. Zum einen ist SPAM eigentlich als unerwünschte, in der Regel massenhaft auf elektronischem Weg übertragene Nachrichten, die dem Empfänger unverlangt zugestellt werden definiert: Meinen einzelnen Kommentar würde ich nun nicht gerade als "massenhaft" bezeichnen. Zum anderen ist der Inhalt eines als SPAM gekennzeichneten Kommentars für jeden, der sich in seinem YouTube Konto anmeldet, weiterhin abrufbar.
- "Shame yourself! Selling rifles to kids!"
(Schämt euch! Waffen an Kinder zu verkaufen!)
(YouTube Benutzer "sauroborsi" (Italien), Kommentar zum o.g. Werbevideo)
(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 02.05.2013, Spiegel vom 02.05.2013, Der Standard vom 01.05.2013, Frankfurter Rundschau vom 01.05.2013, Werbevideo für "My First Rifle")
4 Kommentare:
Das habe ich hier auch in der Zeitung gelesen von dem kleinen Knaben der seine zweijährige Schwester erschossen hat, einfach schrecklich!
Davon wusste ich nichts, dass sie in den USA sogar für kleine Kinder Waffen abgeben, da stellen sich mir die Haare zu Berge. Gut hast du kommentiert.
Liebe Grüsse in den Norden
Elfe
@Elfe: Gekauft werden die Waffen natürlich von den Eltern der Kinder, die damit mitschuldig am Tod der von ihren Kindern erschossenen Menschen sind. In diesem Fall kommt neben der Schuld der Eltern auch noch der damit verbundene Verlust ihrer kleinen Tochter hinzu. Das ist es, was diesen Vorfall eigentlich unbegreifbar macht ... - und durchaus ernst gemeinte Kommentare wie: 'Bewaffnet die Zweijährigen, damit sie sich gegen ihre älteren Geschwister zur Wehr setzen können.' Das ist Aufruf zum Krieg im Kinderzimmer.
War dieses Gewehr eigentlich mit scharfer Munition geladen? Wenn ja, dann verstehe ich nicht, wieso das überhaupt verkauft werden durfte. Auf der einen Seite sind sie mit Alkohol und Zigaretten so streng und auf der anderen Seite so etwas. Aber die Amis waren ja schon immer auf der einen Seite prüde und sittenstreng, auf der anderen Seite konnte jeder in der Gegend rumballern. Und wenn wir uns über Kindergewehre aufregen, ist es auch scheinheilig. Wir hatten auch schon immer Spielzeugwaffen, nur konnten die niemanden umbringen. Obwohl, wenn ich an die Flitzebogen und Steinschleudern von früher denke, so hatten wir oft auch nur Glück, dass diese keinen ernsthaft getroffen haben. Und Unglücke dieser Art hat es aber auch schon immer gegeben, womit ich die nicht entschuldigen will. Auf jeden Fall gehören Waffen nicht in Kinderhand. Ob man alle Waffen ganz abschaffen sollte, weiß ich nicht. Aber das fände ich auch mal eine interessante Diskussion. Denn meistens würden wohl viele auf Anhieb ja sagen, aber wenn man weiterdenkt, kommen einem vielleicht doch Zweifel. Wie denkst Du darüber?
lieben Gruß
Brigitte
@Brigitte: Dem Hersteller Crickett und den Medienberichten zufolge sind das voll funktionsfähige Kleinkalibergewehre, deren Ergonomie der Größe von Kindern angepasst wurde. | Die selbstgebastelten "Flitzebögen", die ich aus meiner Kindheit kenne, wären zwar in der Lage gewesen, jemanden erheblich zu verletzen. Erschießen hätte man damit jedoch wohl niemanden können. Wir haben damit auf Strohbüschel gezielt. Bei einem professionellen Sportbogen wäre ich mir aber nicht so sicher. Damit abgeschossene Pfeile haben, soweit ich informiert bin, eine erhebliche Durchschlagskraft. | Wenn es nach mir ginge, gäbe es in keinem Privathaushalt eine Feuerwaffe. Ich weiß aber natürlich auch um die Tradition der Schützenvereine. Da Sportwaffen aber letztlich in den falschen Händen auch nur ganz gewöhnliche, tödliche Waffen sind, müssten die, wenn es nach mir ginge, in sicheren Tresoren bei den Schießständen der Schützenvereine verwahrt werden, die nur von zwei verantwortlichen Personen gleichzeitig zu öffnen sind. So wäre sichergestellt, dass sich ein potentioneller Amokläufer nicht selbst bedienen kann.
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