Sauberes Trinkwasser: So nah, und doch so fern (ARD-Weltspiegel vom 05.05.2013)
Der Weltspiegel berichtete am 05.05.2013 mit einem Filmbeitrag über Trinkwasser aus der Quelle von Doornkloof (nahe Pretoria, Südafrika). Seit 2011 pumpt der multinationale Konzern Nestlé dort täglich 282000 Liter Wasser ab und füllt es in Platikflaschen ab - 103 Millionen Liter im Jahr!
Unter dem Markennamen "Pure Life" wird es dann weltweit verkauft. Die Marke findet man auch in deutschen Supermärkten. Der Name stehe für qualitativ hochwertiges Mineralwasser zum attraktiven Preis und sei somit für Groß und Klein der perfekte Durstlöscher für den ganzen Tag, heißt es auf der Produkt-Internetseite des Konzerns. In meinen Augen ist das ein Schlag ins Gesicht der Menschen in Südafrika, die unter ärmlichsten Verhältnissen auf dem Land über der Quelle leben. Einige unter ihnen arbeiten in der Wasserabfüllerei, können sich das mit ihrer Hilfe von Nestlé abgefüllte Wasser aber nicht leisten.
Während einer zwölf Stunden Schicht erhalten die Arbeiter zwei Flaschen à 0,5 Liter Wasser pro Tag. Im Film kommt einer von ihnen zu Wort, der nur eine der beiden Flaschen selbst leer trinkt und die andere für seine Kinder mit nach Hause nimmt - ein halber Liter Wasser während einer zwölf Stunden Schicht!
Nestlé ist der weltgrößte Abfüller von Flaschenwasser und Marktführer. Weltweit verkauft der Konzern Wasser unter 64 Marken-Namen. Insgesamt zwanzig Jahre lang hat Nestlé das alleinige Recht auf das Wasser der Quelle von Doornkloof. Für die Menschen vor Ort ist es unerreichbar. Fließendes Wasser gibt es in ihrem Dorf nicht. Das Wasser, welches sie von weit her in Kanistern holen müssen, wird vom Abwasser einer Mine mit Aluminium, Mangan, Eisen und Sulfaten belastet.
"Also Wasser ist natürlich das wichtigste Rohmaterial, das wir heute noch auf der Welt haben. Und es geht darum, ob wir die normale Wasserversorgung der Bevölkerung privatisieren oder nicht.
Und da gibt es zwei verschiedene Anschauungen.
Die eine Anschauung, extrem würde ich sagen, wird von einigen, von den NGOs *) vertreten, die darauf pochen, dass Wasser zu einem öffentlichem Recht erklärt wird. Das heißt, als Mensch sollten Sie einfach ein Recht auf Wasser haben.
Das ist die eine Extremlösung. **)
Und die andere, die sagt, Wasser ist ein Lebensmittel. So wie jedes andere Lebensmittel, sollte das einen Marktwert haben."
Peter Brabeck-Letmathe (Nestlé, damals Geschäftsführer)
in "We feed the World" (Dokumentarfilm, Österreich 2005)
Dass der "Marktwert" des von Nestlé abgefüllten Doornkloof-Wassers für die Menschen vor Ort weit jenseits ihrer Einkommensgrenzen liegt, wird sicher mindestens ebensoweit außerhalb des Begriffshorizonts Herrn Brabecks liegen - könnte man vielleicht meinen.
Entlarvend sind allerdings seine Worte, die "GEO Zeit" - ein studentisches Projekt der AG GeoMedien des Geographischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel - in einem Artikel mit dem Artikel "Herrscher über das blaue Gold" wiedergibt (Zitat):
"Den Armen verkaufen wir sicher kein „Pure Life“, das können die sich gar nicht leisten. Flaschenwasser steht ja nicht in Konkurrenz zum Hahnenwasser sondern zum Süßgetränk oder zu einem Bier."
Mir ist schon klar, dass es Nestlé um nichts anderes geht, seine Machtposition auf dem Weltmarkt auszubauen. Trotzdem bin ich immer wieder entsetzt über die menschenverachtende Geschäftspolitik dieser multinationalen Konzerne, die sich selbst um Beschlüsse der Vereinten Nationen einen Dreck scheren:
- Die Vereinten Nationen haben den Zugang
zum Wasser zu einem Menschenrecht erklärt.
- Trotzdem haben viele Menschen in Afrika bis
heute keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser!
- Trotzdem haben viele Menschen in Afrika bis
Einmal ganz davon abgesehen, dass beim Transport für jede einzelne Flasche Wasser jede Menge klimaschädliches CO2 emittiert wird, ist es der blanke Irrsinn, dass Menschen irgendwo in der Welt das Wasser trinken, das den Menschen vor Ort aber vorenthalten wird.
Auch in anderen Gegenden der Welt ist Nestlé munter dabei, die Grundwasservorkommen auszubeuten. Das führt dann auch schon einmal dazu, dass der Grundwasserspiegel sinkt und die Bevölkerung keinen Zugang mehr zu frischem Wasser hat. So haben beispielsweise einem Bericht des Handelsblatts vom 14.02.2013 zufolge in den USA Anwohner aus diesem Grund gegen Abfüllwerke von Nestlé geklagt.
In der Nähe von Denver (USA) verwandelt Nestlé ganz normales Leitungswasser in "Pure Life". Für vier Liter zahlt der Abfüller etwa zwei Cent, die er dann für zehn Dollar verkauft. Das sagt der Vorsitzende einer Bürgerinitiative in einer Sendung des NDR vom 18.03.2013. Einen Gewinn in Höhe von 500 Prozent nenne ich Wucher!
Recherchen von "GEO Zeit" haben ergeben, dass Nestlé in Brasilien riesige Gewinne einfährt, indem der Konzern auch dort mit geringsten Kosten aus öffentlichen Quellen Wasser abpumpt. Gleichzeitig fehlen die Mittel für eine Verbesserung der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung. Zwanzig Prozent der Menschen in Brasilien haben dem "GEO-Zeit"-Artikel zufolge gar keinen Zugang zu Wasser.
Auch in der Diskussion um die von der EU-Kommission angestrebte Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung ist der Name Nestlé schon des Öfteren gefallen. Das Handesblatt verweist in seinem Bericht in diesem Zusammenhang darauf, dass der Konzern sich auch in anderen Ländern bereits umfangreiche Wasserrechte erkauft hat.
*) NGO = Nichtregierungsorganisation (Non Government Organisation)
**) Aus meiner Sicht ist wird mehr als deutlich, wer hier wirklich die "extreme" Position vertritt!
Update 09.05.2013: Trinkwasser, Denver
(Quellen: Weltspiegel vom 05.05.2013, NDR vom 18.03.2013 und Interview mit Christian Jentzsch, Handelsblatt vom 14.02.2013, GEO Zeit)
2 Kommentare:
In der Regel herrscht dort Trinkwasser Mangel, wo auch Armut herrscht und das machen sich solche Konzerne wie Nestlé zu nutze, da sich die meisten Wasserreserven in solchen Ländern in privater Hand befinden und deswegen frei verkäuflich sind. Was mich vor kurzem hellhörig gemacht hat, ist ein sogenannter "Watercone", der aus Salz- oder Brackwasser ohne Elektrizität oder ähnliches reines Trinkwasser gewinnen kann. Lediglich Sonneneinstrahlung benötigt die Konstruktion und kann so theoretisch Hunderte von Menschen mit Trinkwasser versorgen. Warum es noch nicht überall zum Einsatz kommt wundert mich, aber ich hoffe, dass dies nur eine Frage der Zeit ist.
@Michi91: Ja, das ist ein simples und einfach umgesetztes Verfahren. Aber das Prinzip ist eigentlich nichts neues. Vor vielen Jahren habe ich im Fernsehen einmal einen ähnlichen Versuch gesehen. Dabei ging es darum, ohne Trinkwasser in der Wüste zu überleben. Es wurde ein Loch in den Sand gegraben und oben mit einer Klarsichtfolie verschlossen. In der Mitte wurde die Folie mit einem Stein beschwert, der die Folie dort hinunterdrückte und unter dem in der Sandkuhle ein Gefäß stand. Die Sonne heizte die Luft in der Sandkuhle unter der Folie auf. Die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit kondensierte an der Folie und rann in Richtung des Steins, von wo aus sie in das Gefäß tropfte.
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