Im ARD-Brennpunkt vom 23.07.2011 heißt es, der mutmaßliche Massenmörder Anders Behring Breivik, ein 32-jähriger Norweger, habe auf einer Internetseite, auf denen sich Neonazis und Rechtsextreme tummeln, gegen Linke und Fremde gehetzt. In einem Filmbeitrag zitiert der "Brennpunkt" ihn mit den Worten: "Es hilft nicht, dass 80 Prozent der Muslime moderat sind. Es braucht nur wenige, um ein Flugzeug abstürzen zu lassen." An einer anderen Stelle frage er: "Wann erkennen wir, dass Multikulti eine Ideologie schafft, die die Europäische Kultur zerstört, die Traditionen und Identität?"
Ich frage mich: Wann erkennen die Wähler rechtsextremer Parteien, dass Extremismus, Rassismus, Fremdenhass, Selbstisolierung etc. in einer vernetzten, globalisierten Welt keinen Platz mehr haben? Dass der Hass, der Nationalismus und die Gewalt der Extremisten, aus welchem Lager auch immer sie kommen mögen, den Hass und die Gewalt der Extremisten aus den entgegengesetzten Lagern auslösen? Dass der Todeskreis des Hasses, der Gewalt und der Ausgrenzung - sollte er nicht durchbrochen werden - letztlich jeden Rest menschlicher Kultur zerstören wird?
Im "Brennpunkt" heißt es, die norwegische Polizei bezeichne ihn als christlichen Fundamentalisten mit rechtsextremen Meinungen. Von sich selbst habe er auf seiner Facebookseite unter anderem gesagt, er sei konservativ und christlich. Wer aber von sich behauptet, er sei Christ, und dann als Polizist verkleidet auf einer kleinen Ferieninsel mit einem Gewehr bewaffnet kaltblütig und gezielt mehr als 80 unschuldige und wehrlose Jugendliche ermordet, nachdem er kurz zuvor mit einer Bombe das norwegische Regierungsviertel in Oslo verwüstet, und dabei ebenfalls 7 Menschen umgebracht hat, der hat die christliche Botschaft nicht verstanden. Der schadet dem Ansehen der Christen ebenso wie auch die islamistischen Terroristen dem Ansehen der Muslime Schaden zufügen.
Seit ich weiß, was der vom Deutschen Reich während der Nazi-Diktatur ausgehende Rechtsextremismus, der abgrundtiefe Hass und die Verfolgung Andersdenkender sowie der zigmillionenfache Mord an den Juden Europas für Schäden in der Welt angerichtet haben, habe ich mich immer eher als einen "Weltbürger" gesehen, der zufällig - gut zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs - in der Bundesrepublik Deutschland geboren wurde.
Kein Mensch hat sich aussuchen können, wo er zur Welt kam und in was für eine Gesellschaft er hineingeboren wurde. Nationalstolz ist aus meiner Sicht daher erst einmal etwas völlig irrationales. So gibt es zwar viele Aspekte in Deutschland, deretwegen ich froh bin, in dieser Gesellschaft aufgewachsen zu sein und hier leben zu können. Es gibt aber auch viele gute Gründe, die mich davon abhalten, stolz auf meine Nationalität zu sein.
Ich wünsche den Bürgern Norwegens, dass sie den Irrsinn erkennen, der zu diesem Blutbad geführt hat, das der mutmaßliche Massenmörder unter ihnen angerichtet hat, und dass sie gerade deshalb auch weiterhin an ihren Wertvorstellungen und an ihrer offenen Gesellschaft festhalten werden. Anderenfalls hätte Anders Behring Breivik nicht nur mehr als 90 Menschen ermordet, sondern auch der Kultur und den Werten dieser freiheitlichen Gesellschaft einen schweren Schaden zugefügt, dessen negative Folgen - auch für die nachfolgenden Generationen in Norwegen - noch gar nicht abzuschätzen wären. Und hoffe, dass auch die Wähler rechtspopulistischer und extremistischer Parteien in den anderen Demokratien Europas und der Welt erkennen, wohin der Rechtsextremismus der (Neo-)Nazis führt, und dass die davon ausgehende Gewalt mit christlicher Nächstenliebe nicht das geringste zu tun hat.
Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer des Blutbads
auf der Ferieninsel Utøya und des vorangegangenen Bom-
benanschlags in Oslo.
Ich weiß nicht, welche Strafen das norwegische Strafgesetz für ein solches Gemetzel vorsieht, hoffe aber, dass der Massenmörder verurteilt und bis an sein Lebensende hinter den Gittern einer Einzelzelle verschwinden wird. Möge er dort 99 Jahre alt werden.
(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 24.07.2011, Tagesschau vom 24.07.2011 und vom 23.07.2011, ARD-Brennpunkt vom 23.07.2011)
3 Kommentare:
Jürgen, jede Form von Fanatismus, ob in der linken, rechten oder religiösen Szene ist falsch. Es sind einfach verirrte und verwirrte Menschen, die zu so einem Massaker fähig sind. Man kann hier keine normalen Maßstäbe ansetzen, weil ein normaler Mensch so eine Tat nicht begehen würde. Und ich glaube nicht, dass eine lebenslange Gefängnisstrafe diesen Menschen helfen kann, ihr Unrecht einzusehen, sie sind krank im Hirn. Ich habe unendliches Mitgefühl für die Angehörigen der vielen Toten.
Er hat sich selbst nicht getötet um weiter der Welt seine "Meinung" sagen zu können.
Sorry, aber für mich kommt da nur der "Stuhl" infrage und vorab noch die Zunge abschneiden.
Kranke Welt!!!
Fundamentalismus hat selten etwas damit zu tun, worauf sich solche Täter beziehen. Weder das Christentum, noch der Islam noch sonst eine Religion.
In den USA gibt es reichlich solcher Fundamentalisten, die ganz offen den Hass predigen, das ist keine islamische Spezialität.
Und auch wir haben hier geistige Brandstifter wie z.B. Herr Sarrazin.
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