Im Jahr vor der Atomkatastrophe trugen Japans Atomkraftwerke etwa zu 30 Prozent zur Stromversorgung bei. Das heißt, nach der Abschaltung des letzten Atomreaktors kam Japan auch mit 70 Prozent des erzeugten Stroms aus. Auch wenn bei der deutlich reduzierten Stromversorgung auch auf Energiesparmaßnahmen gesetzt werden musste, so wird doch deutlich, dass Japan mit einem zügigen Aufbau einer Stomversorgung auf Grundlage regenerativer Energieträger innerhalb weniger Jahre keinen Grund mehr hätte, auf Atomkraftwerke zurückzugreifen.
Studien zeigen, dass der Inselstaat bald darauf auch auf die Energieerzeugung mit fossil befeuerten Kraftwerken verzichten könnte. Eine dieser Studien kam bereits im Jahre 2003 zu dem Ergebnis, dass Japan den damaligen Stromverbrauch auch zu 100 Prozent aus regenerativen Energien hätte decken können. - Das war vier Jahre vor dem alarmierenden IPCC-Klimareport 2007 und acht Jahre vor des Super-GAUs in den Atomreaktoren von Fukushima!
Seit der Atomkatastrophe lehnt die Mehrheit der Bürger Japans die Nutzung der Atomkraft für die Energieerzeugung ab. Zum einen ist den Menschen bewusst geworden, welchem Risiko sie damit jahrzehntelang ausgesetzt worden sind: Viele von ihnen mussten am eigenen Leibe erfahren, welche Auswirkungen die Folgen eines Super-GAUs haben und dass es keinerlei Sicherheit vor den Gefahren gibt, die vom Betrieb der Atomkraftwerke ausgehen. Zum anderen haben haben sie die Erfahrung gemacht, dass die Stromversorgung auch nach dem Abschalten der mehr als 50 japanischen Atomkraftwerke nicht zusammengebrochen ist.
Was von den Lügen übrig bleibt
Kaum zu glauben ist es daher, dass die Regierung Japans trotzdem weiterhin auf Atomkraft setzt und das erste der abgeschalteten Atomkraftwerke Japans kürzlich für "sicher" erklärt hat. Irgendwie hat der atomare Wahnsinn Methode: Die Regierungen ignorieren den Willen der Menschen und agieren als politische Handlanger der Atomkonzerne: Herr Yoshihiko Noda (Japan, Ministerpräsident) hatte im Juni verkündet, Japan könne seinen Lebensstandard ohne Atomenergie nicht halten. Insbesondere für die heißen Sommermonate werde ohne Atomstrom eine Energieknappheit befürchtet.
Vielleicht sollte Herr Noda sich einmal bei den ehemals in der Region um die havarierte Atomkraftanlage "Fukushima-I" ansässigen Menschen danach erkundigen, welche Folgen die Atomkraft für ihren Lebensstandard hat. Bis auf das nackte Leben ist denen nämlich nichts geblieben - und noch ist nicht einmal sicher, wie vielen von ihnen noch Krankheit und ein qualvoller, früher Tod infolge der radioaktiven Kontamination ihrer ehemaligen Heimat bevorsteht, der sie vor ihrer Evakuierung ausgesetzt waren.
Mit ähnlichen Parolen, wie man sie jetzt wieder von Herrn Noda hört, hatten die Atomkonzerne und die ihren Interessen nahestehenden Politiker von CDU, CSU und FDP bezüglich der Wintermonate 2011/2012 hierzulande auch schon argumentiert. Wie wir inzwischen wissen sind stattdessen aber die Atomkraftwerke der "Grande Nation Nucléaire" an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen, so dass Deutschland seinen französischen Nachbarn mit Strom aus regenerativen Energiequellen aushelfen musste.
In Japan tut sich was
Wenn in Japan mit dem Atomkraftwerk "Ohi" jetzt erstmals wieder ein Atomkraftwerk ans Netz geht, dann könnte man meinen, die Atomkatastrophe von Fukushima sei schon wieder in Vergessenheit geraten. Dass dieses aber ein Trugschluss wäre, zeigen die Demonstranten, die am Sonntag die Zufahrt zu dem Atomkraftwerk blockierten, um damit gegen die Wiederinbetriebnahme der Anlage zu protestieren. Bereits in der Nacht zuvor hatten Angaben der TAZ zufolge rund 650 Menschen vor der Atomanlage demonstriert.
Darüberhinaus träfen sich freitags seit einiger Zeit regelmäßig mehrere Tausend Atomkraftgegner vor der dem Sitz des Ministerpräsidenten um gegen die angekündigte Wiederinbetriebnahme von Atomkraftwerken zu protestieren - und das in einem Land, in dem große Demonstrationen und Protestaktionen sehr selten seien. Die Atomkraftgegner hätten die Absicht, so lange weiterhin jeden Freitag vor dem Amtssitz des Regierungsschefs zu demonstieren, bis die Regierung ihren Forderungen nachgebe.
Einem Bericht der Anti-Atomkraft Organisation ".ausgestrahlt" zufolge planen japanische Anti-Atom-Gruppen für den 29.07.2012 eine Lichter-Menschenkette in Tokio. Mit der Umzingelung des Parlamentsgebäudes wollen sie ihren Unmut deutlich machen und eine atomkraftfreie Welt fordern. Ich wünsche den Menschen in Japan, dass es ihnen gelingen wird, ebenso standhaft zu bleiben, wie es die Atomkraftgegner hierzulande schon seit mehr als dreißig Jahren sind.
(Quellen: .ausgestrahlt vom 02.07.2012, contrAtom vom 01.07.2012, TAZ vom 01.07.2012, Handelsblatt vom 25.04.2012, eurosolar Oktober 2003, metropolitan coalition against nukes)
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