Mittwoch, 25. Juli 2012

Gegenwind für Japans Atomkonzerne

Auf den Punkt gebracht (Gorleben, November 2011)
Dass Japan - wenn unter den derzeitigen Umständen auch mit Einschränkungen - ohne Atomkraft auskommen kann, ist damit eindrucksvoll unter Beweis gestellt worden, dass infolge der Super-GAUs in der Atomkraftanlage "Fukushima-I" bis Anfang Juli 2012 alle 55 Atomkraftwerke abgeschaltet waren.

Anstatt aber nach den Erfahrungen mit dem Super-GAU von Fukushima jetzt den Ausbau erneuerbarer Energien zu forcieren, beugt sich Japans Regierung vor den Interessen der Atomkonzerne. Diesen ist offensichtlich daran gelegen, ihre erdbebengefährdeten Atommeiler nach und nach wieder in Betrieb zu nehmen. In der Vergangenheit, so hört man, seien Demonstrationen in Japan eher selten gewesen, und es habe sich nie um eine größere Anzahl von Menschen gehandelt.

Das scheint sich jetzt grundlegend geändert zu haben. Als "nach Fukushima" in Japan mit dem Atomkraftwerk "Ohi" erstmals wieder ein Atomkraftwerk ans Netz gehen sollte, waren tausende Menschen in dagegen auf die Straße gegangen.

Falls es die Absicht der japanischen Atomkonzerne und ihrer politischen Handlanger gewesen sein sollte, herauszufinden, ob die Proteste gegen die Wiederinbetriebnahme eines Atomreraktors in der Atomanlage "Ohi" eine Eintagsfliege waren, dann sollten sie sich nach der erfolgten Wiederinbetriebnahme eines weiteren Reaktors der Atomkraftanlage wohl besser überlegen, auf eine langwierige Auseinandersetzung mit der Bevölkerung zu verzichten, und statt dessen umgehend auf die Installation von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energiequellen zu setzen. Ebenso wie in Deutschland und vielen anderen Ländern der Welt haben auch die Menschen in Japan das Vertrauen in die Sicherheit vor den Folgen der über Generationen hinweg lebensgefährlichen Technologie zur Nutzung der Atomkraft verloren. Sie wehren sich dagegen, dass sie weiterhin der Gefahr von Super-GAUs in Atomkraftwerken ausgesetzt werden.

Nach der Erfahrung mit dem Super-GAU in der Atomkraftanlage "Tschernobyl" haben die erneuten Super-GAUs in den Reaktoren der Atomkraftanlage "Fukushima 1" das Fass in Japan zum Überlaufen gebracht. Japans Regierung begründet die Wiederinbetriebnahme der Atomkraftwerke damit, dass der Lebensstandard ohne die Meiler angeblich nicht zu halten ist. Die Menschen verstehen unter einem angemessenen Lebensstandard allerdings etwas völlig anderes, als beispielsweise den Verlust ihrer Heimat, radioaktiv kontaminierte landwirtschaftliche Produkte, durch Radioaktivität bedingte Krebserkrankungen oder Schädigungen des Erbguts.

Zudem kritisierte ein Untersuchungsausschuss der japanischen Regierung das Krisenmanagement des Betreibers der Atomanlage "Fukushima-1" aufs schärfste. Wie die Tagesschau gestern berichtete, wirft der Ausschuss "Tepco" vor, Untersuchungen weiterhin zu verschleppen und zu versuchen, das wahre Ausmaß der Schäden an den Reaktoren der Atomkraftanlage zu untertreiben. Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich keine große Überraschung, wenn einem Bericht der Tagesschau vom 16.07.2012 zufolge rund 200000 Menschen ihren Protest gegen die Wiederinbetriebnahme des zweiten Atomreaktors auf die Straßen Tokios getragen haben.

Das lässt hoffen. Die Demonstrationen in Japan sind darüberhinaus ein weiteres Indiz dafür, dass sich der Protest gegen die Atomkraft nicht mehr nur in Deutschland konzentriert, sondern auch international an Bedeutung gewinnt.

Das ist gut so, denn die radioaktiven Belasungen der Umwelt beginnen bereits mit dem Abbau des Urans, der überwiegend in den Lebensräumen indigener Völker stattfindet. Die größten Uranabbaugebiete befinden sich im australischen Outback, in Afrika, in Kanada und in den Staaten der ehemaligen Sowjetrepublik. Auch ohne dass es zu einem Super-GAU durch den Betrieb eines Atomkarftwerks kommt, sind dort schon weite Landstriche aufgrund der von Abraumhalden und Tailing-Becken ausgehenden Radioaktivität über viele Generationen hinweg unbewohnbar geworden. Die Menschen dort bezahlen den Preis für den "hohen Lebensstandard" in den Atomstaaten mit dem Verlust ihrer Heimat, ihrer Gesundheit oder ihrem Leben.

"Jedes Land erzählt seinen Menschen, es hätte die
‘sichersten’ Reaktoren der Welt. Die Politik sollte
schleunigst gegen die Macht der Atomlobby vorgehen
und Veröffentlichungen zum Beispiel des ‘Deutschen
Atomforums’ sehr kritisch hinterfragen."

Jan Becker (contrAtom)

(Quellen: Tagesschau vom 23.07.2012, contrAtom vom 23.07.2012, Nachrichten.ch vom 23.07.2012 und vom 22.07.2012, Tagesschau vom 16.07.2012, taz vom 05.07.2012)

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