Donnerstag, 16. Dezember 2010

Castor-Transport kurz vor dem Ziel gestoppt


Foto: © Chris G.: Robin Wood Blockade - direkt nach Aktionsstart!

Heute Nacht musste der Zug in den frühen Morgenstunden bei Halle wegen einer defekten Weiche eine halbstündige Zwangspause einlegen und traf kurz nach halb fünf in Magdeburg ein. Zuvor hatte die Polizei am Bahnhof Buckau eine Sitzblockade aufgelöst und fünf Personen, darunter einen Magdeburger Stadtrat, in Gewahrsam genommen. Nachdem der Castor Magdeburg gegen 8 Uhr verlassen hatte, wurden sie wieder freigelassen.

Gut eine Stunde später musste der Castor-Transport kurz vor Ludwigslust erneut eine Pause einlegen, weil sich dort viele Menschen auf den Gleisen befanden. Davon war dann allerdings auch ein ICE betroffen, der kurz hinter dem Castor Transport anhielt. Nach dem die Blockade, die unter dem Motto "Euer Nonsens ist kein Konsens" stand, nach ca. 30 Minuten aufgelöst worden war, setzte sich der Atommüllzug gegen 10 Uhr wieder in Bewegung.

Die Tagesschau berichtete heute Morgen auf ihrer Internetseite, zwischen Rostock und Stralsund seien auf einer Länge von rund 30 Metern Steine bis auf eine Tiefe von zehn Zentimetern aus dem Gleisbett entfernt worden. Der Zugverkehr habe deshalb kurzzeitig unterbrochen werden müssen. Der Schaden sei aber inzwischen von der Bundespolizei behoben worden.

Gegen Mittag häuften sich dann die Mitteilungen des Castor-Tickers. Um 11 Uhr saßen zwischen Vierow und Krepelin etwa 200 Menschen auf den Schienen. Die Sitzblockade, die sich weiterhin stetig vergrößerte wuchs innerhalb einer halben Stunde auf ungefähr 300 Menschen an.

Bei Stilow hatten währenddessen drei Aktivisten von Robin Wood versucht, es sich mit Seilen über der Bahnstrecke gemütlich zu machen. Der Polizei gelang es jedoch, zwei von ihnen davon abzuhalten. Nachdem eine Polizeikette in Brünzow aufgelöst worden war, waren auch dort Demonstranten auf die Schienen gelangt.

Während der Castor kurz nach Mittag an Rostock vorbeifuhr, waren dort zahlreiche Demonstraten zur "Schieneninspektion" an den Gleisen unterwegs. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass drei Greenpeaceaktivisten etwas mehr Glück hatten, als diejenigen von Robin Wood. Sie hatten sich bei Diedrichshagen (Greifswald) erfolgreich - zusammen mit ihrem Banner - über den Gleisen "aufhängen" können.

Kurz vor 13 Uhr sorgten mehrere Hundertschaften der Polizei und ein Wasserwerfer bei der Blockade in Höhe von Brünzow dafür, dass niemand mehr in Richtung Vierow durchkam. Etwa um die gleiche Zeit gingen vier Gruppen à 20 Personen von Kräpelin aus auf die Schienen, und meldeten, sie kämen noch "gut durch", und im Raum Greifswald waren zahlreiche Kleingruppen unterwegs. Kurz darauf drohte die Polizei den Teilnehmern an der Sitzblockade bei Brünzow für den Fall, dass sie nicht freiwillig aufstehen würden, Gewalt an.

Irgendwann hatten dann aber auch die Aktivisten von Robin Wood Glück. Um 13:20 Uhr meldete der Castor Ticker, zwei von ihnen hätten sich in einem Betonblock zwischen Diedrichshagen und Kemnitz an den Gleisen befestigt. Die Bundespolizei sei vor Ort und vertreibe die Presse. Derweil hingen die drei Greenpeace Aktivisten weiterhin über den Gleisen, und am Bahnhof in Greifswald hielten sich auf einer Strecke von ca. einem Kilometer Demonstranten an den Gleisen auf. Vier Demonstranten die hinter dem Greifswalder Bahnhof auf die Gleise gelangt waren, wurden von der Polizei weggetragen.

Um 13:45 Uhr wurde damit begonnen, das Banner von Greenpeace samt der dazugehörigen Aktivisten mit Hilfe eines Kranwagens von ihrem luftigen Aufenthaltsort über den Gleisen bei Diedrichshagen abzuhängen. Inzwischen stellte sich heraus, dass der Betonblock "Modell Süschendorf" von Robin Wood sich unter den Schienen befindet.

Gegen 14 Uhr begann die Polizei mit der Räumung der Sitzblockade zwischen Brünzow und Kräpelin/Vierow und an den Landstraßen aus Greifswald heraus werden Straßensperren errichtet. Kurze Zeit später verbreitete sich das Gerücht, in Greifswald sei offenbar mehreren Polizeiautoreifen die Luft ausgegangen.

Gegen 15:30 Uhr wurde die Blockade bei Brünzow innerhalb kurzer Zeit geräumt. 120 Demonstranten wurden in einem Polizeikessel festgehalten. Decken gegen die Kälte waren vorhanden - Toiletten aber nicht. Nach und nach wurden Menschen aus dem Kessel zur Gefangenen Sammelstelle (GeSa) in Wolgast gebracht: Es gabt nicht genug Polizeifahrzeuge für so viele Demonstranten. Der Abtransport der Demonstranten nach Wolgast zog sich über eine längere Zeit hin. Kurz nach 17 Uhr waren drei Gefangenenbusse in Wolgast eingetroffen. Es hieß, die Gefangenen würden bis zur Einfahrt der Castoren in das Zwischenlager in der GeSa festgehalten werden. Nach Auskunft von "Lubmin niX da!" dürfe die Polizei die Gefangenen jedoch nicht länger als acht Stunden in Gewahrsam behalten. Diejenigen Blockierer, die nicht in den Kessel geraten waren, hatten sich direkt im Anschluss an die Auflösung der Blockade auf den Weg nach Vierow und Brünzow gemacht. Um die gleiche Zeit traf ein technischer Zug der Polizei bei der Blockade von Robin Wood ein und untersuchte den Betonblock.

Kurz nachdem der Castor-Zug die Brücke bei Diedrichshagen passiert hatte, bei der vorher die Greenpeace-AktivistInnen hingen, kam er etwa 200 Meter vor der noch existierenden Blockade von Robin Wood bei Diedrichshagen zum stehen und wenig später verhängte die Polizei Platzwerweise gegen die Betreuer der Aktivisten von Robin Wood.

Um 16 Uhr meldete der Castor-Ticker, die Robin Wood Aktivisten der Blockade bei Diedrichshagen würden unter einem Zelt mit Decken und Tee versorgt und deren Betreuer seien in Gewahrsam genommen worden. Zeitgleich begannen in Kräpelin etwa 20 Menschen spontan mit einer Demonstration und die Polizei war damit beschäftigt, Schneewehen neben der Schienenstrecke zu räumen. Eine Stunde später hieß es, die Polizei habe Schwierigkeiten Material zur Blockadestelle zu bringen, habe aber damit begonnen, den Betonblock der Robin Wood Blockade zu bearbeiten. Es könne sich nur noch um Stunden handeln. Von "Lubmin niX da!" war zu hören, die Presse sei an der Blockade zugelassen.

Gegen 17:30 wurde bekannt, dass die Sanitäter von der Polizei in ihrer Arbeit behindert würden. Sie würden häufig durchsucht und ihnen werde der Zugang zu den Aktionen verweigert, wo die Menschen im Notfall auf ihre Hilfe angewiesen seien. Um die Mittagszeit herum war schon bekannt geworden, dass die Polizei gegen die Sanitäter aus Guest ein Platzverweis für die gesamte Schienenstrecke ausgesprochen hatte ...

Allen Unkenrufen einiger Zeitungen und der ZDF-Nachrichten zum Trotz scheint den Atomkraftgegnern und den Polizisten - Robin Wood sei Dank! - wohl eine weitere, kalte Nacht bevorzustehen. Auch wenn es anfangs nicht unbedingt danach ausgesehen hatte: Bis "heute Nachmittag" wird es mit Sicherheit nicht mehr gelingen, die Castoren im Atommülllager Nord abzuliefern.

(Stand 18:00 Uhr)


Lubmin niX da!

Quellen: TAZ-Live Ticker, Süddeutsche Zeitung vom 16.10.2010, Neue Züricher Zeitung vom 16.12.2010, Der Standard vom 16.12.2010, Focus vom 16.10.2010, Tagesschau vom 16.12.2010, NDR vom 16.12.2010, Spiegel vom 15.12.2010, Greenpeace Nachrichten und Presseerklärung, Robin Wood, LAgA-Presseerklärung zur Mahnwache am 15.12.2010, Subkontur)

1 Kommentar:

Frau Momo hat gesagt…

Nun ist er zwar hier eingerollt und im Lager, aber wir haben ihn immerhin ca. 15 Stunden aufgehalten. Dafür hab ich einen Nachmittag in einem unglaublichen Schneegestöber hinter mir, eisig kalt und doch einfach klasse, wie hier die Menschen trotz des Wetters Widerstand geleistet haben.
Berichte folgen morgen oder übermorgen, wenn ich wieder in Hamburg eingetrudelt bin.

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