Donnerstag, 5. August 2010

Atomwolf im Schafspelz

Atomkraft? Nein Danke!In einem Spiegel Online Artikel von gestern offenbart sich die gesamte Naivität der die Bundesrepublik Deutschland regierenden schwarz-gelben Wespenkoalition im Umgang mit der Folgen der "friedlichen" Nutzung der Atomenergie. - Oder sind die vielleicht gar nicht so naiv, wie sie ihre vermeintlich willenlosen Stimmdrohnen glauben machen wollen?

Stecken die Wespen wohlmöglich alle mit der Atomlobby unter einer Decke? Ausgerechnet der frühere Atommanager Herr Thomauske soll nämlich bei den Vorarbeiten zur weiteren Erkundung Gorlebens mitwirken und eine entscheidende Sicherheitsanalyse für das geplante Endlager in Gorleben mitverfassen. Das Ministerium Herrn Röttgens (CDU, Bundesumweltminister) ist der Auftraggeber der Arbeiten und hält das für unproblematisch: Es gebe eben nicht mehr so viele Experten zum Thema. Herr Thomauske sei ein "anerkannter Fachmann".


Der "Experte"

Davon einmal abgesehen, dass es weltweit kein Atommüll Endlager gibt, und somit auch keinen Experten auf diesem Gebiet, ist der Experte, der uns da vom Umweltministerium untergeschoben werden soll, nach meinem Kenntnisstand bestenfalls ein Atomwolf im Schafspelz.

Herr Thomauske ist promovierter Physiker und war viele Jahre lang beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beschäftigt. Dort war er als Abteilungsleiter einer der entscheidenden Akteure bei der Bearbeitung von Genehmigungen von Atomanlagen. In dieser Position war er sowohl mit dem Endlager "Schacht Konrad" als auch mit Zwischenlagern an den Atomkraftwerken befasst.

Vom BfS wechselte er 2003 in den Atombereich bei Vattenfall und war dort als Energiemanager Leiter von Zwischenlagern an den Atomkraftwerken des Energiekonzerns, denen er zuvor als Abteilungsleiter im BfS die Genehmigung erteilt hatte. In seinen Zuständigkeistbereich bei seinem vorherigen Arbeitgeber BfS war auch die Erarbeitung von Genehmigungsunterlagen für die Vattenfallreaktoren gefallen. Die TAZ berichtete am 17.07.2007, Herr Thomauske habe nach über zehnjähriger BfS-Praxis als einer der ausgebufftesten deutschen Genehmigungsprofis gegolten und zitierte einen seiner ehemaligen Kolegen vom BfS mit den Worten: "Damit hat sich die Industrie mal eben das gesamte Insiderwissen des Amts eingekauft." Nach schweren Fehlern beim Krisenmanagement im Zusammenhang mit dem Trafobrand im Atomreaktor Krümmel vor drei Jahren musste Herr Thomauske seinen Posten bei Vattenfall räumen. Der Konzern warf ihm vor, nach den Störfällen 2007 in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel die Atomaufsicht und die Öffentlichkeit zu spät und unvollständig über die Hintergründe der Störfälle informiert zu haben.

Seit Ende 2008 lehrt Herr Thomauske im Fachbereich "Nuklearer Brennstoffkreislauf an der Fakultät für Georessourcen und Materialtechnik" an der Technischen Hochschule Aachen. Sein Lehrstuhl an der Hochschule wird vom Energiekonzern RWE gesponsert. Und die Stromkonzerne drängen - mit Verweis auf den Betrag von rund anderthalb Milliarden Euro, der bereits für die bisherigen Untersuchungen in Gorleben im Salz versenkt wurde - auf den Bau eines nuklearen Endlagers.


Das blinde Vertrauen

Wenn hierzulande ein Name im Zusammenhang mit dem Ausdruck "Experte" genannt wird, dann werden die Worte und Handlungen des Betreffenden in der Regel nicht in Zweifel gezogen. Das Zauberwort "Experte" funktioniert wie eine Art Schutzschild oder Tarnmantel ... - und es funktioniert bisher im Allgemeinen ausgesprochen wirkungsvoll.

Das blinde Vertrauen in die "Experten" hat sich für die von deren Fehleinschätzungen Betroffenen Menschen schon oft gerächt. Die Folgen all dieser Fehleinschätzungen, auch wenn sie sich für den Einzelnen davon Betroffenen noch so katastrophal auswirkten, waren aber nichts gegen die verheerenden Folgen einer möglichen Reaktorkatastrophe oder die mögliche Verseuchung der Biosphäre und des Grundwassers mit radioaktiven Partikeln aus dem Müll der Atomkraftwerke.

Wie der Super-GAU, der sich 1986 im Atomkraftwerk Tschernobyl ereignete, der Welt drastisch vor Augen führte, verbrennen die Folgen des unverantwortlichen Umgangs mit dem atomaren Feuer ganze Landstriche, machen sie auf lange Sicht unbewohnbar und haben Auswirkungen auf große Teile ganzer Kontinente und deren Bewohner. Den für die fortbestehende Bedrohung Verantwortlichen öffnete diese menschengemachte Katastrophe allerdings nicht die Augen: Die haben nur Augen für die Maximierung der Gewinne ihrer Atomkonzerne.

Es waren die "Experten" und die Lobby der Atomwirtschaft, die mit ihren GUTachten und mit ihren PERFIDEN VERSPRECHUNGEN, sowie mit ihren Vertuschungsversuchen, ihren Betrügereien und mit ihren Lügen das Desaster um die Endlagerung im Salzbergwerk "Asse-II" zu verantworten haben! Diese Art von "Experten" hat bei weiteren sicherheitsrelevanten Aufgaben im Zusammenhang mit der Atomenergie und deren Folgen NICHTS mehr ZU SUCHEN! Es gibt mit Sicherheit noch genügend fachkundige Wissenschaftler in Deutschland, denen keinerlei Verbindung zur Atomlobby nachgesagt werden kann, und denen man die Aufgabe, Handlungsrichtlinien für den Umgang mit den Folgen der "friedlichen" Nutzung der Atomkraft zu erarbeiten und festzulegen, übertragen kann.


Der gesunde Menschenverstand

Mehr als das ist ohnehin nicht möglich: Es gibt KEINE SICHERE Möglichkeit, hochradioaktiven Atommüll, dessen Radionuklide teilweise Halbwertzeiten von Zigtausenden, Millionen oder gar Milliarden von Jahren aufweisen, ENDzulagern. Das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand. Und die Sicherheitsbeteuerungen im Zusammenhang mit der 42 Jahre kurzen Geschichte des "Versuchsendlagers Asse-II" liefern den Beweis dafür. Kein heute lebender Mensch aus den Reihen der Atomindustrie und ihrer politischen Handlanger, der heute - ohne sich ernsthaft mit den Folgen seines Handelns auseinanderzusetzen - das stetige Wachsen des strahlenden Atommüllberges billigend in Kauf nimmt, kann zur Verantwortung herangezogen werden, wenn das Salz bei Gorleben oder die geologischen Strukturen der Erdkruste in irgendwelchen Felsformationen sich anders verhalten, als es die Wissenschaftler heute annehmen, und unsere Nachfahren deshalb in vielleicht 150000 oder in 1,2 Millionen Jahren durch den radioaktiven Wohlstandsmüll der deutschen Wirtschaftswundergenerationen geschädigt werden. Folglich ist der Betrieb von Atomkraftwerken VERANTWORTUNGSLOS und deshalb umgehend einzustellen!

Der gesunde Menschenverstand sagt einem übrigens auch, dass der Salzstock bei Gorleben KEINE, und SCHON GAR NICHT die EINZIGE Option, für ein SICHERES ENDlager ist. Die Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg warnt bereits seit Jahrzehnten vor Mängeln des Salzstocks bei Gorleben. Im Salzstock eingeschlossene Wasserblasen, sowie verschiedenen Formationen des Minerals Anhydrit, das den Gorlebener Salzstock von oben nach unten durchziehe, sowie bekannte Laugenzuflüsse seien eine potentielle Gefahr. Auch aus Wassereinschlüssen seien bereits hunderte Kubikmeter Salzlauge ausgetreten, bevor der weitere Ausbau des Endlagerbergwerks Gorleben im Juni 2000 durch ein Moratorium gestoppt wurde.

Einem Bericht der TAZ vom 10.03.2009 zufolge wurde das vom BfS bestätigt. Asse lässt grüßen. Der Geologe Herr Appel befasse sich seit drei Jahrzehnten mit dem Salzstock bei Gorleben. Die TAZ zitiert ihn in ihrem Bericht mit den Worten: "Im Salzbergbau ist Anhydrit als potenziell wasserführende Schicht gefürchtet." Anhydrit sei ein Mineral aus Calciumsulfat, das härter und spröder sei als Salz. Anhydritschichten könnten Wasserspeicher und Wasserleiter sein. Das sei eine Gefahr. In einem späteren Endlager Gorleben würde sich die Rissbildung verstärken. Schließlich brächten die Hohlräume des Bergwerks und die Hitze des hochradioaktiven Mülls den Salzstock unmerklich in Bewegung.


Die Atomsau

Die ReGIERungen desjenigen Bundeslandes, das aufgrund seiner mit Abstand höchsten Konzentration an Atomkraftwerken in seinen Grenzen den größten Anteil zu der atomaren Sauerei beiträgt ,wehrt sich seit Beginn der Diskussion um die Entsorgung der gefährlichen, strahlenden Hinterlassenschaften der deutschen Atomkraftwerke mit Händen und Füßen gegen die Standortsuche für Atommüll-ENDlager im Fels der schönen bayerischen Berge: "Den Gewinn den gierigen Bayern - den höchst gefährlich strahlenden Müll der Atommüllkippe der Nation: Gorleben." Das ist das Motto des heimtückischen Geschäftsmodells der Atomwirtschaft und der Atompolitik ihrer politischen Handlanger.


Keine willenlosen Stimmdrohnen ...

... sind diejenigen, die aus Sorge um die Sicherheit der Menschen in Deutschland und diejenige ihrer Nachfahren seit jeher gegen die Nutzung der Atomenergie in Deutschland kämpfen. Sie kritisieren die Auftragsvergabe an Herrn Thomauske aufs schärfste. Der Spiegel zitiert zum Beispiel Herrn Ehmke (Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Sprecher) mit den Worten: "Der Filz erreicht unter Bundesumweltminister Norbert Röttgen eine neue Qualität. Unsere Einschätzung, wie wir die Einbindung von Atom- und Gorleben-Befürwortern bewerten, schwankt zwischen scham- und skrupellos." Floskeln wie "Transparenz", "Ergebnisoffenheit" und "Bürgerbeteiligung" würden durch derartige Personalentscheidungen konterkariert.
  • Dieser Einschätzung schließe ich mich an:
    Hier soll offensichtlich der Atombock zum Gärtner gemacht werden!


(Quellen: TAZ vom 17.07.2007 und vom 10.03.2009, Spiegel Online vom 04.08.2010, Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg vom 09.05.2009)

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