Donnerstag, 12. August 2010

Am Wurster Watt


Vor dem Deich bei Weddewarden: Ein neuer Weg ...

Der Name der Marschen-Landschaft zwischen Bremerhaven und Cuxhaven, die im Westen von der der Weser und im Osten vom Geestrücken der hohen Lieth begrennzt wird, leitet sich vom niederdeutschen Begriff "Wurtsassen" ab, und bedeutet so viel wie "Wurten-Bewohner". Wurten sind aufgeschüttete Hügel, auf denen die Menschen der Marsch zum Schutz gegen die Sturmfluten früher ihre Häuser und Bauernhöfe errichteten. Das "Land Wursten" ist also das Land, in dem die Menschen früher einmal auf künstlichen Hügeln wohnten. Sei dem Bau der Seedeiche war es nicht mehr notwendig, Wurten für den Bau von Häusern aufzuschütten. Da die heutigen Sturmfluten höher auflaufen als vor der Zeit, in der die ersten Deiche angelegt wurden, böten die damaligen Wurten heutzutage auch keinen Schutz mehr gegen das Wasser.



... führt entlang des Watts nach Wremen

In diesem Sommer wurde vor dem Deich ein befestigter Weg direkt entlang des Wurster Watts fertiggestellt. Da er durch die Zwischenzone des Nationalparks führt, die in den Monaten März bis Juli aus Gründen des Vogelschutzes nicht betreten werden darf, ist der Weg allerdings nur außerhalb dieser Zeit nutzbar. Ich habe den neuen Weg, der nördlich der Stromkaje des Bremerhavener Containter-Terminals beginnt und kurz vor Wremen endet, während meiner Radtour am letzten Samstag "eingeweiht". Das Wurster Watt vor der Küste des Landes Wursten ist ein Teil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, dessen Grenze auf dem Festland der Deich ist. Das Deichvorland ist Brutgebiet von Bodenbrütern.



Salzwiesen: an der Grenze zwischen Watt und Festland entsteht neues Land


Lahnungsfelder beschleunigen die Entstehung neuen Landes

Entlang des Weges ist an einigen Stellen sehr schön zu erkennen, wie am Randes des Watts vor der Küste neues Land entsteht. Dem Wechsel zwischen Ebbe und Flut sowie Salz und Brackwasser angepasste Pflanzen siedeln sich im schmalen Streifen entlang des Ufers an. Das von Wind und Wellen bewegte auflaufende Wasser spült Schlickpartikel aus dem Watt zwischen die Pflanzen. Der Schlamm sinkt bei Hochwasser zwischen den Pflanzen zu Boden. Da die Pflanzen die Strömung des ablaufenden Wassers begrenzen, bleibt ein Teil des angespülten Schlamms liegen. Nach und nach "wächst" so neues Land, auf dem andere Pflanzen Fuß fassen können. Eine Salzwiese entsteht. Irgendwann haben die Sedimente eine solche Höhe erreicht, dass das Wasser kaum noch bis an die Salzwiesenpflanzen heranreicht. Andere Pflanzenarten siedeln sich an, die herangewehte Sand und Staubpartikel festhalten. Neues Land entsteht. Eine heftige Sturmflut kann jedoch die Erde eines schmalen, in Jahrzehnten entstandenen Streifen neuen Landes sehr schnell wieder ins Meer zurückreißen.



Die Spuren der Wanderer verlieren sich in der Weite des Watts ...


... und in der Ferne scheint ein Schiff über den Schlick zu rutschen.


Es ist ein ewiger Kampf der Elemente, der sich an der Grenze vom Watt zum Festland abspielt. Landverluste aufgrund von Sturmfluten führten zum Beispiel zur Entstehung der Ostfriesischen Inseln oder der Halligen im Nordfriesischen Wattenmeer. Im Laufe der Zeit haben die Menschen von der Natur gelernt, und begannen bei der Entstehung neuen Landes Hilfestellung zu leisten. Sogenannte Lahnungsfelder, die vor dem Ufer im Watt angelegt werden, halten die angespülten Schlickpartikel bei ablaufendem Wasser zurück. Damit wird der Prozess, der den Salzwiesenpflanzen den Boden bereitet, etwas beschleunigt. Eine Lahnung ist eine Doppelreihe in den Wattboden gerammter Pfähle, die mit Reisig verflochten werden. Auf dem bei Ebbe aufgenommenen Foto ist sehr schön zu sehen, wie sich der Schlick entlang der Lahnungen anhäuft. Um das neugewonnene Land vor den Sturmfluten zu schützen, begannen die Menschen dann irgendwann mit dem Bau von Deichen.



Brutgebiete in der Zwischenzone des Nationalparks ...


... und der Kutterhafen sowie der Campingplatz und das Hotel am Wremer Tief

Beim Wremer Tief habe ich den Nationalpark verlassen, und bin "über die Dörfer" wieder in Richtung Bremerhaven zurückgefahren. Ein "Tief" hat in diesem Falle nichts mit dem Wetter zu tun. Tiefs sind bei uns an der Küste Wasserläufe zur Entwässerung der Marsch in den Gebieten hinter den Deichen. Das Wasser des Wremer Tiefs strömt bei ablaufender Tide durch ein Sieltor im Deichfuß und fließt durch das Wattenmeer in den Hauptstrom der Weser. Der dadurch im Watt ausgespülte Wasserlauf dient den Granatkuttern als Fahrrinne, die in dem kleinen Hafen am Ufer des Wremer Tiefs vor dem Deich beheimatet sind.

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