Dienstag, 28. Mai 2013

Wo bleiben die Wähler?

Angesichts der alarmierend geringen Wahlbeteiligung von nur 46,7 Prozent kann nach den gestrigen Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein - landesweit betrachtet - eigentlich keine einzige Partei mehr den oft und gerne zitierten "Auftrag des Wählers" für sich beanspruchen.

Schon bei den Kommunalwahlen 2008 hatten sich weniger als 50 Prozent der Wahlberechtigten (49,4 Prozent) an den Wahlen beteiligt. Bei den Wahlen zuvor (2003) waren es immerhin noch 54,5 Prozent gewesen.

Im landesweiten Ergebnis verbesserte sich die CDU um 0,3 Prozent auf jetzt 38,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Mit 3,2 Prozent fiel der Zugewinn für die SPD, die landesweit jetzt auf 29,8 Prozent der abgegebenen Stimmen kommt, schon deutlicher aus. Die Grünen gewannen landesweit mit 13,7 Prozent der abgegebenen Stimmen 3,4 Prozent hinzu.

Die FDP verlor gegenüber 2008 landesweit 4 Prozent und kommt damit nur noch auf 5 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die deutlichsten Verluste erlitt mit 4,4 Prozent die Linke, die landesweit nur noch 2,5 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt.

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) - die Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein - erhielt 2,9 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Wäre eine imaginäre "PdNW" (Partei der Nichtwähler) in den Kommunalparlamenten Schleswig-Holsteins vertreten, dann wäre sie mit 53,2 Prozent der Wahlberechtigten die einzige Partei mit einer demokratisch begründeten Legitimation. Bezogen auf die Zahl der Wahberechtigten wäre der Anteil der Stimmen für die anderen Parteien, wie die folgende Tabelle zeigt, nahezu bedeutungslos:
Tabelle:
Kommunalwahl Schleswig-Holstein 2013
Parteien A (%) B (%)
CDU 38,9 18,2
SPD 29,8 13,9
Die Grünen 13,7 6,4
FDP 5 2,3
Linke 2,5 1,2
Wählergemeinschaften 4,8 2,2
Piraten 1,6 0,7
SSW 2,9 1,4
Differenz zu 100 Prozent 0,8 0,4
"PdNW" --- 53,2

A: Prozent der abgegebenen Stimmen
B: Prozent der Wahlberechtigten
"PdNW": Imaginäre "Partei der NichtWähler"

Rechnerisch gibt es eine Differenz in Höhe von 0,8 Prozent
der abgegebenen Stimmen, bzw. von 0,4 Prozent der Wahl-
berechtigten zu "100 Prozent". Möglicherweise könnte das
auf Rundungsfehler zurückzuführen sein.


(Quelle: Wahlberichte des NDR vom 27.05.2013)

Jetzt stellen sich die Politiker in Schleswig-Holstein quer durch alle Parteien die Frage:


"Wo bleiben die Wähler?"

In ihren Analysen heißt es dann beispielsweise, die Parteien hätten offenkundig das Problem, dass sich die Menschen immer weniger für Politik interessieren. Oder die Medien haben mal wieder die Schuld, weil sie die parlamentarische Demokratie schlechter machen, als sie ist, oder die Eliten in Wirtschaft und Wissenschaft, die sich teils verächtlich über Politiker äußern.

Ich denke, dass die Menschen sich schon dafür interessieren werden, was in der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik vor sich geht - schließlich sind sie im Zweifelsfalle die Leidtragenden - und ich setze einmal voraus, dass die Eliten in Wirtschaft und Wissenschaft nichts Negatives über Politiker sagen würden, wenn sie dafür keine Veranlassung hätten.

Ich habe vielmehr den Eindruck, dass bei den Menschen allgemein ein Gefühl der Ohnmacht um sich greift. Sätze wie: "Warum soll ich mir die Mühe machen, Zur Wahl zu gehen. Die da oben machen ja doch was sie wollen.", oder: "Warum soll ich meinen Protest auf der Straße kundtun. Das ändert ja doch nichts.", habe ich jedenfalls schon mehr als oft genug zu hören bekommen.

Aber für die Politiker "da oben" ist es natürlich einfacher, "den Medien" oder "den Eliten in Wirtschaft und Wissenschaft" die Schuld an der Misere in die Schuhe zu schieben, die sich sich eigentlich selbst anziehen müssten. Vielleicht würde es ja schon etwas helfen, wenn sie von "da oben" einmal wieder auf das Niveau der Bürger herunterkämen. Dann könnten sie möglicherweise auch wieder nachvollziehen, welche Folgen ihr politisches Handel bzw. Nichthandeln für die Bürger zur Folge hat und warum sie es aufgegeben haben, sich aktiv für ihre Belange einzusetzen.


(Quellen: NDR vom 27.05.2013, SSW, Wikipedia)

1 Kommentar:

Helmut hat gesagt…

Warum wählen gehen? Die tägliche Politik wird von Lobbyisten und Bankern bestimmt. Verkündet von Medien für die kritischer Journalismus nicht mehr vor kommt. Ich komme mir vor wie zu Zeiten des österreichischen Anstreichers aus Braunau am Inn. Da gab es einen Propagandaminister.
Für die "Rettung" der Commerzbank wurden 2,5 Milliarden Euro Steuergelder verbraten. Hast du davon was in den Medien gehört oder gelesen???
Zur Ablenkung rauschen ein paar Drohnen durch den Blätterwald.
Man könnte auch sagen: jedes Volk bekommt die Politiker die es verdient.
Salut
Helmut

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